Philosophie des Tantrismus II

– Tantrismus im modernen Denken

Vorlesungsreihe:

Mensch und Erde, Teil III
Die Herausforderung einer neuen Theorie des Lebendigen

Humboldt-Universität zu Berlin
Sozialökologie als Studium Generale / Sommersemester 1998
Dozent: Jochen Kirchhoff
Quelle: YouTube-Kanal Jochen Kirchhoff / Alle Audiovorlesungen Nr. 2

Transkript als PDF:

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Ich will eine kurze Ergänzung, eine moderate Korrektur, wenn man so will, anbringen, zu einem Begriff, den ich letztes Mal verwendet habe, da muss man noch einiges zu sagen. Ich hatte ihnen versucht zu erläutern, was der Begriff der „Maya“, oder „Maja“ im Tantrismus bedeutet. Und es mag der Eindruck entstanden sein, dass Maya hier primär, fast ausschließlich so viel wie Schein, Phantasmagorie bedeutet, also das, was nicht wirklich ist. Das ist bis zu einem gewissen Grade auch richtig, zeigt aber in der indischen Philosophie, in der Geschichte des indischen Geistes, eine gewisse Veränderung, denn ursprünglich meint „Maya“ die schöpferische Kraft, die das Universum hervorbringt, also in keiner Weise als etwas Scheinhaftes, Phantasmagorisches, sondern als etwas Wirkliches, eine wirkliche schöpferische Urkraft, die das Universum als ein wirkliches Universum hervorbringt. Und dann durchläuft dieser Begriff im Laufe der Jahrhunderte eine Bedeutungsverschiebung. Er verschiebt sich immer mehr in Richtung auf „Schein“, und als ein solcher taucht er dann auch in großen Teilen des Buddhismus auf. „Maya“ ist die Welt als Schein, die Welt als Traum, die Welt als Phantasmagorie, aus der es zu erwachen gelte. Also die eigentliche Wirklichkeit ist jenseits der Welt oder hinter der Welt, und Maya ist nur Erscheinung.

Mit Kant und dem deutschen Idealismus jetzt gesagt: die Welt der Erscheinungen. Sie kennen ja die berühmte Gegenüberstellung bei Kant in der „Kritik der reinen Vernunft“, da gibt es die Welt der Erscheinungen, das ist die empirische Realität, also die Realität unserer Sinne, unseres Intellektes und unserer Denk- und Anschauungsformen, also nach Kant auch Zeit, Raum, Kausalität, Substanz und so weiter, und dahinter oder dadrin, in Anführungszeichen, gibt es eine eigentliche, eine wahre, eine wirkliche Welt: Die nennt Kant „das Ding an sich“, mit einem ja widersprüchlichen, schwierigen, viel diskutierten Begriff, und die [wirkliche Welt], meint er, können wir mittels der Vernunft, mittels des Denkens grundsätzlich nicht erreichen und erkennen ‒ das ist wichtig.

Also diese Wirklichkeit, die eigentliche Wirklichkeit, meint Kant, sei auf ewig dem menschlichen Denken verschlossen. Er sagt das mit einer gewissen Einschränkung, und das kann man dann so interpretieren, wie das auch einige Denker dann später getan haben, so zum Beispiel Schopenhauer, dass Kant nicht hat sagen wollen, dass die Wirklichkeit prinzipiell und grundsätzlich nicht erkennbar sei ‒ so hat man ja Kant oft interpretiert ‒ dass wir also aus dem Spiegelkabinett unserer eigenen Projektionen niemals rauskommen können, sondern dass er nur gesagt habe: mittels des Denkens ‒ so dass ein Schlupfloch, wenn man so will, ein Weg bleibt oder konjunktivisch gesagt bliebe, für eine andere Zugangsweise. Schopenhauer und andere haben das ja von dort her versucht.

Und so kann man ja Kant auch in gewisser Weise spirituell interpretieren. Schopenhauer hat ja sogar ausdrücklich gesagt, das Kantische „Ding an sich“, die Kantische Erscheinung, ist im Grunde das, was auch in der indischen Philosophie als Maya und als Brahm, Brahman in Erscheinung tritt. Also das nur zuvor. Es gibt beides, noch einmal formelhaft gesagt, Maya als schöpferische Kraft und Maya als die Kraft der Illusion, also dessen, was nicht wirklich ist. Und die Wirklichkeitsfrage spielt ja im Tantrismus eine zentrale Rolle, auch im buddhistischen Tantrismus.

Es ist nicht so, wie man häufig hören und lesen kann, dass der Buddhismus generell davon ausgeht, dass die Welt schlechthin Schein sei, schlechthin unwirklich, schlechthin ein kollektiver Traum. Sie ist halbreal, sie ist und sie ist nicht, und das ist für den Kontext hier auch des Tantrismus wichtig. Die Welt, wie wir sie mit unseren Sinnesorganen erfahren, die Welt, die wir denken können, die Welt, die wir begreifen können, ist halbreal. Übrigens ein Begriff, der auch in der idealistischen Philosophie, etwa bei Schelling, auftaucht. Sie ist nicht vollständig Illusion, sie ist aber auch nicht vollständig Wirklichkeit. Sie changiert, sie fluktuiert zwischen Schein und Wirklichkeit. Das ist auch wichtig für diesen gesamten Zusammenhang, um den es in der Frage des Tantrismus geht. Auch im Tantrismus wird davon ausgegangen, dass die physisch sinnliche Welt halbreal ist. Sie wird bejaht, und gleichzeitig wird sie in der Bejahung und durch die Bejahung transzendiert. Das ist der wesentliche Unterschied zu dem eher asketisch-weltflüchtigen Weg. Ich habe Ihnen das ja versucht zu erläutern, indem ja die Grundprämisse im Mittelpunkt steht: Die Welt muss verlassen werden, damit der Mensch seine Erlösung finden kann. Damit der Mensch zu seinem eigentlichen, wahren, wirklichen Zustand kommen kann, müsse der Mensch die sinnlich physische Welt verlassen. Also Erlösung als eine Befreiung, als eine Herauslösung aus der physisch sinnlichen Welt. Das wird im Tantrismus in der Form nicht bejaht. Im Tantrismus wird ausdrücklich gesagt, die Welt, wie sie sich unseren Sinnesorganen darstellt, ist als solche zu bejahen. Ich habe Ihnen ja das versucht, plausibel zu machen.

Der Grundansatz von Tantra ist eine Bejahung, aber eine Bejahung, die nicht bei dem Ja stehenbleibt, als ob es damit sein Bewenden hätte, sondern die das Ja auch wieder überschreitet, zugunsten eines gleichsam zweiten, höheren Ja. Also ich bejahe die physisch- sinnliche Welt, einschließlich meiner Leiblichkeit, einschließlich meiner Sinnlichkeit, einschließlich meiner Sexualität, und das ist ja wichtig, gerade im Tantrismus. Aber ich bleibe dabei nicht stehen, sondern ich gehe einen Schritt weiter. Ich benutze das Physisch-Sinnliche, die eigene Leiblichkeit als ein Vehikel, um auf eine andere Stufe zu kommen. Das ist ein wichtiger Punkt, also Bejahung nicht um ihrer selbst willen. Und auch das habe ich ja, wenn ich es richtig im Kopf habe, ihnen versucht auch darzustellen, dass etwa Sexualität ja nicht als sie selber, jedenfalls in den meisten tantrischen Strömungen bejaht wird, sondern als ein Werkzeug, als ein Vehikel. Sie wird nicht verneint, aber sie wird auch nicht in einem, sagen wir mal, hedonistischen oder modern psychologischen Sinne bejaht. Das ist wichtig, wenn man sich überlegt, was aus dem Tantrismus etwa in der westlichen Psychologie geworden ist: mehr oder weniger eine Sexuallehre, fast ausschließlich eine Sexuallehre, in der es darum geht, den Geschlechtsverkehr möglichst lange und lustvoll durchzuführen. Das ist nicht das, was primär im Tantrismus damit verbunden war. Es ist eine Facette.

Nun ist verständlich, im Abendland ganz besonders, im Zuge der nun wahrlich neurotisierten Grundstruktur des Durchschnitts-Abendländers, dass er erst einmal versucht, natürlich hier, diese neurotische Abspaltung von der Natur, von der Sinnlichkeit, von seinem eigenen Körper, seinem Leib, zu überwinden. Vollkommen verständlich, sozusagen das Normalste von der Welt, dass dieser Aspekt erst einmal Tantra populär gemacht hat. Sekundär nur die Philosophie, die Kosmologie, die Vorstellung vom Weltall, vom Werden der Welt, von der Kosmogenesis, der Entstehung des Kosmos, ‒ das kommt sekundär, vielleicht sogar nur tertiär ins Spiel. Also das zuvor noch mal in Erinnerung gerufen.

Ich will nochmal einen zweiten Gesichtspunkt nennen, den ich ausgeführt habe. Im Tantrismus geht man davon aus, dass in jedem noch so winzigen Holon oder in jeder winzigen Einheit der Welt das Ganze nicht nur symbolisch, gleichsam repräsentativ vorhanden ist, sondern wirklich. Nicht, das kennt man ja zum Teil aus diesen Gedanken, etwa im Zusammenhang mit der Holographie, also, dass im Teil das Ganze tatsächlich vorhanden ist, also nicht nur symbolisch, metaphorisch, repräsentativ. Also, in jedem Teil ist das Ganze vorhanden. Das haben sie zum Teil ja in der abendländischen Philosophie, wenn man da jetzt mal die Brücke schlagen möchte, in der Monadenlehre. Bei Giordano Bruno taucht das auf im späten 16. Jahrhundert, wo die Monade als eine Ur-Einheit gilt, in der sich der Kosmos als Ganzes spiegelt und in dem in gewisser Weise der Kosmos auch präsent ist. Und bei Leibniz, obwohl es bei Leibniz eine etwas andere Bedeutung hat als bei Giordano Bruno. Aber die Monadenlehre, auch bei Goethe und anderen, spiegelt ein bisschen was von diesem Grundgedanken: die Monas. Monas ist ja die Einheit, die Einheit, aus der die Vielheit erwächst.

Insofern ist die tantrische Philosophie eine Lehre des Entstehens der Vielheit aus der Einheit und über die Erfahrung des eigenen Leibes, nicht theoretisch intellektuell, ‒ das ist zentral wichtig. Ich möchte das noch einmal hier betonen: Tantra ist keine Philosophie, kein in dem engeren abendländischen Sinne, kein Konstrukt über die Welt, sondern Tantra ist primär eine Sache der Empirie, der Erfahrung. Tantra ist ein System der Empirie, ein hochkomplexes, hochsubtiles System, mittels dessen man in die Lage gesetzt werden soll, die feinstofflichen Energien im Körper zu kanalisieren über bestimmte Bildvisualisierungen und andere Praktiken, um auf diese Weise die Einheit erfahrbar zu machen. Das ist wichtig, weil man sehr schnell geneigt ist, und auch manche der Autoren, die über Tantra schreiben, sind sehr schnell geneigt, nun Parallelen zu ziehen zwischen dieser tantrischen Grunderfahrung und westlichen, modernen, zum Teil auch physikalisch-kosmologischen Modellen. Das ist ein Riesenunterschied.

Wenn in einigen tantrischen Überlieferungen gesagt wird, dass der Raum mehre Dimensionen hätte, dann hat das überhaupt nichts zu tun mit einer mathematischen Konstruktion, mit einem Konstrukt, mit ganz bestimmten Messverfahren, mit ganz bestimmten Zuordnungen zu hoch abstrakten Gleichungen. Das wäre ein Missverständnis. Es geht in erster Linie um eine existenzielle Erfahrung. Das ist wichtig, weil auch Mookerjee, den ich ja angeführt habe, in seinem Buch ‒ das habe ich hier auch schon sozusagen wohlwollend kritisch angemerkt ‒ keine Gelegenheit auslässt, in dem Buch „Die Welt des Tantra in Bild und Deutung“, nun die moderne Kosmologie, die moderne Physik heranzuziehen in dem Sinne: Was damals vermutet worden ist, das wüssten wir oder wissen wir heute. Also davon kann so keine Rede sein. Es geht um eine existenzielle Geschichte, um eine existentielle Erfahrung.

Auf der anderen Seite geht es primär erst einmal um rationale, um hoch intellektuelle Konstrukte. Das wäre wichtig, oder das ist wichtig, wenn man diesen Unterschied erst einmal im Auge behält. Nun, ein wichtiger Aspekt im Tantrismus ist die Kosmogonie oder Kosmogenese, wie man auch sagen kann, und ich will mal ausgehend von einem zentralen Abschnitt aus diesem Buch von Mookerjee „Die Welt des Tantra in Bild und Deutung“ ihnen versuchen, ein bisschen was zu erläutern von dieser Kosmogenese. Ich habe das übrigens recherchiert, das Buch ist nicht mehr erhältlich im Buchhandel, entgegen dem, was einige gesagt haben, leider nicht. Es gibt im Moment nichts Vergleichbares, und es ist schade, bedauerlich, aber man muss gucken, dass man es vielleicht irgendwie antiquarisch bekommt, also es ist [sonst] nicht mehr zu erhalten.

Mookerjee schreibt in einem großen Abschnitt über Kosmogenese auf eine sehr differenzierte Weise, wie nach tantrischer Grundüberzeugung der Kosmos, das Universum, die Welt entstanden ist. Und er fängt an mit dem Schlüssel- und Zentralbegriff, der generell wichtig ist, mit dem Begriff „Akasha“. Nun ist Akasha ja in der abendländischen, sage ich mal, Esoterik behaftet mit bestimmten Bedeutungen, etwa, wenn sie an die sogenannte Akasha-Chronik denken, etwa in der Theosophie oder in der Anthroposophie Rudolf Steiners und anderen, oder überhaupt in der Esoterik spielt die Akasha-Chronik eine große Rolle. Akasha im ursprünglichen Sinne meint zunächst einmal so viel wie Strahlung, wobei diese Strahlung, und das ist schon mal hochinteressant, ontologisch gleichgesetzt wird mit dem Raum. In der buddhistischen Philosophie und in den tantrischen existentiellen Überlegungen und Praktiken über die Erfahrung von Welt spielt der Impuls eine große Rolle, dass alle Dinge aus dem Raum erwachsen und wieder in den Raum zurückfließen. Manche Autoren benutzen in dem Kontext dann den Begriff „Äther“.

Also, der Äther als eine feinststoffliche Substanz im Raum oder als Raum wird dann mit Akasha gleichgesetzt, und alle sinnlich-physischen Manifestationen in abgestufter Dichte bringen dann die physisch-sinnliche Welt hervor, also Akasha, das Feinststoffliche, in gewisser Weise der Raum selber und dann in zunehmender Verdichtung in einem sehr komplizierten oder besser gesagt komplexen System, landet man dann irgendwo bei der Materie, bei der sinnlich-physischen Materie, die auch empirisch dann messbar ist. Also, Akasha als das Grundelement, obwohl all diese Begriffe es im Grunde genommen nicht treffen. Dann heißt es hier, dass sich aus diesem Urgrund, aus diesem Akasha, aus dieser Ur-Strahlung, wenn man so will, sich drei Grundelemente der Wirklichkeit herausbilden. Die werden gleichsam, wenn man so will, herausgewirbelt aus dem Raum, aus dem Vakuum, von mir aus, herausgewirbelt und konstellieren sich nun in der Welt und als Welt immer wieder und letztlich unendlich differenziert neu. Das sind die sogenannten Gunas. Das sind drei Grundelemente der Wirklichkeit. Man findet diese Dreiheit in ganz vielen Philosophien und auch esoterischen Überlieferungen in aller Welt. Das berühmteste Beispiel ist das Christentum, die christliche Trinität. Aber man findet triadische Grundvorstellungen genauso in der asiatischen Philosophie und Spiritualität, etwa im tibetisch-tantrischen Buddhismus, in der Lehre von den Trikaya, der Dreikörper-Lehre im tantrischen Buddhismus. Da kann ich nachher noch was zu sagen, das möchte ich jetzt nur en passant erwähnen: Dharmakaya, Sambhogakaya und Nirmanakaya, also eine dreifach abgestufte Grundordnung der Welt.

Also diese drei Gunas werden hier als Grundqualitäten oder manchmal auch als Grundsubstanz bezeichnet, als Grundformen. Das ist uneinheitlich. Es ist ohnehin schwierig, das hat ja schon das vielleicht verdeutlicht, was ich über Akasha gesagt habe, diese Begriffe so zu übersetzen, dass ein moderner Abendländer wirklich versteht, was gemeint ist. Denn alle Begriffe sind im Grunde genommen oder müssten, wenn wir sie denn verstehen sollen, ja in gewisser Weise definiert werden aus einem ganz anderen Kulturraum, aus einer ganz anderen Erlebnis- und Erfahrungswelt. Also mit ganz großen Abstrichen kann man sagen Qualität für Gunas. Es gibt also drei Gunas, drei Grundqualitäten oder drei Grundsubstanzen.

Und diese drei Qualitäten werden folgendermaßen bezeichnet: Das eine ist Sattva, ist ja bekannt, taucht im Wort Bodhisattva auf, dann Rajas und Tamas. Und hier kann man eine ganz interessante Parallele sehen, auch zu der Trikaya-Lehre als diese drei Elemente Sattva, Rajas und Tamas. Das muss natürlich entweder alles klein oder groß geschrieben werden. Oder man schreibt alle Begriffe dann europäisiert groß. Also Sattva, Rajas und Tamas ‒ dass diese Begriffe eine Abstufung bedeuten, sozusagen ein zunehmend Gröber- und Dichter- und Grobstofflicherwerden. Mit Tamas ist man dann in der Materie gelandet, in der greifbaren, fühlbaren, schmeckbaren, riechbaren Materie. Sattva, heißt es hier, sei die Essenz oder Substanz, Qualität, der Intelligenz, letztlich Bewusstsein. Also könnte man ganz vereinfacht sagen, mit allen Relativierungen, die ich ja schon angedeutet habe ‒ man muss das jetzt aber auch nicht zu weit treiben mit diesen Relativierungen, sonst kommt man da überhaupt nicht mehr auf den Begriff ‒ könnte man sagen: Bewusstsein. Also mit allen Einschränkungen, ein Prinzip von Geist, von Bewusstsein, auch von Manifestation von Bewusstsein. Also ein Grundelement der Welt, ‒ das Bewusstsein.

Nun ist es müßig, auch nur den Versuch zu machen, nicht nur in der abendländischen, nicht nur in der asiatischen Spiritualität und Philosophie, auch übrigens in der europäischen Philosophie, genau zu definieren, was Bewusstsein ist ‒ das ist unmöglich. Es gibt tausend Definitionen dessen, was Bewusstsein ist. Man kann sich dem annähern. Es ist kaum möglich.

Deswegen ist die Frage: Was meint denn hier genau dieser Begriff „Sattva“, gleich Bewusstsein? Was ist denn dieses Bewusstsein? Das ist schwer, fast unmöglich, auf einen zirkelfreien Begriff zu bringen. Schon deswegen nicht, weil, wenn ich das mal erkenntnistheoretisch allgemein sagen darf, ja Bewusstsein, weil wir selber Bewusstseinswesen sind, wir selber leben und wirken und denken ja im Fluidum von Bewusstsein. Wir können ja gar nicht das Bewusstsein rausnehmen, und wir können vielleicht überhaupt gar nicht in die ontologische Tiefe dessen hineinsteigen, was Bewusstsein ist. Also, Bewusstsein, ist ein Element.

Das zweite Element, was auftaucht im Tantrischen, ist ebenfalls schwer zu übersetzen. In einigen Büchern taucht es auf als Energie, ein etwas modischer Begriff. Heute soll ja alles Energie sein, und das hat ja den Begriff leider entwertet und längst abgelöst von dem, was die Physik als Energie bezeichnet hat. „Energie“ ist ja ein Universalbegriff geworden für jedwedes, was nicht im grobstofflichen Sinne materiell ist, für Vibration, für Schwingungen, für feinstoffliche Substanz, für Aura, für sonstwas alles. Also „Energie“ transportiert als Begriff nicht mehr viel, sage ich mal, obwohl es ein unverzichtbarer Begriff ist. Wir haben keinen Äquivalenzbegriff, den man dafür nehmen könnte. Manchmal, wird auch gesagt, es sei Bewegung oder Kraft. Natürlich auch Begriffe, die in der abendländischen Denkentwicklung eine gewisse Rolle gespielt haben. Ich muss das jetzt nicht im Einzelnen erläutern, ich werde das im Wintersemester noch mal Ihnen versuchen zu zeigen. „Kraft“ ist natürlich ein schwieriger, in der ganzen Denktradition, insbesondere durch Newton geprägter Begriff, auch Bewegung, Kraft als Ursache von Bewegung und so weiter. Und Tamas dann, im weiten Sinne einfach als Materie. Zum Teil wird das auch übersetzt in den Büchern als Masse oder auch als Trägheit. Da kann man sich dann bis zu einem gewissen Grade etwas vorstellen, dass also aus dem reinen Bewusstsein eine Verdichtung erfolgt als Energie, als Bewegung, als Kraft, manchmal einfach verstanden als Klang.

Es gibt in der indischen Philosophie eine hochkomplizierte, komplexe Klang-Philosophie, wobei der Klang dasjenige ist, was die Brücke darstellt zwischen dem Ur- und Grund-Bewusstsein und der Materie ‒ also Schwingung, Klang. Tamas, die Substanz der Materie als Masse oder Trägheit den gegensätzlichen Kräften Widerstand [entgegenzusetzen], also hier Masse, Trägheit, ein physikalischer Begriff hier, vis inertia ‒ Trägheitskraft bei Newton. Also, auf jeden Fall eine Stufenfolge zunehmender Verdichtung. Man könnte vielleicht auch, wenn man das liebt und wenn man das möchte, wenn man meint, dass man da mehr begreift, könnte man auch sagen, hier wäre vielleicht das Wort „Information“ anzusetzen, eventuell. Sattva wäre dann so etwas wie Information. Also diese Sattva-Schicht informiert diese energetische Schicht, diese Kraft-Schicht, also wäre eine Prägeform für die Energie. Wenn man das so möchte, dann könnte man auch mit Aristoteles sagen, eine andere Möglichkeit, das ist die Substanz, und das wäre dann die Form, nicht, das wäre die Entelechie, obwohl ja genau genommen das bei Aristoteles etwas anders gebaut ist. Auf jeden Fall ist es schwierig, nun Begriffe zu finden. Alle Begriffe sind vorbelastet, haben ihre eigene Tradition. Ich glaube aber, dass es im grundlegenden Verständnis [klar ist], was gemeint ist.

Also, die Welt, so wird im Tantrismus gesagt, erwächst aus einem sehr subtilen, sehr differenzierten Wechselspiel von drei Grundelementen, Sattva, Rajas und Tamas und manifestiert sich irgendwann als physisch-sinnliche Welt.

Und nun kommt der entscheidende Punkt. Die Aufgabe der tantrischen Bewusstseinspraxis und der Praxis im Umgang mit den feinstofflichen Energien ist, diesen Prozess umzukehren. Das heißt, in diese Richtung zu gehen dass letztlich der tantrische Prozess, also was sich in der in der Welt manifestiert hat, bis hin zur Materie, wird nun in die entgegengesetzte Richtung getrieben, wenn man so will. Es geht um einen Aufstieg, wenn man das so nennen will, könnte man so nennen. Alle diese Begriffe sind schwierig und auch ungenau. Man könnte ja sagen, es ist so eine Art Involution, Abstieg, in Anführungszeichen, und das wäre dann eine Art Evolution, Aufstieg, also der Abstieg in die grobstoffliche Materie wird im tantrischen feinstofflichen Bewusstseinsprozess, im Umgang mit den Energien des Leibes, in diese Richtung getrieben. Das heißt, der Tantriker benutzt die Konstellierung dieser Elemente, um letztlich wieder zum Ursprung vorzustoßen, der in der Materie immer vorhanden ist, das hab ich ja gesagt. Diese Schicht hier, diese grobstofflich-materielle Schicht ist immer in jedem Augenblick bestimmt von der Grund- und Ur-Einheit.

Sie kann, oder könnte, keinen Moment existieren ohne diesen Rückbezug auf die Grundeinheit. Also, in jedem Teil spiegelt sich das Ganze. Also der tantrische Prozess, ist ein Prozess des Aufstiegs in immer verfeinertere Bewusstseinszustände. Ich sage es nochmal: Es geht hier um ein existenzielles, um ein eminent praktisch empirisches Verfahren, nicht in erster Linie um eine intellektuelle Konstruktion. Natürlich kann man sagen: Es ist ja eine Konstruktion, denn man könnte ja auch andere Begriffe wählen. Es gibt doch andere Traditionen, da werden vollkommen andere Begriffe verwendet. Und warum muss es denn diese Dreiteilung sein?

Jetzt mal ein Wort zu dem Parallelphänomen des Tantrismus im Buddhismus. Ich muss vielleicht noch sagen, weil das geschichtlich interessant ist, ich glaube, ich habe es gesagt, wenn nicht, sage ich es noch mal: Der Buddhismus ist ja in seiner Grund- und Ursprungsrichtung eine Lehre gewesen der Weltabkehr, vollkommen ohne jede Einschränkung. Der Buddha verlässt die Welt, er verlässt die Gesellschaft, er verlässt seine Frau, sein Kind, die sozialen Bezüge, um in einem Alleingang, um als einsamer Asket für sich ganz alleine die Erleuchtung zu erlangen. Ohne Einschränkung, muss man ja sagen. Später haben dann die Tantriker versucht, das umzubauen, umzuinterpretieren, um diesen weltflüchtigen Charakter irgendwie abzumildern. Aber was wir von den alten buddhistischen Texten kennen, [da] kann man ziemlich sicher sagen, da ist nichts abzumildern. Der buddhistische Weg als ein „mittlerer Weg“, als der er ja immer hingestellt wird, meint zwar die Vermeidung der Extreme, das heißt Körperkasteiung, was Buddha selber ja auch jahrelang betrieben hat, bis zum wenig Essen, wenig Schlafen im Körper, also bis aufs Äußerste peinigen und quälen. Dieses Extrem soll vermieden werden, genauso das hedonistische Wohlleben, das einseitige Ausgerichtetsein auf sinnlichen Genuss. Und der sogenannte Mittlere Weg ist auch ein asketischer Weg. Das wird oft missverstanden, ‒ ist auch ein asketischer Weg, nur eben ein asketischer Weg, der das Extrem vermeidet der Sinnenabtötung. Aber Sexualität im mönchischen Weg, in der Frühzeit, wird nicht zugelassen, und es bedurfte eines langen, mühevollen Prozesses, ehe dann im tantrisch-tibetischen Buddhismus, vorher schon im Tantrismus, Elemente des Tantrischen, der Bejahung von Sexualität überhaupt Eingang gefunden haben im Buddhismus. Wann das der Fall war, wissen wir nicht. Die Quellenlage ist dunkel. Ich habe das, glaube ich, auch schon mal gesagt, es geht ins 5./6. Jahrhundert zurück.

Zunächst entstand das in Indien, da muss es eine Verbindung gegeben haben dieser tantrischen, auch Sexualpraktiken, allmählich mit hinduistischen und dann vor allem ja buddhistischen Zusammenhängen, so dass man heute im tantrisch-tibetischen Buddhismus die geschlechtliche Vereinigung mehr oder weniger als eine feinstofflich-symbolische betrachtet, und das direkte Ausleben der Sexualität eher die Ausnahme ist, jedenfalls was die mönchische Haupttradition anbelangt. Hier gibt es also drei Ebenen, ich nenne nochmal die drei Begriffe, weil ich sie vorhin genannt habe, will ich sie wenigstens anschreiben, dass das nicht einfach so jetzt unter den Tisch fällt.

Da gibt es die oberste Ebene, die wird genannt Dharma Kaya. Es steckt der Begriff „Dharma“ drin, Weg, Wahrheit, Gesetz, auch einfach Lehre, manchmal auch die Dharmas als Seinselemente. Also Dharma Kaya, die feinste Form, wenn man so will. Dann kommt Sambhoga Kaya. Das ist schwer zu übersetzen. Sambhoga Kaya ist eine Zwischenebene zwischen dem reinen Geist und der physischen Materie. Es ist eine Erscheinungsebene. Manchmal wird auch noch gesagt, das seien so Seeligkeitsformen, also feinstoffliche Formen des Materiellen. Also der meditierende Tantriker, der zum Beispiel ein ganzes Ensemble von Bodhisattvas imaginiert oder visualisiert, so wird gesagt in der Tradition, visualisiert diese im sogenannten Sambhoga Kaya. Und dann ist die körperliche Stufe [des] Nirmana Kaya. Das ist nicht Nirvana Kaya, sondern wirklich Nirmana Kaya. Damit ist die sinnliche Manifestation gemeint. Manchmal wird auch noch eine vierte Stufe dadrüber gesetzt, [über] diese drei Stufen. Nirmana Kaya, die sinnliche Leiblichkeit, mit / in der wir uns zunächst einmal alle begegnen, Sambhoga Kaya, könnte man dann sagen, ist eine mittlere Ebene, eine Art von Energie-Ebene und Dharma Kaya ist dann die reine Bewusstseinsebene auch als Bodhi Sattva. Das hat hier in ganz vielen Traditionen auch, dass die mittlere Ebene die Energie-Ebene ist, im Chinesischen das Chi, die Chi-Ebene ist die Energie-Ebene, die zwischen Körper und Geist vermittelt, also, und die feinstoffliche Arbeit, wenn man es so nennen will, mit dem Körper, Energien im Tantrismus beziehen sich primär auf die mittlere Ebene, auf diese energetische Ebene, obwohl, auch das habe ich ja immer wieder versucht zu erläutern, das Ganze eine Bewusstseins-Lehre ist.

Das muss man immer wieder betonen. Es geht um Bewusstsein. Es geht nicht darum, diese Ebene in gewisser Weise absolut zu setzen und sie ins Zentrum zu rücken, sondern diese Ebene hat nur einen Instrumentalcharakter. Es geht letztlich um Sattva, es geht letztlich um Bewusstsein. Insofern ist Tantrismus primär eine Bewusstseins-Lehre, eine ungeheuer subtile und auch schwierige komplexe Lehre im Umgang mit den Energien. Und das ist in der Form therapeutisch, westlich therapeutisch, nicht umsetzbar. Da soll man sich überhaupt keinen Illusionen hingeben. Also, was angeboten wird in der weiträumigen Therapie-Szene an Tantras hat mit diesen spezifischen, sehr subtilen Bewusstseins-Energien wenig zu tun. Das ist eine ganz andere Ebene. Das heißt nicht, dass die Arbeit mit dieser Energie-Ebene, also der mittleren Ebene, in irgendeiner Form nicht richtig wäre, oder dass sie nicht praktiziert werden sollte. Bloß, im traditionellen Sinne ist das nicht das, was als Tantra bezeichnet wird oder als Tantra gilt.

Also die therapeutische Ebene ist nicht primär eine Bewusstseinsebene. Das muss man einfach sagen. Die vielen Bücher, die auf dem Markt sind über Tantra, behandeln das natürlich immer hin und wieder. Es ist klar, das Bewusstsein muss sich verfeinern, in einer bestimmten Form der Intensivierung der sexuellen Energien steigt dann auch das Bewusstsein. Aber die meisten sind daran erst einmal sekundär nur interessiert aus naheliegenden Gründen. Ich habe das ja angedeutet, ich meine das nicht arrogant von oben herab, das würde mir vollkommen fern liegen, aber es ist einfach so. Da gibt es eher einen therapeutischen Aspekt. Die Arbeit mit diesen Energien ist einfach sinnvoll, um die Neurose, unter der wir alle mehr oder weniger leiden, seit Jahrhunderten, zu überwinden. Das heißt nicht, dass es diese Neurosen in Asien nicht gäbe. Auch das habe ich ja angedeutet. Wir wissen nur nicht genau, ob es sinnvoll ist, und ich würde das eher bezweifeln, ob das sinnvoll ist, moderne psychologische Kategorien da hineinzutragen.

Wenn man diese Rituale liest, dann könnte man sich ja fragen: „Was bedeutet das dann konkret für die Menschen? Psychologisch, so ganz modern gefragt. Das kann man nur mit großen Einschränkungen so fragen. Das sind ganz andere kulturelle, bewusstseinsmäßige Zusammenhänge. Da greifen diese Fragen nicht, oder nicht primär. Genauso, wie ich es ja oft sage, unsinnig ist, wenn man irgendwelche Persönlichkeiten der Vergangenheit, ob das die Mutter ist oder wer auch immer, dann sozusagen auf die Psychoanalytiker-Couch legt und nun ganz moderne Fragen an diese Menschen stellt. Ja, das geht nur mit ganz großen Einschränkungen.

Und diese ganzen modernen psychoanalytischen, psychologischen Fragen kann man stellen, aber man wird nicht sehr weit kommen, glaube ich. Man muss das einfach auf sich beruhen lassen. Man muss das auch phänomenologisch einfach betrachten. Das sind andere Bewusstseinsprägungen außerhalb der normalen Psychologie. Und da liegt genau der entscheidende Punkt beim Tantrismus. Wenn jetzt ein Westler aus vollkommen verständlichen Gründen seine neurotisierte Sexualität heilen möchte, was ja wirklich wahrlich verständlich ist, dann wird er wahrscheinlich große Schwierigkeiten haben, erst einmal in diese Bewusstseinsebenen aus einem ganz anderen kulturellen Kontext wirklich reinzukommen. Das muss man einfach sagen. Man muss einfach mit allergrößter Behutsamkeit betrachten, was immer man adaptiert, muss man ja in die eigene Bewusstseinsstruktur einbauen, sonst bleibt es ein Fremdkörper. Das gilt ja generell, wenn ein Westler, wenn ein Abendländer, aus dem asiatischen Kulturbereich Dinge übernimmt. Dann ist das eine eigene, oft sehr schwierige Bewusstseinsarbeit, das wirklich in den eigenen Kontext zu integrieren, dass es nicht ein Fremdkörper bleibt, ein exotischer Fremdkörper, und das ist schwierig.

Ich habe jetzt gerade die Hälfte ungefähr, hier gerade auf 7. Machen wir mal eine kleine Pause, vielleicht maximal 10 Minuten.
… einiges erläutern zu diesem Winter Plan. Vielleicht habe ich sogar dann die endgültige Fassung. Ich habe noch nicht das geklärt mit dem Gast-Referenten Johannes Heinrichs. Wir haben noch nicht telefoniert. Ich weiß nicht, ob das bleiben kann mit dem Termin. Ich möchte ihn gerne haben, und ich bin mir noch nicht ganz sicher mit dem Termin nach der Jahreswende. Ob das dann doch der dritte Januar ist oder auch der dritte Januar nicht zu früh ist. Ich habe das orientiert an den offiziellen Schulferien, die am Montag, den 2. Januar, wieder.. die Schule fängt am Montag, den 2. Januar wieder an, und da habe ich dann den dritten Januar eingetragen. Mag sein, dass das zu früh ist, dann würde ich das noch ändern nach dem zehnten Januar und vielleicht noch dann in den Februar hinein gehen. Also das möchte ich mal mit einem gewissen Fragezeichen noch versehen. Zu den Themen sage ich jetzt nichts. Ich werde mich dazu noch äußern. Nächstes Mal.

In der Pause kam noch jemand und hat in gewisser Weise eine Frage gestellt oder auch das beanstandet, dass ich allzu pauschal gesagt hätte, dass es eine Art kollektive Neurose gäbe, etwa im Abendland. Und dass ich dann noch gesagt habe, man könne unsere modernen Vorstellungen von Neurose nicht in den asiatischen Kulturraum übertragen. Ich habe das erst einmal ohne eine nähere, ohne eine differenziertere Begründung so hingestellt. In der Tat bin ich der Auffassung, ich will gar keinen Zweifel daran lassen, ich habe es auch verschiedentlich immer wieder gesagt, dass im Abendland eine Art kollektive Neurose herrscht. Das heißt nicht, dass jedes einzelne Individuum nun neurotisch wäre. Das ist damit nicht gemeint. Es ist eher eine Grund-Neurose, eine kollektive Grund-Neurose, die sich für meine Interpretation, mal ganz vorsichtig gesagt, auch manifestiert in der ökologischen Krise. Also ich interpretiere die ökologische Krise als die Manifestation einer kollektiven Neurose in dem Buch, was auf dem Literaturverzeichnis drauf ist, das im September erscheint. Es ist eine der wesentlichen Thesen, die ich auch versuche zu begründen mit Hinweisen, wie man eventuell diese Neurose überwinden könnte. Also Neurose heißt ja Abspaltung. Und ich meine, dass das abendländische Bewusstsein sich in gewisser Weise abgespalten hat.

Ob das unvermeidbar war oder nicht, wahrscheinlich war es unvermeidbar bis zu einem gewissen Punkt, ist jetzt gar nicht die Frage. Es geht ja nicht darum zu sagen, das hätte alles nicht passieren sollen und man hätte es vermeiden können. Wer will das entscheiden? Das weiß ich auch nicht. Insofern ist es nicht moralisch gemeint, sondern eher phänomenologisch im Sinne einer Abspaltung des Bewusstseins von dem eigenen Quellgrund der Existenz auf der Erde, im Kosmos. Und diese Abspaltung zeigt sich, manifestiert sich, begründet sich in einem bewusst-unbewussten Ausrottungsfeldzug, der sich über die Erde hinzieht. Also, was Rudolf Bahro die Logik der Selbstausrottung genannt hat, so meinte ich das mit der Neurose, ja, das wäre eine eigene Vorlesung, diesen Neurosebegriff noch genauer zu untersuchen. Jung zum Beispiel hat, C.G. Jung, hat die Neurose interpretiert als eine Abspaltung, also eine Abspaltung von der Wirklichkeit. Ich habe hier einen Begriff an die Tafel geschrieben: Purushakara Yantra…
…, dass der Mensch als Repräsentant dieser Einheit quasi die Ebenen oder Stockwerke dieser Welt, hier vergröbert in drei Stufen eingeteilt, in sich trägt. Es gibt Systeme mit 4, mit 5, mit 7, mit 12 und mehr Stufen. Und der Mensch trägt diese Stufen in sich, wie der Mensch eben, wenn er von der Selbstwahrnehmung aus, die natürlich auch Materie ist, natürlich Energie hat, was immer das jetzt bedeuten mag. Man könnte hier ansetzen jetzt, Lebensenergie, ist ja ein wichtiges Thema im Semester gewesen. Ich will das dann ja in einer Woche nochmal alles bündeln und versuchen zusammenzufassen und weiterzuführen.

Also Lebensenergie, könnte man hier sagen. Homöopathisch könnte man das sagen. Man könnte es auch von anderen Grundansätzen aus sagen: Lebensenergie. Das eigentlich in einem fundamentalen, vitalen Sinne Lebendigsein ist und Bewusstsein; und zwar Bewusstsein als Ich-Bewusstsein, der Mensch ist ja eine Ichheit, und auch als Bewusstsein von universellen Ordnungszusammenhängen. Auch das sage ich immer wieder. Das muss man bedenken, berücksichtigen, wenn man vom Bewusstsein redet, dass alles ichhafte Bewusstsein immer gleichzeitig Anteil hat an einem universalen Geist, was Hegel so formuliert hat: Die Substanz muss Subjekt werden, berühmte Formel bei Hegel. Also die Verbewusstung, wenn man so will, dieser Substanz der Welt.

Also die Möglichkeit hat man, wenn man die nicht hätte, könnten wir uns alle nicht verständigen. Dann könnte es keine Wissenschaft geben, dann könnte es keine Mathematik geben, keine Geometrie, dann könnte es keine Logik geben. Das alles setzt immer voraus, dass es eine für alle gültige Geistschicht gibt, sonst könnte man überhaupt nicht miteinander kommunizieren. Dann könnte man auch gar keine Argumente austauschen. Dann würde, selbst wenn zwei Menschen vollkommen verschiedener Auffassung sind, sofern sie überhaupt argumentieren, bewegen sich, in gewisser Weise, auf einer logischen Ebene. Und diese logische Ebene ist universal. Wenn sie das nicht wäre, wäre Verständigung vollkommen unmöglich.

Man kann natürlich sagen, die Abendland-Logik muss ja nicht die Logik der Erde sein, muss nicht die Logik der Biosphäre sein, muss nicht die Logik des Kosmos sein. Sicherlich nicht. Das könnte man wahrscheinlich so absolut nicht sagen, aber es muss eine Schicht Wirklichkeit damit berührt sein, nach allem, was man mit aller Zurückhaltung sagen kann. Also das ist wichtig. Bewusstsein meint also immer das Ich-Bewusstsein und meint den Anteil des Ich-Bewusstsein an, wenn man so will, einem medialen Logos, wie das Johannes Heinrichs nennt. Medialer Logos heißt einfach einen alles durchwaltenden und durchwirkenden Geist, objektiven Geist, wie die Idealisten es genannt haben, Hegel. Also, objektiver Geist, immer subjektiver Geist, objektiver Geist, beides ist hier dran. Wenn wir daran nicht Anteil hätten, würden wir niemals aus dem Käfig, aus dem Gefängnis unserer eigenen Projektion herauskommen können. Da ist ja noch die Chance, dass so etwas wie Erkenntnis möglich ist, denn wenn dieses Bewusstsein, diese Stufen auch in der Welt vorausgesetzt werden und wir auch so sind wie die Welt ist, dann können wir die Welt bis zu einem gewissen Grade erkennen.

Wenn das nicht der Fall ist, können wir überhaupt nichts erkennen. Dann muss man sagen, wir projizieren nur auf eine dunkle Fläche. Wir wissen nicht, was sich dahinter verbirgt. Dann wäre Wissenschaft im Grunde auch unmöglich. Deswegen ist die Wissenschaft eigentlich immer davon ausgegangen, dass es so etwas gibt, will das nur noch mal in Erinnerung rufen. Also, Purushakara Yantra meint das Yantra von kosmischen Menschen. Damit ist, jetzt in westlicher Terminologie gesagt, dass die mikrokosmische Ebene, die Ebene des Leibes, des menschlichen Leibes, gleichzeitig den Kosmos spiegelt. Ich habe schon mal das Wort von Novalis erwähnt und der Welt als einen Makro-Anthropos, als einem großen Menschen. Das ist nicht anthropomorph naiv gedacht, als ob die Welt nun im Sinne irgendwelcher animistischen Vorstellungen [ein] großer Anthropos wäre. So ist es nicht gemeint. Es ist nur damit gesagt, dass alles, was die Welt als Ganzes bestimmt, auch im Menschen vorhanden ist. Und das kann man ja auch, wenn dann Logik überhaupt eine Geltung haben soll, auch logisch sich verdeutlichen.

Wenn wir als Leib-Seele-Geist-Wesen, Teile dieser Welt sind, in dieser Welt in irgendeiner Form integriert sind, dann muss sich in uns auch die Ordnung des Ganzen in irgendeiner Form widerspiegeln, dann muss sie in gewisser Weise auch dort auffindbar sein. Und das ist im Grunde der Gedanke, der hier im Zentrum steht: Purushakara Yantra, Yantra des kosmischen Menschen. In uns sind diese Schichten, um auch nur bei diesen drei Schichten zu bleiben, Nirmana Kaya, Sambhoga Kaya, Dharma Kaya und, ja, und da mag jemand eventuell noch ein H hinter dem B setzten. Jetzt geht es nicht um die Schreibweise, die ist in den Büchern verschieden. Also Purushakara Yantra meint den kosmischen Menschen.

Nun war ja in der Ankündigung dieser Vorlesung auch die Rede davon, dass dieses tantrische Universum, wie ich das genannt habe, eine gewisse Rolle spielt in der Bewusstseinsforschung. Ich will das versuchen zu erläutern. Wenn ich nicht vollkommen falsch liege, wenn ich eine gewisse Grundwahrnehmung habe für das, was sich im ausgehenden 20. Jahrhundert an geistigen Strömungen manifestiert, also, wenn ich da nicht völlig falsch liege, dann würde ich sagen, dass das tantrische Universum in dem von mir skizzierten Sinne als eine archetypische Größe auch sukzessive und ganz langsam, aber doch stetig in das Bewusstsein auch einer erklecklichen Anzahl von Menschen im Abendland einfließt. Da scheint etwas als ein großer machtvoller Impuls wirksam zu sein. Das heißt nicht, dass nun die ganze komplexe Begrifflichkeit und dieses ganze System als ein solches einfach nun übernommen würde, oder ob das auch nur sinnvoll wäre. Aber, der Gedanke, dass das Universum als Ganzes wahrscheinlich nicht zersplittert ist in eine Vielzahl von Einzelteilen, die nichts voneinander wahrnehmen, registrieren, die total isoliert sind, separate Entitäten, das scheint doch deutlich zu sagen, hier fließt etwas zusammen, unter anderem in der Lehre von den Holons, von den Einheiten der Welt, die immer Teile sind ‒ und das Ganze sind. Der bekannteste Repräsentant heute ist Ken Wilber, obwohl der Begriff von anderen verwendet und auch ausformuliert worden ist, etwa Arthur Koestler, Sheldrake und andere, also die Lehre von den Holons des Kosmos ist ja eine Lehre eines All-Zusammenhangs, einer All-Verbundenheit, die man ja auch auf einer abstrakt-mathematischen Ebene in der Systemtheorie findet. Ich habe Ihnen das ja vor 14 Tagen versucht zu erläutern, dass ja die Systemtheorie, wenn man sie jetzt weiterführt, ja auch eine Lehre ist, die in gewisser Weise so eine Art All-Verbundenheit postuliert, allerdings auf einer eher abstrakt-mathematischen Ebene, und da möchte ich nochmal betont herausstellen, dass man das unterscheiden muss. Es gibt grundsätzlich eine existentielle Ebene, und es gibt eine Modell-Ebene, eine Theorie-Ebene, auch eine abstrakt mathematische Ebene. Das muss man einfach auseinanderhalten. Das ist nicht dasselbe. Man kann alle möglichen subtilen, mathematisch logisch unterfütterten Modelle über die Welt zusammenbauen, kann Computersimulationen machen, kann die kompliziertesten Dimensionen erfinden, mit denen sich dann irgendwie Voraussagen in der wirklichen Welt machen lassen. Das geschieht ja auch. Das hat mit spiritueller Dimension nichts zu tun.

Man kann dann natürlich sagen, gut, was ich mathematisch abstrakt berechnen kann, muss auch ontologisch irgendwie wirklich sein. Nicht, das ist die berühmte Ontologisierung. Sie mathematisieren einen Vorgang und behaupten dann, also sagen wir mal sie erfinden eine bestimmte Anzahl von Dimensionen, mit denen man rechnen kann, und sie sagen dann, die gibt es wirklich, die sind, die sind einfach da, die Welt ist so. Das ist schwierig. Ein schwieriger Punkt, den Schritt in die Wirklichkeit dann zu vollziehen. Was ist dann von diesem Konstrukt die Wirklichkeit? Und was ist nur das Konstrukt? Das ist schwierig. Eine auch heiß umstrittene, ja schwierige erkenntnistheoretische Frage. Man muss sich das aber immer wieder vor Augen führen. Es geht primär im Tantrismus um die existenzielle Ebene, und die existenzielle Ebene ist die Ebene der unmittelbaren Empirie, der Erfahrung. Das heißt, bestimmte Dinge sind einfach erfahrbar. Wenn man bestimmte Methoden praktiziert, kommt man zu ganz bestimmten Erfahrungen, auch ohne dass man nun genau diese Begriffe nehmen müsste oder dass man diese auch nur verstehen müsste. Man kann aber zu ganz bestimmten Erfahrungen kommen. Es geht um Empirie, das ist etwas anderes. Also das muss man auseinanderhalten. Ich betone es mit einer gewissen Eindringlichkeit, weil in vielen Büchern diese Aspekte vermischt werden. Nicht, da muss man ganz genau hinschauen: Was ist gemeint? Wird da etwas ontologisiert, wie ich das nenne, also für wirklich erklärt, was Konstrukt ist, weil es funktioniert, weil es sich vielleicht auch technisch umsetzen lässt? Gibt ja zig Beispiele dafür, oder wo sich auch Computersimulationen machen lassen und mittels derer dann auch Voraussagen. Auch das ist ja sattsam bekannt. Aber es ist immer noch ein weiter Schritt zu sagen: Das ist die Wirklichkeit, sozusagen da draußen, in Anführungszeichen. So sind die Dinge. Also ich erfinde 11 Dimensionen. Was gibt es denn? Es gibt Theorien, die im Mikrobereich postulieren, aber sind sie wirklich da, wenn ich mit ihnen rechnen kann, oder n-dimensionale Dimensionen in der Matrizengleichung der Quantenmechanik, das ist möglich. Das sind erst einmal mathematische Hilfsmittel, Instrumente, und eine ganz andere Frage ist, ob das tatsächlich Weltstrukturen sind oder nur Geist-Konstrukte.

Aber selbst das, um das vielleicht noch verwirrender zu machen: Selbst wenn es nur geistige Konstrukte wären und der Mensch ja in diesem Ganzen drinsteckt, auch dann wäre es ja ein Teil der Welt, die stammen ja „aus dem menschlichen Gehirn“, nicht, ist ja klar. Dann wären sie auch als Erfindungen zumindest seelisch-geistige Wirklichkeiten.

Gut, nach diesem Exkurs in die Erkenntnistheorie noch einmal zurück auf diese Ebenen. Es geht also um eine existenzielle Ebene, und im ausgehenden Jahrhundert wird das wichtig, wird das Bewusstsein wichtig, werden Methoden wichtiger denn je, wie man in andere Bewusstseinszustände hineinkommen kann, auf vielfältigste Weise, sei es mittels ganz bestimmter Meditationstechniken, Atemtechniken, traditioneller Techniken, mit bestimmten Beeinflussungen auch der Gehirn-Impulse und -Ströme. Auch das ist möglich. Auf verschiedenste Weise scheint ein großer Impuls heute zu sein, das Bewusstsein nicht nur zu erkennen, sondern weiterzuentwickeln. Also ich müsste mich sehr täuschen, wenn das nicht tatsächlich ganz mächtig wäre und sich zunehmend auch ausbreitet. Und da spielt das sogenannte tantrische Universum eine zentrale Rolle, auch wenn viele nicht unbedingt die tantrischen Texte kennen. Das müssen sie auch gar nicht kennen, weil es ein archetypischer Faktor ist.

Ein Buch, was auf der Literaturliste drauf ist, im Herbst 97 erschienen, von Stanislav Grof „Kosmos und Psyche“. Das ist also drauf, „An den Grenzen menschlichen Bewusstseins“ [Untertitel]. Und ich habe ja verschiedentlich hier in den letzten Jahren den Grof auch erwähnt, [ein] weltbekannter Psychiater, Arzt, Bewusstseinsforscher, hat eine eigene Praxis entwickelt, wie man in andere Bewusstseinstände hineinkommen kann. Ursprünglich LSD-Therapeut, hat mit Krebskranken LSD-Therapien gemacht in den späten 60er und frühen 70er Jahren, [in] US-Kliniken. Ursprünglich stammt er aus Prag, ist also Tscheche. In den Fünfziger Jahren [des 20. Jhds.] hat er schon im Rahmen des Ostblocks seine Nische gehabt und mit kranken Menschen LSD-Versuche gemacht. Das war damals möglich. Es wurde geduldet, sogar gefördert bis zu einem gewissen Punkt. Und Grof hat in diesem Buch an mehreren Stellen den Versuch gemacht, ohne dass das irgendwie sein Hauptthema wäre, den Begriff des Purushakara Yantra, den Begriff des kosmischen Menschen reinzunehmen in diese Bewusstseinsforschung. Und er bezieht sich übrigens auch ausdrücklich auf dieses Buch von Mookerjee / Khanna über die Welt des Tantra.

Meine herzliche Bitte, ich sehe es nicht. Wer es hat, wird es mir zurückgeben. Zweimal ist es vorgekommen, dass Bücher hier verschwunden sind. Das wäre wirklich. Das fände ich schade, wenn dieses Buch, das es nicht mehr gibt, hier verschwinden würde. Es hat hier vorne gelegen. ‒ Also danke. Wunderbar. Ich sage es einfach nur, ohne irgendeinen verdächtigen zu wollen. Es ist zweimal tatsächlich in den letzten drei Jahren passiert. Es war einfach so, dass zwei Bücher verschwunden sind vom Tisch hier. Also das ist nicht böse, dass irgendeiner das bösartig mitnimmt, das unterstelle ich überhaupt nicht. Aber einer blättert darin rum, guckt und dann… Also es ist nicht so einfach. Also bitte, verstehen sie es nicht falsch, ich verdächtige niemanden. Aber ein Buch, was mir sehr wichtig war, ist mal hier wirklich abhanden gekommen. Auch interessant. Ich habe das damals gesagt. Ich muss das jetzt nicht noch mal hier sagen.

Also Grof bezieht sich auch auf Mookerjee / Khanna im Zusammenhang mit dem Purushakara Yantra. Und ich darf mal das Ihnen paraphrasieren und auch ein paar Dinge vorlesen. Er sagt, dass in bestimmten Grenzzuständen des Bewusstseins, wie immer diese erreicht werden, ob mit psychoaktiven Substanzen, ob mit bestimmten Atemtechniken, ob mit Brain-Machines und was immer, also in irgendeiner Form jeweils anderen Bewusstseinszuständen, dass also in diesen Bewusstseinszuständen immer wieder als eine Grundfigur das Purushakara Yantra auftaucht, nicht als Bild, wie es in der asiatischen Tradition erscheint, aber als Prinzip. Als Grundprinzip ist der Einzelne in diesen Bewusstseinszuständen, seine Egoität, seine körpergebundene Relativität überschreiten kann und dann Erfahrungen machen kann, die über diese Egoität und über seine eigene Leiblichkeit hinausgehen. Ich betone: Erfahrungen machen kann, nicht darüber theoretisieren.

Es ist das eine, zu sagen: Alle Menschen sind verbunden, oder bestimmte Gruppen von Menschen sind verbunden oder sollten verbunden sein, oder es sollte eine ökologische Ethik geben, wofür es ja gute Gründe gibt, das ist das eine. Man kann das postulieren, man kann das theoretisch plausibel machen. Das wird man schnell einsehen, dass das sinnvoll ist. Eine andere Frage ist, das wirklich zu erfahren, außerhalb des theoretischen Postulats. Und darum geht es. Es geht also um bestimmte Erfahrungen, die, bestimmte Bewusstseinstechnik vorausgesetzt, möglich sind. Ich zitiere mal Stanislav Grof aus dem Buch „Kosmos und Psyche“ über Purushakara Yantra in diesem Kontext. „Im Weltbild der tantrischen Wissenschaft“, schreibt Grof, „wird das Verhältnis zwischen dem Kosmos und dem menschlichen Organismus nicht als bloße Metapher oder gedanklicher Notbehelf begriffen. Alte tantrische Schriften erklären, dass der menschliche Körper buchstäblich ein Mikrokosmos sei, der den gesamten Makrokosmos widerspiegele und in sich fasse. Wenn man den eigenen Körper und die eigene Seele gründlich erforschte, bekäme man dadurch die Erkenntnis sämtlicher Erscheinungswelten“ ‒ Bezug Mookerjee/ Khanna, dieses Buch über Tantra. „Graphisch wird es im Purushakara Yantra dargestellt, dem Bild des kosmischen Menschen. In dieser Figur befindet sich die materielle Welt, in der wir leben, im Bereich des Bauches“, ist also eine Aufteilung, ganz bezogen auch auf dieses System entlang der Vertikalachse des Körpers. „In dieser Figur befindet sich die materielle Welt, in der wir leben, im Bereich des Bauches. Der obere Teil des Körpers und der Kopf enthalten die verschiedenen himmlischen Bereiche, und im Unterleib und in den Beinen liegen die Unterwelten. Der Buddha beschrieb das Verhältnis zwischen dem Körper und der Welt mit den Worten“: Zitat, er zitiert aus einem Text, der mir nicht geläufig ist, [bzw.] wird nicht angegeben. „Wahrlich, ich sage euch, in diesem klafterhohen Körper liegt die Welt und das Entstehen der Welt und das Vergehen der Welt.“ Zitat Ende. Zitat im Zitat: „In der Kabbala erscheinen die zehn Sephiroth, archetypische Prinzipien, die verschiedene Stufen der göttlichen Emanation darstellen, als der göttliche Leib des Atman, Adam Kadmon, mit Kopf, Armen, Beinen und Geschlechtsorganen. Der menschliche Körper ist eine winzige Nachbildung dieser Ur-Gestalt.“, ist ja in der abendländischen, sagen wir mal, eher apokryphen Entwicklung und Tradition die Vorstellung des lebendigen Adam Kadmon.

Das findet sich, wenn ich das richtig weiß, bis in die Anthroposophie hinein. Der menschliche Körper ist eine winzige Nachbildung dieser Ur-Gestalt. Ähnliche Vorstellungen finden sich auch im Gnostizismus, in der hermetischen Tradition und anderen mystischen Systemen. Also, hermetische Tradition meint die auf den legendären Hermes Trismegistos zurückgehende Strömung. Das bezieht sich auf Texte, die aus dem zweiten, dritten nachchristlichen Jahrhundert stammen, von denen aber angenommen wurde in der Renaissance, dass sie uralt seien. Man hat erst im 17. Jahrhundert dann entdeckt, dass die Texte viel jünger sind. Man glaubte, dass es uralte Texte sind. Noch Newton übrigens, sah sich in dieser hermetischen Tradition, hielt diese Texte auch für uralt. Diese von verschiedenen esoterischen Überlieferungen vertretene tiefe Verbindung zwischen dem individuellen menschlichen Organismus und dem Kosmos hat Ausdruck gefunden in den berühmten Sprüchen „wie oben so auch unten“ oder „wie außen so auch innen“. Und das ist nun genuin tantrisch, das hab ich auch schon vor einer Woche versucht zu verdeutlichen.

„Die Beobachtungen der modernen Bewusstseinsforschungen haben neues Licht auf diese alte mystische Vorstellung geworfen, die vom Standpunkt der materialistischen Wissenschaft aus völlig absurd erscheint.“ Muss man nicht diskutieren. Vom Materialismus aus, jedenfalls wie er gemeinhin praktiziert wird, sind diese ganzen Themen und Fragen in der Form vollkommen unsinnig. Das ist einfach intellektuelle Spielerei, mehr nicht. „Die Trans-personale Psychologie hat entdeckt, dass es in holotropen Zuständen möglich ist“, das heißt in solchen grenzüberschreitenden Zuständen möglich ist, also alles erfahrbar, kein Konstrukt, keine Theorie, „die Identität mit fast jedem Aspekt der physischen Realität aus Vergangenheit und Gegenwart wie auch mit verschiedenen Aspekten anderer Dimension des Seins zu erfahren.“ Ungeheurer Satz, wenn man den mal sich klarmacht, dass die transpersonale Psychologie entdeckt hätte, behauptet Grof, dass in diesen Zuständen tatsächlich Identitäten aufscheinen mit Aspekten der physischen Realität ganz weit weg, irgendwo da draußen, Pflanzen, Tiere, Organismen, Materie, und auch was die Zeit betrifft und mit ganz anderen Dimensionen des Seins. „Sie hat bestätigt, dass der gesamte Kosmos auf geheimnisvolle Weise der Psyche eines jeden von uns eingeschrieben ist und in der tiefen systematischen Selbsterforschung zugänglich wird.“ Also eine sehr weitreichende Behauptung von Grof. Man kann ihm das abnehmen, ein Mann, der 40 Jahre auf diesem Gebiet forscht. Ich kenne keinen Menschen dieser Erde, der heute lebt, der ein so gewaltiges Erfahrungsmaterial gesammelt hat, was veränderte Bewusstseinszustände betrifft. Ich kenne niemanden mit einem solchen ungeheuren Fundus an Material, was er gesammelt hat, angefangen von seinen Forschungen mit LSD noch in Prag, im real existierenden Sozialismus und dann später in den 60er Jahren in Amerika und dann über die verschiedenen Atemtechniken, die er entwickelt hat, bis heute, dargelegt in 10, 12 grundlegend wichtigen Büchern.

Das ist das letzte Buch hier von Grof, eine Art Resümee seiner jahrzehntelangen Arbeit. Also wie immer man nun dazu steht oder wieviel Skepsis man da an den Tag legt oder wie viel Zurückhaltung man da zeigt, wenn man sich interessiert für diese Frage der Bewusstseinsbreite, des Bewusstseinsspektrums, nicht in einem theoretisch-philosophischen Sinne, da ist sozusagen Ken Wilber der Spezialist, das findet man bei Grof weniger, er ist kein Philosoph, will es auch nicht sein, aber in einem erfahrungsmäßigen Sinne, im Sinne des Erfahrungsmaterials, dann sind die Bücher von Grof unverzichtbar und nicht nur dieses hier. Also man muss da unterscheiden zwischen der philosophisch-theoretischen Durchdringung, da ist Ken Wilber wahrscheinlich einzigartig heute, soweit ich das sehen kann, und der praktisch erfahrungsgemäßen Dimension, und da scheint mir, wenn ich das richtig sehe, Grof einmalig zu sein. Es gibt auch andere, sie stehen nicht alleine da, aber die Breite des Materials ist immens, und man hat schon große Schwierigkeiten, wenn man, jetzt im Sinne der traditionellen Medizin und Psychiatrie und Psychologie das alles nur als pathologisch abstempelt, hat man schon arge Schwierigkeiten, wenn man das tut. Und man muss dann schon alle möglichen, sagen wir mal, geistigen akrobatischen Kunststücke vollführen, um die Erfahrungsdimensionen, die da aufscheinen, als pure Pathologie zu interpretieren.

Natürlich spielen in diese Zustände immer auch pathologische Momente hinein, das ist klar. Also wenn ein, nehmen wir mal an, ein rational orientierter Abendländer, der nun getrieben von dem Bedürfnis, andere Bewusstseinszustände zu erlangen, bestimmte Übungen macht, dann kann das nicht nur hochgefährlich sein, wenn er es nicht integrieren kann, er kann auch in Zustände reinkommen, die ihm vollkommen fremdartig, ja unheimlich, gespenstisch sind. Dann wird er aber genau hingucken müssen, was da aufscheint. Aber es gibt in diesem Material, was Grof hier und in anderen Büchern darstellt, eine Fülle von Beispielen, dass es tatsächlich möglich ist, mit dem Bewusstsein in diesen Grenzzuständen in Schichten reinzukommen, die normalerweise gar nicht bewusstseinsfähig sind, zum Beispiel in die gesamte Binnenstruktur des Körpers, sämtliche Organe oder auch in die Innenstruktur anderer Menschen oder von Pflanzen, Tieren, von Materie usw., also, was auch im tantrischen Zusammenhang ja immer wieder behauptet wird. Also wenn man die tantrischen Schriften liest, dann ist das ja sozusagen fast selbstverständlich, dass das möglich ist. Und man würde jetzt nicht sagen, naja, gut, das wird behauptet, da wird zwar gesagt, es seien erfahrbare Zustände, aber man ist ja doch als aufgeklärter, rationaler Europäer oder Abendländer davon sehr weit weg und hat eine gesunde Skepsis. Erstmal, stimmt das dann, ist das nicht eine andere Kultur, und sind wir nicht auf einer ganz anderen mentalen Ebene, und so weiter.

„In holotropen Bewusstseinszuständen“, schreibt Grof an anderer Stelle in diesem Buch, „ob sie nun spontan auftreten“, also holotrop meint auf das Ganze gerichtet, holon, holotop, im Gegensatz zu phylotrop, auf die Materie, auf das Einzelne gerichtet. Ist aber jetzt nicht so wichtig der Begriff. „In holotropen Bewusstseinszuständen, ob sie nun spontan auftreten oder von den alten und neuen bewusstseinsverändernden Techniken hervorgerufen werden“, das lässt er offen, egal wie es entstanden ist, „ist es möglich, die individuellen Grenzen des verkörperten Selbst in mancherlei Weise zu transzendieren“, was natürlich bis zu einem gewissen Grade, um den Bogen zu spannen zu dem, was ich vorhin gesagt habe, [was jeder] ohnehin kann auf der Ebene dessen, was Johannes Heinrichs den medialen Logos nennt. Jeder der denkt, der Logik betreibt, der argumentiert, bewegt sich natürlich schon im Grunde auf einer Trans-Ego-Ebene, das ist klar.

„Diese Erfahrungen bieten uns die Gelegenheit zu anderen Menschen, Menschengruppen, Tieren, Pflanzen oder sogar anorganischen Elementen der Natur und des Kosmos zu werden, momenthaft zu werden und damit die Innenperspektive dessen zu erfahren.“ Das müsste möglich sein, wenn Purushakara Yantra, wenn der kosmische Mensch überhaupt existiert, müsste es möglich sein. Also wenn man das akzeptiert, dass das möglich ist, müssen wir im Prinzip auch akzeptieren, dass jede Facette des Kosmos im Menschen auffindbar ist. Dazu muss man sozusagen sein Zimmer gar nicht verlassen, mal ganz übertrieben gesagt. Es könnte ja sozusagen die reine Selbst-Introspektion erfahren. „Dabei stellt die Zeit offenbar kein Hindernis dar.“ Wichtig, stellt kein Hindernis dar „und [es] können vergangene und zukünftige Ereignisse genau so leicht erfahrbar werden wie etwas, das in der Gegenwart geschieht.“

Und das ist heute sehr populär in der Szene. Über sogenannte Zeitreisen wird oft sehr leichtfertig, finde ich, geredet. Das Ganze ist schon erstmal von einer Dimensionalität, die einem das Schwindeln kommen lassen kann, und man sollte da schon auch eine gewisse Zurückhaltung walten lassen und das mal auf sich beruhen lassen. Aber es geht hier gar nicht mal so sehr um Zeitreisen in einem technisch-ufologischen Sinne, sondern es geht hier mehr um eine Erfahrung einer vergangenen Zeitstufe in einem anderen Bewusstseinszustand. Ob das dann als Zeitreise gelten darf oder kann, sei dahingestellt. Das muss gar nicht der Fall sein. Darauf will ich jetzt gar nicht eingehen, weil es auch eine Fülle von logischen und erkenntnistheoretischen Fragen aufwirft, wenn das möglich sein sollte. Es gibt ja einige Physiker, die in einigen extremen Überlegungen das auch als möglich hinstellen. Auch da ist wieder die Frage der Ontologie. Das ist als Konstrukt möglich, ist es aber auch ontologisch möglich? ‒ ist eine andere Frage.

„Derartige Erfahrungen vermitteln sehr überzeugend die Erkenntnis, dass alle Grenzziehungen in der materiellen Welt illusorisch sind.“ Nicht, dass sie nicht empirisch da sind. Es gibt diese Grenzen, das ist ja klar. Da verschwimmt ja nicht alles. Aber es sind keine absoluten Grenzen, „dass alle Grenzziehungen der materiellen Welt illusorisch sind und das gesamte Universum, wie wir es kennen, in seinen räumlichen wie auch zeitlichen Aspekten ein einheitliches Netz,“ Zentralbegriff der Systemtheorie, „von Ereignissen im Bewusstsein ist. Es wird sehr deutlich, dass der Kosmos keine gewöhnliche materielle Schöpfung ist, sondern eine Schöpfung der intelligenten kosmische Energie“, sagt er hier, „oder des Universalen Geistes“, also wenn diese beiden Ebenen angesprochen sind, Sambhoga Kaya und Dharma Kaya. Diese Erfahrungen entschleiern somit das immanente göttliche „deus sive natura“, die berühmte Formel von Spinoza, Gott oder die Natur, „das heißt Gott, wie er sich in der und als die Erscheinungswelt manifestiert. Sie enthüllen auch, dass wir im Grunde umfangsgleich mit dem gesamten Netz der Schöpfung und mit allen seinen Teilen sind.“ Das heißt, die Trennung, die gestalthafte Abgrenzung, ist eine relative Wirklichkeit, relative Wirklichkeit, aber keine absolute Wirklichkeit. Sie kann transzendiert werden ‒ darum geht es. Es geht nicht darum zu sagen, dass diese Grenzen nicht existieren, das wäre absurd. Diese gestalthaften Grenzen existieren. Sie können transzendiert werden in bestimmten Bewusstseinszuständen, aus denen man natürlich wieder zurückkommt in den Normalzustand, das ist klar. Man muss diese Zustände dann integrieren. Man kann nicht auf dieser Ebene weiterlaufen. Das ist auch wichtig. Ist ja auch ein psychologisches Integrationsproblem dann. „Solche transpersonalen Erfahrung verändern unsere Auffassung vom Wesen der alltäglichen materiellen Wirklichkeit drastisch. Doch andere machen Seinsdimensionen sichtbar, die normalerweise unserer Wahrnehmung völlig verborgen sind. Derartige Erfahrung führt deutlich vor Augen, dass die kosmische Schöpfung nicht auf diese materielle Welt begrenzt ist, sondern sie sich auf vielen verschiedenen Ebenen und in vielen Dimensionen manifestiert. Ähnlich beschränkt sich die Möglichkeit von Vereinigungserfahrungen nicht auf den materiellen Bereich, sondern erstreckt sich auf andere Gefilde.

Wir können somit die Bewohner der archetypischen Regionen nicht nur sehen und kennenlernen, wir können richtiggehend mit ihnen verschmelzen, zu ihnen werden.” Mehrfach schreibt Grof auch, dass diese Jungschen Archetypen in diesen Zuständen erfahrbar wären. Er sagt das nicht, er behauptet es nicht als theoretische Überlegungen, sonder er hat tausende von Beispielen seiner Patienten und Menschen, mit denen er arbeitet, aufgrund derer wir zu solchen Aussagen kommen. Das muss man sagen, Grof ist kein Philosoph, das ist er außerdem, im Gegenteil. Das Denken ist in dem engeren Sinne, philosophisch gesehen, gar nicht sein Metier.

„Also, derartige Erfahrungen führen deutlich vor Augen, dass die kosmische Schöpfung nicht auf unsere materielle Welt begrenzt ist, sondern [ist in] sehr vielen verschiedenen Ebenen, in vielen Dimensionen manifestiert. Die Erfahrungen des immanenten Gött­lichen offenbaren die Heiligkeit der Alltagswirklichkeit”, das ist die Rückspiegelung auf das Alltägliche, „und die Einheit auf dem Grund der materiellen Welt, die für einen naiven Betrachter aus isolierten Objekten zu bestehen scheint.” Ich habe Ihnen das ja erläutert vorige Woche, dass ein Zentralgedanke auch im Tantrismus die Einheit ist, nicht nur die Einheit im Sinne der geschlechtlichen Vereinigung, des Männlichen und des Weiblichen, die Vereinigung im Geschlechtsakt, sondern auch die Vereinheitlichung, die Verinnerlichung dieser Welteinheit überhaupt.

„Indem sie erweisen, dass alle Grenzziehungen innerhalb der materiellen Welt willkürlich sind”, das als Formulierung finde ich ein bisschen zu scharf formuliert, aber ganz so willkürlich kann es nicht sein, weil diese Gestalten in ihrer klaren Abgrenzung auch so wie sie sind, einen guten Sinn haben müssen. Also das Wort Willkür finde ich etwas zu stark an der Stelle, weil es den Eindruck erweckt, als ob man das eben mal so wegwischen könne – das kann man nicht. Es geht auch aus dem Kontext hervor, dass es nicht möglich ist. Insofern also Willkür, würde ich sagen, mit einer gewissen Einschränkung, „dass alle Grenzziehungen innerhalb der materiellen Welt willkürlich sind”, und ich würde sagen, nur eine relative Wirklichkeit haben, „machen diese Erfahrung deutlich, dass wir alle mit dem gesamten Feld der Raum-Zeit und letztlich mit der kosmischen Schöpfungsenergie selbst wesensidentisch sind”. Womit man wieder bei diesem Punkt angelangt ist. Wenn ich versucht habe zu verdeutlichen, dass der tantrische Prozess den Verdichtungsprozess der Welt sozusagen in umgekehrter Richtung vollzieht, also aus dem Grobstofflichen zurück hinauf ins Feinstoffliche, während der Weltprozess in die andere Richtung geht. Man findet übrigens [das] ganz wenig, [so im] im tibetischen Buddhismus, etwa im Bardo Thödol [Tibetisches Totenbuch], da wird das auch gesagt, dass zum Beispiel im Akt des Sterbens der gegenteilige Prozess sich vollzieht, eine zunehmende Ablösung vom Nirmana Kaya, Sambhoga Kaya, schließlich eine erwünschte Vereinigung mit dem Dharma Kaya oder Rückfall, Zurückfließen wieder in die Materie im Sinne einer neuen Reinkarnation.

Also diese Figuren gibt es, möchte fast sagen, in allen relevanten esoterischen Systemen. Und da hat man jetzt die Brücke zum Tantrischen. Also, das wollte ich Ihnen in kurzer Form oder auch nicht kurzer Form, darstellen. Diese Zusammenhänge bestehen. Das ist ein offener Prozess. Das ist nicht so, dass man nun sagen könnte, das wäre nun ganz naiv, wir haben jetzt diese Bewusstseinsforschung, wir haben das große Material, und der Tantrismus sei sozusagen dadurch bewiesen. Das wäre zu weitgehend. Aber wir haben zumindest so viel mittlerweile lernen können, wenn man sich denn der Sache überhaupt öffnet, dass diese Bewusstseinsmöglichkeiten im Prinzip jedem zugänglich und keine theoretischen Konstrukte sind. Das ist wichtig, dass man das begreift, dass es möglich ist, dass es erfahrbare Stufen sind, auch wenn man denen ganz andere Begriffe gibt. Dass man da nicht eine philosophisch-intellektuelle Auseinandersetzung betreibt, was man ja auch tun kann, das kann man ja machen. Man kann ja den Tantrismus als wunderbares Denkmodell begreifen und ihn verbinden oder konfrontieren zum Beispiel mit anderen kosmologisch- physikalischen, mathematischen Modellen, kann man machen. Das wäre dann rein intellektuell, ein intellektuelles Spiel. Hochinteressant auch, ich will im Grunde da nichts dagegen sagen. Doch dann ist es eine andere Ebene, dann bewegt man sich nur auf der Mental-Ebene, dann kann man das nur auf der Mental-Ebene abhandeln, nicht auf der Erfahrungsebene. Genauso wie man mental intellektuell reden kann über Sexualität, was man sich angelesen hat, was man denkt, wie sie sein müsste, ohne dass man sie real wirklich praktiziert oder erlebt oder in der Tiefe durchdrungen hat ‒ kann man machen. Wie sinnvoll das dann ist, ist eine andere Frage. Hier geht es tatsächlich um empirische Dimensionen. Insofern ist es eine Erfahrungswissenschaft.


Es ist kurz vor acht. Ich würde sagen, dass wir gleich noch ein bisschen in die Frage gehen, wenn Sie mögen.

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