Kosmisches Bewusstsein – mystische Formel oder Wirklichkeit?

Vorlesungsreihe:

Mensch und Erde, Teil IV
Gedanken zu einer neuen Theorie der Natur und des Kosmos

Humboldt-Universität zu Berlin
Sozialökologie als Studium Generale / Wintersemester 1998/99
Dozent: Jochen Kirchhoff
Quelle: YouTube-Kanal Jochen Kirchhoff / Alle Audiovorlesungen Nr. 12

Transkript als PDF:

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Diese heutige Vorlesung und die Vorlesung vor einer Woche plus der Vorlesung in einer Woche stellen in gewisser Weise eine Triade dar – eine Triade innerhalb einer Einheit. Sie sind eigentlich drei verschiedene Facetten des selben Themas. Ich will nochmal das Thema genau angeben. Da hieß es ja in meiner Übersicht „Noch einmal zum Bewusstsein. Kosmisches Bewusstsein – eine (bloß) mystische Formel oder erlebbare, verifizierbare Bewusstseinswirklichkeit?“ Und dann „Wie weit reich das Bewusstsein?“ „Weit“ meint hier nicht primär „Ausdehnung in den Raum hinaus“, also im vordergründig verstandenen Sinne „außen“, „weit, immer weiter“, sondern eher im Sinne von „tief“ oder auch „hoch“ – je nachdem. Ich will anknüpfen an die letzte Vorlesung, in der es ja um die Frage der Weltseele ging. Wir hatten ja dann in der Diskussion auch Fragen, wie man dann den Begriff „Weltseele“ noch näher und genauer bestimmen könnte, wie er denn abgrenzbar sei von der Einzelseele, der Individualseele oder gegebenenfalls von der Gestirnseele. Ich will das nochmal versuchen anzusprechen und einige Akzente setzen, die mir dann die Möglichkeit geben, von dort aus zu dem Thema zu kommen, der Weltseele im eigentlichen Sinne. Ich hab bei dem Altphilologen … wie heißt er … Schadewald, Wolfgang Schadewald, eine interessante Entdeckung gemacht, die mir hier hilfreich scheint. Schadewald stellt dar, dass der altgriechische Begriff der Natur, der Physis, vier Grundelemente enthält, abgeleitet von dem Wort „phyein“ gleich „Blühen“. Schadewald meint, Physis enthielte die Komponenten Ursprung – im Sinne von „Arche“ –, genauso aber Ziel – „Telos“ – und Wesen und den Werdeprozess selber, das Blühen im engeren Sinne. Also Ursprung – die Arche –, das Ziel – Telos, in gewisser Weise ja causa finalis –, dann das Wesen – so taucht der Begriff zum ersten Mal in der „Odyssee“ bei Homer auf – und das Blühen im Sinne von Werden. Und das möchte ich auf den Seelenbegriff übertragen. In meiner Wahrnehmung ist Seele genau dies für die lebendige Gestalt. Seele, in meinem Verständnis, ist der Ursprung der lebendigen Gestalt, das Ziel – das Telos – der lebendigen Gestalt, das Wesen – in gewisser Weise auch die Essenz – der lebendigen Gestalt und der Prozess des sich entfaltenden Werdens. Also diese vier Komponenten spielen in meinen Seelenbegriff hinein. Und das ist nicht zu trennen von einer wie immer gefassten Ichheit – mal mit aller Vorsicht gesagt … einer wie immer gefassten Ichheit. Das ist ein sehr weitgehender Begriff von Seele, der, wenn man ihn weiterdenkt, zu überraschenden Überlegungen führt, ja unter anderem zu der Überlegung, was es denn auf sich hat oder haben könnte mit einer möglichen Präexistenz oder Postexistenz dieser so verstandenen Seele. Man kann auch für „Seele“ – und ich liebe diesen Ausdruck sehr – „Monade“ sagen.
Nun ist der Begriff „Monade“ philosophiegeschichtlich in bestimmter Weise geprägt, primär durch Leibniz, ungerechtfertigterweise im Übrigen – die wesentlichen Elemente der Monadenlehre von Leibniz kann man bereits bei Giordano Bruno nachlesen. Giordano Bruno war eigentlich der Erste, der den Begriff der „Monade“ in die Naturphilosophie-Kosmologie eingeführt hat. Und für Bruno ist in gewisser Weise die Weltseele, von der ja die Rede war, auch eine Art Urmonade. Und das finde ich an sich einen wichtigen und erhellenden und auch schönen Begriff. Man kann also sagen:

Die Weltseele ist auch eine Art Urmonade.

Also die Einzelseele als Arche, auch als Archetypus, der der lebendigen Gestalt zu Grunde liegt, und auch das, woraufhin die lebendige Gestalt zielt, also teleologisch verstanden. Das ist ja weitgehend! Wenn die lebendige Gestalt erwächst aus einem Ursprung, der in gewisser Weise bereits das Ziel enthält, ja ist, sodass ein Werdeprozess auch verstanden werden kann als ein Prozess der Erinnerung. Das ist ja ein altes Thema in der Philosophie, auch in spirituellen Überlieferungen, dass Erkenntnis, ein zunehmendes Erschließen von Wirklichkeit, immer auch ein Sich-Erinnern ist, extrem bei Platon in der Vorstellung der Anamnesis, also die Seele ist hineingekommen – hineingestürzt, wie das dann die Neuplatoniker sagen – in die stoffliche Welt und muss nun in einem langen Prozess sich wieder hocharbeiten zur erinnernden Erkenntnis der Ideenwelt – also in diesem Sinne Anamnesis. Dann wäre jede Erkenntnis in diesem Sinne auch Ursprungserkenntnis, die Anwesenheit, die ständige Präsenz von Ursprung. Dann fielen in gewisser Weise Arche und Telos zusammen, dann gäbe es eine Art von Arche-Telos. Das wäre eine mögliche Definition der Seele, die immer gebunden ist – oder gebunden ist – an die Vorstellung einer Ichheit. Das ist wichtig. Das hängt auch mit der Bewusstseinsfrage zusammen. Also Weltseele in diesem Sinne als Urmonade.
Ich habe in den letzten Jahren – ich will das hier mal etwas ungeschützt und auch ohne die eigentlich erforderliche Differenzierung sagen – viel nachgedacht über die Frage, wie man Kosmologie bis zu einem gewissen Grade triadisch denken kann und bin da zu folgendem Ergebnis gekommen – ich sag das mal plakativ, ich denke, dass ich das in anderen Kontexten auch noch differenzierter darstellen kann, habe das zum Teil auch schon getan –. Man kann vereinfacht eine Triade feststellen von Weltäther, Weltseele [zeichnet etwas an die Tafel]… jetzt hier nicht, lieber Johannes, als drei Kreise, die ineinander greifen – das wäre ein interessanter Versuch, das auch hier zu machen … mach ich mal absichtlich nicht, weil Johannes Heinrichs hier unter uns sitzt … und Weltgeist … oder Weltengeist oder Weltenäther oder Weltenseele. Das muss ich noch ergänzend sagen, dass ja „Welt“ ursprünglich einfach die Erde meint und ganz geozentrisch auch gedacht ist. Also „Weltseele“ bei Platon ist natürlich bezogen auf die im Mittelpunkt des Kosmos gedachte Seele und „Weltseele“, jetzt mal nachkopernikanisch verstanden, ist natürlich eine Universal- und Allseele, nicht die Gestirnseele. Was immer die Gestirnseele ist oder sein mag, das ist nicht primär das, was unter „Weltseele“ verstanden wird. Also wir haben drei Wirklichkeitsbereiche [zeichnet], die auf vielfältige Weise miteinander wechselwirken, um diesen eher physikalisch bestimmten Begriff mal zu verwenden, und dann würde ich sagen, dass Weltäther eher das ist, was im … in der menschlichen Gestalt den Leib ausmacht. Hier würde ich auch setzen [schreibt] … in Anführungszeichen … „Raumenergie“ – ich habe ja vor 14 Tagen über die Frage der Vakuum- oder Raumenergie gesprochen, auch über die Frage der Urmaterie [schreibt]. Wir haben also Raumenergie oder Urmaterie. Dann Weltseele wäre hier, um das nochmal zu sagen, [schreibt] Urmonade, im Sinne von Ursprung auch aller lebendigen Formen, Ziel aller lebendigen Formen, Weltgeist [schreibt] im Sinne von „Logos“ – erstmalig bei Heraklit – aber auch von „Gesetz“, vielleicht auch „Tao“. Der Mensch, das scheint mir zunehmend plausibel, ist in seiner Eigentlichkeit Seele. Der Mensch ist Seele. Insofern ist die Identität des Menschen primär hier [malt] verankert. Der Mensch ist Seele. Er partizipiert am Weltgeist und er taucht gewissermaßen in eine stofflich-physische Welt ein, auch in eine feinstofflich-physische Welt im Sinne eines Weltenäthers, was offenbar notwendig ist zur Bewusstseinsevolution. Also: der Mensch ist Seele. Er ist nicht ein Teil der Seele, der Weltseele, ein Splitter oder ein Atom der Weltseele, sondern er ist die ganze Weltseele. Das ist wichtig. Das meint ja auch der Begriff der Urmonade, dass der Mensch diese Weltseele ist und damit auch das Ganze ist. Nur weil er das Ganze ist, kann er das Ganze auch denken. Der Mensch ist nicht wirklich auch die feinste Materie und der Mensch ist nicht wirklich in der Tiefe Logos, aber er hat Anteil am Logos. Also ich lege die Identität des Menschen in den Bereich der Seele, in diesem Falle Weltseele. Also jeder Mensch, jede lebendige Gestalt überhaupt ist die Weltseele als Ganzes. Und man kann natürlich nun diese Triade vielfältig anwenden. Man kann sie z. B. eben auch auf den Menschen anwenden und das ist der Ausgangspunkt, vielleicht auch die Legitimation, überhaupt solche weitreichenden kosmologischen Überlegungen anzustellen, dass man ja aus der Selbstbeobachtung ohne konstruktiven Impuls ja auf diese Dreiheit kommt. Das ist ja nicht eine Erfindung, ein konstruktiver Prozess, sondern das bietet sich in gewisser Weise schon durch eine phänomenale Selbstbeobachtung … phänomenologische Selbstbeobachtung … an. Also Leib, Seele und hier im Sinne von Geist. Das meine ich mit der Weltseele: also Urmonade, Universalseele, Allseele, nicht im eigentlichen Sinne die Gestirnseele. Und dann kann man natürlich sagen: Wenn der Mensch im Tiefsten diese Weltseele ist, was bedeutet das, um das nochmal zu sagen, für die Frage seiner möglichen Prä- oder Postexistenz? Ist er sozusagen eine immaterielle metaphysische Entität, die nur für eine gewisse Zeit eintaucht in diese materielle Welt, die aber im Grunde genommen nicht ihre Heimat ist? Das ist ja ist ja die Grundfigur der Gnosis, dass also ein im Grunde genommen überkosmisches oder akosmische Selbst in die Materie eintaucht, sich mit der Materie verbindet aufgrund einer wie immer beschaffenen Zersplitterung, einer Abspaltung, die irgendwo passiert sein muss, aber einer … dass diese metaphysische Entität sich in dieser physisch sinnlichen Welt immer im Exil fühlt. Das ist eine große Strömung auch in der abendländischen Spiritualität – ich will das noch nächste Woche aufgreifen und erläutern –, dass die Einzelseele sich als kosmosfremd, als akosmisch empfindet. Also wie gesagt, an der Gnosis kann man das ganz schön zeigen, das haben Interpreten der Gnosis, wie etwa Hans Jonas oder Taubes und dann auch jüngst Sloterdijk sehr schön gezeigt, also dass das Selbst als ein akosmisches gesehen wird. Dann gäbe es also zu dem kosmischen Bewusstsein – darüber sprechen wir ja noch – ein akosmisches Bewusstsein. Das kann man, wie das Jonas und andere tun, bis in den Existentialismus hineinverfolgen. In gewisser Weise auch ist das Seyn Heideggers, wenn man es so nennen soll – mit E Y – ein akosmisches Selbst. Also die Grundfrage bleibt ja: Ist der Mensch in der physisch-sinnlichen Wirklichkeit zu Hause, ist das seine Heimat, findet er hier sein Wesen oder ist er hier eher im Exil? Also zwei Grundbefindlichkeiten des In-der-Welt-Seins, die man erst einmal auseinanderhalten muss. Und das führt natürlich auch, wenn es auf eine spirituelle Ebene gerät, zu einer eher kosmisch orientierten Spiritualität. Ich fühle mich auf dieser Erde zu Hause, in diesem Kosmos zu Hause, oder ich fühle mich auf dieser Erde, in diesem Kosmos eben nicht zu Hause. Ich komme eigentlich von woanders. Das Ganze ist nur eine gewaltige Veranstaltung zu einem Lernprozess im höheren Sinne, eine gewaltige Phantasmagorie, die aber notwendig ist, damit diese Monade wieder zurückkommen kann zu dem Punkt, von dem sie ausgegangen war. Die alte Frage, die in dem Zusammenhang natürlich immer gestellt wird und die immer verschieden gestellt wird und beantwortet wird, ist: Wie kommt es, dass eine Geistseele – ich benutze jetzt mal diesen Begriff – sich in die materielle Welt hineinbegibt? Ist das ein Versehen? Hätte das nicht sein sollen? Oder ist das ein notwendiger Durchgang? – extrem, ja bei den Gnostikern, bei einigen der Gnostiker, die meinen, das hätte nicht passieren dürfen. Also die geschaffene Welt ist von einem Unterdemiurgen, von einem Demiurgen als einem zweiten Gott, einem Untergott geschaffen wurden. Sie ist beherrscht von Gerechtigkeit, von Grausamkeit, aber der Mensch ist eigentlich als Lichtwesen von ganz woanders. Bei Marcion kann man das etwa nachlesen, die Zweigötterlehre. Wie gesagt, das ist ‘n wichtiger Punkt, auch für das Verständnis überhaupt einer wie immer gearteten Evolution. Was ist diese Evolution, nich‘, und wie sehr können wir uns mit der physisch- sinnlichen Welt verbinden? Das ist ja auch ‘ne Frage die wirklich wichtig ist für eine tiefenökologische Reflexion: Was ist der Mensch in der Tiefe? Kann er aufgehen in der physisch-sinnlichen Welt, oder gibt es da immer einen niemals aufgehenden Rest, einen Geist- oder Seelenrest, der wesenhaft von woanders kommt, sich an etwas ganz anderes immer wieder neu erinnert und deswegen auch dahin strebt, wo er möglicherweise hergekommen ist, wo er abgestiegen ist? Wie gesagt, ich gehe nächste Woche nochmal im Zusammenhang mit der Frage darauf ein, ob oder wie der Kosmos zum Oikos, zum Haus oder Heim werden kann.
Nun zur Frage der … des sogenannten „Kosmischen Bewusstseins“. Ein Begriff, der schwierig ist, vielfältig belastet, belegt, besetzt, kann man sagen, im 20. Jahrhundert durch eine Vielzahl von Strömungen und Denkrichtungen. Ich hab das versucht, mal zu verfolgen: Woher stammt der Begriff? Ich bin da nur bedingt fündig geworden. Wenn ich das richtig sehe, stammt der Begriff „Kosmisches Bewusstsein“ von Helena Petrovna Blavatsky und wird in der „Secret Doctrine“ von 1888 zum ersten Mal verwendet: „cosmic consciousness“, soweit ich das beobachten oder sehen kann. Der Begriff taucht dann um die Jahrhundertwende in einem wichtigen Buch auf, das heute so eine Art Klassiker der Bewusstseinsforschung geworden ist, 1901 erschienen, von einem … ein Buch eines kanadischen Psychiaters und Mediziners, Richard Bucke, dem Titel „Cosmic Consciousness“, „Kosmisches Bewusstsein“. Richard Bucke – b,u,c,k,e – 1837-1895, hatte, wie er das beschreibt, im Alter von 35 Jahren eine Art Entgrenzungserlebnis, einer Art Erleuchtungs­erlebnis, wie immer, das ihn dazu gebracht hat, sich mit der Frage zu beschäftigen: Haben das auch andere Menschen in der Geschichte gehabt, gibt es da eine Phänomenologie? Er führt dann Fälle an, wie Laotse, Buddha, Paulus, Mohammed, Dante, Böhme, Spinoza, Swedenborg usw. Also er sucht dann in der Geschichte nach Beispielen. Mir ist jetzt nicht bekannt, ob Richard Bucke einen philosophischen Hintergrund hat. Soweit ich weiß, ist das nicht der Fall. Mag aber sein, dass ich da nicht genügend informiert bin. Das Buch erschien zunächst in einer kleinen Auflage 1899 und kam dann 1901 in einer großen Auflage raus und is‘ heute noch einer der Klassiker zu dieser Frage nach dem kosmischen Bewusstsein.
Ich will die Grundfrage mal, um die es hier geht, an einem Zitat verdeutlichen, was ich auch in Auszügen in meinem Buch „Was die Erde will“ gebracht habe, an einem Zitat aus „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ von Goethe, 1823 ungefähr. Da gibt es folgende Szene: Wilhelm Meister schaut zum ersten Mal in seinem Leben durch ein Fernrohr. Ein Astronom führt ihn auf eine Sternwarte. Er schaut zum ersten Mal durch ein Fernrohr und ist zutiefst, in seiner existenziellen Tiefe, erschüttert. Da heißt es hier bei Goethe: „Der Astronom aber versprach, Wilhelmen in dieser herrlichen, klaren Nacht an den Wundern des gestirnten Himmels vollkommen teilnehmen zu lassen. Nach einigen Stunden ließ der Astronom seinen Gast die Treppen zur Sternwarte sich hinaufwinden und zuletzt allein auf die völlig freie Fläche eines runden, hohen Turmes heraustreten. Die heiterste Nacht, von allen Sternen leuchtend und funkelnd, umgab den Schauenden, welcher zum ersten Male das hohe Himmelsgewölbe in seiner Herrlichkeit zu erblicken glaubte. Ergriffen und erstaunt hielt er sich beide Augen zu. Das Ungeheure hört auf, erhaben zu sein, es überreicht“ – im Sinne von „übersteigt“ – „es überreicht unsre Fassungskraft, es droht, uns zu vernichten.“ – Sehr interessante, signifikante Passage hier: „Das Ungeheure hört auf, erhaben zu sein, es überreicht unsre Fassungskraft, es droht, uns zu vernichten.“ – Durch seine pure, ja monströse Größe, jetzt auf der Ebene der Raumesweite, dann heißt es weiter – „’Was bin ich denn gegen das All?‘ sprach er zu seinem Geiste; ‚wie kann ich ihm gegenüber, wie kann ich in seiner Mitte stehen?’“ – Also die Erschütterung: Wenn das kosmische Ganze so ungeheuerlich ist, so entgrenzt, so weit, so tief, ja monströs, was bin ich dann als Mensch? Bin ich ein Nichts? Bin ich ein Punkt? Ein unwichtiger, unbedeutender Punkt in dem Ganzen? – „Wie kann sich der Mensch gegen das Unendliche stellen,“ – heißt dann weiter – „als wenn er alle geistigen Kräfte, die nach vielen Seiten hingezogen werden, in seinem Innersten, Tiefsten versammelt, wenn er sich fragt: ‚Darfst du dich in der Mitte dieser ewig lebendigen Ordnung auch nur denken, sobald sich nicht gleichfalls in dir ein beharrlich Bewegtes, um einen reinen Mittelpunkt kreisend, hervortut?’” – noch mal die Schlussfrage – „’Darfst du dich’“ – fragt sich also Wilhelm Meister selber – „’in der Mitte dieser ewig lebendigen Ordnung auch nur denken, sobald sich nicht gleichfalls in dir ein beharrlich Bewegtes, um einen reinen Mittelpunkt kreisend, hervortut?’“ – also die Erschütterung des Menschen angesichts der puren Unermesslichkeit, die ihn zu zerschmettern droht, die ihn quasi ruiniert. Das ist ja ein Motiv, dass man in der abendländischen Geistesgeschichte immer wieder findet, berühmt, ich hab das ja schon manchmal angeführt, vor 200 Jahren Jean Paul, „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, daß kein Gott sei“. Nich‘, also die Heraufkunft in gewisser Weise des Nihilismus, aufgrund eines unbegrenzt monströs, sinnleer, aberwitzig erscheinenden Raumes, der einfach kein Ende hat, niemals zum Ende kommt, also dieses Gefühl hier des Schocks vor dieser Unermesslichkeit. Nun ist das interessant, wie das Goethe … die Wendung hier bei Goethe: „Das Ungeheure hört auf, erhaben zu sein, es droht uns zu vernichten.” Und dann die Wendung zurück auf den Einzelnen, der in gewisser Weise doch, trotz dieser ungeheuren Dimensionen der Raumesweiten, einer kosmischen Wirklichkeit, sich als ichhaft erlebt inmitten dieser ewig lebendigen Denk – … Ordnung als reinen Mittelpunkt, natürlich hier bei Goethe seiner ganzen existenziellen Grundhaltung nach als ewig lebendige Ordnung, also Kosmos als ewig lebendige Ordnung verstanden, obwohl man zeigen kann bei Goethe, dass er immer eine gewisse Scheu hatte vor diesen existenziellen und auch kosmischen oder auch kosmologischen Abgründen, auch der Astronomie gegenüber immer ein gewisses Misstrauen. Das war ihm unheimlich zu einem gewissen Grade.
Ich habe vorhin den Altphilologen Wolfgang Schadewald erwähnt und will noch mal etwas anführen von Schadewald. Schadewald stellt einmal eine Szene dar, die er erlebt hat, dass er hinaus trat vor oder unter das nächtliche Firmament, erschüttert in der Tiefe. Irgendetwas hat ihn angerührt, angeweht von einer rätselhaften kosmischen Ordnung und dann der Bruch gleichsam in seinem Bewusstsein, die Information, das Angelesene, das Gehörte, dass Vermutete über diese Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist ja doch nur Materie, Energie in irgendeiner Form, ein in sich sinnlos und bewusstseinsfremd verstricktes Etwas. Also der Bruch des Bewusstseins, dass da eine Verbundenheit aufbricht in diesem Sinne, also eine Art kosmisches Bewusstsein und dass dann im Kopf ein Gegenfilm abrollt: Diese Verbundenheit kann nicht sein, weil die Naturwissenschaft hat doch bewiesen, dass wir nur ephemere Wesen in dem Ganzen sind, dass das monströse Gaskugeln in einer unheimlichen Leere sind, dass das Ganze letztendlich sinnleer ist. Und das ist schwierig, über diese Dinge in diesem Kontext zu reden, weil das sofort auftaucht. Es scheint erst einmal, dass der Mensch, auch heute noch, ein elementares Gefühl dafür gewinnen kann, was ihm aber immer wieder gleichsam zerstückelt wird, da schiebt sich immer etwas anderes davor, vor diese elementare Wahrnehmung. Nun kann man natürlich sagen, na gut, das ist ja ganz verständlich, der Mensch hat es einfach nicht verkraftet existenziell, dass er nicht mehr wie im geozentrischen Kosmos sich als Weltenmitte begreifen kann. Er hat das sozusagen nicht verarbeitet, er hängt noch innerlich einem längst obsolet gewordenen kosmischen System nach. So ist das ja auch häufig interpretiert worden, etwa auch von Jung, der Mensch kann also diese Anima-Verbundenheit einer kosmischen Beziehung seiner Existenz nicht aufgeben, er müsste erkennen, dass da draußen nichts als monströse sinnleere Leere ist und könnte erst dann die nächste Stufe erreichen. Also eine existenzielle Erfahrung, die wahrscheinlich jeder kennt. Man kann das ja auch mit Kindern beobachten, die da bestimmte Wahrnehmungen haben und dann Fragen stellen, dann kommen die „klugen“, oft sehr dummen Antworten derjenigen, die irgendwas sich angelesen haben, es irgendwie wissen: „Das ist aber doch in Wirklichkeit so und nicht anders.“ Und dann werden Kinder irritiert und suchen sich natürlich andere Möglichkeiten, dieses Grundgefühl zum Ausdruck zu bringen und es ist auch irgendwo, das kann man immer wieder nachweisen, unzerstörbar, kommt aber zunehmend in andere Kanäle heute.
Mir ist vor einigen Tagen, das will ich hier eher als Aperçu am Rande erwähnen, das gehört aber zum Thema, ein Plakat in die Hände gefallen: die Ankündigung eines Kongresses, der im Februar stattfindet. Es geht um „Dialog mit dem Universum“, wie es hier heißt – großer Kongress. Wenn man voreilig sich darüber mokiert und lächelt und denkt, man kenne das ja: Um Ufos, darum geht’s natürlich, um Raumenergie und neue Technologien und die Größen, Bestseller-Autoren auf diesem Felde, sind natürlich alle versammelt, Johannes von Buttlar und Konsorten, dann sollte man aber ‘n Moment innehalten, denn, was hier zum Ausdruck kommt, artikuliert erst einmal ein elementares Bedürfnis des Menschen, dass es überhaupt so etwas geben kann, wie einen Dialog mit dem Universum. Denn wenn das Universum monströse Leere oder ein Abgrund des Immer-Weiter ist, mit dem ich absolut nichts zu tun habe, wo ich gleichsam herausgewirbelt bin aus der Nacht des Nicht(s)seins, ich weiß nicht wie, ich weiß nicht woher, ich weiß nicht wohin, ich fühle mich als isolierte Monade, dann zerschmettert das ja natürlich meine Grundwahrnehmung, ruiniert mich eigentlich, und es ist schon mal ein wichtiger Impuls, der auf den verschiedensten Ebenen sich wie ein roter Faden durch das ganze 20. Jahrhundert zieht, diesen neuen Versuch eines Dialogs mit dem Universum. Es wird ja jetzt, wie ich meine, verfrüht, das 20. Jahrhundert zu Grabe getragen, es ist ja nun noch nicht zu Ende, aber es gibt allenthalben Rückblicke, und es gibt zentrale Momente dieses 20. Jahrhunderts, die hervorgehoben werden und soweit ich sehen kann, taucht unter diesen Momenten nicht auf, was eigentlich auftauchen müsste: der Versuch nämlich des Menschen seit 100 Jahren, tatsächlich auf den verschiedensten Ebenen eine Art Dialog mit dem Universum neu, auf einer neuen Ebene zu finden, sich auf ‘ner neuen, anderen Bewusstseinsebene mit dem Universum zu verbinden. Und das kommt auch noch in Strömungen, auch selbst politischen Richtungen, zum Ausdruck, wo man es gar nicht vermutet. Ich hab ja vor Jahren auch schon mal hier angeführt ein Buch des Schriftstellers Stefan Heym aus den fünfziger Jahren, ganz materialistisch-marxistisch noch geprägt, „Das kosmische Zeitalter“. Wenn man dann das Buch – ich hab mir das zum Teil mal damals angeguckt – anschaut, dann stellt man fest, dass auch hier auf ‘ne sehr technisch-imperiale Weise so etwas durchbricht wie der Versuch, dann doch einen Dialog mit dem Universum zu finden, das kosmische Zeitalter. Selbst also die Matadore der Raketentechnik, zum Beispiel Werner von Braun, benutzten sehr häufig den Begriff „Kosmisches Bewusstsein“. Also Werner von Braun zum Beispiel schon in den fünfziger, sechziger Jahren hat diesen Begriff immer wieder benutzt und dann auch, je älter er wurde, zunehmend auch mit spirituellen Vorstellungen verbunden. Und es ist ja … liegt ja offen zutage, dass natürlich diese Vorstellung auch heute auf ‘ne andere Weise Konjunktur hat im Zusammenhang etwa mit der Ufologie und auch mit der Frage, die ich ja letzte Mal auch gestellt habe: Gibt es andere bewohnte Gestirne? Gibt es extraterrestrisches Leben? – das interessiert ja doch die meisten Menschen in irgendeiner Form – Gibt es da mögliche Kommunikationen? Gibt es andere Planetensysteme? … das Ganze … Gibt es da vielleicht die Möglichkeit eines Dialogs? Sind wir nicht so isoliert, sind wir nicht so einsam und atomisiert, wie das zunächst scheinen könnte? Also auch in der Ufologie, natürlich auch in der Astrologie – da ist ja ein ungeheurer Boom in der Astrologie, wobei die Astrologie ja im Wesentlichen ein System ist, was sich mit dem Sonnensystem beschäftigt, primär mit dem Sonnensystem beschäftigt, und natürlich in der sogenannten Science-Fiction und was ja schon die Kids in ihrer … in ihr Bewusstsein aufnehmen. Es gibt ja ein kollektives Interesse schon bei 4-, 5-, 6-Jährigen an dem kosmischen Thema. Also das ist ja eigentlich erstaunlich, dass das kosmische Bewusstsein auf einer eher technischen Bewusstseinsebene heute schon von Kids in irgendeiner Form aufgenommen wird. Also man hat doch den Anschein, man hat doch den Eindruck, dass da irgendetwas tatsächlich sich geöffnet hat und dass nur der Mensch unsicher ist, wie er mit dieser Öffnung umgehen soll. Wenn Sie die Filme der letzten Jahre und Jahrzehnte beobachten, dann können Sie das immer wieder feststellen, dass es ein ständiges Thema ist: entweder die Bedrohung aus dem Kosmos oder Beglückung aus dem Kosmos, irgendwelche Außer- oder Extraterrestrische landen hier und verändern das gesamte Geschehen oder sind schon gelandet, sind schon unter uns usw. Ich sage das nicht, um mich da auf ‘ne sehr platte Weise drüber zu mokieren oder zu erheben. Das sind erst einmal archetypische Vorstellungen, die in einer Vielzahl von Menschen lebendig sind. Da gibt es so etwas wie eine Art von kosmischem Bewusstsein auf der technischen Bewusstseinsebene. Das ist wichtig: eine Art von kosmischem Bewusstsein auf der technischen Bewusstseinsebene auf vielfältigste Weise. Und man … ich guck mir das immer sehr genau, interessiert an, weil ich begreifen möchte, wie das kollektive Bewusstsein arbeitet. Und da ist es zum Beispiel interessant, dass einer der bekanntesten Astronauten, ein Apollo-14-Astronaut – 1971 war er auf dem Mond – ja in einem Buch, was vor einigen Jahren erschienen ist, noch mal seine Gefühle, seine Wahrnehmung geschildert hat, was ihm widerfahren ist auf dem Rückflug vom Mond zur Erde. Ich habe das vor, glaube ich, anderthalb, zwei Jahren schon mal in ganz anderem Kontext zitiert, will nur mal eine kleine Passage noch mal hieraus vorlesen, weil es interessant ist und bezeichnend. Edgar Mitchell hat aufgrund dieser Erfahrung, von der gleich die Rede sein wird, dann ein Institut begründet, das kürzlich sein 25-jähriges Bestehen gehabt hat, Institute of Noetic Sciences in Berkeley, Los Angeles. Und das Buch heißt „Wege ins Unerforschte“, Edgar Mitchell, Apollo 14-Astronaut. Da heißt es zum Beispiel: „Während ich während der drei… Was ich während der dreitägigen Rückkehr zur heimatlichen Erde erlebte, war so etwas wie ein überwältigendes Gefühl universalen Verbundenseins. Ich fühlte tatsächlich, was gern als Ekstase der Einheit beschrieben wird. Mir kam in den Sinn, die Moleküle meines Körpers und die des Raumschiffs waren vor langer Zeit im Schmelzofen eines der uralten Sterne, die um mich herum am Himmel glühten, erzeugt wurden. Ich hatte das Empfinden, unsere Präsenz als Raumfahrer, sowie die Existenz des Universums selbst war nichts Zufälliges, sondern ein intelligenter Prozess. Ich nahm das All als ein in gewisser Weise bewusstes Universum wahr.“ Und dann gibt er in dem Text selber eine sehr aufschlussreiche, erhellende und in gewisser Weise auch eindrucksvolle Schilderung, was ihm da widerfahren ist auf dieser dreitägigen Rückreise vom Mond zur Erde. „Im Weltraum kann man mit bloßem Auge etwa zehnmal mehr Sterne sehen als auf der Erde, weil keine Atmosphäre da ist. Auch sind vertraute Objekte ungefähr zehnmal heller. Vor dem kalten, schwarzen Hintergrund scheinen Sterne und Planeten zu glühen. Man bekommt den Eindruck, im Kosmos eingehüllt zu sein, wenn man um sich herum das prächtige stille Glitzern der Milchstraße und der Galaxien jenseits davon liegt. Die Empfindung war ganz und gar fremd. Irgendwie fühlte ich mich in etwas viel Größeres eingebunden, das über mich hinausging, etwas viel Größeres noch als der im Fenster sichtbare Planet“ – also der Rückblick oder Vorausblick auf die Erde – „etwas unfassbar Großes. Noch heute staune ich darüber. Zahlreiche Gedanken und Gefühle, die ich damals hatte, haben einen alchemistischen Prozess hinter sich. Das Nachdenken darüber und das Verarbeiten von auflebenden Erinnerungen hat vielleicht geholfen, die verborgenen Seiten eines so sonderbaren Ereignisses zu beleuchten, aber die ganze Szenerie ist nach wie vor lebendig, als habe sie seither nichts von ihrer Klarheit eingebüßt. Sie taucht in meinen Erinnerungen außerordentlich deutlich auf. Als ich dann über die Erde hinaussah und das größere Bild in seiner ganzen Pracht vor Augen hatte, erkannte ich mit einem Mal, dass das Universum nicht so beschaffen ist, wie man mich gelehrt hatte. Ich war bestürzt. Ich hatte es so verstanden, dass jene Himmelskörper in ihrer Verschiedenheit von uns getrennt sind und sich relativ unabhängig bewegen. Dieses Verständnis war plötzlich zerstört. Anstelle dessen stieg eine neue Einsicht in mir auf, mit der sich ein Gefühl allgegenwärtiger Harmonie verband, ein Verbundenheitsgefühl mit all den Himmelskörpern, die unser Raumschiff umgaben. Einige der wissenschaftlichen Fakten über die Evolution der Sterne bekamen eine neue Bedeutung. Das war keine religiöse oder jenseitige Erfahrung, obwohl vielfach versucht wurde, ähnliche Ereignisse in solch eine Form zu gießen. Es war auch keine völlig neue wissenschaftliche Einsicht, die mir plötzlich bewusst geworden war, es war nur ein Zeiger, ein Wegweiser, der die Richtung zu neuen Perspektiven und zu einem umfassenderen Verständnis angab. Der Mensch ist Teil eines kontinuierlichen Entwicklungsprozesses und dieser ist grandioser und intelligenter als die klassische Wissenschaft und die traditionellen … die religiösen Traditionen es bislang richtig beschreiben konnten. Ich war Teil eines natürlichen Prozesses, der größer war, als ich es früher begriffen habe, ein Prozess, der mich von allen Seiten umgab, während die Raumkapsel mit mir 400.000 Kilometer weit durch das leere, schwarze All flog.“ Und dann heißt es hier, letztes Zitat: „Ich erlebte das, was man als Ekstase der Einheit beschrieben hat. Ich sah nicht nur die Verbundenheit, ich fühlte sie und ich erlebte sie durch Empfindungen. Ich war überwältigt von dem Gefühl meiner körperlichen und geistigen Ausdehnung in den Kosmos hinein. Die Beschränkungen und Begrenzungen von Fleisch und Knochen fielen weg. Mir wurde klar, dass dies eine biologische Reaktion meines Gehirns war.“ – nun interpretiert er das – usw. Also was erlebt? Er erlebt eine, wie er selber sagt, ekstatische Erfahrung, eine Entgrenzungserfahrung. Und das ist schon mal eine erste mögliche, vorsichtige Definition des sogenannten kosmischen Bewusstseins: Es ist eine entgrenzende Erfahrung, eine Erfahrung, die aber gleichwohl die Ichheit, den Ich-Fokus nicht vollständig zerstört oder aufhebt, aber ihr einen anderen Platz zuweist, einen anderen Stellenwert. Also das Ich erfährt sich bewusstseinsmäßig gleichsam ausgegossen in die Weite des Raums und das Ich erfährt gleichzeitig eine Art Verbundenheit, eine Art Emphase, eine Empathie mit dem Kosmos. Nun sind das Erfahrungen in verschiedenster Form, die ja bekannter sind aus der mystischen Tradition, also einer unio-mystica-Erfahrung der Einheit der Ganzheit. Was ist das? Ist das eine letztlich primär, ja fast ausschließlich, subjektive Erfahrung, die man berichten kann oder über die man berichten kann, die keinerlei Verbindlichkeit beanspruchen darf? Wie immer, erst einmal ein Schritt in die Richtung eines möglichen kosmischen Bewusstseins ist die Frage der Ich-Überschreitung – Punkt1.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten, grundsätzlich, dass Ich zu überschreiten: Man kann das Ich nach unten hin überschreiten und man kann das Ich nach oben hin überschreiten – Stichwort im Sinne von Ken Wilber „präpersonal / transpersonal“. Man kann in eine Art Trancezustand geraten, wo man … wo das Ich sich quasi auflöst oder verdünnt oder seinen Fokuscharakter verliert. Man taucht gleichsam hinunter in vormentale, vorichhafte Bewusstseinszustände, das kann ja so weit gehen, dass man sich dann hineinversetzt sogar in Pflanzen und Tiere, von einigen Mystikern wird das ja berichtet, Jakob Böhme soll die Fähigkeit gehabt haben, sich in einzelne Pflanzen hineinzuversetzen. Also, die Möglichkeit, dass Ich zurückzunehmen, hinab zu tauchen in eine Art von vorichhafter Verbundenheit – ich nenn das ja auch mal das „vorichhafte“ oder „unterichhafte Bewusstsein“, etwa der Pflanzen. Genauso gut kann man das Ich überschreiten in einem transpersonalen Sinne. Dann verliert das Ich nicht seine Bedeutung als zentraler Fokus, aber es kommt etwas anderes hinzu, das Ich gewinnt etwas. Also „transpersonal“ heißt nicht in diesem schlechten oder platten Sinne „verschwommen“, das Ich verschwindet, löst sich auf, der Tropfen fällt ins Meer und ist nur noch das Meer, sondern der Tropfen behält eine Art ichhafter Wahrnehmung, hat aber gleichzeitig eine Verbundenheitserfahrung, eine Art von kosmischem Bewusstsein. Insofern unterscheide ich, mit aller Vorsicht, zwei Arten von kosmischem Bewusstsein: ein eher unterichhaftes kosmisches Bewusstsein und ein eher überichhaftes kosmisches Bewusstsein. Vielleicht sollte ich noch kurz ergänzen, um das deutlich zu machen, dass natürlich der Begriff „Kosmos“ traditionell, in der griechischen Antike, erst einmal etwas vollkommen anderes gemeint hat, als das, was später daraus wurde. „Kosmos“ war ja ursprünglich fast synonym mit „Schönheit“, „Ordnung“. Kosmos war die sinnvoll und schön gefügte Welt als Ganzes, letztlich eine Erde im Mittelpunkt des Kosmos, umgeben von sieben Sphären, von sieben Kugelschalen, das finden Sie in der späteren, auch nach-kopernikanischen, Esoterik, dann auf einer spirituellen Ebene, dass es also Bewusstseinsstufen sind, die den Erdball umgeben, also, und durch die das Bewusstsein hinauf … sich ent … hinaufentwickeln muss zum kosmischen Bewusstsein. Also Kosmos meint ursprünglich eine schöne, sinnvolle, sinnhafte Ordnung, die das Bewusstsein immer einschließt. Also der antike Kosmos ist nicht der rein materiell oder energetisch verstandene Kosmos, wie das später dann gesehen wurde. Eine Art Planierung oder Flachland-Kosmos, wie das Ken Wilber nennt, ist dann ein rein materiell-energetisch verstandener Kosmos. Es wird unterstellt, dass das diesen rein materiell-energetisch verstandenen Kosmos überhaupt geben kann. Das ist ja erkenntnistheoretisch nicht sicher, und man kann da viele Argumente dagegen anführen: Ist das überhaupt möglich? Ich will mich jetzt auf diese erkenntnistheoretische Grundfrage im Detail nicht … mich darauf jetzt nicht einlassen, aber es ist ‘ne wichtige Frage, denn das lebendige Subjekt als das wahrnehmende Subjekt ist ja nie grundsätzlich auszuhebeln. Es ist einfach vollkommen unsinnig, sinnlos, sich eine Welt zu imaginieren außerhalb des Bewusstseins, weil, wer da imaginiert, ist ja immer ein subjekthaftes Bewusstsein. Insofern ist die Frage, was für eine Welt wäre außerhalb des Subjekts, im Grunde eine müßige Frage. Es gibt immer dies‘ lebendige Subjekt, was darüber Aussagen macht. Auch wenn es behauptet: In dieser Welt ist kein Bewusstsein und kein Subjekt, bleibt doch das Subjekt, das diese Aussage, macht. Insofern hat der Idealismus in diesem Sinne immer irgendwo recht.
Also, es … wenn von kosmischem Bewusstsein die Rede ist, dann meine ich primär „kosmisch“ im Sinne von … „kosmisch“ oder auch „metakosmisch“ im Sinne von einer Verbundenheit, die den Geist, die die Seele, die die Ichheit immer miteinschließt, in diesem Sinne also eine … auch eine Weltseelenerfahrung. Ich darf das mal kurz zitieren, Johannes, du hast das so schön gesagt in deiner „Öko-Logik“. Da gibt‘s eine sehr schöne Stelle, zu dem kosmischen Naturbegriff. Da heißt es, ich darf das mal anführen, „Öko-Logik“, Seite 73: „Dem Bereich der Mystik als einer Stufe der Geistrezeptivität des menschlichen Bewusstseins gehört auch das volle Thematisch-Werden des kosmischen Bewusstseins, symbolisiert durch die Schnittfläche G4 als 4” – das haben wir jetzt nicht an der Tafel, das sind diese drei Kreise, wo man dann weitere Schnittflächen gewinnt, um dann auf eine Siebenheit oder Siebenfachheit zu kommen. – Gemeint ist, was das 3-Kreise-Modell deutlich zeigt, ein rein geistig erfüllter Seelenzustand, der für den normalen Menschen bereits einen Extrem-Ausnahmezustand darstellt. Kosmisches Bewusstsein transzendiert ebenfalls schon auf weniger radikal ekstatische Weise [Aufnahme unterbrochen]…

„Ganzheitlicher wäre insofern, diesen Bewusstseinszustand als Begleitmusik einer vollen körperlich-seelischen Aktivität zu erreichen. Die Bezeichnung „Kosmisches Bewusstsein“ rechtfertigt sich einerseits durch die Universalität des Geistes, an dem es wesentlich teilnimmt, jedoch begrenzt durch die Individualität der Seele, ihrer Reichweite entsprechend.“ – das ist wichtig, das ist eine Einschränkung – „Kosmos“ – das ist jetzt kursiv gedruckt – „ist sinnvollerweise das Universum zu nennen, sofern es beseelt erlebt werden kann.“ – und das führt natürlich auf die Frage, die ja auch der Johannes Heinrichs ventiliert in seiner „Öko-Logik“: Ist der Kosmos sozusagen für sich beseelt oder an sich beseelt oder nur durch den menschlichen Betrachter quasi beseelt? – „Kosmos ist sinnvollerweise das Universum zu nennen, sofern es beseelt erlebt werden kann. Beseeltes Universum als Kosmos kann zweierlei heißen: an und für sich schon beseelt oder beseelt für und durch den erlebenden Menschen. Der griechische Kosmos-Begriff meint vornehmlich das Erstere: die an und für sich schon beseelte Ganzheit der Welt. Platon sprach in diesem Sinne, ältere Vorstellungen aufnehmend, von der Weltseele.“ – usw. Dann heißt es hier sehr schön: Kosmisches Bewusstsein ─ sagst du einmal hier ─ sei ein liebevolles Weltseele-Bewusstsein ─ finde ich wunderschön, als liebevolles Weltseele-Bewusstsein. Also das muss hier einbezogen werden.

Ich seh‘ aber, dass es Zeit ist, wir eine kleine Pause mal machen. Ich knüpf an der [Aufnahme unterbrochen]…

Interessant für das ganze Thema ist ein Herr, der eben in der Pause sagte, er … „Ich geh jetzt“, der aber seit Jahren kommt, aber nun jetzt wollt‘ er mal gehen heute, hat folgendes gebracht – ich sag‘s das nächste Mal auch gern noch, wenn er dabei ist, also ich sag‘s nicht hinter seinem Rücken, das kann ich auch sagen, wenn er dabei ist. Er meint, diese sogenannte Öffnung zum Kosmos, sei absolut manipuliert, sei überhaupt keine echte Öffnung. Da sagt er, wie man früher im Nationalsozialismus eben im Hinblick auf die dort herrschende Ideologie manipuliert wurde, später im real existierenden Sozialismus, so würde man jetzt … so würden jetzt die Kids über die Medien auf vielfältige Weise manipuliert – was ja ohne Frage richtig ist, das ist überhaupt nicht zu leugnen. Es geht ja nicht um die Frage, dass es keine Manipulation gäbe. Bloß, meine These besteht darin, dass eine Öffnung im kollektiven Bewusstsein vorhanden ist, und dass diese Öffnung im Hinblick auf ein kosmisches Bewusstsein jetzt vielfältig beeinflusst wird von der herrschenden kollektiven Bewusstseinsform, und das ist die technisch-rationale Bewusstseinsform. Deswegen kommt das alles in Form von technischen Vorstellungen einher, deswegen sind dann die Engel, die kosmischen Boten, dann auch Sternengesandte in Raumschiffen, buchstäblich konkret, materiell oder feinstofflich gedacht, auf jeden Fall kommt das erst einmal auf dieser technischen Ebene in die allgemeine Wahrnehmung. Damit ist überhaupt nichts ausgesagt darüber, wie das wirklich ist. Was das ganze Ufo-Thema betrifft: Das ist ein Riesenthema, was hier heute Abend gar nicht abgehandelt werden kann und soll, was aber schwierig ist, wenn man sich der Mühe unterzieht, sich dem Thema mit einer gewissen Offenheit und phänomenologisch zu öffnen, dann ist das nicht einfach. Man kann sich dem Thema gegenüber verschließen und sagen, das interessiert mich gar nicht, damit will ich mich gar nicht beschäftigen, das ist ganz legitim. Aber wenn man das tut, dann kommt man immerhin zu überraschenden, verblüffenden Feststellungen. Die … das pure Material an Phänomenen ist überwältigend und wenn auch nur ein Tausendstel davon irgendetwas entfernt mit Wirklichkeit zu tun haben sollte, mit Bewusstseinswirklichkeit zu tun haben sollte, wäre das schon sehr aufschlussreich. Also da ist auf jeden Fall ein wichtiges Thema und deswegen glaube ich, wird das auch … erreicht das auch Kinder, erreicht das auch die Kids, das ist nicht nur Manipulation. Ich will das nur einfach sagen, obwohl mir natürlich deutlich ist, dass Manipulation hier eine große Rolle spielt.
Ich hab nur mal hier an der von Ihnen aus gesehen linken Seite den alten geozentrischen Kosmos mit den sieben Schalen, Kugelschalen aufgezeichnet, der auch in der Esoterik des 20. Jahrhunderts ‘ne große Rolle spielt, nun allerdings anders gebaut, aber immer auch noch im Grundprinzip bei der Theosophie und Anthroposophie ähnlich gesehen wird, nicht, also nicht im Prinzip anders. Was außerhalb des Sonnensystems sein mag – es wird gelegentlich dann vermutet, es sei womöglich eine völlig andersartige Stofflichkeit, die in gar keiner Form zu vergleichen sei mit der Stofflichkeit, wie wir sie hier kennen. Nich‘, das wird auch von Anthroposophen, übrigens bis zum heutigen Tage, immer wieder gesagt. Das gibt natürlich Schwierigkeiten für anthroposophische Physiklehrer an der Waldorfschule, wenn sie den Schülern das vermitteln wollen. Ich hab da mit Physiklehrern der Waldorfschule gesprochen, die haben da große Schwierigkeiten, weil eben Anfragen der Schüler kommen: Was ist denn das? Kann das denn stimmen? Widerspricht das denn nicht der herrschenden Kosmologie? usw. Auf jeden Fall wird das so gedacht, dass hier also ein … eine Doppelbewegung stattfindet, auch schon in der Gnosis, dass die Seele also gleichsam herabstürzt in einem involutiven Prozess Richtung Erde und dann irgendwann hier landet. Also dieses Bewusstseinswesen, diese Geistessenz, die Seelenessenz, die Monade, stürzt also hinab, nimmt ein zunehmend gröberes Kleid an und ist dann irgendwann hier im physischen Körper gelandet. Und dann gibt es umgekehrt diese Aufstiegsbewegung wieder durch sieben Schichten – das sind sieben Schichten – hinauf zur … zu einer Bewusstheit, die dann als „kosmisches Bewusstsein“ bezeichnet wird. Das findet man auch in esoterischen, spirituellen Strömungen durch das ganze 20. Jahrhundert hindurch. Auch das hat seinen Ursprung in der Gnosis, dass es sieben Bewusstseinsstufen gibt, auch menschheitsgeschichtlich sieben Stufen, wobei dann die siebente Stufe als die höchste Stufe bezeichnet wird, oder auch für einzelne Persönlich­keiten, weiter … weit gekommene Persönlichkeiten sei die siebente Stufe die höchste Stufe. Und was da rechts außen eingezeichnet ist, bezieht sich auf den gleichen Grundvorgang, Involution / Evolution, Aufstiegs- und Abstiegsbewegung, nur auf eine etwas andere Art. Auf jeden Fall ist es wichtig in dem ganzen Kontext, das beides zusammenzudenken, also die Involution und die Evolution.
Ich habe vorhin gesagt, muss das kurz noch nachtragen, dass der Begriff des kosmischen Bewusstseins bei der Theosophie erstmalig in der Form auftaucht. Ich will das belegen durch ein Zitat, das ich heute Vormittag noch mal mir klargemacht habe, aus dem Buch „Secret Doctrine“, 1888, englische Version, da taucht hier im Mittelteil dieser Kurzfassung dann der Begriff „kosmisches Bewusstsein“ wie jetzt folgt auf, ich will das mal kurz paraphrasieren, weil das für unseren Kontext wichtig ist. Da wird gesagt, es gäbe höhere Intelligenzen, Wesenheiten, manchmal auch als „Monaden“ bezeichnet, Dhyan-Chohans und andere Kräfte – und jetzt zu den letzteren: they „are dual in their character, being composed of the irrational brute energy, inherent in matter,“ – also die setzen sich zusammen aus der irrationalen, unvernünftigen, bloßen Energie, die der Materie innewohnt und b) – „the intelligent soul, or Cosmic Conciousness,“ – also die intelligente Seele oder das kosmische Bewusstsein „which directs and guides that energy“ – also das kosmische Bewusstsein lenkt und führt diese Energie – „and which is Dhyāni Chohanic Thought, reflecting the ideation of the Universal Mind.“ – also die … eine Vorstellung, die man auch in der Gnosis findet, dass es also Vermittler gibt, vermittelnde Kräfte, die die kosmische Energie heruntertransformieren auf die Erde. Das ist also insofern ein Herabtransformationsprozess und ein Prozess der Herauftransformierung, also eine Aufstiegsbewegung und eine Abstiegsbewegung. In der Grundrichtung kann man das auch vielfältig in der Esoterik und in allen spirituellen Strömungen des 20. Jahrhunderts beobachten. Ich hab das ja vorhin schon angedeutet, das würde ja auch in gewisser Weise meiner Definition von Seele entsprechen, denn ich sagte ja, dass die Seele den Ursprung andeutet, die Arche, auch das Telos. Dann würde also dieses hohe Bewusstseinswesen, wie immer ich das jetzt nenne, als Monade absteigen in die materiell-physische Welt, um dann irgendwann wieder aufzusteigen. Die Frage ist, warum geschieht das? Die Frage, die auch vielfältig beantwortet wird. Was ist da vorgefallen? Was … Warum passiert dieser Prozess? Warum begibt sich denn dieses hohe Bewusstsein überhaupt in die Materie hinein? Da gibt es ja ganz verschiedene Antworten auf diese Frage. Ist es eine Art Dialektik im Göttlichen selber? Ist das ein notwendiges … ein notwendiger Prozess? Müssen quasi die Monaden zu ihrer eigenen Weiterentwicklung, Höherentwicklung diesen Abstieg vollziehen – nach theosophischer Sicht zum Beispiel ja auch in die mineralisch-anorganische Welt hinein? Und es gibt ja auch andere Vorstellungen, die sind sehr interessant auch was die Geist-Frage betrifft. Es gibt zum Beispiel in der Gnosis den Gedanken, dass die Seele … dass nur ein Teil der Monade absteigt, während ein anderer Teil hierbleibt und zwar … häufig wird gesagt, dass der Geist in der obersten, reinen Geistebene verbleibt, während eine Emanationen seiner selbst absteigt, sodass in jeder Stufe des Abstiegs der Kontakt nach oben niemals völlig abreißt, was auch verständlich ist, wenn es so etwas geben soll wie Erinnerung. Dann wäre eigentlich die Voraussetzung, dass der Kontakt niemals vollkommen abreißt. Das wäre also ein Abstiegs- und eins Aufstiegsgeschehen. Es gibt also eine Unzahl von Überlegungen, auch Spekulationen, zu dem Thema, warum das passiert. Ich habe mich da auch mit auseinandergesetzt. Ich habe ja in dem Buch „Was die Erde will“ auch eine halb mythologische Figur entworfen des sogenannten Göttersturzes, „Sternenstaub und Göttersturz“. Also ein Abstiegsprozess in die Materie hinein und ein Aufstiegsprozess. Das ist also etwas, was Sie überall finden.
Nun ist die Vorstellung eines kosmischen Bewusstseins in den letzten, sagen wir mal, 20 , 25, maximal 30 Jahren, noch von einer ganz anderen Ecke aus, von einer ganz anderen Perspektive aus aktualisiert worden, nämlich von Erfahrungen – zunächst einmal mit psychoaktiven Substanzen aber dann auch durch andere Bewusstseinstechniken, etwa die holotrope Atemtherapie von Stanislav Grof und anderen – da ist also ein gewaltiges Erfahrungspotenzial entstanden, was auch in die Richtung einer Entgrenzung geht, ich hab das ja schon mal einleitend gesagt, dass also ein kosmisches Bewusstsein ein ich-überschreitendes oder ein unterschreitendes Bewusstsein ist, mit Schwergewicht auf der Überschreitung, also ein überichhaftes Bewusstsein im Gegensatz zu einem unterichhaften Bewusstsein. Einer derjenigen Autoren, der sich seit 30 Jahren mit dieser Frage wie kein anderer intensiv auseinandergesetzt hat, ist ja Grof, Stanislav Grof, Psychiater, Mediziner und Bewusstseinsforscher, in vielen seiner Bücher seit den späten sechziger Jahren. Und ich hab hier ein Buch mal mit: „Abenteuer der Selbstentdeckung“, wo er eine Phänomenologie, in gewisser Weise auch Typologie, der ich-überschreitenden, sogenannten transpersonalen Erfahrung versucht. Und in dem Kontext taucht dann auch die Vorstellung eines kosmischen Bewusstseins auf. Und er gibt auch Beispiele dafür, was dieses kosmische Bewusstsein ausmacht. Es ist interessant, ich darf das mal ganz kurz anführen, dass er die transpersonalen Erfahrungen typologisiert. Er unterscheidet drei große Abteilungen. Die erste Abteilung heißt „Erweiterung des Erlebens innerhalb der objektiven Realität und der Raumzeit“, also „innerhalb der objektiven Realität und der Raumzeit“ – die erste Kategorie. Da gibt er zum Beispiel an: Überschreiten der räumlichen Grenzen, Erfahrung der Zwei-Einigkeit – also alles schon in Richtung transpersonalen kosmischen Bewusstseins –, Identifikation mit anderen Menschen, Gruppenidentifikation und Gruppenbewusstsein, Identifikation mit Tieren, Identifikation mit Pflanzen und botanischen Prozessen, Erfahrung der Einheit mit der Gesamtheit des Lebens und der Schöpfung, planetarisches Bewusstsein usw. – Auch das ist möglich, man muss das nicht Überskeptizismus … skeptizistisch hier anzweifeln. Diese Erfahrungen sind vielfältig belegt. Es gibt diese Erfahrungen, daran kann kein Zweifel bestehen.
Überschreiten der Grenzen der linearen Zeit: embryonale und fötale Erfahrungen; Ahnenerfahrungen; Erfahrungen, die sich auf die Existenz der Rasse und des Kollektivs beziehen; phylogenetische Erfahrungen; Psi-Phänomene, in denen die Grenzen der Zeit überschritten werden; physische Introversion und verengtes Bewusstseinsorgan-, Gewebe- und Zell-Bewusstsein – auch das in vielen Erfahrungen belegt, dass das Bewusstsein in Grenzzuständen die Möglichkeit hat, unterichhaft hineinzuschlüpfen bis in die Zellstruktur hinein.
Die zweite große Kategorie ist dann „Erweiterung des Erlebens über die Grenzen der objektiven Realität und der Raumzeit hinaus“: energetische Erlebnisse des feinstofflichen Körpers; Begegnungen mit tierischen Geistern; Begegnungen mit geistigen Führern, übermenschlichen Wesen; Begegnungen mit einzelnen „Gottheiten“; Begegnungen mit universellen Archetypen; intuitives Verstehen universeller Symbole; – und dann – die Erfahrung kosmischen Bewusstseins; – und dann – die supra- und metakosmische Leere; – was als eine weitere Stufe angesehen wird. Und das ist ‘n wichtiger Punkt. Kosmisches Bewusstsein wird häufig verstanden als eine Allverbundenheit innerhalb des in irgendeiner Form noch physisch-sinnlich begreifbaren Universums, häufig auch einfach identifiziert, so etwa bei Ken Wilber mit Rückgriff auf Ralph Waldo Emerson, als Naturmystik. Und da wird immer gesagt – von Wilber und anderen –, dass es noch über dem kosmischen Bewusstsein eine nächste Stufe gäbe, Johannes Heinrichs nennt das „Logos-Bewusstsein“, andere haben andere Begriffe dafür, ich nenn das „Atman-Bewusstsein“ mit Ken Wilber. Es gibt also die Vorstellung, dass es oberhalb des … der kosmischen Allverbundenheit noch eine weitere Stufe gibt, die dann im engeren Sinne nicht mehr „kosmisch“ genannt werden kann, oder doch. – Da ist jetzt die Frage, wie man dann überhaupt das Kosmische definiert. Und da kommt die Frage der Ebenen ins Spiel: Auf welcher Ebene bewegen sich diese Erfahrungen? Das ist extrem schwierig. Das hängt dann im Letzten von der Tiefe dieser Erfahrungen selber ab, soweit sie sich überhaupt denkerisch oder gedanklich einordnen lassen. Es gibt Erfahrungen hier von einer solchen überwältigenden, ekstatischen Intensität, dass auch nur der Ansatz einer denkerischen Erfassung völlig absurd erscheint. Also das ist eine extrem schwierige Frage. Man findet ja immer wieder die Vorstellung, dass es eine Erfahrung der Leere, der Leerheit, der – buddhistisch gesprochen – Shunyata gibt, die dann die höchste und letzte Stufe bedeutet, jenseits des kosmischen Bewusstseins, in diesem Sinne jenseits der Naturmystik. Übrigens stellt Grof noch eine dritte Kategorie hier heraus. Wir hatten also die Erweiterung des Erlebens innerhalb der objektiven Realität und der Raumzeit, dann Erweiterung des Erlebens über die Grenzen der objektiven Realität und der Raumzeit hinaus – wobei das sehr schwierig ist: Was ist hier Raumzeit? Was ist gemeint? Ist es vielleicht ein anderer Raum, ein Hyperraum oder eine Art Äther-Raum? Da werden die Begriffe sehr schwierig. Das ist immer dann … kommt man in eine Region, wo man letztlich, wenn man nicht eigene Erfahrungen machen kann, ins Spekulieren kommt oder sich beschäftigt mit den Erfahrungen anderer, die man sich angelesen hat, die man dann kategorisiert und typologisiert – eine Gefahr, der etwa Wilber nicht entgangen ist, aber auch andere Autoren dieser Art, die dann über Erfahrungen sprechen und diese ausführlich darstellen, die sie gar nicht gemacht haben und dann einen Schematismus entwerfen, der dann wieder fragwürdig wird. Also hier kommt alles, glaube ich, bei dem ganzen Thema auf die Frage der Erfahrungen an, und es ist schon viel gewonnen, wenn überhaupt das Bewusstsein dafür geweckt wird, dass es so etwas geben kann wie kosmische Verbundenheit, dass diese Verbundenheit auch erlebt werden kann, dass man tatsächlich existenziell so etwas erleben kann wie kosmisches Bewusstsein, auch hier auf der Erde als physisch-sinnliches Wesen, auch ohne diese letzten und höchsten Stufen zu erreichen. Grof schreibt hier in dem Kapitel „Die Erfahrung des kosmischen Bewusstseins“ – darf mal kurz ‘n paar Sätze zitieren, die da sehr aufschlussreich sind – : „Das Abenteuer der Selbstentdeckung“, 18 äh… 1987 erschienen. „Personen, die das kosmische Bewusstsein erlangen, haben das Empfinden, die Gesamtheit der Existenz zu erfassen und bis zur Wirklichkeit hinter allen Wirklichkeiten vorgedrungen zu sein. Sie sind fest davon überzeugt, den Zugang zum höchsten und letzten Prinzip des Seins gefunden zu haben. Dieses Prinzip ist das eigentlich wirkliche Rätsel. Wenn man die Existenz dieses Prinzips einmal akzeptiert hat, lässt sich alles andere von ihm ableiten und verstehen. Die Trugbilder von Materie, Raum und Zeit, sowie eine unendliche Anzahl anderer Wirklichkeitsformen und -ebenen sind durchschaut und auf dieses eine rätselhafte Prinzip reduziert wurden, aus dem sie alle hervorgehen und das ihr einer gemeinsamer Nenner ist.“ – also eine Art Leerheitserfahrung wird hier angesprochen – „Diese Erfahrung ist grenzenlos, unfassbar und unbeschreibbar.“ – die typische … das typische Verdikt in dem Zusammenhang immer: Das, was der Einzelne erlebt hat, ist nicht beschreibbar, ist nicht vermittelbar, ist in diesem Sinne also subjektiv, unverbindlich, mystisch. – „Diese Erfahrung ist grenzenlos, unfassbar und unbeschreibbar. Worte und gerade die symbolische Struktur unserer Sprache erweisen sich als geradezu lächerlich unzureichende Mittel, sie zu erfassen und ihre Eigenschaften anderen mitzuteilen. Unsere phänomenale Welt und alle Dinge, die wir bei gewöhnlichem Bewusstsein erleben, erscheinen im Licht dieses höchsten Bewusstseins als äußerst begrenzte, illusorische und subjektive Aspekte dieser einen Wirklichkeit. Dieses Prinzip entzieht sich allen Versuchen, es mit rationalen Mitteln zu begreifen und doch reicht schon ein kurzes Erleben … Erleben dieses Prinzips aus, um intellektuelle und philosophische Bedürfnisse voll zu befriedigen. Alle Fragen, die man jemals gestellt hat, scheinen beantwortet. Es besteht keine Notwendigkeit mehr, noch irgendwelche Fragen zu stellen.“ – Natürlich kann man das hier anzweifeln und sagen: Das kann nicht sein! Es gibt immer noch diese Fragen. Es ist die Rede von einer Art von Erfahrung, von einer ekstatischen Tiefendimension, die tatsäch… [Aufnahmeende].

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