Weltraum – Weltäther – „Freie Energie“

Vorlesungsreihe:

Mensch und Erde, Teil IV
Gedanken zu einer neuen Theorie der Natur und des Kosmos

Humboldt-Universität zu Berlin
Sozialökologie als Studium Generale Wintersemester 1998/99
Dozent: Jochen Kirchhoff
Quelle: YouTube-Kanal Jochen Kirchhoff / Alle Audiovorlesungen Nr. 10

Transkript als PDF:

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Gut. Das Thema heute soll sein – sehr weit, wie der Raum – „Weltraum, Weltäther“, dann „Freie Energie“ in Anführungszeichen. Und die Frage „Gibt es den (totgesagten) Äther doch? Von der schöpferischen Potenz des Vakuums.“ Das Thema kann man auf ‘ne heitere Weise einführen durch einen Dialog, den Faust und Mephistopheles führen kurz bevor Faust den Gang zu den Müttern antritt im zweiten Teil – eine furiose Szene, wie sich vielleicht manche erinnern. Und da gibt es eine interessante Passage, die was zu tun hat mit dem Vakuum und der Energie des Vakuums, was man vielleicht zunächst nicht vermuten würde. Also Faust möchte den Weg zu den Müttern antreten – es bleibt undeutlich: Was sind denn nun eigentlich diese Mütter?

„Göttinnen thronen hehr in Einsamkeit,
Um sie kein Ort, noch weniger eine Zeit;
Von ihnen sprechen ist Verlegenheit.
Die Mütter sind‘s!

FAUST aufgeschreckt.

Mütter! – Schaudert‘s dich? –
Die Mütter! Mütter! – ‚s klingt so wunderlich!“

Und dann sagt Mephistopheles, um ihn abzuschrecken von diesem Gang zu den Müttern:

„Und hättest du den Ozean durchschwommen,
Das Grenzenlose dort geschaut,
Du sähst doch Well‘ auf Welle kommen,
Selbst wenn es dir vorm Untergange graut.
Du sähst doch etwas.
Sähst wohl in der Grüne

Gestillter Meere streichende Delphine;
Sähst Wolken ziehen, Sonne, Mond und Sterne –
Nichts wirst du sehn in ewig leerer Ferne,
Den Schritt nicht hören, den du tust,
Nichts Festes finden, wo du ruhst.“

Darauf Faust, trotzig in gewisser Weise – wagemutig-trotzig:

„Du sprichst als erster aller Mystagogen,
Die treue Neophyten je betrogen.“

– also die Neu-Hinzukommenden einem Mysterienkult –

„Nur umgekehrt. Du sendest mich ins Leere,
Damit ich dort so Kunst als Kraft vermehre;
Behandelst mich, daß ich, wie jene Katze,
Dir die Kastanien aus den Gluten kratze.
Nur immer zu! wir wollen es ergründen,
In deinem Nichts hoff‘ ich das All zu finden.“

Also, Mephistopheles warnt Faust davor, was er jetzt anstrebt: Der Gang zu den Müttern sei quasi ein Weg in das Nichts. Er hat überhaupt keine Bezugspunkte, kein Koordinatensystem mehr. Und Faust, trotzig „In deinem Nichts werd‘ ich das All finden“… „… denk ich, das All zu finden“ … „In deinem Nichts hoff‘ ich das All zu finden“ – gut, auf jeden Fall, darum geht’s, es geht um das Nichts und um das All oder auch um das Vakuum und das Plenum. Nun ist es interessant, dass im … kurz vor Weihnachten der Spiegel, der sich ja manchmal dieser Thematik annimmt, eine Titelgeschichte rausgebracht hatte mit dem plakativen Titel „Gottes Urknall“ – einige wissen das ja, dass ich häufig darüber spotte, kann man sagen, dass die moderne Kosmologie immer mehr zur Theokosmologie wird – und ich fühlte mich da in gewisser Weise fulminant bestätigt – „Gottes Urknall. Kosmologie an den Grenzen zur Religion.“ Es geht mir nicht um den Artikel und auch nicht jetzt um die Frage „Urknall – ja oder nein?“, sondern es geht um die Frage des Vakuums, und da taucht eine interessante Gedankenfigur auf, nämlich die Vorstellung, dass das Nichts selber, das Vakuum, der Raum, der sogenannte leere Raum, durch bestimmte Fluktuationen das Sein, die seiende Welt hervorbringt. Wieder einmal fühlt sich Andrei Linde, der Magier aus Moskau, bestätigt – jetzt die Nummer 1 der Kosmologen, hat mittlerweile Stephen Hawking an Berühmtheit und schauriger Popularität abgelöst, kann man sagen. Er verficht schon seit geraumer Zeit eine fantastische Theorie, in der das Nichts die Hauptrolle spielt. Das ganze Weltall sei daraus entstanden – das ist also eine alte Theorie, ist nicht von Linde, aber er hat sie neu aufgegriffen, popularisiert und auch auf die Urknallfiktion angewendet. Eine Energiezuckung des Vakuums hat nach seiner Ansicht den Urknall in Gang gesetzt, und wenn die Entstehung eines Universums mit so wenig Aufwand zu bewerkstelligen ist, sei auch nicht einzusehen, weshalb es nur ein Universum geben soll. Und dann wird das hier dargestellt als eine Vorstellung, dass durch bestimmte Fluktuationen des leeren Raums, des sogenannten Nichts oder Vakuums, durch diese Urgebärde gleichsam das All in die Wirklichkeit getreten sei bzw. die materielle energetische Welt in die Wirklichkeit getreten sei. Und daran interessant in dem Zusammenhang sind zwei Dinge. Das ist erstaunlich, wenn man die Diskussion der letzten Jahre bisschen verfolgt hat – hier wird plötzlich so getan, als ob die Vorstellung einer Antigravitation ganz selbstverständlich und plausibel, ja logisch sei, dass also eine antigravitative Kraft die zusammenziehenden Energien gleichsam auseinandergestoßen hat und dass diese Bewegung auch mit Überlichtgeschwindigkeit erfolgt sei – was natürlich eine heilige Kuh der Relativitätstheorie berührt: Warum denn plötzlich Überlichtgeschwindigkeit? Und nun der Trick, der symptomatisch ist für diese Art von Denken überhaupt: Man sagt, naja, diese Bewegung … Warum machst du’s dunkler? … diese Bewegung sei ja nicht im Raum erfolgt, sondern – Pointe – der Raum selber würde sich … habe sich … wie immer … mit Überlichtgeschwindigkeit ausgedehnt. Nun ist das schwierig, das führt in einen Abgrund von erkenntnistheoretischen Fragen: Wie kann das sein, dass ein Raum sich ausdehnt? Da müsste ja dann ein anderer Raum da sein! Ich hab‘ das ja mehrfach angedeutet. Dann kann man die Zuflucht nehmen zur Vorstellung eines Hyperraums, in den sich hinein dann dieser Raum ausgedehnt hat. Extrem schwierig – ist das dann kein Raum mehr? Ist das was anderes? Also diese Fragen sind aufwühlende, und Antworten darauf zu geben, ist schwierig. Ich will das nur einfach mal erwähnen, als auf ‘ne überraschende Weise also die Frage einer möglichen schöpferischen Potenz des sogenannten leeren Raums, des Vakuums hier selbst auf so einem populären Niveau wie in so einem Nachrichtenmagazin plötzlich auftaucht. Und mit weitreichenden Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Das Ganze ist heiß umstritten und … das soll aber nicht jetzt primär das Thema sein.
Also „in deinem Nichts hoff‘ ich das All zu finden!“ Nun, wenn man vom Traum redet, dann sollte man sich einen kurzen Moment mal vergegenwärtigen, wie Raumerfahrung für den physisch-sinnlichen, für den leiblichen Menschen zustande kommt. Das wird meist übersprungen oder als irrelevant abgetan. Man springt zu schnell zu mathematisch-geometrischen Modellen und ähnlichen und fragt sich zu wenig, denke ich, wie die Raumwahrnehmung eigentlich zustande kommt. Sie ist ja zunächst mal auch eine Wahrnehmung des Leibs hier und des Umfeldes um diesen Leib, also die Leiberfahrung, die unmittelbar physisch-sinnliche Leiberfahrung, aber auch die geistige Ich-Erfahrung ist in gewisser Weise die Quelle auch der Raumerfahrung.
Und ich hab’ zwischen Weihnachten und Neujahr mir ein Buch gekauft, weil mich der Titel interessierte, hab’ es auch schon zum Teil gelesen, da wird genau auf diese Frage Bezug genommen. Das ist ein Physiker, Mathematiker, Anthroposoph: Martin Basfeld. Ich hab’ das Buch in einer Buchhandlung entdeckt, fand das interessant – „Wärme: Ur-Materie und Ich-Leib“ – hatte das angeblättert und dann stieß ich gleich auf Passagen, die genau diesen Punkt berühren, nämlich die Frage des Raums: Wie wird eigentlich der Raum wahrgenommen? Also Basfeld vertritt da auch die These, die ich im Prinzip für richtig halte, dass erst einmal die Ich-Erfahrung und die unmittelbare Leiberfahrung der Ursprung der Raumerfahrung überhaupt ist. Er bezieht sich auf einen interessanten Philosophen, der wenig bekannt ist, zu Unrecht, Hermann Schmitz, Phänomenologe, der sich eingehend damit beschäftigt hat, wie der Mensch den Raum wahrnimmt. Und Schmitz unterscheidet drei Arten von Raum. Ob diese Begriffe, die jetzt kommen, so günstig gewählt sind, können wir mal auf sich beruhen lassen. Ich nehm‘ sie mal, wie sie dastehen. Basfeld paraphrasiert das und zitiert auch und setzt sich damit kritisch und auch zum Teil wohlwollend auseinander: Schmitz, Kieler Philosoph, in einem Buch von 1990 unterscheidet drei Räume oder drei Arten von Raum: den Weite-Raum – den Raum als unbegrenzte, unbegrenzbare Weite, eine Art Fluidum ohne präzise Koordinaten – also den Weite-Raum, dann den Richtungs-Raum – also die … mit Punkten, auf die man deuten kann, die auch eine Orientierung geben – und den sogenannten Orts-Raum.
Das will ich versuchen mal, jetzt kurz zu erklären und auch zu zeigen, was es mit unserem Thema zu tun hat. Also Basfeld schreibt zunächst mal, Schmitz paraphrasierend: „Durch die elementare Wahrnehmung von leiblicher Umgebung haben wir uns zunächst nur als lebenerfüllten Punkt in einer ihn berührenden undifferenzierten Raumes-Welt.“ Hier würd‘ ich anmerken, ob das Wort von „Punkt“ hier, also der Begriff „Punkt“ hier günstig ist, aber man kann’s stehen lassen. „Unseren Leib erfahren wir als den absoluten Ort unseres Hier, der sich, mehr oder weniger eng erspürt, von der Weite abhebt, ohne dass wir dabei Richtungen, Abstände oder dergleichen unterscheiden.“ Er zitiert da Schmitz: „z. B. ist reiner Weite-Raum beständig präsent im Spüren des Klimas. Am eigenen Leib spürt man ein vage ergossenes Klima, in dem man sich befindet“ – das kennen wir ja alle – „und den eigenen Leib, der sich an seinem absoluten Ort als betroffener davon abhebt.“ Das ist wichtig und für Kenner jetzt mal der erkenntnistheoretischen Diskussion der Physik etwas befremdlich vielleicht, dass Schmitz die eigene Leiblichkeit, auch die Organe im Körper, im eigenen Leib als absoluten Ort bezeichnet. Das ist nicht das, was Newton als absoluten Ort bezeichnet im Sinne eines absoluten Bezugssystems, sondern jetzt entstanden aus der unmittelbaren Leibeserfahrung – darum geht’s, nich‘, das ist ja der Ausgangspunkt erstmal – wie erfahren wir den Raum eigentlich? „Den Weite-Raum“, so jetzt Basfeld weiter, „erleben wir z. B., wenn wir in den wolkenlosen, blauen Himmel blicken, auf dem Rücken liegend, ohne Bezug zu Gegenständen auf der Erde oder am Horizont. Wir erleben eine unbestimmte, richtungslose Weite, eine weder begrenzte, noch endlose Räumlichkeit, die aber doch nicht nur unserem Leib angehört, sondern über ihn hinausweist.“ Nich, das ist ‘ne Elementarerfahrung, die jeder unmittelbar sofort nachvollziehen kann – Weite-Raum. „Diese Weite kann erfüllt sein vom mehr oder weniger intensiven Blau des Himmels, vom Summen der Insekten, vom Duft frischen Heus usw. Man kann sie auch in ihrer Wandlung verfolgen, am Übergang von einer sternenklaren Nacht zum sonnigen Morgen. Die Sterne stehen in unbestimmter Ferne am Himmelsgewölbe.“ Und dann: „Die Sicht weitet sich über die irdische Landschaft hinweg, Weite ist auch im freien Rückfeld des Leibes gegeben“ – interessant, jetzt mal psychologisch und auch übrigens meditativ, den Raum wahrzunehmen, der hinter einem ist, also jetzt von der unmittelbaren Leibeswahrnehmung – wie fühlen wir den Raum im Rücken? Das ist interessant – nicht jetzt primär unser Thema, aber es ist faszinierend, dem mal nachzuspüren, wie andersartig sich der Raum vorne und hinten „anfühlt“. „Der Weite-Raum ist ein Luft-und-Licht-Raum. In ihn eingebettet ist der Richtungs-Raum“ – jetzt die nächste Raumerfahrung nach Schmitz. „Ihn erleben wir, wenn wir nicht nur unseren lebenerfüllten Leib in seiner Umgebung erfahren, sondern wenn von ihm aus Richtungen zu etwas hingehen, z. B. der Blick zu den einzelnen Sternen oder Bäumen oder zu einem von der Sonne angestrahlten hochfliegenden Vogel am blauen Himmel, ebenso die Bewegung des Armes, der nach einem nahen Gegenstand greift. Wir finden uns in diesem Richtungs-Raum instinktiv zurecht, ohne Abstände und Abstandsverhältnisse zu messen.“ Er zitiert jetzt Schmitz: „Der leibliche Richtungsraum ist die Domäne der Motorik.“ Nich‘, auch das kennt jeder aus der elementaren Leibeserfahrung. „Die Flüssigkeit freier Gliederbewegungen ist dadurch bedingt, dass die Richtungen, in die wir unsere Glieder führen, schon in ihm festgelegt werden, ohne Beteiligung der Lage- und Abstandsbeziehungen, die erst im Orts-Raum vorkommen.“ Zitatende Schmitz, jetzt wieder Basfeld weiter: „Der Richtungs-Raum tritt deutlich in Erscheinung, wenn die Sonne am Morgen über den Horizont steigt und alle plötzlich entstehenden Schattenlinien in ihrer rückwärtigen Verlängerung in der Sonne zusammenlaufen, wie Blickrichtungen in unser leibliches Auge, und sich ihre Verhältnisse zueinander mit der Bewegung der Sonne am Himmel ständig ändern, wie die perspektivischen Verhältnisse der Dinge, wenn wir unseren Standpunkt wechseln.“ Man kann also, wenn man das will, das als den Sinn für das Perspektivische sehen, wie es ja möglicherweise überhaupt einen Raum-Sinn geben mag, wie’s auch einen Zeit-Sinn gibt, also einen Raum-Sinn, in diesem Falle hier fokussiert auf die Perspektive, also Schmitz‘ Richtungs-Raum. „Weite-Raum und Richtungs-Raum sind noch an unseren Leib gebunden. Erst der Orts-Raum scheint von ihm unabhängig zu sein. Wir erleben in ihm die Dinge sich durch Flächen voneinander abgrenzend, unverbunden nebeneinander in mehr oder weniger großen Abständen zueinander.“ Also der messbare Raum, jetzt im klassischen Sinne der euklidisch-geometrische, dreidimensionale Raum, wie das gemeinhin immer so genannt wird. „Mit der Erscheinung von Flächen beginnt die Entfremdung des Raumes vom Leib,“ – das ist quasi ein abstrakter Raum – „ein Raum, der mit unserer unmittelbaren Leiberfahrung nichts zu tun hat, also eine Abstraktion. Erst den Orts-Raum können wir geometrisch-physikalisch durch Koordinaten beschreiben. In ihm haben die festen Gegenstände ihren Platz. Der Orts-Raum ist relativ, d. h. es gibt keinen Punkt in ihm, der durch sich als Koordinatenursprung ausgezeichnet wäre. Im Weite-Raum erscheint uns dagegen alles im Umkreis unseres Leibes als des absoluten Ursprungsortes dieses Raumes. Im Orts-Raum ist unser Leib ein Ding unter anderen.“
Das ist für Schmitz eine der großen Katastrophen der Geistesgeschichte, dass nämlich die unmittelbare Leiberfahrung zugunsten einer abstrakten Trennung von Leiberfahrung und Raum aufgehoben worden sei. Also das entnehme ich hier der Paraphrasierung von Basfeld. Ich hab‘ die Sachen von Schmitz selber nicht gelesen, bin aber jetzt interessiert daran, mir mal das zu besorgen. Also, das sieht er als eine Weichenstellung an, die er auch als verantwortlich bezeichnet für die ökologische Kriese. Also eine Abtrennung unseres lebendigen Raumerlebens, unseres Weite- und Richtungs-Raums im … mit Blick auf den sogenannten Orts-Raum, der letztlich auch unsern Körper, unsern Leib – Körper von innen – zu einem beliebigen Ding oder Gegenstand in der Außenwelt macht. Also in meiner Sprache, wie ich das ja mehrfach sage, wäre das der Sturz auf die Ebene der Außenwelt, also die schroffe Trennung von Innenwelt und Außenwelt. Wir sind also quasi hier abgestürzt auf die Außenweltebene. Letztes Zitat hier von Basfeld und dann können wir das verlassen, den Punkt: „Im Organismus ist der Ort eines Organs absolut gegeben.“ Jedermann bekannt, aber man denkt selten darüber nach. „Die Leber oder irgendeine Zelle können nur an ihrem natürlichen Ort existieren und funktionieren, also innerhalb der Grenzfläche desjenigen Milieus, das sie am Leben erhält. Außerhalb der Leibeshülle ist die Leber keine Leber mehr. Es gibt sie nur an ihrem natürlichen Ort. Je toter ein Körper ist, desto unabhängiger von der Umgebung kann er seinen Ort einnehmen. Die in dieser Richtung am weitesten getriebene Vorstellung ist die des festen, starren Körpers“. Nich‘, das ist ja unmittelbar einsichtig, dass das so ist. Also erst ein toter Körper oder nur ein toter Körper kann beliebig den Raum durchqueren, kann beliebig im Raum irgendwo sein. Also eine … letztlich eine Abstraktion von der Leiberfahrung. Ich kann das erstmal nur so wiedergeben, ohne dass ich dieser Argumentation im Einzelnen nachfolgen könnte, weil ich die Schrift, aus der das zitiert ist, selber nicht kenne. Ich kenn‘ also nur die Zitate und die Paraphrasen. Ich find‘ das auf jeden Fall faszinierend – der Weite-Raum, Richtungs-Raum und Orts-Raum –, dass man mal einfach versucht, vom Raumerleben auszugehen.
Kollektiv-kulturell ist das ja hochinteressant, und das hat der Kulturphilosoph Oswald Spengler ja in den Mittelpunkt, könnte man fast sagen, seiner Kulturphilosophie gestellt: Wie empfinden Kulturen den Raum? Also welche … er nennt das das Ursymbol … welche archetypische Vorstellung haben bestimmte Kulturen über den Raum? Er gibt verschiedene Beispiele, ich gebe mal nur drei der Beispiele, die er gibt in seinem „Untergang des Abendlandes“. Er sagt, die arabische Kultur empfindet den Raum als Höhle, und das weist er mit einem großen … mit einer großen Materialfülle nach. Das ist faszinierend, plausibel erst einmal, auch wenn es vielleicht nur ein intellektuelles Aperçu sein mag. Also die arabische Kultur empfindet den Raum als Höhle. Die griechische Kultur, die für ihn eine eigene ist, das ist für ihn nicht die abendländische Kultur, sieht den Raum einfach als Behälter von konkreten, sinnlich fassbaren Dingen. Er meint, dass im griechischen Geist die Vorstellung dominierend ist, dass es Körper gibt, sinnlich-physische Körper, die im Raum sich befinden und der Raum ist der Behälter. Also die Dinge sind im Raum. Der Raum hat selber keine Wirklichkeit. Nun könnte man sofort da einwenden: Es gibt ja doch auch Vorstellungen in der griechischen Mystik und Philosophie, etwa die Vorstellung vom Apeiron des Anaximandros, die ja doch ahnen lassen, dass mit dem Raum mehr gemeint sein könnte. Er sieht das eher als ein Produkt asiatischen Einflusses, nicht primär als etwas Griechisches. Also der Raum als Gefäß, wie etwa dieser Raum mit den Gegenständen hier, mit den Stühlen, und den Menschen und sonstigen „Dingen“ in diesem Raum. Ja, das ist ja erstmal die Vorstellung, die jeder spontan damit verbindet, wenn er … also mit dem Raum verbindet: der Raum als ein Behälter. Und Spengler meint, das Abendland, die abendländische Kultur – wie gesagt nicht identisch mit der griechisch-römischen Kultur, also das beginnt für ihn ja erst im Mittelalter – die abendländische Kultur versteht den Raum als unendliche Erstreckung und – nicht nur das – nicht als eine tote Leere und Erstreckung, sondern, wie er mit vielen Beispielen aus der Geistesgeschichte nachweist, u. a. mit Newton, Giordano Bruno, der idealistischen Philosophie usw., der Raum wird empfunden als quasi göttlich. Also der Raum ist in gewisser Weise Gott selber. Sie werden sich vielleicht erinnern, dass ich Ihnen vor einigen Wochen ja – Anfang Dezember glaub‘ ich war’s – versucht habe zu zeigen, wie in der großen Kontroverse von Leibniz und Newton, stellvertretend über den Newton-Schüler Samuel Clarke, die Frage immer wieder im Zentrum stand: Was ist der Raum? Ist der Raum wirklich, oder ist der Raum … „wirklich“ im Sinne von „absolut“ ─ Gibt es den Raum an sich, auch wenn nichts drin ist? – oder ist der Raum nur eine relative Größe, die immer gebunden ist an eine konkrete Welt? Nich‘, das war ja die Vorstellung auch in der Scholastik, dass es den Raum eigentlich nur gibt als Innenraum innerhalb dieser kosmisch gedachten Hohlkugel. Nich‘, im Innern ist Raum. Die alte Frage – ich hab’ das ja genannt „Was ist denn außerhalb der Kugel?“ – wurde als eine Scheinfrage hingestellt von Aristoteles und vielen ähnlichen Autoren in dem Sinne, dass gesagt wurde: Man kann diese Frage nicht dahingehend beantworten, dass man sagt: „Da ist auch Raum“. Was da sein mag, wissen wir nicht, jedenfalls kein Raum in unserem Verständnis. Man findet solche Figuren übrigens bis in die Gegenwart hinein, etwa bei den Anthroposophen, von denen ja die Rede war. In Steiners Vorstellung vom Gegenraum, vom ätherischen Raum ist das wieder drin, dass also, dass der Raum nur bis zu einer bestimmten Grenze eigentlich ein physischer Raum ist – ein Begriff von Steiner, der eigentlich unzulänglich ist, weil was soll ein physischer Raum sein, aber das dann ein ätherischer Raum, ein peripherischer Raum „dahinter“ ‘n ganz anderen Charakter hat, also ‘ne fundamental andere Raumqualität hat. Und das haben sie ja in der Big-Bang-Fiktion auch, das habe ich ja vorhin gesagt, also wenn man sagt: Gut, Überlichtgeschwindigkeit kann es geben, wenn der Raum sich selber bewegt, dann muss man fragen: „Wohin?“. Dann kommt man zu einer anderen Seinsgröße – von mir aus einem Hyperraum, oder wie immer man das nennt – oder man sagt: „Unsere Begriffe sind unzulänglich“, wie immer sich das dann wirklich ontologisch verhalten mag. Also schwierige Fragen.
Also nochmal Spengler zu den Ursymbolen: Die arabische Kultur, meint er, begriffe den Raum als eine Höhle, die griechische Kultur als einen Behälter, einen Behälter im Tageslicht, wo man ganz deutlich die verschiedenen Gegenstände, Dinge und Lebewesen auch sehen kann, und die abendländische Kultur als eine unendliche Erstreckung. Die Frage, ob der Raum relativ oder absolut sei, ist im Letzten eine philosophische Frage, auch eine erkenntnistheoretische Frage, die, wenn man die ganze Geistesgeschichte sich anguckt, mal so mal so beantwortet worden ist. In dem berühmten Briefwechsel Clarke-Leibniz meine ich, dass beide … dass keiner siegt, dass beide gute Argumente bringen und dass man wahrscheinlich eine andere Ebene überhaupt erst einmal erreichen müsste, um sich dieser Frage sinnvoll zu nähern.
Man findet die Vorstellung, dass der Raum selber eine eigene Wirklichkeit hat in vielen Kulturen. Man findet diese Vorstellung auch in der abendländischen Philosophie, etwa bei Giordano Bruno, der zwar nicht im Sinne einer direkten Gleichsetzung, aber doch im Sinne einer Zusammenführung wenigstens implizit sagt: Weltäther ist Weltraum. Also die Vorstellung des Äthers, also einer Ursubstanz, feinstofflichen Ursubstanz, die im Raum sich befindet oder der Raum selber ist, beantwortet Bruno dahingehend, dass er sagt: Diese feinstoffliche Ursubstanz, der Äther, ist im Grunde genommen der Raum selber. Nun kann man dagegen einwenden: Ja heißt das nicht, den Raum materialisieren? Auch bei Platon gibt es diese Gedanken. Bruno geht ja dann noch weiter, und für ihn [ist] das dann auch letztlich – darüber will ich dann nächste Woche noch sprechen – auch die Weltseele nicht wirklich getrennt vom Weltäther. Also er hat fast eine Gleichsetzung: „Unendlicher Raum = Weltäther = Weltseele“, im Sinne eines konstitutiven Geistprinzips auf dem Grunde der Dinge – also sehr weitgehend. Also, es gibt die Vorstellung, dass der Raum selber ‘ne eigene Wirklichkeit hat. Das würde auch bedeuten, dass er auf eine ganz eigene Weise die Dinge beeinflusst, auch das, was zwischen den Dingen ist. Und dann auch natürlich – das wäre ja dann der nächste Punkt – dieser Raum müsste dann eine eigene Substruktur haben, eine eigene Struktur oder Substruktur, die auch in irgendeiner Form das, was in ihm passiert, steuert, beeinflusst. Diese Struktur, Substruktur mag auch variabel sein. Dann ist die Frage: „Wovon ist sie abhängig?“. Und … Fragen, die immer wieder so und so beantwortet worden sind, aber die Vorstellung ist nicht gänzlich tot gewesen, sag‘ ich mal, dass der Raum selber eine eigene Wirklichkeit hat. Bei Newton ist das nicht so – ich will das nur noch mal kurz sagen, nur mal geistesgeschichtlich, damit da kein Missverständnis auftaucht: Für Newton ist der Raum deswegen absolut, weil er ein absolutes Bezugssystem der Bewegung darstellt. Nich‘, er sagt: Man kann Bewegung nicht denken, ohne einen absoluten Bezugspunkt. Das ist kritisiert worden von Leibniz bis hin dann ja bekanntlich zu Einstein und anderen: Das sei unhaltbar. Andere haben dagegengehalten, dass die Argumente Newtons immer noch Gültigkeit haben. Und es ist interessant, wenn man sich die neueren Vorstellungen anschaut der Gleichsetzung von Äther und Raum im Sinne einer Raum-Energie – ich glaub‘, du hast das auch erwähnt, Marco, in deinem Buch –, dann kann man feststellen, dass hier die Vorstellung wieder auftaucht, dass der Raum auf ‘ne andere Weise doch wieder zum absoluten Bezugssystem wird, nich‘. Also überraschend eigentlich taucht plötzlich … wird das quasi rehabilitiert, was Newton gesagt hat, dass es also doch ein absolutes Bezugssystem geben müsste oder könnte. Das ist dann nicht einfach der leere Raum im Sinne des Newtonschen Vakuums, sondern es wäre dann ein Raum, der selber eine innere Qualität hat, mit einer inneren Struktur und in diesem Sinne dann auch absolut wäre. Wobei diese Begriffe natürlich kolossal schwierig sind: Was ist das Absolute und was ist das Relative? Darüber kann man ja endlos reden. Aber im Sinne der Physik erst einmal ist es relativ einfach definierbar, was die Bewegung betrifft. Absolutes Bezugssystem oder pure Relativität der Bewegung, nur feststellbar im Hinblick auf andere Körper, nich’, was ja Leibniz dagegengehalten hat und was ja ein wesentlicher Ansatzpunkt auch der neueren Physik dann war: Es gäbe nur relative Bewegung, eine absolute Bewegung sei gar nicht feststellbar. Also diese Fragen sind sehr aktuell.
Dann, wenn man mal einen Blick jetzt schaut … wirft, etwa auf die asiatische Kultur, da gibt es ja auch, auch in spirituellen Kulturen, religiösen Kulturen, äh, Strömungen ja auch Vorstellung, dass der Raum eine eigene Qualität hat, sehr häufig. Also die Vorstellung des Akasha, die ja etymologisch auch mit Strahlung zu tun hat, liegt dem zugrunde. Also der Raum ist in sich schon so etwas wie Strahlung, nich’, etymologisch soll – das kann ich nicht nachprüfen, ich kann kein Sanskrit, ich hab’ es auch nur gelesen –, dass also Akasha mit Strahlung und Strahlen zu tun haben soll. Also Akasha als eine Vorstellung, als ein Begriff für das, was in der abendländischen Philosophie als „Äther“ bezeichnet wurde, nich’, also Äther. Es gibt ja auch in asiatischer Spiritualität die Vorstellung des Äthers, teilweise ähnlich wie im Abendland, teilweise wieder anders, ganz vereinfacht gesagt einfach die Vorstellung einer letzten Stofflichkeit, also einer letzten feinsten Stofflichkeit, quasi einer Art Urmaterie.
Nicht, so ist das ja auch im 19. Jahrhundert in der abendländischen Physik gesehen worden, etwa bei … wenn Sie die Autoren sich anschauen, die darüber geschrieben haben, ob Maxwell oder Michelson und viele andere … Da ist das ja immer so gesehen wurden, auch verkürzt und mechanistisch so gesehen worden, aber doch in der Grundrichtung ziemlich eindeutig: Der Äther ist eine Art feinste Materie und alle Materialität grobstoffliche Art, also physisch-sinnlicher Art oder auch messbarer Art, wird zurückgeführt auf diesen Äther. Und das hat das ganze 19. Jahrhundert in der Physik beschäftigt: Was ist dieser Äther? Wie kann man den denn sich vorstellen? Und auch da gab es schon Überlegungen, diesen Äther mit dem Raum gleichzusetzen, zum Beispiel von Faraday in seiner Kontroverse auch in diesem Punkt. Er war einer der ersten, soweit ich das weiß, im 19. Jahrhundert, der gesagt hat: Das, was wir als Felder bezeichnen – er hatte ja diesen Feld-Begriff geschaffen, im Grunde ist es eine Art Äther, ich lass das jetzt mal hier so in dieser Unschärfe stehen – ist in gewisser Weise der Raum selber. Also dass diese … was dem elektrischen und magnetischen Wirken zugrunde liegt, was man also als Feldlinien plausibel machen kann, sei der Raum selbst. Nich’, also Maxwell hatte das ganz anders gesehen. Der hat ja dann hydrodynamische und auch im Grunde mechanistische Vorstellungen dann wieder eingeführt, Modellvorstellungen für diesen Äther.
Und man muss natürlich sagen, das erschwert heute die unbefangene Diskussion oder hat sie zumindest lange Jahre erschwert, dass viele, wenn sie „Äther“ hören, von vornherein denken an ein bestimmtes mechanistisches Konzept aus dem 19. Jahrhundert, diese Art Urmaterie, und dass man dieses Konzept für widerlegt glaubt. Man glaubt, dass sei widerlegt. Nich’, dann … wird dann verwiesen auf die berühmten Michelson-Morley-Versuche, auch auf die spezielle Relativitätstheorie und andere Denkfiguren, diesen Äther, das sei nun klar, das stand ja auch in den Physikbüchern, das haben die meisten wahrscheinlich noch auf der Schule gelernt, den Äther gibt‘s nicht, der ist also tot. Nun kann man auch rein physikalisch belegen – das geschieht auch in den letzten 15-20 Jahren mit recht plausiblen Argumenten –, dass das voreilig war. Ich will auf diese Frage im Einzelnen nicht so sehr eingehen, das wäre ‘n Thema für sich, jetzt nur die rein physikalische Vorstellung von Äther, es geht mir hier ja noch um mehr. Also, dass das vielleicht voreilig war. Man kann sagen, dass eine bestimmte Art, eine bestimmte Vorstellung des Äthers fraglos ins Schwanken geraten ist, vielleicht gar widerlegt worden ist, aber nicht der Äther als solcher oder selbst – ganz zu schweigen davon, dass der Begriff auch natürlich im Laufe dieser Jahrzehnte immer wieder mehr oder weniger deutlich auch verwendet wurde, nich‘, du hast es ja auch gemacht, Marco, nich‘. Also Einstein z. B. hat selber den Begriff „Äther“ ja keineswegs fallen gelassen. Es gibt einen Einstein aus dem Jahre 1920, wo er ausdrücklich erwähnt: Wir kommen gar nicht aus ohne den Äther. Nur grenzt er das dann ab von der mechanistischen Äther-Vorstellung des 19. Jahrhunderts und sagt: Dieser Äther ist quasi widerlegt worden. Auch da kann man fragen: Stimmt das überhaupt? Mittlerweile gibt‘s ‘ne Menge von Fragen, die man da stellen müsste und auch gestellt hat. Also stimmt das überhaupt? Aber er sagt: Ohne den Äther kommen wir nicht aus, wir brauchen den Äther.
Und eine Unterströmung hat diesen Äther-Begriff niemals vollständig aufgegeben, auch wenn es natürlich schwierig war, weil es um belastete Begriffe geht. Nich’, wenn man „Äther“ sagt, dann denken ja die meisten an Licht-Äther. Nich’, also das muss man ja vielleicht auch noch dazu sagen: Diese Äther-Vorstellung im 19. Jahrhundert war im Wesentlichen von der Frage geprägt: Gibt es ein Medium für die Fortpflanzung zunächst einmal des Lichtes? Nich’, als im frühen 19. Jahrhundert durch Thomas Young, Augustin Fresnel und andere zweifelsfrei bewiesen war, gegen eine lange Tradition, die auf Newton zurückführt, die das angezweifelt hat, dass Licht Wellenqualität hat, jedenfalls in einem wesentlichen Teil Wellenqualität hat, dann kam sofort die Frage auf – und das hat zunächst auch diese Vorstellung blockiert – Was, wenn das so ist? Wenn also eine Lichtquelle sich mit so rasender Geschwindigkeit pro Sekunde in winzigsten Bereichen bewegt, was ist das für eine Substanz, was ist das quasi für ein feinstoffliches Material, was das überhaupt aushält? Nich’, da gab’s ja dann Modellüberlegungen im 19. Jahrhundert: Was ist denn der Äther? Er hat die Feste eines ganz dichten Stoffes und zugleich hat er eine ungeheure Elastizität. Er ist ein Gas und ein fester Körper gleichzeitig. Das Ganze war verwirrend und wenn man die Diskussion im 19. Jahrhundert verfolgt, dann kann man das auch noch mal nachvollziehen, es war ein großes Rätsel. Was ist dieser mysteriöse Äther? Die einen sagten: Gut, das ist das Medium der Lichtwellen, dann später auch als Medium des Elektromagnetismus vorgestellt, aber es blieb ja die Frage: Was ist denn das eigentlich? Die Frage wurde nich’ zufriedenstellend beantwortet, sie war ein quälendes Rätsel.
Max von Laue, der ja auch hier lange Jahre an der Universität … hier an der Berlin-Universität gelehrt hat, meinte, diese Äther-Theorie sei etwas Quälendes gewesen. Und es gibt einen berühmten Vortrag von Max von Laue, wo er sagt: Er fühlte sich befreit durch die Relativitätstheorie, weil sie uns alle von der Last dieser quälenden Theorie, von diesen ganzen Fragen mit einem Schlage befreite. Nun kann man natürlich sagen: War das wirklich ‘ne Befreiung? Denn wo ist man dann gelandet, wenn man jetzt mal ‘n Moment das weiterdenkt. Man sagt: Gut, es gibt also ein feinstoffliches Medium, darin schwingt das Licht. Diese Qualitäten dieses Mediums sprengen alles, was wir uns vorstellen können. Wie ist das möglich: rasende Geschwindigkeit – nicht nur die transversalen Wellen, die sich schnell bewegen, auch die mit ungeheurer Geschwindigkeit auf kleinstem Raum hin und her schwingen. Was ist das für eine Substanz? Die kann nicht materiell sein, und doch soll sie irgendwie materiell sein. Wenn man sagt „Das gibt’s gar nicht“, wo landet man dann? Dann müsste man sagen: Was da schwingt, ist quasi das Nichts. Das ist der nächste Schritt. Also man sagt: Das ist kein Etwas, was schwingt, sondern das ist das Nichts, was schwingt.
Nun kann man natürlich von unserem naiv-realistischen Grundverständnis dieser Dinge fragen: „Was soll das sein?“ Nun wird danach häufig nicht mehr gefragt, weil das funktioniert, das ist mathematisierbar, experimentell ist das belegbar. Man muss die Frage nicht mehr stellen, viele stellen sie auch nicht mehr, aber sie bleibt ja trotzdem, finde ich, nicht nur für einen ontologisch interessierten Philosophen aufregend: Was schwingt da eigentlich? Ist es eine andere Form von Feinstofflichkeit, eine Feinst-Stofflichkeit, die sich jeder denkbaren Physik entzieht? Jedenfalls was ihre Eigentlichkeit betrifft, in ihren Wirkungen ja nicht. Oder ist es der Raum selbst? Dann wäre also das Licht eine Schwingung des Raums selber, im Sinne einer Schwingung des Vakuums, einer Schwingung des leeren Raums. Also auch schwindelerregende Perspektiven, die sich da auftürmen. Dann ist man ja sofort bei der Frage: „Hat dieser leere Raum auch bestimmte eigene Qualitäten? Die müsste er ja haben, sonst könnte er gar nicht der Träger von Licht sein. Nicht, das ist ja klar, es kann ja nicht … schlechterdings nicht etwas schwingen und dieses, was da schwingt, kann … könnte keine Beziehungen haben zu dem Medium, auch wenn dieses Medium purer leerer Raum ist. Also da müsste man sagen: Dieser leere Raum selber ist befähigt, auf irgendeine rätselhafte Weise gleichsam zu fluktuieren – dann wär‘ er ja doch eine Art von Stoff –, um dann Licht hervorzubringen. Also wo landet man dann? Dann landet man erst einmal bei einem ungeheuer schwierigen Feld, das, wenn man sich darauf einlässt, einem erst einmal die Nächte rauben kann. Weil, das ist denkerisch kaum zu fassen, das ist auch sagen wir mal physikalisch- experimentell zunächst einmal nicht zu fassen. Es gibt auch eine ganze Reihe von Experimenten, aufgrund deren man schließen kann, dass der Raum tatsächlich auch über das hinaus eine eigene Qualität hat. Aber es bleibt trotzdem ein Rätsel. Das ist die Frage, um die es geht: Hat dieses Nichts, der leere Raum eine eigene Qualität, und wenn ja, wie sieht diese Qualität aus? Das ist die Frage. Ist sie vielleicht – jetzt zurück zu Faust, Mephistopheles – ist diese Qualität vielleicht im Sinne des Plenums, das Mephistophelische Nichts, der eigentliche Wirklichkeitsgrund? Ist das sozusagen die Matrix, aus der alle materiellen Phänomene, auch physikalisch messbare Schwingungen, hervorgehen? Nicht, wäre ja möglich. Sozusagen die Grundmatrix, aus der alles dann hervorgeht. Und dann ist die nächste Frage: Wie geschieht das? Wie tritt denn das … die physisch-sinnliche Welt, auch die physikalisch messbare Welt aus diesem Urgrund in die Sichtbarkeit? Was passiert da? Und dann ist man wieder bei der Frage, die vielleicht noch zusätzlich Verwirrung stiften kann, nach der Frage der Kausalität. Gibt es da eine Kausalität oder müssen wir in gewisser Weise resignierend sagen, diese Vorgänge sind akausal, sie entstehen einfach so, das sind Fluktuationen, die nicht kausal zurückzuverfolgen sind. Auch das ist ja seit 70 Jahren eine heiße Diskussion: die Frage der Kausalität, ich hab‘ mich dazu auch schon geäußert. Häufig wird da Kausalität und Determinismus einfach gleichgesetzt, was etwas anderes ist, aber die Frage bleibt. Wenn … Wie geschieht es? Wie entsteht die physisch-sinnliche Welt … wie entsteht die physikalisch messbare Welt aus diesem Urgrund? Und das ist die Frage nach der Raumenergie.
Ich mal ‘ne kleine Pause. Ich hab’ erst mal so den Horizont ‘n bisschen eröffnet, denke ich mal. Und … sagen wir mal 10 Minuten, ja.

Was übrigens die Literatur zu dieser Frage betrifft – ich habe mich gerade hier in der Pause mit Marco Bischof darüber unterhalten – so ist … es gibt da als Gesamtüberblick relativ wenig als Buch. Im Sinne eines sprachlich-gedanklichen Elaborats wenig befriedigend, aber doch interessant in der Materialfülle – das ist auch aufm Literaturverzeichnis drauf – das ist ein englischer Biologe übrigens, kein Physiker, Biologe, John Davidson „Das Geheimnis des Vakuums“, das heißt im Original „The Secret oft the Creative Vacuum. Man and the Energy Dance“, Deutsch „Das Geheimnis des Vakuums. Schöpfungstanz, Bewusstsein und freie Energie“ und dann ein Untertitel, der mit dem Buch nur bedingt etwas zu tun hat „Die neue Physik in mystischer Sicht … aus mystischer Sicht“ – das trifft das Buch gar nicht, das ist auch wahrscheinlich nur aus verlagspolitischen Gründen so genannt worden. Also da haben Sie einen Gesamtüberblick dieser Fragen, soweit sie sich im Bewusstsein von John Davidson darstellen, auch zur Frage „Was ist Äther?“, „Was ist Vakuum?“ und auch zur Frage der sogenannten freien Energie – das will ich nur am Rande behandeln, denn das wäre ein Thema für sich und übrigens ein sehr schwieriges Thema, man müsste da sehr in die Details hineingehen. Ich will nur das zunächst mal als Stichwort nennen, dass es nicht einfach so im Raum stehen bleibt. Vielleicht dann noch erwähnt das Buch von Marco Bischoff über Biophotonen im Verlag Zweitausendeins, was ich gerade lese, was ich hochinteressant finden, und da hat er in dem Schlussteil, nich’, im Schlussteil is‘ eine ausführliche Darstellung auch dieser Äther- und Vakuumvorstellungen von Planck, nich’, Planck. Also sehr zu empfehlen: „Biophotonen. Das Licht in unseren Zellen“. Ich hab’ gerade mit Marco Bischof ausgehandelt, dass er im Frühjahr einen Gastvortrag darüber hier halten wird, also über die Frage der Biophotonen. Also auch da findet man einen guten Überblick, das ist ja nicht das Hauptthema des Buches, aber er ist da, dieser Überblick ist da. Und dann ein nächstes Buch, das kommt erst im Herbst von mir raus dann, beschäftigt sich auch mit dieser Frage, aber noch weiter, auch philosophisch-erkenntnistheoretisch. Untertitel des Buches steht schon fest, der Haupttitel noch nicht „Weltseele, Weltäther, Raumenergie“ ist der Untertitel, soll September – Oktober 99 erscheinen. Und das nur vorab, ich werde das dann noch rechtzeitig bekanntgeben.
Was die Frage betrifft der Struktur oder Substruktur des Vakuums, so muss man in dem Zusammenhang noch einen wichtigen Punkt hier anführen. Nämlich die eigentlich quälende Frage der sogenannten ursachelosen Perpetualbewegung, ich erklär das gleich, was gemeint ist. Wir haben doch in dem naiv-realistischen Verständnis die Vorstellung, dass etwas, was bewegt wird, durch eine bestimmte Kraft oder Energie – ich sag das mal jetzt ganz unscharf – bewegt wird, dass es nicht einfach so, quasi aus dem Nichts heraus, bewegt wird. Und die Frage ist immer wieder gestellt worden: Wie kommen zum Beispiel die Mikrobewegungen der Elementart… also die Bewegungen der Elementarteilchen zustande? Das weiß keiner. Man weiß nur, dass hier eine rasende Bewegung vorliegt, man weiß aber im Grunde nicht, wie ist diese rasende Bewegung entstanden? Und vor allen Dingen, wie wird sie denn ständig aufrechterhalten? Und das finde ich ganz interessant, auch bei dem Davidson, der das mehrfach anführt als eine große Frage: Was verhindert denn quasi unaufhörlich, dass die Elektronen in den Atomkern hineinstürzen? Es muss doch eine ständig diese Bewegung aufrechterhaltende Energie vorliegen. Das wird in der Quantentheorie im strengen Sinne nicht behandelt, das gilt als ein letztlich nicht näher zu bestimmendes Geschehen, als ein akausales Geschehen, das man zwar mathematisch beschreiben kann, das man aber von der Ursache her, von der Kausalität her nicht fassen kann, das man nicht versteht. Also kurz: Was ist die Ursache der unaufhörlichen, ja doch rasenden Bewegung im Mikrobereich? Was passiert da eigentlich? Und da versuchen einige … Zeitgenossen auch, diese Vorstellung ins Spiel zu bringen: Das könnte die Wirkung sein einer ständigen Energiezufuhr aus dem Raum selber, also sozusagen, dass die ständige Manifestierung auch der subatomaren Teilchen quasi aus dem Raum gleichsam „abgesaugt wird“ – ich sag das mal in Anführungszeichen – oder heruntertransformiert wird. Natürlich sind das alles schwierige … auch Metaphern, was heißt hier „heruntertransformieren“? Was heißt da „hereinsaugen“? Und dann immer die Frage „Wie geschieht das denn überhaupt?“
Nicht, das ist ja die … Man sagt zwar, energetisch-chemische…, also ein Perpetuum Mobile ist unmöglich, aber faktisch ist es so, dass im Mikrobereich mehr oder weniger ein Perpetuum Mobile unterstellt wird. Ja nicht nur dort, eigentlich auch in den Bewegungen der Gestirne wird mehr oder weniger eine Art Perpetuum Mobile unterstellt, denn es gehört ja zum Zentralen der Bewegungslehre ja auch seit Newton, dass die Gestirne ja keiner sie fortwährenden antreibenden Kraft mehr bedürfen, sondern einmal in Gang gesetzt, läuft das Uhrwerk immer weiter. Da ist die Frage, warum ist das so, was ist denn diese Trägheit, ob sie nicht eine eigene Energie ist. Das sind also Fragen, die in dem Zusammenhang gestellt werden müssen. Also die Frage, was ist die Ursache der Bewegung überhaupt und die Ursache… im Speziellen, die Ursache im Mikrobereich? Denn wir selber haben ja in unserer eigenen Leiberfahrung die Vorstellung, dass wir die Bewegung kraft eines Willensimpulses vollziehen. Nicht, wir fühlen uns ja nicht als Automaten. Auch das ist ja eine interessante Frage, einige Neurophysiologen sagen ja, wir sind doch Automaten, wir glauben bloß, wir hätten einen freien Willen, mit dem wir in irgendeiner Form eingreifen können. Und dann muss man ja fragen, warum können wir dann das? Wieso können wir – unterstellt, es ist so – mit dem freien Willen – wenn er denn frei ist – auf unseren eigenen Leib einwirken, da haben wir also eine Bewegungsursache, einen Willensimpulses, nich‘, dem der Körper gehorcht in irgendeiner Form. Und wenn man das überträgt auf den Mikrobereich, dann könnte man ja so weit gehen, einige machen das auch, eher die Minderheit, aber es geschieht, dass man sagt, da ist auch eine Art von Willen. Also auch im Elementarteilchenbereich gibt es einen rudimentären Willen, der letztlich auch mit Bewusstsein zu tun haben müsste, wenn man nicht, im Sinne jetzt der Schopenhauerschen Willensphilosophie, den Willen einfach als blinden Drang bezeichnet. Das wäre dann wieder was anderes. Also dann kommt die Frage nach dem Bewusstsein automatisch ins Spiel: Was hat dann das zu tun mit Bewusstsein, auch mit einer möglichen Steuerung von Bewusstsein und Materie? Also das sind extrem schwierige Fragen, die … vielleicht das Allerschwierigste überhaupt ist ja in dem Zusammenhang die Frage nach dem Bewusstsein.
Ich hab‘ etwas angedeutet, was ich noch kurz ergänzen möchte, weil ich‘s interessant finde, wenn auch nicht in Gänze überzeugend, so doch sehr interessant, diese Vorstellung vom … von den Anthroposophen, die sie zum Teil übernommen haben aus der sogenannten projektiven Geometrie des 19. Jahrhunderts, die Vorstellung nämlich vom Äther-Raum oder vom Gegenraum. Ich will das ganz kurz andeuten, weil es ‘ne Denkfigur ist, der man mal nachgehen kann, auch wenn man sagt, das ist nicht haltbar. Steiner hat das angedeutet, andere haben das weiter ausgeführt. Ich hab’ hier ein eines Engländers, eines Mathematikers und Physikers, mit dem schlichten Titel „Grundfragen der Naturwissenschaft“, Georg Adams (19 … 1894-1963), der in mehreren seiner Schriften sich mit diesem Gedanken beschäftigt hat, ob es noch einen quasi zweiten Raum gibt? Es gibt also den physischen Raum, den sinnlichen Anschauungsraum und es gäbe einen zweiten Raum, quasi einen Äther-Raum. Also nicht jetzt Raum-Äther, sondern Äther-Raum, nicht.
Wir haben, ich darf noch einmal daran erinnern, wir hatten den Ätherbegriff ja versucht ein bisschen zu fassen im Hinblick auf die Naturwissenschaft primär als Licht-Äther im 19. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert dann eher gedacht als Raum-Äther, also als eine Art Identität von Äther und Raum. Und hier nun der Äther-Raum, also die Umkehrung. Was ist gemeint? Die Anthroposophen beziehen sich da auf bestimmte Entwicklungen der Mathematik und Geometrie des 19. Jahrhundert, denken die aber in einer sehr eigenwilligen Weise weiter. Ich geb‘ das einfach nur mal zu Gehör und lass das mal so stehen. Ich finde das interessant, ich sag‘s noch mal, wenn auch nicht in Gänze wirklich überzeugend.
Adams glaubt, dass man auch dem Raum selber – und das ist zunächst verblüffend – eine polare Struktur zuordnen muss. Es gibt also eine innere Polarität des Raums selbst, es gibt eine zentrische Tendenz, also eine zentripetale Tendenz, die sich primär festmacht in der Gravitation, also im Zusammenziehenden, in der Kontraktion, die auf einen Punkt zielt. Und es gibt eine eher expansive Tendenz, eine Nach-Außen-Bewegung. Es gibt also eine Doppelbewegung, eine Nach-Innen-Bewegung, kontraktiv, und eine expansive Bewegung, nach außen. Das eine strahlt nach innen, das andere nach außen. Nach innen strahlen die Dinge, auch im gravitativen Sinne und ballen gleichsam zu festen Körpern zusammen. Die Schwere, die Trägheit, die Festigkeit der Materie ist auf diese zentrischen Energien, nach Steiner, zurückzuführen, während die Lebensprozesse und alles, was jenseits der puren Stofflichkeit sich bewegt, auf Prozesse zurückzuführen sind, die er mit dem sogenannten Äther-Raum verbindet. Das ist ein Gegen-Raum, wie er sagt, der nicht mehr dreidimensional, physisch begreifbar ist, wo auch die Kategorien im üblichen Sinne nicht mehr greifen. Er ist unendlich – und das erinnert ja ein bisschen an die moderne Kosmologie –, aber gleichzeitig ist diese Unendlichkeit nicht einfach ein Immer-Weiter. Nich’, also im Sinne der naiven Vorstellung von Unendlichkeit: Es geht immer weiter. Sondern die Unendlichkeit ist hier eine qualitative Unendlichkeit, bezogen … verstanden als eine unendliche Ebene, nich’, das kann man geometrisch-logisch zeigen, dass also eine Kugeloberfläche, die unendlich ist, mathematisch-geometrisch quasi eine Fläche ist, eine Ebene. Nich’, sozusagen in ihrer extremsten möglichen Ausdehnung in die Unendlichkeit hinein wird diese Kugeloberfläche zu einer Ebene. Und das greift der Steiner auf und interpretiert das spirituell, auch philosophisch, und das nennt er die Äther-Kräfte, die sozusagen von außen auf die Materie einwirken. Und so meint er, dass die ganze physisch-sinnliche Welt, auch die lebendige Welt, sich als eine Zwischenwelt bewegt, eine rhythmisch durchpulste Zwischenwelt zwischen den zentrierenden Kräften und den eher aus dem Äther kommenden Kräften. Und das sei ein eigener Raum, das ist jetzt für uns wichtig, für den Zusammenhang. Also es gibt einen Raum, einen Äther-Raum, im Gegensatz zum physischen Raum. Ich lese mal eine kurze Passage hier vor diesem Mathematiker und Physiker Georg Adams aus einer Abhandlung, glaube ich aus den fünfziger Jahren. Nur dass Sie das mal gehört haben. „Wir wollen nun annehmen, dass der Erdenplanet als Ganzes“ – also anthroposophisch – „sowohl physischer als auch ätherischer Natur ist.“ – Also es gibt eine unsichtbare Erde. – „Er besitzt nicht nur ein Gravitations- sondern auch ein Levitationsfeld.“ – Also auch eine antigravitative Kraft, beim Aufstieg des Wassers in den Pflanzen wirkt eine Art von Antigravitation. – „Er besitzt nicht nur ein Gravitations- sondern auch ein Levitationsfeld. Er besteht nicht nur aus anorganischer Materie. Die Erde als Ganzes ist ein Lebewesen.“ – Hier lange vor der Gaia-Theorie gesagt. – „Die einzelnen Pflanzen, die auf ihr wachsen, sind wie Organe eines größeren, differenzierten Organismus‘.“ – Oder in der anthroposophischen Terminologie: Die Erde hat nicht nur einen physischen Leib, sie hat auch ihren Ätherleib. – „Wir erhalten ein vollkommen klares Bild vom Charakter des ‚Levitationsfeldes des Planeten‘, wenn wir uns vorstellen, dass der unendliche Punkt des ätherischen Raumes“ – jetzt sehr schwer nachzuvollziehen auch die Logik, die hier drin steckt, die ist in sich konsequent, ob man sie für richtig hält, ist ‘ne andere Frage, aber das ist an sich stimmig, in sich stimmig. „… dass der unendliche Punkt des ätherischen Raums im oder nahe dem Erdmittelpunkt liegt, und dass die archetypische und krafterfüllteste Levitationsebene in der unendlichen Himmelskugel liegt.“ – Es gibt also … Der Erdmittelpunkt hat zweierlei Qualität in dieser Vorstellung: Er ist auf der einen Seite das Zentrum der gravitativen, der zentrierenden Kräfte und auf der anderen Seite ist er ein Punkt, in dem sich die Ätherkräfte von außen, die hereinströmen, bündeln. „Wir machen eine doppelte Zuordnung. Genau da, wo der allgemeine Gravitationsmittelpunkt der physischen Kräfte liegt, befindet sich die Unendlichkeit, gleichsam die ideale Leere der ätherischen Kräfte, während andererseits in den fernen Himmelswelten, in demjenigen, was vom physischen Raum aus betrachtet wie die unendliche Leere aussieht“ – nich’, der Horror Vacui, die Angst vor der Leere, die ja auch die moderne Kosmologie ausgezeichnet hat seit dem 17./18. Jahrhundert immer weiter, dieser Abgrund des Raumes, der nie endet. Also „… was wie die unendliche Leere aussieht, sei die Urquelle der ätherischen und ebenenhaften Kräfte, die alle übrigen ebenenhaften Gebilde vom Erdmittelpunkt weg nach oben und nach außen ziehen.“ – Das ist übrigens eine … nebenbei gesagt eine Denkfigur, die man in der Naturphilosophie Schellings findet, nich’, das Licht, das Lichtwesen als eine quasi antigravitative Kraft. Hier wird zwar Schelling nicht erwähnt, aber wenn ich richtig das weiß, geistesgeschichtlich, stammt das in der Form eigentlich von Schelling. „Wir wollen die zwei sich gegenseitig durchdringenden Gedanken nebeneinanderstellen.“ – Jetzt also das allgemeine Gravitationszentrum der physischen Kräfte und die allgemeine Levitationsebene der ätherischen Kräfte usw. Also man muss das hier nicht im Einzelnen vertiefen, das würde viel zu weit führen, ich will das nur Ihnen mal vorgeführt haben. Es gibt also hier den Gedanken, dass es nicht nur eine Art Raum-Äther gibt, der mit dem Raum … also eine Feinst-Stofflichkeit, die mit dem Raum identisch ist, sondern auch eine Art Äther-Raum, und zwar im Grunde unendlich viele Äther-Räume, weil jedes Lebewesen, soweit wird dann gegangen, eine Art eigenen Äther-Raum hat. Gut, also das sind Vorstellungen, die sehr weit reichen, die auch ins Spirituelle gehen. Man kann ja auch sagen, es geht ins Spekulative hinein. Aber man ist natürlich bei der Frage nach dem Raum immer in einem Grenzbereich – das darf man niemals vergessen. Also, man ist in einem sehr subtilen Grenzbereich, wo der Zusammenhang von sagen wir mal Naturwissenschaft, im traditionellen Verständnis, Metaphysik und Spiritualität ganz eng ist. Nich’, das ist also … das fluktuiert von einer zur anderen Seite, das ist ganz dicht beieinander. Schon die Frage überhaupt, was der Äther sein könnte, wenn er denn existiert, lässt sich gar nicht unmittelbar nur und gleichsam pur physikalisch klären und plausibel machen.
Bevor ich da weiter gehe, noch zu diesem Stichwort, was im Titel ja der Vorlesung auftaucht, damit das nicht einfach jetzt so stehen bleibt: „Freie Energie“. Das ist ein schwieriger Begriff von mir absichtlich in Anführungszeichen gesetzt. Kurz gesagt: Es geht um den Gedanken, dass es möglich sein müsste, was auch verschiedentlich von Physikern als möglich hingestellt wird, dass es möglich sein müsste, diese Energie des Raums physikalisch-technisch anzuzapfen. Nich’, dass man sozusagen diese Raumenergie, wenn es sie gibt in dieser Form, technisch nutzen könnte. Warum soll man die nicht technisch nutzen können? Und ich hab‘ mich ‘n bisschen damit beschäftigt mit diesen … auch diesen technischen Fragen, bin da bis zum heutigen Tage unsicher und habe bisher – das mag an meiner mangelnden Kenntnis liegen – bisher noch nichts wirklich Überzeugendes gefunden, was dahin führen könnte, dass das wirklich möglich ist. Das wird verschiedentlich behauptet, es gibt mittlerweile ‘ne ganze Reihe von Persönlichkeiten heute, die meinen, diese freie Energie sei schon gefunden, es gebe schon technische Verfahren, wie man diese Energie einsetzen und kontaktieren kann – quasi unbegrenzte Energie, also keine in irgendeiner Form verfeuerte Energie, keine traditionelle Energieumwandlung, sondern etwas, was man sozusagen direkt anzapft, gleichsam Steckdose in den Raum, ins Vakuum und du hast ein … du bist immer am Strom, ne. Also das, ich sag‘s noch mal, das mag meiner unzureichenden Beschäftigung geschuldet sein, will ich gerne zugestehen, mag auch sein, dass man dann noch viel praktischer, direkter da reingehen müsste, man müsste im Grunde genommen, wenn man darüber, ich sag mal, seriös reden will, müsste man selber diese Experimente machen. Man müsste dahin gehen zu den Leuten, man müsste sich das vorführen lassen, man müsste das durchdenken, man müsste alle möglichen Fehlerquellen ausschließen – ein Riesenaufwand! Ich kann das … hab’ das nun hier aus der Literatur entnommen und bin da sehr skeptisch – wohlwollend skeptisch – nicht in dem Sinne, dass ich sage, das ist unmöglich, aber bisher ist es mir noch nicht so plausibel gemacht worden.
Nun könnte natürlich sein, dass das ohnehin ständig geschieht, wenn es denn so geschieht, dass etwa diese rasende Bewegung im Mikrobereich ja ständig gespeist wird aus dieser Energie, insofern ja diese freie Energie sowieso ständig am Wirken ist. Dann wäre es ja nur noch ein Schritt weiter, sie auch tatsächlich anzuzapfen. Und verschiedentlich kann man dann in der Literatur lesen, dass das nicht schon viel bekannter sei, sei aufgrund der massiven Gegnerschaft der Energiewirtschaft zu erklären, weil die natürlich kein Interesse daran haben kann, naheliegenderweise, an solchen Techniken, an solchen technologischen Verfahren, dass man diese sogenannte Raumenergie tatsächlich kontaktiert. Also ich sage es mit aller Vorsicht und wollte es aber auf jeden Fall als ein Stichwort auch gebracht haben. Aber da … um da nicht nur sagen wir mal dilettantisch obenhin zu reden, müsste man dann, ich sag‘s noch mal, ins technische Detail gehen. Und was ich da nachvollziehen konnte aus der mir zur Verfügung stehenden Literatur, lässt einfach kein klares Urteil zu. Also ich weiß einfach nicht.
Das ist genauso die Frage der Levitation oder der Antigravitation, nich’, es hat ja verschiedentlich auch in privaten Fernsehsendern Dokumentationen gegeben, unter anderem ein rasend beschleunigter Supraleiter abgekühlt bis zum absoluten Nullpunkt, wo dann gemessen wurde, dass effektiv eine Schwereminderung vorhanden gewesen sei. Das kann man, wenn man das nur von außen sieht, schwer beurteilen, könnte möglich sein. Und da ist man also an einen Punkt geraten, wo man dann einfach Schwierigkeiten hat, also wenn man da überhaupt was zu sagen will. Ich bin da wirklich sehr zurückhaltend, will nicht sagen, das ist unmöglich, das glaube ich eigentlich nicht. Aus vielen Gründen glaube ich, dass das möglich sein müsste, aber ob es so gelungen ist, wie es behauptet wird, weiß ich nicht. Ganz zu schweigen davon, dass natürlich auch immer wieder Behauptungen auftauchen, die auch dann durch Videos belegt werden oder worden sein sollen – ich hab’ so ein Video noch nie gesehen, dass einzelne Menschen durch … mittels bestimmter Meditationstechniken sich vom Boden erhoben haben, also Levitation. Gerade ein guter Bekannter von mir, der hat meine Skepsis zwar in allen Ehren gehalten, aber sagte, du kennst nich‘ diese Videos, es ist dokumentiert. Also ich hab’ die Videos nie gesehen, will das auch nicht jetzt einfach ins Lächerliche ziehen, auf der anderen Seite auch mich da nicht so rein begeben. Ich will nur sagen, da kommt man an eine Grenzzone bei diesem ganzen Thema, und da muss man sehr zurückhaltend sein, nun auch nicht zu zurückhaltend, denn das bringt auch nichts, aber es ist schwierig. Ich will das auf jeden Fall erwähnt haben, also die Frage einer möglichen Antigravitation in diesem Sinne wirklich zu belegen, ist schwierig. Es müsste möglich sein, ich sag‘s noch mal, wenn Schwere das ist, was ich vermute und was man auch plausibel machen kann. Also ich äußere mich dann auch in dem Buch, was dann kommt im Herbst, auch verschiedentlich zu dieser Frage, aber lass diesen Punkt dann im Letzten dann in der Schwebe, also was es wirklich mit der Antigravitation auf sich haben könnte.
Also noch mal auf den Punkt gebracht das … die Thematik: Wir sind jetzt bei der Frage „Hat der Raum selber als solcher eine eigene Qualität, eine eigene Struktur, dass wir sagen können, es gibt eine Art Raum-Äther vielleicht sogar eine Art Raumenergie. Und wie kann man das physikalisch denken? Wie kann man das überhaupt denken? Wie kann man das auch plausibel machen? Wie kann man das verifizieren?
Nun gibt es ja in der Physik auch des 20. Jahrhunderts verschiedentlich Überlegungen in diese Richtung. Das deutet ja auch diese kurze Paraphrase und das Zitat aus dem Spiegel-Text an, dass auch in der Vorstellung der Quantentheorie ja der Gedanke immer wieder ventiliert wird, in einigen Strömung der Quantentheorie, dass eigentlich der Raum selber ein vibrierendes Etwas sein müsste, von ungeheurer Energie. Stichwort ist hier dann häufig die sogenannte Nullpunkt-Energie. Ich glaub, das ist ein Begriff aus den dreißiger Jahren, bei Marco Bischof habe ich‘s gelesen, dass es also schon bei Planck auftaucht, der Begriff Nullpunkt-Energie des Vakuums, nich’, 1912, und dann bei Nernst, also gemeint ist, dass auch, wenn ich aus einem Raumteil quasi alles entferne, was man entfernen kann – ich nehme nicht nur alle Materie raus, ich versuche auch, soweit es geht, das Ganze abzukühlen in Richtung auf den absoluten Nullpunkt, ich nehme auch alle Strahlung weg, also dann wäre die thermische Strahlung auch weg, wenn das möglich ist, dann, was bleibt dann? Ist dann sozusagen das absolut Nichts hergestellt, dass Vakuum? Nun könnte man sagen, das geht ja gar nicht. Ich erinnere mich an eine Diskussion, die ich hatte mit einem theoretischen Physiker aus Karlsruhe, der darüber ein Buch geschrieben hat, „Die Entdeckung des Nichts“, Henning Genz, „Die Entdeckung des Nichts“, 1994 erschienen, der das auch vorstellte, und dann sagte ich – das war ein typischer Physiker-Philosophen-Konflikt – „Das sei ganz einfach, durch pures Nachdenken könnte man darauf kommen.“ – „Das ist typisch für euch Philosophen, das ist nicht durch Nachdenken zu ergründen.“ Er sagte, es sei nicht möglich, dieses absolute … ein Raumteil absolut strahlungsfrei herzustellen. Und da habe ich gesagt „Das ist überhaupt kein … das ist doch ganz selbst verständlich. Wie soll es möglich sein?“, hab’ gleich Argumente gebracht. Das ist unmöglich. Da muss ich gar keine Experimente machen. Ich weiß einfach, dass es nicht geht, und zwar nicht apriorisch, im Sinne von Kant, sondern wie soll das möglich sein? Weil, was immer ich entferne aus dem Raum, das letzte, was bliebe, wäre ja zum Beispiel die nicht abschirmbare gravitative Wirkung. Ich müsste ja dann einen … sozusagen einen Hohlraum schaffen, in dem keinerlei Strahlung mehr existiert und auch keine gravitative Wirkung, das wissen wir relativ gut, auch da gibt’s Gegenargumente – ich sag das mit aller Vorsicht, aber wollen mal sagen, es spricht einiges dafür, dass erst mal die gravitative Wirkung nicht abschaltbar ist. Egal was man macht, ob man kilometerdicke Bleiplatten davor lagert, die Gravitation, die Schwerkraft ist immer da. Sie ist also die Kraft, die alles durchdringt, die gesamte Materie. Woraus man schließen kann, dass sie möglicherweise eine masselose Energiestrahlung sein könnte, was auch manche vermutet haben. Also, ich meine, das geht nicht, aber wenn wir das mal gedanklich mal durchspielen, was bliebe dann? Wenn ich also in der Lage wäre, den Raum vollkommen zu entleeren, ich hätte wirklich puren leeren Raum, Vakuum, was bliebe? Nach Newton wäre das – nich’, das war ja auch ein Punkt, Newton-Leibniz, Leibniz bestritt das, sagte, es kann überhaupt kein Vakuum geben, nich’, hat ja auch diese Experimente dann, Torricelli unter anderem, die haben da ja auch ‘ne Rolle dann gespielt. Und Newton sagte, es gibt dieses Vakuum, die Newtonsche Physik ist letztlich ‘ne Vakuum-Physik. Also wenn das möglich wäre, was bleibt dann? Gibt es eine Art von Restenergie? Und das wäre dann die sogenannte Nullpunkt-Energie, also eine Restschwingung, die nicht eliminierbar ist. Und wenn das so ist, was bedeutet das? Und da fängt es nun an, abenteuerlich und aufregend zu werden, wirklich aufregend – Was bleibt dann? Ist das eine … das pure Nichts ist es nicht, das pure Vakuum. Was ist dieses Etwas, was dann bliebe? Und also jetzt mal, wir wissen, ich hab‘s gesagt, es ist nicht experimentell herstellbar, aber mal gedanklich, was bliebe dann? Da wird dann gesagt oder wird verschiedentlich gesagt, was da bleibt, ist eine primordiale, eine Urenergie, eine Urschwingung, die in gewisser Weise den Raum erfüllt, ja der Raum ist. Und dann hat man ausgerechnet – übrigens kam man zu ganz unterschiedlichen Resultaten –, wie groß die Dichte sei. Nich’, das ist ja verwirrend, wer sich damit beschäftigt, dass dann einzelne Quantenphysiker auch ausgerechnet haben, wie dicht das sein soll, nich’, ganz verschiedene Werte kommen dann da raus. Einige sagen, das ist also … in einem Kubikzentimeter ist es so dicht, dass das ganze bekannte Universum da sozusagen, nich‘ erfasst wäre, andere geben ganz andere Zahlen an. Das ist für… erstmal für den … wer das liest, er ist vollkommen verwirrt, was … vor allem: Was ist die Grundlage dieser Berechnungen? Das kann man dann zum Teil nachvollziehen, zum Teil nicht. Es gibt kolossale Widersprüche. Auf jeden Fall wird gesagt: Der Raum selber ist sehr dicht, also hat ‘ne ganz hohe Dichte, und zwar ist diese Dichte viel größer als alles, was wir an Dichte uns vorstellen können, ganz egal, wie sie nun präzise ist. Also der berühmte, vor einigen Jahren verstorbene Physiker David Bohm etwa hat sich mit diesen Fragen auch beschäftigt, hatte, glaube ich, auch ausgerechnet, nicht, gibt auch Zahlen an. Andere geben … Also ganz unterschiedliche Zahlen. Ich wundere mich dann immer wieder in so ‘nem Fall, woher haben sie diese Zahlen? Ich meine, sie haben da bestimmt Überlegungen, aber es sind irgendwie schwindelerregende Zahlen. Auf jeden Fall ist es sehr hoch, mal ganz vorsichtig gesagt, is ‘ne Menge, was da im leeren Raum drin sein soll. Und dann ist sozusagen, um mich jetzt dieses platten Kosmologenjargons mal einen Moment zu bedienen, ist die Materie wie so ein Sahnehäubchen, also ein Begriff, der gerne verwendet wird, wie ein Sahnehäubchen auf diesem Urmeer der Raumenergie, sozusagen das ist nur die Oberfläche der Oberfläche, ja, ‘ne zarte Kräuselung, ‘ne zarte Fluktuation. Und immer wieder wird natürlich, das ist ja naheliegend, das Bild des Meeres verwenden. Nicht, also die einschlägigen Autoren erwähnen immer wieder – und das ist ja auch plausibel –, dass quasi dieser … dieser Oze.. dieses … dieses ungeheure Vakuum voller vibrierender, dichtester Energie eine Art Meer ist, und die Materie ist dann sozusagen Kräuselung der Wellen auf diesem Meer. Und auch was wir als Teilchen empfinden, also als materielles Etwas, sei nur eine Art Wellenkräuselung auf der Oberfläche dieses Vakuum-Meers. Also diese Metapher ist wahrlich sehr naheliegend, sie wird sehr häufig verwendet. Und dann wird gesagt, dass diese Wellen keine … die dort durch das Vakuum rasen, mit einer weit höheren als der Lichtgeschwindigkeit, quasi keine wirklichen Wellen sind und dass hier eine Art Skalarfeld existiert, also kein gerichtetes Feld – da gibt‘s ganz unterschiedlichen theoretische Ansätze in dem Zusammenhang – und auf jeden Fall, dass da etwas … dass das Nichts … dass das Vakuum ein Plenum ist. Das Vakuum ist ein … ist voll, gefüllt, es gibt gar keine Leere. Und dann kommen wir wieder auf die Frage, wenn das so ist, wie entsteht dann Materie überhaupt? Nicht, wieso ist das dann so, dass das wie ein Sahnehäubchen da drauf liegt? Ich meine, auch die sogenannte feste Materie, das ist ja sozusagen physikalisches Allgemeinwissen, ist ja auch nur ein verschwindender Bruchteil der von uns physisch-sinnlich wahrgenommenen Materie, ein Vierzigbilliardenstel ungefähr, also eine winzige Größe ist ja nur die wirkliche Kompaktheit, wenn es diese wirkliche Kompaktheit denn überhaupt gibt. Auf jeden Fall ist das sowieso eine löchrige, eine zutiefst schaumähnliche Geschichte, was wir sinnlich so als harte, undurchdringliche Materie wahrnehmen. Das wäre dann noch der nächste Gesichtspunkt, den man da reinnehmen müsste, dass die Festigkeit ja nur erst einmal für uns physisch-sinnliche Wesen so wirkt, nicht, bestimmte Formen von Strahlung können ja Materie mühelos durchschlagen.
Also, der … um die Frage geht es. Und das ist ein Thema, was zunehmend auch an Aktualität gewinnt, weil es natürlich weitreichende Konsequenzen hat.
Denn wenn es wirklich so ist, dass der Raum selber ungeheuer dicht ist, dann ist das ja horizonteröffnend für die Frage „Was ist denn überhaupt diese Wirklichkeit?“ Also was mich als Philosophen primär interessiert: Was ist die Wirklichkeit? Was ist denn überhaupt wirklich? Und das ist mir ja immer ein Anliegen, das wissen Sie aus verschiedenen Vorlesungen, dass ich versuche, vorsichtig gesagt, einen Unterschied zu machen zwischen mathematisch-theoretischen Konstrukten und Wirklichkeit. Nicht, davor kann ich nicht oft genug warnen, weil ich sehe, dass viele da vollkommen unkritisch da keine Unterscheidung mehr haben. Ich nenn das die Ontologisierung, nich’, also wenn man … bestimmte Sachen lassen sich rechnen, sie lassen sich bis zu einem gewissen Grade auch logisch zirkelfrei darstellen – immer noch die Frage: Sind sie wirklich? Also wenn diese Werte allein, die ja zum Teil behauptet werden, über die Dichtegrade der Raumenergie stimmen sollten, dann ist das ja schwindelerregend! Nich’, das hieße ja … was hieße das für das Wirklichkeitsverständnis? Oder es ist einfach … sind das tote Zahlen, errechnet aus ganz bestimmten Prämissen, die ohne existenziellen Wert sind. Und deswegen habe ich einleitend auch die Leiberfahrung des Raums hervorgehoben. Und ich finde es ungeheuer wichtig, grundsätzlich wichtig, dass man diesen Zusammenhang nie vergisst, dass man immer die Bezogenheit auf die Empirie beibehält, auch wenn ein prinzipieller Empirismus, dass nun alles erfahrungsmäßig fundiert sein müsste, gar nicht durchzuhalten ist. Das ist klar. Keine Theorie kann nur empirisch fundiert sein, das ist unmöglich. Aber man muss diesen Erfahrungsbezug immer beibehalten. Also wenn von Raum die Rede ist, finde ich‘s wichtig, sich immer auch der lebendigen, der konkreten Raumerfahrungen zu vergewissern und da Zusammenhänge herzustellen, um nicht zu schnell abzudriften, sag ich mal, in mathematisch-theoretische Modelle, die dann ontologisiert werden und dann werden sie als Wirklichkeit erklärt. Und das ist ein Verfahren, was sich durch die Jahrhunderte zieht und bis heute – also für mich … ein Musterbeispiel ist für mich Burkhard Heim, der ontologisiert, dass sich die Balken biegen – also sozusagen das geht bis zu einem gewissen Punkt mathematisch-logisch auf, aber das wird dann ontologisiert in einer Weise, wo man sich immer fragen muss, philosophisch-erkenntnistheoretisch: Ist das überhaupt haltbar? Zumal ganz andere Modelle mit ähnlichen logisch konsistenten Überlegungen zu den gleichen Ergebnissen führen. Also wenn gesagt wird, oh Gott, Heim könne die … den Wert der Elementarteilchen zu bis zu sechs Stellen hinter dem Komma angeben, dann ist das … der staunende Laie denkt, das kann doch nicht wahr sein, dann ist das doch alles sozusagen vollkommen stimmig. Man sieht oft gar nicht, man weiß oft gar nicht, auf was für Zirkelschlüssen das beruht, welche Werte eingesetzt werden, dass das überhaupt rauskommen kann. Aber das nur am Rande.
Ich will das grundsätzlich sagen: Bei der Frage nach der Raumenergie sollte die existenzielle Erfahrung – das kann eine denkerische Erfahrung sein über das Ich, das kann aber auch eine meditative Erfahrung sein – niemals außen vor gelassen werden. Ich finde gerade das eine der fatalen Entwicklungen der Geistesgeschichte im Abendland, dass das so radikal auseinandergedriftet ist. Dass also die existenzielle Welt, die Lebenswelt, sich vollkommen abgespalten hat von der, mal vereinfacht gesagt, physikalisch-technisch-abstrakten Welt. Das ist ein Desaster gewesen. Wenn da nicht ‘ne Möglichkeit besteht, da wieder was zusammenzubringen, seh‘ ich gar keine Hoffnung. Ich seh‘ dann auch den … die Frage einer möglichen Raum-Energie, die ich sehr positiv und wohlwollend betrachte, bei aller Skepsis im Hinblick auf einzelne Rechenergebnisse, ich sehe die dann auch gefährdet, dass sie dann auch nur eine neue Form von Abstraktionismus ist, die auch nichts Lebendiges hat. Und das ist mir wichtig bei diesen Fragen, dass diese wirklich lebendige, die existenzielle Dimension dabei beachtet wird. Und das finde ich wieder sehr gut und auch interessant bei den Anthroposophen, bei aller Kritik, die ich da habe, dass sie das zumindest versuchen, dass sie da Ansätze finden, dass auch gedanklich-meditativ zu bringen.
Ich habe Ihnen erst einmal – ich sehe das es Acht ist – einen Gesamtüberblick gegeben in diesem sehr schwierigen, wirklich hochkomplexen Thema. Ich hoffe, dass mir das gelungen ist und, nich‘, gibt ja hier den … Marco Bischoff ist ja hier, der sich da auch mit diesen Fragen sehr intensiv beschäftigt hat. Ich hab’ erst einmal einen Horizont aufgespannt, mehr kann das auch jetzt hier nicht sein, mehr konnte das nicht sein, und ich will jetzt gleich ins Gespräch reingehen.

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