Hat der Mensch eine Kosmische Aufgabe?

Vortrag

Via Mundi Tagung 2016

05. – 08.05.2016 Benediktinerabtei Weltenburg.

Dozent: Jochen Kirchhoff
Quelle: YouTube-Kanal Jochen Kirchhoff / Alle Audiovorlesungen Nr. 47

Transkript als PDF:

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Ich möchte ganz kurz etwas zu dem Vortrag von Thomas Schmeusser sagen. Sie haben am Ende, finde ich, sehr eindrucksvoll und auch authentisch, überzeugend, ihr Vertrauen formuliert in den Klang der Welt, wie Sie das genannt haben. Und damit endete ja der Vortrag. Also man hat das Gefühl, Sie haben ein tiefes Vertrauen in die Ordnung der Dinge, auch in den Klang der Dinge, Klang der Welt, und das Vertrauen hat ja immer auch eine große Rolle gespielt in anderen Vorträgen, das Vertrauen auf eine übergreifende Ordnung. Und da würde ich gerne einen zusätzlichen Akzent setzen, der mir wichtig ist.

Wie Sie vertraue auch ich auf, sozusagen, die Grundordnung der Dinge ‒ wie Goethe sagt: Je älter ich werde, umso mehr vertraue ich auf das Gesetz, wonach die Rose und Lilie blüht, ‒ ein abgrundtiefes Vertrauen. Aber es gibt noch zwei Komponenten, die man immer bei diesem Vertrauen mitdenken muss.

Es gibt ein schönes Wort des berühmten japanischen Zen-Meisters Hakuin. Der sagt sinngemäß Folgendes: Auf deinem Weg, den du gehst, brauchst du drei Pfeiler, drei Komponenten, drei Faktoren, ‒ und alle drei müssen zusammenwirken. Der eine Faktor ist eben das Vertrauen. Du musst darauf vertrauen, dass es den Buddha-Weg gibt. Du musst das Vertrauen haben, dass es eine wie immer geartete transzendente Ordnung gibt, sonst musst du dich gar nicht auf den Weg machen.

Aber es gibt eine zweite Komponente, und die ist die Bemühung, die unermüdliche Bemühung, der äußerste Einsatz. Wenn diese Bemühung alleine dominiert, kann es sehr leicht zu einem Krampf führen: Ich muss das erreichen, mein Gott, ich schaff‘ das gar nicht, ‒ und das kann furchtbar sein.

Und die dritte Komponente ist der Zweifel. Der Zweifel: Stimmt das in der tiefsten Tiefe, wovon ich überzeugt bin? Bin ich auf dem richtigen Weg? Bin ich würdig, diesen Weg zu beschreiten? Ja, auch die Propheten des Alten Testaments: Ja, bin ich würdig vor mein Volk hinzutreten? Bin ich nicht eigentlich viel zu klein, zu erbärmlich ‒ und so weiter? Und das muss man in eine Balance bringen.

Mir sind immer Menschen, sage ich mal, ein bisschen suspekt, die den Zweifel vollkommen ausgeklammert haben. Dann stelle ich mir so vor: Jetzt zweifelst du denn gar nicht? Hast du nicht manchmal den Verdacht, dass alles, was du glaubst, möglicherweise ganz anders ist? Bist du dir absolut sicher? ‒ Dann wird es schwierig, je nachdem, welche Beziehung man zu der betreffenden Person hat. Willst du dann sagen: Ja, wenn ich ganz ehrlich bin, in der Tiefe der Nacht habe ich auch manchmal meine Zweifel, ob das alles so ist, wie ich das glaube.

Also: Zweifel alleine kann einen ja auch in den Irrsinn treiben, ‒ man kann ja alles anzweifeln, nicht? Alles kann man anzweifeln. Da bleibt kein Stein mehr auf dem anderen. Man kommt in eine Spirale rein, die einen letztendlich, ja, in die Pathologie treibt. Ja, also, Zweifel ist gut und fruchtbar, ‒ darf aber nicht dominieren. Die Bemühung ist gut und fruchtbar, ‒ darf aber nicht ausschließlich sein, weil: Das hält keiner durch. Das ist unmöglich, und das Vertrauen ist auch wunderbar ‒ auch im daoistischen Sinne ‒ ist das Vertrauen auch in die göttliche Ordnung wunderbar: Aber das reicht nicht. ‒ Weil ich tief davon überzeugt bin, dass wir nicht einfach Beschenkte sind ‒ die sozusagen als Beschenkte durch die Welt laufen ‒ sondern dass wir auch in diesem Sinne eine Aufgabe haben ‒ und auch eine Verpflichtung als inkarnierte Wesen ‒ auch eine Verpflichtung, auch im Sinne ‒ jetzt mal nicht unbedingt religiös verstanden ‒ des Bundes. Wir müssen diesen Bund auch erfüllen. Ich meine es jetzt nicht irgendwie christlich religiös, sondern noch grundsätzlicher.

Uns ist aufgetragen, etwas zu leisten, ‒ und das gehört meiner Überzeugung nach zur Würde des Menschseins. Er hat auch eine Aufgabe ‒ und Kosmische Aufgabe ‒ könnte man sagen ‒ mein Gott, kosmische Aufgabe, ich habe so viel in meinem Alltagsvollzug zu tun. Ich bin so eingespannt in so viele Aufgaben. Jetzt redet der von kosmischer Aufgabe. Was soll das denn sein? Man ist ja schon mit der ökologischen Aufgabe überfordert. ‒ Wir werden ja ständig geknechtet: Was machst du eigentlich? Heute habe ich gefrühstückt, dachte ich wieder einmal: Ist das wirklich ein klimaneutrales Frühstück? ‒ Ja, wahrschein­lich nicht. ‒ Ja, das ist ja eine absurde Formel, aber es gibt diese Formel vom klimaneutralen Frühstück, ja, das ist ja nun klar, und es ist ein Absurdum eigentlich. Aber davon kann man ja auch geknechtet werden.

Tatjana Schnell hat sehr schön gesagt, am Anfang ihres ja doch sehr informativen Vortrags, wovon sie nicht sprechen möchte, ganz am Anfang, vielleicht erinnern Sie sich: Der kosmische Sinn überhaupt, sagte sie, ist einer empirischen Forschung nicht zugänglich. Darüber kann sie nicht reden. Darüber möchte sie nicht reden. ‒ Sie redet über empirische Sinnforschung. Also dann sprach sie auch in diesem Zusammenhang von der Selbst­transzendierung, ‒ hat ja dieses bisschen modisch intellektuelle Wort benutzt: die Me­ta-Ebene, die Meta-Ebene, ganz von oben, ja, also die höchste Ebene ‒ und die Selbsttran­szendierung im Sinne eines höheren Bewusstseins. Von diesen Dingen rede ich aber. Ich rede von dem, was sie ausgeklammert hat. Ich rede nicht von der empirischen Sinnfor­schung, die ich hochinteressant finde. Vieles war mir bekannt, manches war mir nicht be­kannt. Aber davon rede ich nicht.

Ich erlaube mir die Kühnheit vom kosmischen Sinn überhaupt zu reden und von die­ser sogenannten Meta-Ebene. Die ist nun nicht meine Ebene, und ich gucke nun nur da her­unter, ‒ so meine ich das nicht. Aber es gibt ja ein tiefes Ahnen im Menschen, dass diese Ebene da ist, und er agiert ja auch bewusst oder unbewusst von dieser Ebene aus. Also das muss ich vorab sagen. ‒

Dann möchte ich darauf hinweisen, weil ich ja hier für Herrn Dieter Broers einge­sprungen bin, dass ich Dieter Broers kenne. Wir haben uns im Herbst 2010 auf einem Kon­gress in München kennengelernt. Damals ging es um die Weltwende 2012. Man denkt, o Gott, jetzt haben wir 2016. Nichts ist passiert. Was war das eigentlich mit 2012 ‒ Ende des Maya-Kalenders? ‒ Ich habe daran sowieso nicht geglaubt. Wir hatten hinterher ein Podi­um, da wurde das noch einmal ventiliert: Herr Kirchhoff, was denken Sie denn darüber? Sie sind ja eher skeptisch. ‒ Ja, ich habe meine Skepsis gehabt mit Blick auf diesen Zeitpunkt. Nicht unbedingt dergestalt, dass ich nun meinte, eine solche Weltenwende, eine kosmische Transformation, um das mal so zu nennen, sei per se unmöglich: Das meine ich nicht. Aber ich glaube, dass es dem menschlichen Zugriff, wie wir ihn kennen, erst einmal entzogen ist. ‒ Wir können nicht ein Datum fixieren, wir können nicht vorausgreifend sagen, was passie­ren wird. Das ist auch ein tiefes Mysterium. Die Zukunft ist dann letztendlich ein Rätsel. Sie kann in einigen Teilaspekten beleuchtet werden. Darüber kann man ja sprechen. Das werde ich auch zum Teil noch tun.

Man sagt, die Zeit ist eigentlich immer gleichzeitig. Es gibt so ein “magisches Zu­gleich”, wie das der Philosoph Schelling genannt hat. Und dann ist das eigentlich alles schon passiert ‒ was hintereinander abläuft, ist eigentlich ein Nebeneinander, alles ist schon pas­siert. ‒ Natürlich wirft das sofort die Frage auf: Ja, was, wenn das so ist – was ist dann mit der Freiheit? Dann ist sie ja gar nicht gegeben. Kann ich das ändern, oder muss ich das ein­fach nur nachvollziehen? Ich schlage das Skript meines Lebens auf in einem Buch, bin, sa­gen wir mal, auf Seite 169 und will jetzt weiter vorausblättern. Was steht auf diesen Seiten? Nichts ‒ oder sind da undeutliche Buchstaben? Sind da schemenhafte dann doch irgendwie … , ja, so könnte es sich vollziehen. Ja, ich möchte es genauer wissen. Aber was heißt das? Ist das nicht auch die Gier des Menschen, das vorabzugreifen? Die gibt es ja. Und man hat man ja dieses Bedürfnis.

Sie kennen ja vielleicht das Musäus-Volksmärchen “Richilde”. Da gibt es so einen Zauberspiegel, der sagt viel. Man darf ihn befragen, ‒ aber nicht über die Zukunft. Also wer den Zauberspiegel nimmt und fragt: „Was passiert denn übermorgen?“, ‒ dann verdunkelt sich der Spiegel. Da kommt es wie ein Nebel schlierig aus dem Spiegel, ‒ darauf gibt der Spiegel keine Antwort.

Hier liegt ein Heft, hinten, ein “Raumzeit”-Sonderheft über das Thema Licht, und da sind mehrere interessante Essays drin, unter anderem eben von Dieter Broers mit dem Ti­tel “Urgrund allen Seins – die wahre Natur des Lichts”. Dann heißt es hier von der Redakti­on: “Licht birgt noch viele Geheimnisse. Physikalisch ist es reine Energie und Information. Und laut der berühmten Formel E=mc² sollte nicht nur Energie aus Materie, sondern umge­kehrt Materie aus Energie, also Licht, entstehen können. Der Biophysiker Dieter Broers stellt das Phänomen Licht in einen bio-physikalischen Kontext…” und so weiter. Und danach kommt ein Essay von mir, einige Aspekte davon werden ja auch anklingen, mit dem Titel “Licht-Äther statt Sonnenofen: Woher kommt das kosmische Licht?” Und da hat hier die “Raumzeit”-Redaktion Folgendes vorab geschrieben, gleich vielleicht ein kleiner Schockef­fekt: “Warum sollte die Sonne ein glühend heißer Gasball sein? Jochen Kirchhoff rüttelt an unserem Weltbild und lädt zu einer naturphilosophischen Sicht des Lichts ein.

Es sind Gestirne in Wirklichkeit fest und kalt und strahlen radial Energie ab. Entsteht das Leuchten im Kosmos durch wechselwirkende Radial-Felder? Geht also gar nicht direkt von den sogenannten Sonnen aus … ” und so weiter. Also das können Sie sich hier erwerben für 9 Euro und 50 Cent. ‒

Um Ihnen eine kleine Einführung zu geben in mein Denken, ich kann jetzt nicht un­terstellen, dass Sie das recherchiert haben, dass Sie jetzt gehört haben: Der Jochen Kirch­hoff spricht, und sie gucken im Internet, gucken sich den YouTube-Kanal an und haben schon eifrig die Lektüre vollzogen. ‒ Das unterstelle ich jetzt erst mal nicht. Der eine oder andere wird es vielleicht gemacht haben aus einer gewissen Neugierde: Was ist das ei­gentlich für ein Jemand ‒ Dieter Broers wollte ich eigentlich sehen und hören, nun kommt der Kirchhof: Wer ist das eigentlich?

Im Sommer 2013, ich stand im Kontakt mit José Sánchez de Murillo, einem spani­schen Philosophen, der auch in München lehrt und lebt, und der hat in einer Mail mich ge­beten: Lieber Herr Kirchhoff, können Sie nicht einfach mal auf zwei Seiten, ganz knapp, eine Art Selbstinterpretation ihrer Philosophie, Kosmologie liefern ‒ und ohne zu sagen warum eigentlich? Ich habe die Mail dann mir gründlich durchgelesen, dachte: Was will er eigentlich von mir? Warum soll ich das liefern? Ich habe das offen gelassen und dachte, naja, wird schon irgendwie eine seriöse Sache sein. Wir kannten uns ja auch per Mail und haben uns dann kennengelernt vor zwei Jahren auch auf einer Tagung über Musik. Ich habe ja auch in dem Jahrbuch “Aufgang” mehrere Essays geschrieben, ‒ also habe ich das ge­macht. Und dann, 2014, bekam ich dann den Band des neuen “Aufgang” überreicht. Siehe da, ich blättere das durch, den neuen “Aufgang”, ‒ da gibt es dann eine eigene Abteilung “Festschrift-Teil zum 70. Geburtstag von Jochen Kirchhoff” mit Essays. Und ganz am Anfang steht eben dieser Text “Versuch einer Selbstinterpretation ‒ Mein Denken”. Das sind zwei Seiten, und das lese ich Ihnen mal vor, weil das eigentlich die Quintessenz ist. Das ist ja sehr komprimiert, aber da haben Sie eine Vorstellung, welchen Bogen ich seit einem halben Jahrhundert, kann ich sagen, versuche zu spannen, ‒ immer noch.

Diesen Bogen, nicht, der Bogen muss immer wieder neu gespannt werden, wie Odys­seus, der den Bogen spannt, weil er der einzige ist, der den Bogen ganz runterdrücken kann und dann noch durch die Ösen schießen kann. Also, mal Ihre Aufmerksamkeit für diesen kleinen Text, zwei Seiten: “Selbstinterpretation ‒ Mein Denken”. So, vorab: “mein” steht hier in Anführungszeichen, weil es im strengen Sinn nicht ich bin, der denkt, sondern etwas mich Überwölbendes und Durchdringendes, dem ich sozusagen nachdenke. Wirklich, so empfinde ich das. Ich fühle mich von diesem Höheren etwas umfassend in Dienst genom­men. ‒ Also sozusagen, ein Weltdenken, dem ich nachdenke, von dem ich mich in Dienst ge­nommen fühle.

Mein Streben geht dahin, ihm zu entsprechen, ja ‒ es zu sein. Dann wird das kleine Ich zum großen Ich, was ich den “Kosmischen Anthropos” nenne, der im Zentrum meiner Anthropologie steht. Also “Anthropos” ist der Mensch, ‒ “Kosmischer Anthropos” ist eine hohe Form des Menschen, die ich voraussetze, von der ich überzeugt bin. Das ist in gewis­ser Weise ein Glaube, der mich trägt, ‒ dass es diesen kosmischen Anthropos als eine höchste menschliche Form gibt und dass man den anstreben kann.

Ich denke damit den Menschen eigentlich von einer hohen Ebene aus. Das eigentlich Menschliche versuche ich hoch anzusiedeln.

Ich denke nur wenige Grundgedanken, wie ich überhaupt glaube, dass Denker, die wirklich etwas zu sagen haben, eigentlich nur ganz wenige Gedanken denken, die man auf wenigen Seiten zusammenfassen kann. Ich denke nur wenige Grundgedanken. Diese aber verfolge ich bis in die Fundamente hinein, soweit mir dies möglich ist.

Diese Grundgedanken sind auch Grundfragen, Grundthemen und ‒ wichtig: Prämis­sen, also Setzungen. Ich bin mir relativ gesehen darüber im Klaren, was ich setze und vor­aussetze und habe in meinem 50jährigen Literaturstudium von Texten von Philosophen und auch Naturwissenschaftlern immer wieder festgestellt, dass viele sich nicht über ihre eigenen Voraussetzungen im Klaren sind. Sie machen sich nicht klar, was sie eigentlich schon immer voraussetzen.

So, jetzt kommen diese Aspekte, die ich versuche zu denken, die auch in dem Vortrag und in den Büchern, die da ausliegen, eine zentrale Rolle spielen.

Erstens: Das Mensch-Kosmos-Verhältnis in seiner Grundkonstellation. Eines meiner Bücher, “Was die Erde will”, hat den Untertitel “Mensch, Kosmos, Tiefen-Ökologie”. Die grundsätzliche Mensch-Kosmos-Frage, natürlich mit Blick auch auf die Frage: Sind wir sinn­los Heraufgewirbelte aus der kosmischen Nacht ‒ was man ja denken kann? Oder haben wir die Würde einer sinnvollen und gemeinten Existenzform? Ist der Mensch gemeint, oder ist er nicht gemeint? Wie sind wir ‒ kosmisch gesehen ‒ angelegt? Wenn ich “kosmisch” sage, meine ich primär “geistig-kosmisch”, ohne nun das Physisch-Sinnliche zu leugnen. Ich setze die Prämisse, ‒ das kann ich nicht letztgültig beweisen, das ist auch ein Axiom, ‒ dass der Mensch die Würde einer geistig-kosmischen Existenz hat, auch wenn er diese missachtet oder für pure Phantasie hält; also auch der, der es eigentlich ablehnt: Also bitte, Herr Kirchhof, bitte, also was soll ich damit jetzt anfangen? Ich … kann sein, kann nicht sein, sozusagen ‒ auch wenn er diese missachtet oder für pure Phantasie hält.

Alles große Schöpfertum des Menschen hat hier seinen Ursprung, sie haben ja auch die Musik erwähnt, große Literatur ‒ und alles große Denken, Forschen, Sinnen des Men­schen schöpft letztlich aus einer tiefen geistig kosmischen Quelle, aus dem tiefsten, sage ich mal jetzt etwas mystisch angehaucht, dem tiefsten Weltengrund ‒ “Ungrund” würde Jacob Böhme sagen. Im tiefsten Weltengrund steigt etwas auf, ‒ ich kann sozusagen da in Kontakt treten. Wenn ich ganz still werde, und wenn das in mir quasi sich zeigt, manifestiert, immer deutlicher wird, ja, dann kann ich das vielleicht in Sprache bringen, ‒ wenn es mir denn ge­lingt.

Damit eng zusammen hängt der zweite Aspekt, nämlich die Frage nach der Struktur des Kosmos überhaupt, nach dem Sinn des Kosmos, die Frage der Kosmologie ‒ damit mei­ne ich jetzt nicht unbedingt die wissenschaftliche Kosmologie, ‒ die gibt es ja erst seit hun­dert Jahren in der Folge der Allgemeinen Relativitätstheorie von Einstein. Da kann man viel zu sagen, auch viel Kritisches zu sagen. Ich meine Kosmologie in einem weiter gespannten Sinne, im Sinne der Beziehung zum Ganzen, nicht, also Kosmologie ‒ jede Kultur hat ja in gewisser Weise ihre eigene Kosmologie, ihre innere Kosmologie oder Psycho-Kosmologie, wir auch, und von dort her bestimmt sich dann auch, was wir effektiv wahrnehmen können überhaupt nur. Sie haben ja auch von Wahrnehmung gesprochen. Wir haben auch ein Wahrnehmungs-Fenster und haben natürlich einen Blick, der auch ein Tunnelblick ist ‒ von Vornherein also eine einschränkende Sicht der Dinge, die uns auch foppen kann und täu­schen kann.

Wie ist der Kosmos überhaupt beschaffen? Was sind die Gestirne? ‒ Hier gehe ich von Annahmen aus, das muss ich einfach sagen, weil, um Missverständnissen vorzubeugen und auch müßigen Diskussionen ‒ hier gehe ich von Annahmen aus, die der Mainstream-Kosmologie radikal widersprechen; und zwar auf der Basis der so genannten Radialfeld-Theorie, die vornehmlich eine Weiterführung und Ausdifferenzierung der kosmologischen Vorstellungen Giordano Brunos und Helmut Krauses darstellt. Dazu sage ich nachher noch einiges.

Diese Radialfeld-Hypothese öffnet, wie ich umfassend bewiesen zu haben glaube, ‒ also in aller Vorsicht gesagt, ‒ das Tor zu einer Kosmologie der All-Lebendigkeit. Das kommt ja schon in dem kleinen Text vor, den ich abgefasst habe für die Tagung, dass eigentlich eine kosmische Verantwortung des Menschen sich nur manifestieren kann in einer Kosmologie der All-Lebendigkeit: Überall ist Leben, überall ist Gaia. Hier gibt es keine glühenden Gasbälle, schwarze Löcher und so weiter, sondern lebendige Groß-Organismen. Das Universum ist umfassend lebendig. Wir begreifen das Universum, das ist auch wichtig, nach Maßgabe unseres eigenen Bewusstseins. Dieses Bewusstsein wird vom Kosmos zurückgespiegelt. Insofern gilt: Was wir da draußen wahrnehmen, sind letztlich wir selbst. Ja, was wir da draußen wahrnehmen, sind letztlich wir selbst. Und es gibt eine alte, Ihnen vielleicht bekannte Weisheit, Sentenz aus Persien, die heißt: dass der Kosmos wie ein Spiegel ist. Das heißt: Wenn ein Schwachstrom-Ingenieur in den Himmel guckt, was soll er anderes sehen als das, was er ist? Es ist ein Widerspiegeln auch des Eigenen. Und die wirklich objektivierbaren Faktoren, darauf gehe ich noch ein, sind wesentlich weniger als man gemeinhin annimmt. So.

Damit hängt zusammen, das hatte ich ja auch schon angedeutet, die Frage des Be­wusstseins, die mich brennend interessiert. Und damit auch die Frage des Ich: Wer oder was ist “Ich”? Die Kinderfrage: Warum bin ich ich? Warum bin ich nicht du? Ja was? Warum bin ich ich? Wie steht das kleine Ich zum großen Ich?

Das berührt auch die Frage der höheren, transpersonalen, ins geistig-kosmisch hin­einragenden Bewusstseinszustände. Hier wurde ja angesprochen das Buch “Die Anders­welt”, das ist nicht das letzte Buch von mir. Das macht aber nichts. In dem Buch “Die An­derswelt” geht es ja um, es hat den Untertitel “Eine Annäherung an die Wirklichkeit”, und es geht um eine innere Kosmologie und die Frage der anderen und höheren Bewusstseinszu­stände, ‒ die Frage also: Was sind diese Bewusstseinszustände? Kann man das philoso­phisch sich angucken? Was haben Menschen erlebt? Und was kann man daraus schließen, etwa die große Vision des Dante in der Divina Commedia, was hat er, Dante, wirklich erlebt? Was hat er aus dem Reservoir seiner Zeit genommen und vielleicht über ein ganz andersar­tiges Erleben sozusagen gestülpt?

Und zum Bewusstsein gehört nach meiner Überzeugung, ‒ das ist ein zentrales Axi­om meiner Philosophie, ‒ die Weltseele. Es gibt eine Universal- und Weltseele, die uns in toto einbettet, das heißt, unsere Individual-Seele ist Teil der Weltseele, ist in gewisser Weise die Weltseele selber und als Ganzes. Und nur weil das so ist, können wir uns überhaupt verständigen, nicht nur über bestimmte geistige Strukturen oder über Sprache, aber auch, weil wir selber alle den gleichen Ursprung haben.

Ich kann in dem anderen ja immer erkennen das Du, und kann ja auch etwas kontak­tieren in ihm, ‒ seine eigene Tiefe kontaktieren. Das macht ja auch die Würde des Menschen aus. Ich blicke ja an den anderen nicht einfach als Körper ‒ das wäre ja unmenschlich ‒ ich blicke in ihn ja hinein und er in mich, in einen Abgrund, der ganz tief in den Welten-Grund reicht. Wir begegnen uns als uralte ‒ uralte ‒ in die tiefste Tiefe hinein reichende Wesen und gewinnen dadurch eigentlich unsere Würde. ‒

Der vierte Punkt, also die Weltseele, ist mir zentral wichtig, die Weltseele, die in ge­wisser Weise der Weltraum selber ist. Die Weltseele ist in gewisser Weise identisch mit dem unendlichen Raum. ‒ Also ein Raum, der umfassend belebt ist, der sich nicht ausdehnt und ausdehnen kann, der nicht entsteht, nicht entstehen kann, der immer war und immer sein wird. Die Frage, natürlich: Ja, der Raum ‒ das ist ja auch die Streitfrage zwischen New­ton und Leibniz dann gewesen ‒ was ist denn mit dem Raum? Was ist denn mit dem Göttli­chen? Ist nicht Gott jenseits des Raums? Ist er nicht über dem Raum? Gebiert er nicht den Raum aus sich heraus? Oder ist er gar der Raum selber? Ähnliche Fragen mit Blick auf die Zeit. Das sind ganz wichtige Fragen. ‒ Da habe ich gewisse Antworten gefunden, sagen wir mal, die sinnvoll erscheinen, die mir sinnvoll erscheinen. Ob sie auch einem anderen sinnvoll erscheint, ist eine andere Frage. Aber sie haben für mich eine Plausibilität und für etliche andere auch, aber natürlich nicht für jedermann, das ist ja auch unmöglich.

Meine Philosophie ist im Grunde spirituell fundiert und ohne gelebte Spiritualität nicht zu verstehen. Das muss ich klar sagen. Ich fühle mich als eine Personalunion von al­ternativem Physiker und Kosmologen, Naturphilosophen und Tiefen-Ökologen und gleich­zeitig einem spirituellen Menschen. Ich versuche da das zusammenzudenken und habe im Laufe der Jahre immer auch mal Irritationen ausgelöst, dass die Hörer oder Leser meiner Bücher oft nicht wussten: Mit wem haben sie es jetzt zu tun? Spricht jetzt der spirituelle Mensch, spricht jetzt eigentlich der Physiker, der Kosmologe, oder spricht jetzt eigentlich der Naturphilosoph? Wer ist der, der da spricht? ‒ Ich bin immer der gleiche, das sind keine verschiedenen Personen. Ich versuche sozusagen nur, die in mir zu bündeln. Eines bedingt das andere: Ich kann Physik nicht betreiben, auch Kosmologie nicht betreiben, ohne eine spirituelle Grundüberzeugung. ‒

Fünfter Punkt ist, dass ich glaube, dass der Mensch in der tiefsten Tiefe die Geheim­nisse des Weltalls nicht nur in sich trägt, sondern sich daran auch erinnern könnte, ja sollte. Das also heißt sozusagen, wie das Goethe mal sagte ‒ anlässlich des Begräbnisses von Jo­hannes Falk: Der Mensch trägt die Gesetzestafeln des Weltalls in sich, weil er in die tiefste Tiefe hineinragt und sich daran erinnert. ‒ Deswegen appelliere ich auch an den Einzelnen, habe auch in meinen langen Jahren an der Humboldt-Universität, Lessing-Hochschule und so weiter, auch immer an den Einzelnen appelliert: Du kannst dich erinnern, in der tiefsten Tiefe weißt du es eigentlich, und du musst es mir nicht glauben, sondern versuche selbst es in der tiefsten Tiefe zu erschließen. Da ist das berühmte Wort bei Platon dann: “Anamnesis” ‒ Erinnerung ‒. Das ist mir ganz wichtig: die Erinnerung. ‒

Ich habe vieles im Laufe der Jahre erkannt, weil ich mich erinnert habe, aus der tiefs­ten Tiefe der Erinnerung geschöpft habe, versucht habe, diesen täuschenden Filter, der über allem liegt, abzulegen, was natürlich nur bis zu einem gewissen Grade überhaupt mög­lich ist. Ich maße mir nicht an zu sagen, der Filter sei komplett abgelegt, überhaupt nicht, das wäre einfach hybrid. Das meine ich nicht, ‒ aber es ist eine Bemühung, diese Filter abzulegen.

Dann kommt hinzu, dass ich glaube, dass mein Denken auch eine eschatologische Funktion hat und in gewisser Weise auch auf Erlösung angelegt ist. Eines meiner Bücher heißt nicht zufällig “Die Erlösung der Natur, Impulse für ein kosmisches Menschenbild”. Und die Frage: Hat der Mensch, hat die Erdenmenschheit eine Zukunft, oder nicht? Ist der Selbstvernichtungslauf der Erdlinge noch zu stoppen? Und dann kommen natürlich jetzt die Frage der kosmischen Verantwortung. Wie sieht die aus? Dazu werde ich ja noch einiges sagen.

Der letzte Punkt berührt dann die Frage der Zeit. Ich habe über die Zeit viel nachge­dacht, und ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass es eine Art Überzeit geben müsste, dass die auch kontaktierbar ist, und dass innerhalb dessen, innerhalb dieses Feldes, auch Zahlen eine Rolle spielen. ‒ Das nur ganz kurz angedeutet, das wird heute nicht zur Sprache kommen.

Ich glaube, dass es einen dritten Weg gibt zwischen Mathematik auf der einen Seite und Zahlen-Aberglauben, Numerologie auf der anderen Seite, den ich als Akusmatik be­zeichne. Gut ‒ also, das wäre der große Rahmen, innerhalb dessen ich denke und mein Den­ken versuche voranzutreiben. Gut.

Ganz kurz zu der Kernfrage von Naturwissenschaft und Spiritualität. Das ist ja ange­sprochen. Sie wissen ja alle, dass diese Frage seit Jahrzehnten diskutiert wird. Wie ist das eigentlich mit dem Verhältnis von Naturwissenschaft und Spiritualität? Da gibt es ja endlo­se Literatur darüber, und die Quantentheorie spielt dabei ja, wie Sie wissen, eine zentrale Rolle.

Was ist überhaupt Naturwissenschaft, und was ist Spiritualität? Ich will es versu­chen, mal ganz kurz auf den Punkt zu bringen, soweit ich das sagen kann, damit man diesen Zusammenhang begreift. Was unterscheidet das eine vom anderen?

Zunächst einmal muss man ja sagen, dass vom Anspruch her die Naturwissenschaft, seit Galilei und Newton, die strengen Regeln unterworfene Bemühung ist, ‒ war und ist, ‒ die uns umgebende Natur, die sinnlich physische Natur, in ihren Gesetzen, ihrer Struktur, ih­rer formalen Einheit adäquat zu erfassen, sei es primär erklärend, sei es beschreibend; und dies auf der Basis von Erfahrung, von tatsächlich vorliegenden Daten, Messdaten zumeist, konkreten Beobachtungen und Experimenten, die wiederholbar und im Prinzip von jedem mit dem gleichen Ergebnis durchführbar sind: die berühmte Reproduzierbarkeit.

Kann die Naturwissenschaft dem entsprechen? ‒ Nur sehr eingeschränkt, ‒ nur ein sehr kleiner Teil der Naturwissenschaft entspricht dem wirklich. Es gibt ein relativ kleines, wirklich empirisches Segment, also tatsächliche Erfahrungswissenschaft. Natürlich dann wieder noch in der technischen Umsetzung, das muss man ja sagen, ‒ wer einen Rover auf dem Mars steuern kann, wer gestochen scharfe Bilder vom Pluto zur Erde senden kann, der muss irgendetwas verstanden und umgesetzt haben. Das sind technische Meisterleistun­gen, keine Frage. Damit ist noch lange nicht gesagt, dass die Grundaussagen über Welt und Kosmos damit in irgendeiner Form bewiesen worden wären. Auf jeden Fall hat die Technik eine ungeheure Faszination und hat alles in gewisser Weise überwuchert ‒ Naturwissen­schaft ist heute eigentlich technisch-abstrakte Naturwissenschaft. Viele Theorien werden ja auch nur gefunden durch eine hoch differenzierte Technik, dort durch Computersimulatio­nen, immer auf der Basis von ganz bestimmten Voraussetzungen. Der Computer spuckt ja nicht die Ergebnisse einfach so hervor, ‒ sondern sie müssen interpretiert werden. ‒ Das ist wichtig, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass die Naturwissenschaft bestimmten An­sprüchen genügt; dass sie aber zu einem erheblichen Teil auch ihr Konto überzieht und man häufig außen vorlässt, dass diese Voraussetzungen, von denen ausgegangen wird, nicht selbstevident sind.

Wie die Mathematik ihrer eigenen Axiome nicht begründen kann, so kann auch die Physik bestimmte Grundaxiome nicht begründen, ‒ sie muss sie voraussetzen, sie muss von ihnen ausgehen und kann nur von dort her überhaupt operieren.

Was ist nun Spiritualität? ‒ Ganz schwer zu sagen. Spiritualität ist ja ein etwas un­deutlicher, fast möchte man sagen, schwammiger Begriff geworden. Jeder, der irgendwie meint, naja, es gibt da ein höheres Wesen, der ist, soll spirituell sein. Na ja, in gewisser Wei­se ist es ja auch so, ‒ schwer zu sagen. Also, Spiritualität ist ja heute das Gefühl, ja, diese physisch sinnliche Welt, die sich so konkret und massiv zeigt, ist nicht die einzige Wirklich­keit. Da drinnen ist irgendwie eine andere Wirklichkeit verborgen. Aber wie? Und diese an­dere Wirklichkeit, die ist oberhalb ‒ unterhalb dieser physischen, physisch sinnlichen Welt und durchdringt sie auch. Also, der Glaube, es gibt ein geistiges Universum ‒ in irgendeiner Form ‒ das das physische Universum trägt. Und häufig ja nichts weiter, für viele ist ja Spiri­tualität irgendwie, ich sage das mal ein bisschen flapsig, ein bisschen Buddhismus, bisschen Dalai Lama, bisschen mystisches Christentum, bisschen Zen, bisschen Tantra und so, so eine eigenartige Mixtur. Das sage ich jetzt nicht, um Jemanden lächerlich zu machen, der das so sieht, ‒ aber es ist doch einfach so, dass so eine, sagen wir mal, unscharfe Spiritualität herrscht. Das ist ja auch wieder gut, weil: Die Schärfe hatten wir ja lange genug. ‒ Man muss ja einfach wissen, dass die werdende Naturwissenschaft im 16. und 17. Jahrhundert sich si­cher nicht einer Spiritualität dieser Art gegenüber sah, sondern einer wirklich organisier­ten Spiritualität, die sich auch an ein bestimmtes Weltbild, an ein Weltmodell gefesselt hat­te. ‒

Nicht, die berühmten, das berühmte geozentrische, aus dem Mittelalter, aus der Antike stammende Weltbild, was die Kirche dann übernommen hat, ‒ und dann kam sie natürlich in Schwierigkeiten, weil sie, weil es zunehmend unhaltbarer war und gar nicht mehr verifizierbar. ‒ Wichtig ist, dass in der Naturwissenschaft ‒ auch das ist oft nicht klar gesehen: Es geht um einen methodischen Atheismus. Der einzelne Naturwissenschaftler muss überhaupt nicht Materialist sein, er muss auch nicht irreligiös sein. Er kann alles sein. Er kann Zen-Buddhist sein, er kann Anthroposoph sein, er kann Unitarier sein oder Rosenkreuzer oder was auch immer. Das ist sozusagen seine Privatangelegenheit. Aber der methodische Atheismus heißt: Wenn ich forsche, wenn ich mich erkenntnismäßig um die Gesetze der Natur bemühe, darf das alles keine Rolle spielen, ja, ‒ das ist der wesentliche Punkt. Also: methodischer Atheismus.

Weizsäcker hat das ganz schön so formuliert, Carl Friedrich von Weizsäcker, und in anderem Zusammenhang auch gesagt: Die Naturwissenschaft ist darum bemüht, die Hypo­these Gott als nicht gültig zu erweisen ‒ in der Forschungsmethodik. Das heißt nicht, dass der Naturwissenschaftler per se Atheist sein muss, wenn er in diesem Sinne methodisch atheistisch forscht. Das ist auch wichtig. Da gibt es ja die, eine gewisse Schizophrenie dann auch, dass der Naturwissenschaftler als Privatmensch alles Mögliche sein kann ‒ aber als Forscher eben strengen Richtlinien unterworfen ist. Also wer in der Woche als Teilchenphy­siker oder Molekularbiologe unterwegs ist, kann am Wochenende im Franziskanerkloster meditieren oder in einem Zen-Dojo, ohne dass es irgendeinen sachbezogenen und methodi­schen Einfluss hat auf das eigene Tun als Wissenschaftler.

Viele würden sagen: Ja, warum soll es das auch sein? Ja, da sind wir an einer schwie­rigen Stelle. Warum? Was ist gemeint? Inwiefern kann man denn doch ‒ was ich ja versuche ‒ eine tiefere, andere Naturwissenschaft etablieren, die eben diese spirituellen Komponen­ten tatsächlich einbezieht? ‒

Ein kurzer Blick mal, bevor wir dann auch die kosmische Licht-Frage behandeln, in die Frage, in die Geschichte. Wissenschaftsgeschichte ist ein spannendes Feld; und zwar deswegen schon, weil es einen lehren kann, was alles schon gedacht worden ist und auch verworfen wurde. Viele Überzeugungen, die über Jahrhunderte gegolten haben, hatten ja ihre eigene Evidenz und Kraft ‒ und haben sich dann doch als falsch herausgestellt. Zum Beispiel das ptolemäisch-geozentrische Weltsystem, was ja in der Lage war ‒ also mit der Erde als Mittelpunkt, die ganzen Epizykeln um die Erde herum ‒ war in der Lage, Sonnen- und Mondfinsternisse, Planetenpositionen sehr genau vorauszusagen, war also mathema­tisch zunächst einmal dem Kopernikus weit überlegen ‒ und trotzdem falsch. Das muss man einfach auch dazu sagen. Das ist interessant, immer wieder sich um Wissenschaftsge­schichte zu bemühen.

In einer Kurzlebigkeit wie heute ist es besonders schwierig, den Blick zurück zu richten auf das Werden, auf das Gewordene. Und hier spielt es für mich eine entscheidende Rolle, zu fragen, damals und heute: Wo befinden wir uns? Was ist der eigentliche Ort unse­res Seins?

Ich habe ja schon von der Weltseele gesprochen. Im geozentrischen Weltbild war ja der Mensch eigentlich ganz unten im Zentrum des Kosmos. Im Zentrum dieses kugelförmi­gen Etwas, war der Teufel ‒ Dantes “Göttliche Komödie” ‒ und in relativer Nähe zum Teufel die Erdoberfläche und dann die Sphären, und da drüber wölbte sich dann ein Hyperraum, würde man mathematisch sagen, wie ihn Aristoteles beschrieben hat, der als solcher nicht näher bestimmbar ist, denn diese kugelförmige Erscheinung des Weltganzen im geozentri­schen System durfte keine Außenkrümmung haben, nur eine Innenkrümmung.

Also naiv realistisch würde man sagen: Was nach innen gekrümmt ist, muss ja auch eine Außenkrümmung haben ‒ im aristotelischen Sinne eben nicht. Übrigens auch nicht in dem ominösen Urknallmodell, in der Urknall-Fiktion. Auch da ist der Ort nicht bestimmbar. ‒ Ich habe in einer Diskussion in der Urania in Berlin im Jahr der Physik 2000, da saß ich mit Physikern auf dem Podium, da ging es um den Urknall, und ich habe einen Physiker ge­fragt: Wo ist denn eigentlich diese Weltenblase, die Ihrer Meinung nach, in Ihrer These vom Urknall, dieses ausdehnende Etwas, wo befindet sich diese Blase? Und darauf kam die Ant­wort, die ich natürlich wusste: Die befindet sich nirgendwo, weil: Es gibt gar keinen Ort, in dem sie sich befinden könnte. Wenn es den Ort gäbe, dann gäbe es ja auch schon einen Raum davor. Das ist ja die Frage der Ausdehnung ‒ wohin soll die Ausdehnung denn gehen? Ist das der Raum selber, der sich ausdehnt? ‒ Eigentlich ein Absurdum. Da kann die Welten­blase sich ja nur in einen anderen Raum ausdehnen. Oder entsteht der Raum immer wie­der neu mit der Ausdehnung? Das sind ja alles Ungeheuerlichkeiten. Das hat ja mit Physik gar nichts zu tun. Das ist Mathematik, das kann man durchrechnen, aber physikalisch ist das eigentlich monströs.

Also die Frage des Raumes: Wie geht das weiter? Das berühmte Beispiel kennen Sie ja auch in der Antike: Ein Bogenschütze steht am Rand der Welt und schießt seinen Pfeil jenseits der Grenze ‒ was passiert? Fliegt der Pfeil? Ja, was passiert? Fliegt der Pfeil weiter? ‒ Dann ist da Raum. Oder verschwindet der Pfeil, löst er sich sozusagen in einen eigenarti­gen Hyperraum auf; er ist dann nicht mehr existent. Genauso hier, im Sinne dieser Welten­blase, wenn es dann möglich wäre, einen Pfeil nach außen zu schießen, würden die Physi­ker sagen: Es gibt es gar nicht, das ist absurd. Den Fall kann es nicht geben, weil da ist ei­gentlich in diesem Sinne nichts, was wir so verifizieren könnten. ‒ Also die Frage des Rau­mes ist hier zentral. ‒

In der mittelalterlichen Kosmologie hatte der Mensch einen Ort. Welchen Ort hätte er heute? Ganz schwierig. Wenn ich sage, er hat einen Ort in der Weltseele. Was heißt das? Wo ist er verwurzelt? Ja. ‒ Er hat einen Ort ‒ in gewisser Weise in der Weltseele. Er ist die Weltseele selber, von der ich ja gesagt habe, dass sie der unendliche Raum ist. So wurzelt der Einzelne letztlich im Unendlichen. Er ist in gewisser Weise nicht nur ins Unendliche ausgegossen. Sein eigentliches Fundament ist das Unendliche, das nicht Gewordene, das ewig Seiende.

Kann man jetzt sagen, gut, das ist ja doch, was viele sagen, dass der Grund der Dinge, das nicht weiter verifizierbare Letzte, der Weltengrund ist, in dem der Mensch dann wur­zelt. Ich meine, der Mensch ist ein Weltseele-Wesen und seine tiefste Verortung ist im Welt­seele-Raum. ‒

Nun zum Licht, zum kosmischen Licht, was ja auch mit der Verantwortung zu tun hat. Das ist ja ein entscheidender Punkt. Ich würde noch einmal die Frage formulieren: Ha­ben wir eine Aufgabe, die man benennen kann? Sind wir gemeint? Und wenn wir nicht nur Beschenkte sind, dann haben wir auch eine gewisse Pflicht im Sinne des Bundes, unseren Teil zu erfüllen. Dann sind wir aufgefordert, aufgerufen in unserer Menschenwürde das dann auch zu leisten.

Zunächst einmal muss gesagt werden, dass Licht ja eigentlich schon per se ein Mys­terium ist, denn Licht ist eigentlich kein Ding, kein Objekt in der Außenwelt. Und schon die normalen Zuschreibungen ‒ Subjekt, Objekt ‒ funktionieren eigentlich gar nicht. Die Frage auch: Ist das Licht eigentlich innen oder außen? ‒ Das Licht ist innen und außen gleichzei­tig.

Das ist ja wie mit dem Raum, wenn Sie fragen ‒ ist ja auch eine meditative Frage: Ist der Raum eigentlich außen? Oder ist der innen? Ist er in mir? Oder erstreckt er sich ins Au­ßen? Mit dem Licht ist es ähnlich ‒ das Licht ist innen und außen. Und egal ob wir es als elektromagnetische Strahlung, als Teilchenschauer, als sowohl-Teilchen-als-auch-Welle-oder-Ätherschwingung betrachten ‒ da haben wir immer nur das sozusagen messbare Korrelat. Stofflich, feinstofflich oder energetisch ‒ das ist aber nicht das Licht selbst.

Die Frage nach dem Licht ist nicht nur eine physikalische Frage ‒ das wäre sehr ver­kürzt ‒ ist ganz wesentlich auch eine anthropologische Frage: wie wir über das Licht, das kosmische Licht, übrigens auch über den Raum und so weiter, denken. Was von Menschen gedacht wird, das hat auch zu tun mit unserem eigenen In-der-Welt-sein. Und hat auch zu tun mit der inneren Kosmologie und gewisser Weise auch mit unseren eigenen Projektio­nen. Die Physik, auch die Kosmologie, geht ja von drei fundamentalen Prämissen aus, ich muss sie einfach nennen, weil das viele, viele sich nicht klar machen. Sonst könnte man Kosmologie gar nicht betreiben.

Es gibt drei Grundüberzeugungen, von denen man ausgehen muss. Drei Prämissen. Erstens. Irdische Physik ist kosmische Physik. Die erste Prämisse. Alle sogenannten Naturgesetze, die wir aus den Beobachtungen der uns zugänglichen Welt, das heißt auf der Erdoberfläche oder in deren Nähe, in abstrakter Form herausdestillieren, gelten im Prinzip überall und zu jeder Zeit in gleicher Weise. Wie etwas geschieht in der Natur, geschieht ge­mäß diesen Naturgesetzen, und zwar unabhängig davon, wann und wo jemand das konsta­tiert. ‒ Also irdische Physik ist kosmische Physik, ‒ das muss nicht stimmen. Das muss man klar sagen. Es kann ganz anders sein. Das ist allein schon eine metaphysische Setzung. Auch die Universalität dieser Art von abstrakten Naturgesetzen ist kein empirisches Faktum.

Die zweite These ist: Überall so wie hier. Das ist das sogenannte kosmologische Prin­zip. Ganz einfach folgendes: Unser Weltausschnitt, in dem wir leben, muss in irgendeiner Form für das Weltganze repräsentativ sein. Nur so können wir von diesem Standort aus auf das Ganze schließen. Wenn das nicht so ist, können wir keine Kosmologie betreiben. Wenn ich also der Auffassung bin, auf dem Andromeda-Nebel ‒ oder auf einem der Gestirne dort ‒ gelten ganz andere Gesetze, dann also ist Kosmologie unmöglich. Also wir dürfen nicht in einem tiefen Sinne standortgeschädigt sein, sonst ist Kosmologie nicht möglich.

Und den dritten Punkt habe ich schon genannt. Höhere Prinzipien gibt es nicht und dürfen keinen Zugang haben, allenfalls als Meinung. Das darf jeder, man darf glauben, was man will.

Ich glaube übrigens nicht, dass die herrschende Physik überhaupt die eigentlichen Naturgesetze kennt, sondern allenfalls ganz bestimmte ausschnitthafte Beschreibungen. Um Ihnen zu verdeutlichen, was ich meine mit dem kosmischen Licht, was hier einleitend schon ganz bewusst zitiert wurde, will ich Ihnen das versuchen zu erläutern, indem ich einige Thesen aufstelle, die ich einfach mal bitte mitzuvollziehen, auch wenn es vielleicht schwerfällt, wie ich überhaupt bitte darum, das wollte ich eigentlich schon vorhin sagen: Betrachten Sie das, was ich sage, als Gedankenexperimente, auch als Gedanken-Meditation, ‒ einfach als Denkmöglichkeiten, wie man eben auch denken kann und als Gedanken-Meditation. Das ist nicht intellektuell, sondern es ist einfach geistig und kann sozusagen mitmeditiert werden.

Denken kann auch Meditieren sein. Das glaube ich wirklich. Es gibt doch ein denken­des Meditieren und meditierendes Denken. Meditieren ist nicht per se Nicht-denken und Denken ist nicht per se Nicht-meditieren.

Also Thesen zu der Ur-Strahlung der Gestirne und Raum-Energie als Wirklichkeits­grund des kosmischen Lichtes, ‒ das können Sie zum Teil in diesem Essay, der da in dem Heft ausliegt, nachlesen.

Alle Gestirne, ich sage bewusst: Alle Gestirne ‒ verstrahlen aus ihrem Kern durch Materiezerfall freiwerdende Raum-Energie ‒ oder auch radiale Energie ‒ in wellenloser Form. Diese Radial-Felder sind die energiereichste Strahlung im Universum. Es ist das Ur­feld, das primordiale Feld. Jedes Gestirn verstrahlt diese Urenergie oder dieses Urfeld radi­al. Das heißt die Strahlung geht wie die unendlich vielen Radien einer Kugel vom Mittel­punkt aus in alle Richtungen.

Wir spüren das am unmittelbarsten in der Anziehungskraft, in dem, was die Materie zusammenhält. Diese Strahlung durchschlägt die Materie und hält sozusagen auch die Ma­terie zusammen. Da die Dichte der Materie gemäß der radialen Form des Raumener­gie-Feldes mit Annäherung an den Gestirnkern entsprechend zunimmt ‒ kann man ja rein logisch auch sagen ‒ bauen sich die Gestirne fest und kalt auf. Im Mittelpunkt der Radial­verstrahlung ist die Dichte quasi unendlich groß.

Das müsste ich Ihnen erläutern, das ist wissenschaftsgeschichtlich hoch interessant. Allein schon im späten 19. Jahrhundert gab es die Frage: Kann die Newtonsche Physik stim­men, weil allein jeder einzelne Körper dann mit seiner gravitativen Anziehungskraft im Mit­telpunkt eigentlich unendlich große Werte aufweisen müsste? ‒ Man hat endlos darüber debattiert und gegrübelt, was geht, was nicht geht, übrigens auch in der Quanten-Elektro­dynamik. Jedes Elektron müsste eigentlich unendliche Werte aufweisen. Man rechnet das dann mathematisch raus.

Die Sonnen verstrahlen kein Licht und auch keine Wärme, sondern Raumenergie in ihrer ursprünglichen Form, die aus dem Materiezerfall im Sterninneren gespeist wird. Erst in den sehr subtilen und komplexen Wechselwirkungen der Raumenergie-Felder der Ge­stirne im Gegen- und Ineinander entstehen wellenförmige Schwingungen ‒ unter anderem als Licht ‒ aber auch Aufsplitterung zu Teilchen und Verwirbelungen vielfältiger Art. In die­ser Überlappungzone sind alle Phänomene angesiedelt, die die Quantentheorie beschreibt.

Glühende Glaskugeln ‒ nach meiner Überzeugung ‒ gibt es nirgendwo im Weltall, hat es nie gegeben und wird es nie geben. Schon dass sie physikalisch überhaupt realitäts­tauglich sind, halte ich für pure Fiktion. Solche Monstren würden rasend schnell kollabieren oder zerfetzt werden.

Aus dem kalten und festen Aufbau aller Gestirne sowie der Eigenart der radialener­getischen Wechselwirkung folgt zwingend, dass im Prinzip für eine gewisse Phase, in wel­cher Form auch immer, organisches Leben möglich ist ‒ im Prinzip überall. Überall ist Gaia.

Wir sind umgeben von tosendem Leben. Wer einen Blick wirft in das nächtliche Fir­mament und tief angerührt ist und nicht gleich seine Argumente ins Feld bringt ‒ was er weiß oder zu wissen glaubt aus zweiter und dritter Hand ‒ der kann ja tief angerührt sein, er kann spüren, dass ihm da Leben entgegenblickt. Und er kann auch spüren, dass er nicht nur der Blickende ist, sondern dass auch angeblickt wird. ‒

Der moderne Mensch hat ja immer sein Superteleskop, und er ist immer der Blicken­der, der irgendwie allwissende Beobachter, subjektblind, sage ich mal, bis in die Knochen hinein. Und er kommt gar nicht auf den Gedanken, dass er auch angeblickt wird. Ich meine es jetzt nicht unbedingt UFOlogisch. Gut, das sind UFOs, die blicken uns ständig an, weil sie uns ja umkreisen. Sie sind ja ständig da. Und der Kirchhoff meint das. Zur Frage der UFOs will ich mich überhaupt nicht äußern. Das ist ein riesiges Thema, das man nicht in drei Sät­zen abhandeln kann. Also ich meine das jetzt nicht unbedingt UFOlogisch. Ich meine grund­sätzlich, wir, die moderne Denkbewegung seit zweieinhalbtausend Jahren, gehen immer davon aus, der Mensch ist der Blickende – der ist der Forschende. Er blickt ins Kleinste, ins Größte. Das Quasi-Nichts, zu dem er sich selbst gemacht hat, schwingt sich zum Quasi-Gott auf, klopft dem Weltgeist auf die Schulter. Er weiß, wie alles war. Er kennt die Zahlen. Er erhebt sich. Er ist eigentlich nicht klein, sondern er ist groß. Die berühmte kopernikanische Enttäuschung oder Demütigung ist genau das Gegenteil. Der Größenwahn des Menschen feiert immer wieder neue Auferstehung. ‒

Die Kosmologen sind deswegen so froh, weil sie in ihrer überragenden Intelligenz sich freuen, dass das Universum ihnen die Möglichkeit gibt, ihre quasi göttliche Intelligenz unter Beweis zu stellen. Gut, ein bisschen, jetzt, flapsig, arrogant, so gesagt, ‒ aber es ist et­was Wahres dran.

Und die Physik ‒ und auch die Kosmologie ‒ ist grundsätzlich in einer Sackgasse und es stimmt hinten und vorne nicht. Wenn sie sich der Mühe unterziehen, zum Beispiel ‒ nur als Anregung ‒ die Argumente, die es gibt gegen den Urknall, einfach mal vorurteilsfrei zur Kenntnis zu nehmen. Einfach mal einen ruhigen Blick darauf. Es gibt genügend seriöse Quellen, die man da befragen kann, etwa den bekannten kritischen Physiker Alexander Un­zicker ‒ berühmt sein Buch “Vom Urknall zum Durchknall”, ja, das war ein Wissenschafts-Bestseller und seine scharfe Polemik gegen die angebliche Entdeckung des Higgs-Teilchens, was ich auch schon 2012 gesagt habe. Es ist grotesk, dass hier das Higgs-Teilchen gefeiert wird. Das ist unfassbar und dass das ernsthaft, auch jetzt hier, mit den Gravitationswellen passiert. Das ist ja… da werden aus einem ungeheuren Datensalat, aus einem ganz lauten, dröhnenden, werden mit ungeheuer komplexen und schwierigen Verfahren, wird das herausgefiltert ‒ und dann interpretiert. Da ist nicht der Hauch von Beweis gegeben, dass es die berühmten Gravitationswellen in dieser Form überhaupt gibt. Dass die Presse darauf so einsteigt und die Pauke schlägt, ist unfassbar. Gerade der “Spiegel” ist ein wunderbares Beispiel dafür, der sofort auf all diese Sachen aufspringt.

Ich selber habe ja vor 16 Jahren auch ein Essay im “Spiegel” geschrieben, zum 400. Todestag von Giordano Bruno. Und da habe ich natürlich auch lange Telefonate mit dem betreffenden Redakteur geführt und habe da auch festgestellt: Also eine tiefergehende Refle­xion über diese Fragen liegt praktisch mehr oder weniger gar nicht vor, ist auch gar nicht gewünscht.

Und was die Flucht der Galaxien betrifft, so deute ich das als einen Alterungsprozess des Gestirns. Die Verstrahlung wird schwächer und sozusagen entsprechend scheinen die Galaxien von uns zu fliehen. Sie tun es nicht wirklich. Man kann das zurückrechnen, aber man rechnet letztendlich mit fiktiven Werten. Das sind keine realen Größen, ganz abgese­hen davon, dass die Sache ohnehin kolossal schwierig und komplex ist, überhaupt nicht ein­fach. Und das muss auch den sogenannten Laien gar nicht beschäftigen. Er muss sich mit al­lem gar nicht auseinandersetzen, aber er sollte zumindest, sagen wir mal, die geistige Red­lichkeit haben, wenn es um diese Fragen geht, sich so weit zu orientieren, dass er weiß, dass viele der gefeierten Theorien auf tönernen Füßen stehen.

Das sind Menschen, die diese Theorien aufgestellt haben. Da gibt es eine scientific community, die sich geeinigt hat. Das hat auch mit psychologischen, mit soziologischen Fra­gen zu tun. Ganz bestimmte Thesen dürfen auf Foren dann nicht behandelt werden, weil sie nicht opportun sind. ‒

Als ich seinerzeit auf das Urknall-Podium eingeladen wurde in Berlin in der Urania, konnte ich das nur, weil die Veranstalter nicht wussten, wen sie eingeladen hatten. Und dann war die Überraschung groß, dass es dann… ging es dann in die Runde: Herr Kirchhof, was sagen Sie? Ich sage, ich habe im Moment gesagt: Eine interessante Theorie ‒ aber stimmt sie überhaupt? In dem Moment begriff und begriffen die Herren Physiker und Ran­ga Yogeshwar, der es moderiert hat, erst: Aha, jetzt geht es in eine andere Richtung. Ich fragte: Darf ich mal den agent provocateur spielen? Und so ‒ dann lief das in eine andere Richtung. Und dann wurde es auch ganz interessant.

Zum Schluss mussten wir alle unser Schluss-Statement abgeben. Und auch ich wur­de befragt. Ich wurde dann auch zitiert, auch in der Presse, fand ich ganz witzig. Ich habe dann sinngemäß gesagt: Unsere moderne Kosmologie wird sich irgendwann als großer Witz erweisen, und wir werden uns dafür schämen, was wir alles geglaubt haben.

Gut, also, gut, da war eine Möglichkeit gegeben für einen Jemand wie mich durch ein Missverständnis. Man hat es … genauso, wenn Sie heute ganz ehrlich, wenn Sie heute ein Fo­rum abhalten, sagen wir mal Pro und Contra der Relativitätstheorie: Das ist extrem schwie­rig, weil jede kritische Äußerung gegen Einstein, die es ja auch gibt, sofort Antisemitismus-Verdacht nach sich zieht. Um Gottes Willen, der wurde von den Nazis vertrieben. Also ganz schwierig. ‒

Einstein als Kritiker der Quantentheorie darf geradezu lächerlich gemacht werden ‒ man weiß ja, er hat sich ständig bemüht zu beweisen, die Quantentheorie stimmt gar nicht; er ist da gescheitert ‒ das darf man. Aber die Axiome der Relativitätstheorie in einem öf­fentlich seriösen Diskurs zu behandeln, ist extrem schwierig, weil keiner traut sich so rich­tig, aus dem Hinterhalt so nach vorne zu treten, weil ihm bläst so ein kalter Wind entgegen. Und es wird mit harten Bandagen gekämpft. Und da hatte ich immer den gewissen Vorteil ‒ weil ja, der Philosoph ist irgendwie der Mann fürs Schöngeistige.

So, dann kann man also auch den … man lädt den dann ein ‒ Herrn Kirchhoff: Was meinen denn Sie zum Urknall? So. Ja, so ganz naiv, na ja. Mit anderen Worten, wir wissen ja sowieso, dass es den gibt. Aber Herr Kirchhoff, bitte sehr auch mal! Sie dürfen auch mal was dazu sagen. Und der Schock oder die, sagen wir mal, Irritation war dann doch erheblich. Die ging dann so weit, als ich dann, ich darf das kurz sagen, weil es hängt mit dem Thema zu­sammen: Seit zwei Jahren habe ich hier einen YouTube-Kanal, und meine Tochter hat den für mich eingerichtet. Und dann wollte ich auch dieses Urknall-Podium auf den Kanal bringen. Was habe ich gemacht? Das gab es ja, ich hatte ja die DVD. Ich habe also angerufen und sagte: Ich bin Jochen Kirchhoff. Sie haben seinerzeit ein Podium gehabt vor 15 Jahren. Das war so ‒ ich möchte das gern auf meinen YouTube-Kanal bringen. Ja, ist kein Problem. Gut, haben Sie noch die DVD? Nein. Gibt es noch Leute, die davon wissen? Ja, das wissen wir gar nicht genau. Wer ist der Veranstalter? Dann gab es ein langes Gezerre. Es ist die Urania. Es ist “Wissenschaft im Dialog”, es ist eigentlich das Büro von Ranga Yogeshwar, dem berühmten Wissenschafts-Moderator? Oder ist es die Deutsche Physikalische Gesellschaft? Und da war es ein langes Hin und Her über Wochen und Monate. Schließlich kriege ich eine scharfe Mail: Herr Kirchhoff, wir bitten Sie ‒ inständig: Dieses Video dürfen Sie nicht zeigen auf Ihrem Kanal und sollten Sie es doch tun, haben Sie mit Sanktionen zu rechnen. Also ein Medienanwalt könnte mich schnell zur Kasse bitten. Ich dachte: Aha! Seid ihr so schwach, dass ihr das nicht einmal aushalten könnt, in einer offiziellen Diskussionsrunde mit dem berühmten Moderator Ranga Yogeshwar? Seid ihr so schwach, dass ihr mir jetzt verbietet, das auf meinen Kanal zu bringen? Ihr habt doch gar nichts. Ihr findet euch doch selber ganz großartig. Warum wollt ihr das nicht zeigen? Nein, ich möchte mit Ihnen darüber keine Diskussion führen. Ich sage Ihnen nur, machen Sie es nicht. Sonst haben Sie Sanktionen zu gewärtigen. Sie wissen, was das heißt. Da kann man leicht 2, 3 tausend Euro bezahlen. Irgendein Medienanwalt wird da drangesetzt, oder was weiß ich, Persönlichkeitsrechte werden verletzt von denen, die dann auf dem Podium sitzen und so weiter. Aber ich will das jetzt nicht so im Einzelnen vertiefen, das führt uns jetzt ein bisschen abseits. ‒

Also, mir ist es darum zu tun, um das noch einmal auf den Punkt zu bringen: Ich bin tief davon überzeugt, dass die menschliche Existenz eine eigene Würde im Kosmos hat, dass wir geistig-kosmische Wesen sind, dass wir da wurzeln und dass wir auch die Würde des Erkennens haben und die Würde der Erinnerung. Und ich würde Jeden immer ermun­tern: Lassen Sie sich von Niemandem diese Würde absprechen. Das gehört nach meiner Überzeugung zur Würde des Menschen überhaupt. Das macht ihn überhaupt menschlich und, das ist mir ganz wichtig, und die kosmische Aufgabe des Menschen besteht einfach darin, dass er gemeint ist: Jeder Mensch ist nur da, weil er auch gemeint ist. ‒ Jeder ist im Grunde gemeint. Jeder hat die Chance und die Möglichkeit und ist auch ein Mit-Akteur ‒ bis dahin, würde ich sagen, dass diese Mit-Akteure mit darüber entscheiden, ob einer dieser ominösen Asteroiden hier einschlägt oder nicht. ‒

Ich habe aber leider den entgegengesetzten Eindruck ‒ diese Hysterie in der Öffent­lichkeit, jetzt könnte endlich mal, manche sind geradezu gierig darauf, ein Asteroid hier ein­schlagen ‒ die Untergangsszenarien werden ja durchgespielt ‒ dass sozusagen diese Aste­rioiden quasi angezogen werden. Also, sozusagen: Man zieht sie quasi in die Erde rein.

Und da glaube ich ganz sicher an die Wirkungsmöglichkeiten ‒ auch über das Radial­feld, auch über die Weltseele ‒ dass wir da Einwirkungen haben, dass tatsächlich, ja, eine bestimmte Zahl von Gerechten soll es geben, bevor der “Messias” kommt, ja, sagt man im Judentum. Gut. Ja, also ‒ dass es vielleicht eine bestimmte Zahl von Menschen ‒ in diesem kosmischen Sinne ‒ geben kann, die in der Lage wären, tatsächlich, energetisch auch dahin­gehend zu wirken, dass so ein Impact gar nicht möglich ist. Das weiß ich nicht mit letzter Si­cherheit. Aber es könnte sein. ‒

Wir sind mitaufgerufen, sozusagen, auch zur Stabilität des Sonnensystems beizutra­gen und haben in diesem Sinne tatsächlich eine kosmische Aufgabe; und zwar jeder in un­terschiedlichen Graden, und da kann er trotzdem ‒ ich meine, der Alltag muss ja bestritten werden, man muss sich auch nicht irgendwie blockieren lassen, verkrampfen lassen, in dem Sinne: was kann ich denn machen, ich kann doch eh nichts machen ‒ nein, es gibt eine, es gibt die Möglichkeit, sich da einzuschlingen, und das ist kein Phantasma, das ist keine Fikti­on ‒ und sollte es eine bloße Glaubensüberzeugung sein, gut, dann ist es halt eine Glau­bensüberzeugung. Warum nicht?

Also ich sage nochmal mit Goethe: Je älter ich werde, umso mehr glaube ich an das, vertraue ich auf das Gesetz, wonach die Rose und Lilie blüht. Und das sage ich auch: In je­dem Frühjahr aufs Neue bin ich tief erschüttert, immer wieder aufs Neue. ‒ Woher kommt das Blühen und Sprießen? Woher kommt das wirklich? Die Biologen wissen es nun wirk­lich nicht, interessiert sie auch so gar nicht. Warum steigen die Säfte? ‒ Das ist ein Rätsel. Da gibt es interessante Überlegungen dazu. Das ist nicht so einfach, so physikalisch reduktionistisch zu erklären, warum im Frühjahr die Säfte steigen, und so weiter. Also durch die ganzen Wachstumsprozesse, da gibt es auch interessante Überlegungen der Anthroposo­phen darüber. Die muss man ja nicht alle so hinnehmen. Aber da gibt es ja auch interessante Überlegungen, die sich auch damit auseinandergesetzt haben, den Levitationskräften, die sozusagen die Pflanzen aus dem Boden ziehen ‒ gegen die Gravitation, und da sind auch hochinteressante Felder: Tag und Nacht ‒ Licht, auch als levitative Kraft, auch Bewusstsein als levitative Kraft, also sozusagen gegen die Gravitation. Und auch das sind hochinteres­sante Forschungsfelder: Warum ist eine Leiche, ein unbelebter Körper immer schwerer als ein belebter Körper. Das hat man empirisch nachgewiesen, dass der nicht mehr beseelte Körper schwerer ist. Warum? Auch da ist ja ein Bewusstsein, ja auch ein Lichtbewusstsein, hat auch eine anti-gravitative Kraft, und kann in dem Sinne dann auch die Schwere min­dern. Das lässt sich auch verständlich und plausibel machen. ‒

Ja, das wollte ich Ihnen in der großen Linie präsentieren. Das ist sozusagen ein kleines Segment eines gewaltigen Etwas, womit man sich viele Jahre beschäftigen kann. Man muss es nicht wie ich 50 Jahre machen, aber bei mir ist es ein halbes Jahrhundert. Und ja, denk ich mal, darüber kann man also nachdenken und das mal einfach auf sich wirken lassen ‒ Gedanken-Meditationen. ‒ Gut. ‒


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