Weltseele als Schlüsselhypothese

Vorlesungsreihe:

Mensch und Erde, Teil IV
Gedanken zu einer neuen Theorie der Natur und des Kosmos

Humboldt-Universität zu Berlin
Sozialökologie als Studium Generale / Wintersemester 1998/99
Dozent: Jochen Kirchhoff
Quelle: YouTube-Kanal Jochen Kirchhoff / Alle Audiovorlesungen Nr. 11

Transkript als PDF:


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Ich habe Ihnen ja das letzte Mal einen Überblick zu geben versucht über die Frage des Weltäthers und über verschiedene Aspekte, die man dabei denken kann, naturwissenschaftlich, kosmologisch, aber auch spirituell – ich will ‘ne kurze Ergänzung bringen, übrigens nicht zur letzten Vorlesung, sondern zu der Vorlesung vor Weihnachten – das wird dich auch interessieren, Johannes [Heinrichs] – ich habe vor ein paar Tagen ein eigenartiges Buch entdeckt, dass von der Zahl 9 handelt. Vielleicht erinnern sich einige, die da waren am 15. Dezember, dass ich ja über Zahlen gesprochen habe, über eine mögliche neue Zahlensystematik, Zahlentheorie, vielleicht sogar Mathematik und dass da in dem Zusammenhang die 3 eine wichtige Rolle spielte, 34 = 81, sie werden sich erinnern, ich hab das erläutert unter anderem im Zusammenhang mit einem Buch des Mathematikers und Chemikers Peter Plichta und nun haben wir das Jahr 1999, für Herrn Plichta wird das wichtig sein, 9 x 9, 81. Und nun ist mir vor einigen Tagen ein englischsprachiges Buch in die Hände gefallen, dass ich, weil ich nicht so die Zeit dafür hatte, nur überflogen habe, ich hab nur einige Kapitel ausführlicher gelesen, „Number 9: The Search fort the Sigma Code“, ein ähnlicher Untertitel. Also das Buch handelt von der Zahl 9. Es gibt viele Parallelen zu Plichta, das wird er nicht kennen. Umgekehrt ist nicht zu ersehen, dass er das Buch von Peter Plichta gelesen hätte. Also er glaubt nachzuweisen, zahlentheoretisch, dass man mithilfe der 9 auch die Primzahlen ableiten kann, dass man mithilfe der 9 das Mandala ableiten kann. Er hat ein 9-Kreuz hier, das ganz verblüffend auch ähnelt einigen Aspekten bei Plichta, also das ist vergnüglich zu lesen, auch humorvoll. Das ist offenbar ein Architekt, der das geschrieben hat, Cecil Balmond, „Number 9: The Search for the Sigma Code“. Und das ist also hochinteressant, was er alles zusammenträgt über die 9. Sie werden sich vielleicht erinnern, dass am Ende dann die Frage auftauchte, einer hatte sie ja gestellt, ob auch die Gestalt der Zahlensymbole etwas zu tun haben könnte mit dem, was die Zahlen bedeuten. Das glaubt hier der Autor Balmond auch nachzuweisen. 9 ist für ihn eine Art Schöpfungsspirale, er stellt das auch ausführlich dar und auch wie die Gestalt dieser 9 auch immer wiederkehrt in ganz bestimmten Spiralformationen in der Natur und auch zahlentheoretisch wird das auf eine, find ich, interessante Weise dargestellt. Ich sag‘s noch mal, ich hab‘s nicht gründlich von Anfang bis Ende gelesen, dazu hatte ich im Moment nicht die Zeit, aber ich hab es in einigen Passagen gelesen und finde es also wirklich hochinteressant. Also auch ein in sich stimmiges und konsistentes Modell, wenn man das so nennen will. Die gesamte Zahlenwelt, Zahlentheorie von der 9 aufzu… aus der 9 zu entwickeln. Kommt natürlich auch vor, die 81, 34 usw. Also nur als ein Beispiel für dieses riesige, weitgehend ja noch unausgeschöpfte, aber wie ich finde hochfaszinierende Feld der Zahlen.

Frage aus dem Auditorium: Wie heißt noch mal der Autor?

Der Autor heißt Cecil Balmond, das ist „Balmond“. Sie können auch gerne in der Pause noch mal reingucken, Cecil Balmond und der Titel heißt einfach „Number 9“. Noch so ganz hab ich nicht verstanden, wie der Untertitel zustandekommt „The Search for the Sigma Code“, also das griechische Sigma „Die Suche nach dem Sigmacode“, auch eine Art Weltstruktur, eine Art Weltkonstituente und … also das wäre was auch für … also wahrscheinlich … vielleicht würde das … Peter Plichta darüber schmunzeln und sagen, das ist ja alles nur halb gedacht, weiß ich nicht. Jedenfalls, es gibt Parallelen und schon das wäre ja ein Indiz dafür, dass es irgendwas auf sich haben muss mit dieser 9 und das sei ihnen also ans Herz gelegt, gerade deswegen vielleicht, weil wir das Jahr 1999 haben, denn 9 x 9 sind 81, kann man weiter in diesem Denken fortfahren, man kann sagen 81, 9 x 9, 1981 ist von 1999 18 Jahre entfernt und das ist die Verkehrung der 81 usw., so kann man da weiter voranschreiten. Sie erinnern sich, ich hatte ja das Bild, die Zeichnung eines Schmetterlings an der Tafel bzw. die Zahlen, die auf den Flügeln des Admirals zu sehen sind, die 18 und die 81 und mag sein, dass die 9, auch 32 oder 34, 81 tatsächlich eine Art konstitutive Potenz darstellt in bestimmten Zusammenhängen, möglicherweise auch kosmischer Natur, wäre immerhin möglich. Ich will das nur als Anregung mal hier nennen. Wen das interessiert, der kann auch gerne in der Pause dann mal hier reingucken. Also Cecil Balmond, „Number 9“.
Ich habe eine Goethe-Zeile hier verwendet für das Thema der Weltseele. Ich bin Ihnen das schuldig, das Gedicht, aus dem diese Zeile stammt, ganz vorzulesen. Ich mach das mal, es ist nicht lang. Das Gedicht heißt „Eins und Alles“ – auch hier der Grundgedanke, das führt schon ins Thema rein, dass eine Art … dass über die Weltseele das Eine und das All, Alles vermittelt werden kann. Hier heißt es in dem Goethe-Gedicht, wo diese Zeile auftaucht am Beginn der zweiten Strophe:

„Eins und Alles

Im Grenzenlosen sich zu finden,

Wird gern der Einzelne verschwinden,

Da löst sich aller Überdruß;

Statt heißem Wünschen, wildem Wollen,

Statt läst‘gem Fordern, strengem Sollen

Sich aufzugeben ist Genuß.“

– Jetzt kommt die Zeile –

„Weltseele, komm‘ uns zu durchdringen!

Dann mit dem Weltgeist selbst zu ringen

Wird unsrer Kräfte Hochberuf.

Teilnehmend führen gute Geister,

Gelinde leitend, höchste Meister,

Zu dem, der alles schafft und schuf.

Und umzuschaffen das Geschaffne,

Damit sich‘s nicht zum Starren waffne,

Wirkt ewiges lebend‘ges Tun.

Und was nicht war, nun will es werden

Zu reinen Sonnen, farbigen Erden,

In keinem Falle darf es ruhn.

Es soll sich regen, schaffend handeln,

Erst sich gestalten, dann verwandeln;

Nur scheinbar steht‘s Momente still.

Das Ewige regt sich fort in allen:

Denn alles muß in Nichts zerfallen,

Wenn es im Sein beharren will.“

Also dies das Gedicht „Eins und Alles“. Es gibt ‘ne ganze Reihe von Gedichten Goethes zu dieser Thematik. In wenigen Gedichten nur kommt der Begriff der Weltseele vor. Wahrscheinlich hat Goethe den Begriff übernommen aus der Naturphilosophie Schellings, den er sehr schätzte und dem er auch eine Professur in Jena verschafft hat, 1798, Schelling war damals 23 Jahre alt und hatte eine Schrift veröffentlicht mit dem Titel „Von der Weltseele“ als Haupttitel und dann als Untertitel – interessanter Untertitel – „Eine Hypothese der höheren Physik zur Erklärung des allgemeinen Organismus“ – ein wunderbarer Buchtitel, sehr präziser Buchtitel, also „Von der Weltseele“, Untertitel „Eine Hypothese der höheren Physik zur Erklärung des allgemeinen Organismus“. „Allgemeiner Organismus“ ist hier fast synonym mit „Weltorganismus“, der hier in gewisser Weise vorausgesetzt wird, dass also die Welt als Ganzes, dass das Universum, der Kosmos als Ganzes eine organische Struktur hat und in diesem Sinne ein Weltorganismus existiert, das setzt Schelling eigentlich voraus. Insofern kann er sagen „zur Erklärung des allgemeinen Organismus“.
Nun will ich hier keine Vorlesung halten über die Geschichte des Begriffs der Weltseele in der abendländischen Philosophie, das würde eine eigene Sache sein, ich will nur einige kurze Andeutungen machen über diesen Begriff und warum ich ihn hier heranziehe. Der Begriff hat eine interessante, aufschlussreiche Geschichte, auch in jenen Phasen, wo er verpönt war. Es gab immer wieder Phasen in der Geschichte des Denkens über Natur, der Kosmologie, der Naturphilosophie, wo der Begriff der Weltseele als ein schlechter, ein falscher, ja als ein gefährlicher Begriff galt. Ich hab das schon erwähnt vor einigen Wochen im Zusammenhang mit dem Briefwechsel von Leibniz und dem Newton-Schüler Samuel Clarke. Der Begriff der Weltseele wird ausdrücklich abgelehnt, und zwar mit einem Argument, was interessant ist, nämlich, es heißt, übrigens bei beiden, bei Leibniz und bei Samuel Clarke: Wer die Weltseele denkt, der vergötzt die Natur, der macht die Natur zu einem Superorganismus und setzt in gewisser Weise diesen Superorganismus, diesen kosmischen Allorganismus, mit Gott gleich, also in diesem Sinne also der Vorwurf des Pantheismus, der ja dann auch im 18. Jahrhundert ‘ne große Rolle gespielt hat im Zusammenhang mit der Wirkung auch von Giordano Bruno, siehe Jacobi, also Spinozismus gleich Brunianismus gleich dann Atheismus. Also diese scharfe Ablehnung bei beiden ist symptomatisch. Und der Begriff der Weltseele war lange Zeit ein … auch in der herkömmlichen Naturwissenschaft eher ein mystischer Begriff, ein unscharfer Begriff, ein Begriff der letztlich ohne wirklichen Erklärungswert war. Und das ist ja der Punkt, den es zu betrachten gilt: Hat der Begriff, hat die Vorstellung einer möglichen Weltseele einen echten Erklärungswert, oder ist es nur ein Wort neben andern, das das Problem bezeichnet, um das es geht, ohne in irgendeiner Form erklärend das Problem aufschlüsseln. Das ist ja ein Thema überhaupt, ich hab das ja mehrfach auch angedeutet, halte es für kolossal wichtig, dass man immer wieder an bestimmten Schlüsselstellen einen neuen Begriff wählt, der das Problem, um das es geht, häufig nur beschreibt, gleichsam festlegt, aber nicht wirklich erklärt. Es gibt viele Begriffe dieser Art, etwa der Begriff „Emergenz“. Das ist ja ein ganz moderner Begriff, der gehandelt wird als ein Begriff von hohem Erklärungswert. Ich finde es einfach ein Wort, was überhaupt nichts erklärt. Wenn doch ein Aufscheinen, ein Auftauchen, ein Sich-Manifestieren aus dem unmanifestierten Grund heraus, quasi spontan, akausal, ohne dass man da des Näheren drüber verhandeln könnte.

Also Weltseele, lange Zeit ein Begriff, der dubios war. Platon hat den Begriff eingeführt in die abendländische Philosophie. Bei Platon ist das einfach die Vorstellung, dass die Welt – in Timaios – die Welt, der Kosmos, bei ihm identisch mit dem Kosmos, der Natur, geschaffen von einem Demiurgen, ein großes Lebewesen ist. Dass die Welt als Lebewesen und die folglich als dieses Lebewesen auch eine allverbindende Seele hat, aber nicht identisch ist mit dem Demiurgen, mit dem Weltschöpfer. Also da stammt der Begriff her, hat dann eine lange Geschichte gehabt über die Stoa, da ist er fast synonym mit dem Begriff des Pneuma, der übrigens für Newton wichtig war, der Begriff des Pneuma, und taucht dann im Neuplatonismus bei Plotin auf und anderen und verschwindet dann wieder und taucht dann nach vielen Jahrhunderten in der Renaissance, im frühen 16. Jahrhundert wieder auf, Vasilo Pecchino(?), Teresio [beide unklar 0:13:58] und anderen, ganz dezidiert dann bei Giordano Bruno, um dann wieder zu verschwinden, einer eigenartigen rätselhaften Fluktuation folgend, um dann 1798 von Schelling wieder aufgegriffen zu werden als ein Schlüsselbegriff, als ein wirklich aufschließender Begriff, um dann wieder für Jahrzehnte mehr oder weniger aus der naturphilosophischen Diskussion zu verschwinden. Das ist sehr eigenartig, wie das kommt, dass es eine Art rhythmische Bewegung gibt mit dieser Vorstellung einer Weltseele. Der Begriff ist da, er wird Jahre, Jahrzehnte diskutiert, dann verschwindet der Begriff, taucht wieder auf. Das ist mit anderen Begriffen genauso. Das ist übrigens ja auch, ich hab das hier angedeutet in dem Buch des Weltäthers, das ist ein eigenartiges Phänomen in der Geistesgeschichte, dass immer wieder manche Konzeptionen verschwinden oder verschwunden zu sein scheinen und dann irgendwann nach Jahrzehnten wieder auftauchen.
Ich will an einigen Sätzen immerhin mal verdeutlichen, wie in der Renaissance Weltseele, speziell hier bei Giordano Bruno gedacht worden ist, was Bruno sagt zur Weltseele. Ich hab mir noch mal die entsprechenden Passagen in dem Buch „Von der Ursache, dem Princip und dem Einen“ angeguckt und versucht, da eine Auswahl zu treffen, um Ihnen zu verdeutlichen, wie das in der brunischen Kosmologie aussieht Sie wissen ja, ich hab das ja dargestellt in meiner Vorlesung über das Eine, dass Brunos Zentralgedanke die Unendlichkeit in der Einheit und die Einheit in der Unendlichkeit ist, und zwar eine Unendlichkeit des Universums, die dem unendlichen, schöpferischen Vermögen der Gottheit entspricht, nach Bruno auch entsprechen muss, weil sonst die schöpferische Potenz des Göttlichen reduziert würde. Also wenn Gott nur eine endliche Welt hätte schaffen können, würde seine unendliche schöpferische Potenz nicht zum Zuge kommen gleichsam, insofern muss es eine unendliche Welt geben. Das ist ein philosophisches Argument, das Bruno neben anderen Argumenten für die Unendlichkeit der Welt anführt. Und ich will das mal an einigen Stellen zeigen, wie Bruno das hier nennt. Zitat aus dem zweiten Teil von „Über die Ursache, das Princip und das Eine“, 1584, und Bruno greift den Begriff aus der Tradition auf und setzt ihn hier in einer ganz bestimmten Weise ein. „Wenn also“, schreibt Bruno, „der Geist, die Seele und das Leben“ – fast synonym in dem Moment – „in allen Dingen vorkommen“ – es gibt überall Geist, es gibt überall Seele, überall Lebendiges, also Bios, Logos und Psyche – „und in gewissen Abstufungen die gesamte Materie erfüllen, so sind sie zweifellos die wahre Wirklichkeit und die wahre Form aller Dinge.“ – wichtig also „Wirklichkeit und die wahre Form aller Dinge“ – „Die Weltseele ist mithin“, heißt es dann, „das formale und konstitutive Prinzip des Universums und aller Dinge, die es enthält;“ – also die Weltseele als formales und konstitutives, man würde vielleicht heute sagen als „organisierendes“ Prinzip des Universums, die Weltseele als das organisierende Prinzip des Weltorganismus, das also … das Form und Gestalt hervorruft, aus dem es … Form und Gestalt hervorquillt – „wenn das Leben sich in allen Dingen findet,“ – davon geht Bruno aus, Stichwort also Allbeseeltheit, das ist kein Animismus in diesem vordergründigen Sinne, wo das auch hineinspielt, also „dann ist die Seele“, also „wenn das Leben sich in allen Dingen findet, dann ist die Seele die Form aller Dinge; sie ist überall die Herrin der Materie und herrscht in den zusammengesetzten Dingen; sie bewirkt die Zusammensetzungen und den Zusammenhalt der Teile.“ – Also eigentlich ‘ne sehr klare und auch einfache Grundaussage: die Welt, der Kosmos, das Universum als gewaltiger Organismus und die Weltseele als das konstituierende, ja konstitutive Prinzip, also das organisierende Grundprinzip der Welt, das damit in gewisser Weise auch einheitsstiftend ist. Denn ich hab ja Ihnen das gezeigt, dargestellt, dass für Bruno beinah die Weltseele mit dem Raum identisch ist und dieser wiederum in gewisser Weise auch mit dem Weltäther. Wenn man dann das genauer liest, stellt man auch fest, Bruno macht Unterschiede, aber es gibt gewisse Aussagen bei ihm, die darauf schließen lassen, dass er das fast als eine Einheit denkt, also Weltäther gleich Weltraum gleich Weltseele gleich Manifestation des Ureinen gleich des Unendlichen. Das klingt so, als ob hier nur verschiedene Begriffe für das Gleiche verwendet würden, da muss man genau differenzieren, das ist schwierig. Das will ich hier im Einzelnen nicht, ich will Ihnen nur erst einmal erläutern, dass die Weltseele ein Universalprinzip ist, das die Welt als Ganzes zur Ganzheit macht, das ihre Gestalt bedingt – vielen Dank, ja.
„Ich sage also, dass der Tisch als Tisch nicht beseelt ist, so wenig wie das Gewand als Gewand und zusammengesetzte Dinge haben in sich Materie und Form“ – diese Dialogform auch oft sehr witzig, heiter geschrieben, im Dialog – „Es mag etwas so klein und winzig sein, wie es will, so hat es doch einen Teil von geistiger Substanz in sich, die, sobald sie ein geeignetes Substrat findet, zu einer Pflanze oder zu einem Tier sich entwickelt, indem sie Glieder eines wie auch immer gearteten Körpers ausbildet, der gemeinhin beseelt genannt wird, denn Geist ist in allem und es gibt kein noch so winziges Körperchen, das nicht genug davon enthielte, um lebendig zu sein.“ – Im Kontext wird dann auch dargestellt: um in der kosmischen Evolution im Hinblick mit dem Telos der Intelligenz, des intelligenten Lebens auch aufzutreten. Also hier ist ganz eindeutig auch schon der Gedanke einer kosmischen Evolution vorgedacht, dass also im Materiellen, in der Physis selber bereits potenziell vorhanden ist, was einst werden kann, also der Keim des organisch Lebendigen und damit auch der höheren Intelligenz und damit auch des Menschen. Das wäre also in diesem Sinne dann eine Art anthropisches Prinzip, wenn man dann diesen Begriff überhaupt für sinnvoll findet.
„TEOFILO. […] Was nun die bewirkende Ursache betrifft, so behaupte ich,“ – Teofilo ist der … das Sprachrohr von Giordano Bruno – „Was nun die bewirkende Ursache betrifft, so behaupte ich, dass die universale physische Wirkursache der universale Intellekt ist,“ – das ist so etwas wie Weltgeist, ganz vorsichtig sagt, also der universale Intellekt ist nicht Intellekt in unserem Sinne, das ist eine Art Weltvernunft, in gewisser Weise auch Logos, das changiert. Also eine Art Weltenlogos wird hier vorgestellt – „dass die universale physische Wirkursache der universale Intellekt ist, der als erstes und hauptsächliches Vermögen der Weltseele zugleich die universale Form des Weltalls bildet.“ – Hier wird also der Geist, der universale Geist als ein Vermögen der Weltseele bezeichnet. Das ist geschuldet der neuplatonischen Tradition, wo der … wo eine Abstufung vorliegt. Und die Weltseele wird hier als Quell des Weltgeists, als Quell des Weltenlogos bezeichnet. In anderen Passagen wiederum hat man das Gefühl, mit „Geist“ und mit „Seele“ sind zwei Prinzipien, zwei Emanationen aus dem Göttlichen.
„Der universale Intellekt“ – also Weltenlogos – „ist das innerste, wirklichste, ureigene Vermögen und der potentielle Teil der Weltseele. In sich gleichbleibend,“ – also der … dieser Weltenlogos verändert sich nicht, er bleibt immer er selber – „erfüllt er das All, erleuchtet das Universum und leitet die Natur an, ihre Arten hervorzubringen, so wie es ihr zukommt. Er verhält sich zur Hervorbringung der natürlichen Dinge wie unser Intellekt zur entsprechenden Hervorbringung der Erzeugnisse des Denkens. Die Pythagoreer nennen ihn ‚Beweger und Antreiber des Universums‘. Von den Platonikern wird er ‚Baumeister der Welt‘ genannt. Dieser Baumeister, sagen sie, tritt aus der höheren Welt, die ganz und gar eine ist,“ – im Wesentlichen ist das hier Plotin, was Bruno hier paraphrasiert – „die ganz und gar eine ist, in die sinnliche Welt ein, die vielfach unterteilt ist und in der nicht nur Freundschaft, sondern – wegen der Trennung der Teile – auch Zwietracht herrscht. Indem dieser Intellekt, ruhig und unbeweglich bleibend, etwas von sich in die Materie ergießt, bringt er das All hervor. Er wird von den Magiern ‚der fruchtbarste der Samen‘ – oder auch ‚Sämann‘ – genannt; befruchtet er doch die Materie mit allen Formen, die er ihrer Art und Beschaffenheit gemäß gestaltet, ausbildet und mit so vielen wunderbaren Ordnungen verwebt, wie sie weder dem Zufall zugeschrieben werden können noch einem anderen Prinzip, das nicht zu unterscheiden und zu ordnen vermöchte. Orpheus nennt ihn das ‚Auge der Welt‘, weil er alles Natürliche von innen und von außen sieht, auf dass sich alles nicht nur innerlich, sondern auch gemäß der eigenen Symmetrie entwickele und erhalte.“ – hoch interessant übrigens an der Stelle ist hier der Symmetriegedanke der hineinspielt – „Von Empedokles wird er ‚Unterscheider‘ genannt – in dem Sinne, dass er niemals müde wird, die im Schoß der Materie ungeschiedenen Formen zu sondern und die Entstehung des einen aus dem Zerfall des anderen zu befördern, Plotin nennt ihn ‚Vater und Erzeuger‘, weil er die Samen auf die Gefilde der Natur ausstreut und der ursprüngliche Verteiler der Formen ist. „Bei uns“ – er meint sich selbst – „heißt er ‚der innere Künstler‘, weil er die Materie von innen heraus formt und gestaltet, so wie er aus dem Innern des Samens oder der Wurzel heraus den Stamm hervor- und emportreibt, aus dem Innern des Stammes die Äste entwickelt.“ Und so weiter. Also der … die Weltseele als das formale und konstitutive Prinzip des Universums, der innere Künstler, der von innen heraus die Materie gestaltet, der von innen heraus der Materie Form verleiht. Auch hier, das sei nur am Rande erwähnt, kann man, wenn man das oberflächlich liest, zunächst meinen, dass Bruno gar keinen Unterschied macht zwischen der Materie und der schöpferischen Potenz der Materie – das hat Bruno ja zunächst einmal zum … für viele zu einem qualitativen Materialisten gemacht. Nich‘, deswegen war er ja auch im Marxismus, Sozialismus relativ beliebt, vor allen Dingen das Werk „Von der Ursache, dem Princip und dem Einen“. Bruno galt als Materialist, wie auch der frühe Schelling. Dabei gibt es verschiedene Aussagen, wo er sich ganz eindeutig von dem Materialismus dieser Spielart abgrenzt und das als Missverständnis hinstellt. Das hat aber nicht verhindert, dass Bruno als Materialist gesehen wurde, übrigens auch noch bis in die Gegenwart hinein, etwa von dem Herausgeber hier dieser Ausgabe, ich glaube 1986 ist das hier. Auch hier im Nachwort wird noch Bruno als eine Art Materialist hingestellt.
Es ist interessant, dass Bruno die Weltseele als Formprinzip bezeichnet. Da folgte er natürlich erst einmal einer alten Tradition, bei aller schroffen Polemik gegen Aristoteles. Aristoteles ist für ihn der Lügner und Sophist und Verdreher schlechten, also sozusagen der, jetzt mal platt gesagt, der Punching Ball für Bruno, an dem er sich unermüdlich reibt, den er also für den großen Verdreher und Verhuntzer und Pervertierer des Denkens hält. Aber gleichwohl ist er denn doch in einigen Elementen von Bruno … von Aristoteles beeinflusst, in dem Sinne nämlich, dass er die Seele als Form und Formprinzip und Formalpotenz bezeichnet. Und das ist ja eine mögliche Interpretation. Ich meine, wir wissen alle, das habe ich ja im Sommer 97 dargestellt, auch im Sommer 98 zum Teil, dass zu den ungeklärten Fragen gehört, wie überhaupt organische Form zustandekommt – Stichwort „Morphogenese“. Das wird besonders dramatisch deutlich an der Embryogenese, aber natürlich überhaupt an der Morphogenese: Wie entsteht organische Form? Nich‘, damit hat ja Sheldrake Anfang der achtziger Jahre Weltruhm erlangt, dass er hier ein Formalprinzip wieder aufgegriffen hat, was in den zwanziger Jahren schon mal kursierte, die morphogenetischen Felder. Und natürlich kann man sagen – das ist gegen Sheldrake immer wieder gesagt worden in den letzten 18 Jahren –, dass auch Sheldrake nur einen Begriff nimmt, ein Wort eigentlich hinsetzt. Er sagt hier „Feld“, er sagt „morphisches Feld“ oder „morphogenetisches Feld“, ein Wort, wo letztlich kein aus der Tiefe gespeiste Wissen vorliegt. Am schärfsten hat das der Biochemiker, im letzten Jahr verstorben, Friedrich Cramer kritisiert, also er ist ein vollkommen … Sheldrake hätte den Begriff des Feldes zur Worthülse verkommen lassen, also ganz radikale Kritik an Sheldrake. Andere haben auch modifiziertere Formen dieser Kritik geäußert. Man kann fragen, ob nicht ein Gran Wahrheit da dran ist, dass hier tatsächlich ein … eine unbekannte Größe mit einem in der Naturwissenschaft eingeführten Begriff versehen wird, sagt man „Feld“, man kann auch sagen „transmaterialer Katalysator“, wenn man den nimmt, dann Begriffe, ohne in der Tiefe zu wissen, worum es sich wirklich handelt. Und es ist naheliegend und schon früh vermutet worden – übrigens auch von mir vermutet worden –, dass man eigentlich den ganzen Sheldrake noch mal neu schreiben könnte, wenn man das Wort „Feld“ ersetzt durch das Wort „Seele“. Also wenn man konsequent jetzt sagen würde, die Sheldrakeschen Felder sind eigentlich nichts weiter als eine Neufassung der alten Vorstellung der Weltseele. Und ich war dann erstaunt in den letzten Jahren, dass Sheldrake selber das durchaus einräumt und verschiedentlich sogar sagt, dass das, was früher Seele war, von ihm nun „Feld“ genannt wird, dass im Grunde das Gleiche gemeint ist, dass also Seele sind Felder, Felder sind Seele. Nich‘, das war in den achtziger Jahren noch in keiner Weise so deutlich, wie das in den letzten Büchern dann der Fall war. Plakativ dann in dem letzten Buch, was von Sheldrake erschienen ist, dieser Gesprächsband, einer der beiden: Matthew Fox, dem Dominikaner … orden angehöre…, dem …den Dominikanern angehörigen Matthew Fox, „Die Seele ist ein Feld“. Also wird schon im Titel die These aufgestellt: „Die Seele ist ein Feld“. Nun ist der Feldbegriff schwierig und hat auch ‘ne lange Geschichte und ich habe ja dazu auch schon verschiedentlich mich geäußert, aber es ist interessant, dass hier, das, was man … was Kritiker eigentlich vermutet haben bei Sheldrake, dass er nun ganz offen und direkt sagt: Das ist im Grunde das Gleiche. Man kann auch gleich von Seele reden, wie er in einem der letzten Gesprächsbücher ja noch weiter geht und sagt: Naja, das sind eigentlich Engel. Das sind kosmische Intelligenzen, das sind eigentlich dann Engelwesenheiten. Da ist er ganz nah plötzlich an der Anthroposophie. Nich‘, also das ist ‘ne eigenartige Entwicklung, die da sich vollzogen hat, worüber man sich ja Gedanken machen kann, wie kommt das und das ist aber aufschlussreich, weil es in dem Begriff der Weltseele und des Feldes drin liegt. Man kann natürlich sagen, jetzt auf Giordano Bruno bezogen, wenn Sie sich an das Zitat erinnern, das ich da genannt habe, die Weltseele ist nur ein anderer Begriff für eine Art universales Bewusstseinsfeld mit einer gewissen Formpotenz, nich‘, ein Bewusstseinsfeld mit einer gewissen Formpotenz. Und wenn man dann das … die Vorstellung des Vakuums heranzieht, wie ich das ja vor einer Woche gemacht habe, kann man natürlich sagen, warum soll ich nicht sagen, dass quasi aus dem Vakuum heraus neue Formen und Gestalten – jetzt mal diesen Modebegriff verwendet: – emergieren, warum soll ich das nicht einfach postulieren?

Nun ist das schwierig, man muss dann aufpassen, dass man nicht in einen Verschiebebahnhof der Begriffe gerät, sodass das es alles irgendwo unscharf wird, aber der Zusammenhang der Hypothese der morphischen … morphogenetischen Felder mit dem Weltseele-Gedanken liegt vollkommen klar zutage, darüber kann überhaupt kein Zweifel bestehen, dass der Gedanke, dass die Weltseele ein universal organisierendes Prinzip ist, kann auch mit dem Begriff des Feldes bezeichnet werden. Er macht das hier ganz – ich sag‘s noch mal, in dem Buch hier „Die Seele ist ein Feld“ – ganz direkt. Kurzes Zitat mal aus diesem Buch, da wird es mehr oder weniger gleichgesetzt: „Die Seele ist das belebende Prinzip,“ – das ist ja auch die aristotelische Tradition – „das Prinzip, das Lebendiges lebendig macht. Im Griechischen heißt es Psyche.“ – Und das ist das letzte Buch hier, 98 erschienen. – „Heute ist für uns die Psyche der menschliche Geist, aber für die Griechen hatte die Psyche eine viel umfassendere Bedeutung. Sie war das Lebensprinzip alles Lebendigen, auch der Pflanzen. Der lateinische Begriff für Seele ist anima, und darauf geht zum Beispiel das englische Wort für Tier – animal – zurück. Wir sprechen von beseelten Dingen im Gegensatz zu unbeseelten: von Dingen mit Seele im Gegensatz zu Dingen ohne Seele. Die traditionelle Bedeutung des Wortes Seele meint vielmehr als die menschliche Seele. Die Seele ist das, was Dinge lebendig macht.“ – Also immer auch gedacht als eine vielfältig holarchisch abgestufte und geschichtete Weltseele oder Weltenseele, was ja immer den Organismusgedanken voraussetzt, von dem ja auch Sheldrake und andere neuere Naturphilosophen, mit gewissen Abstrichen auch ich selber, obwohl das bei mir ein bisschen anders aussieht, ausgehen … ausgehen. – „Ein Ausgangspunkt für jedes Nachdenken über das Wesen des Lebens ist der Tod, indem man den toten Körper eines Menschen, eines Tieres oder einer Pflanze mit dem vorausgehenden lebendigen Zustand vergleicht. Die Menge der Materie im toten Körper ist die gleiche wie im lebenden Körper, die Form der Materie … des Körpers ist die gleiche, und die Chemikalien darin sind die gleichen, zumindest unmittelbar nach dem Tod. Aber etwas hat sich verändert. Der naheliegende Schluss ist der, dass irgendetwas den Körper verlassen hat, und da es kaum eine oder gar keine Gewichtsveränderungen gibt, ist das, was den Körper verlassen hat, im Prinzip immateriell. Für die animistischen Traditionen – das heißt, für alle Traditionen außer denen im Westen seit den letzten dreihundertfünfzig Jahren – ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die außermenschliche Natur voller Leben ist.“ –, dass also eine Allbeseeltheit existiert, in diesem Sinne auch Animismus, auch das ist interessant, dass sich Schelling, äh, Sheldrake vollkommen offen zum Animismus bekennt, er sagt ja sehr wohl, die Theorie der formgebenden Felder ist eine animistische Theorie und ganz bewusst diesen Begriff nicht scheut. Also: „Für die animistischen Traditionen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die menschliche Natur voller Leben ist. Alle Pflanzen und alle Tiere, das gesamte Universum, der Planet Erde, die anderen Planeten, die Sonne, die Sterne – sie alle galten als lebende Dinge, die alle ihre eigene Art von Seele hatten.“ – nich‘, die Gestirne in der Antike, der antiken Tradition nach Uskata(?? [unverständlich 0:34:12] und anderen Traditionen – „Diese Tradition hatten die Griechen übernommen und philosophisch formuliert. Die Platoniker sprachen von der anima mundi,“ – jetzt taucht der Begriff hier auf – „ der Seele der Welt, dafür sie der ganze Kosmos ein Lebewesen mit einem Körper, einer Seele und einem Geist war.“ – also vor allem Platon, „Timaios“ – „Aristoteles formulierte dies in biologischen Begriffen.“ – Das ist ungenau, weil Aristoteles in vielerlei Hinsicht seinen Lehrer Platon kritisiert und abgelehnt hat und die Sachen in einer ganz anderen Richtung weiterdenkt. – „Nach Aristoteles wächst eine Eichel zu einer Eiche heran, weil sie zu ihrer endgültigen Form, das heißt zur reifen Form des Baumes, durch ihre Seele hineingezogen wird.“ – Also eine Art Formattraktor liegt hier vor. – „Die Seele enthält das Ziel oder das, was man jetzt den Attraktor des Entwicklungprozesses nennen könnte. Die Seele hat das Ziel (griechisch: telos) in sich, und daher spricht Aristoteles auch von der Entelechie. Bei den Tieren spielt die Seele genauso eine formbildende Rolle wie bei den Pflanzen. Im Englischen hat man diesen Aspekt die vegetative Seele genannt. Während der tierische Embryo heranwächst, verleiht sie dem Körper seine Form und auf ihr beruht auch die Bewahrung der Körperform.“ – Also nicht nur das, was den Körper formt, sondern auch das, was die Gestalt, die Form, die da ist, aufrechterhält bis zum physischen Tode. – „Während der tierische Embryo heranwächst, verleiht sie dem Körper seine Form und auf ihr beruht auch die Bewahrung der Körperform, die Heilung von Wunden, das Regenerieren von Organen nach einer Beschädigung usw. In Tieren gibt es auch die animalische Seele, die mit dem Korrelieren der Sinne und der Bewegungen zu erfassen ist. Sie fungiert als das Koordinierungsprinzip der Instinkte und des Allgemeinverhaltens. Beim Menschen gibt es drei Aspekte von der Ebene der Seele:“ – es ist gleich zu Ende, das Zitat – „die vegetative Seele, die für die Form des Körpers zuständig ist, die animalische Seele,“ – also das, was ich „das Tier-Selbst“ genannt habe – „die animalische Seele, die uns unsere animalische Natur verleiht, und den Intellekt oder die rationale Seele,“– die auch die Ichheit mit einschließt – „die der bewusste Teil unseres Geistes ist, unser Verstand. Der bewusste Verstand war einst Teil eines viel größeren psychischen Systems, das uns mit den Tieren und Pflanzen verband.“ – Also, hier wird eine holarchische Stufung vorgenommen, also: vegetative Seele, animalische Seele und rationale Seele, und das … dem entspricht auch eine Stufung des Bewusstseins der … des Bewusstseins. – „Zu jedem dieser Aspekte gehört auch eine bestimmte Bewusstseinsebene, eine bestimmte Bewusstseinsform.“ – Die Frage ist, wo bleibt das Ich hierbei? Das Ich ist ja nur, wenn es denn Teil der Seele ist, ein winziges Segment, so erscheint es zunächst, des viel umfassenderen … umfassenderen Feldes der Seele, denn der größte Teil der Prozesse, etwa im eigenen Körper, im eigenen Leib ist ja bekanntermaßen unbekannt, äh, unbewusst, d. h., wir nehmen … haben ja keine direkte Wahrnehmung für die Gesamtheit der organischen Lebensfunktionen unserer selbst. Das alles ist unbewusst, und das Ich ist nur ein kleiner Ausschnitt, kann man sagen, aber ein ungeheuer wichtiger. Weil über das Ich, über die Ichheit der Mensch Zugang hat zu dem Weltzusammenhang, wenn man will, auch zum Weltenlogos. Also dass das Ich in sich selbst schon die Möglichkeit enthält, dann auch das Ganze zu erkennen oder was Johannes Heinrichs hier mal … wie er das genannt hat, das Ganze-denken, das Alles-denken. Diese Fragen kommen bei Sheldrake hier nicht vor, aber es ist wichtig sich den Kontext klarzumachen.
Also, Weltseele setzt voraus, ich sag es noch mal, dass die Welt sinnvollerweise, das Ganze, als Organismus gedacht werden kann. Was heißt das? Ich meine, Sie wissen, dass es verschiedene Theorien gibt in den letzten Jahrzehnten etwa, die Erde, das Gestirn Erde als Organismus zu denken. Man könnte dann weiter gehen und sagen, wenn man die Erde als Organismus denkt, warum soll man nicht auch andere Himmelskörper als Organismus denken? Auch vielleicht Himmelskörper, die in unserem Verständnis erst einmal unbelebte Himmelskörper sind, wo sich also kein organisches Leben entwickelt hat. Das, was den Menschen ungeheuer interessiert, ist bekannt, die Frage, hat es auf dem Mars Leben gegeben oder nicht, ist eine offene Frage, eine viel diskutierte Frage. Es gibt Indizien, die dafürsprechen. Auf jeden Fall interessiert es den Menschen, weil, wenn es so wäre, und es spricht viel dafür, dass das Prinzip Leben und damit auch die Intelligenz universal vorhanden sind, dann hätte das weitreichende Folgen für unser Selbstverständnis in diesem Universum. Das ist natürlich klar. Wenn es nicht so ist, sieht es vollkommen anders aus. Übrigens auch interessant für die Frage – das nebenbei gesagt – des Neodarwinismus. Ich möchte das hier an der Stelle nicht vertiefen, es sei nur kurz angedeutet, dass der Neodarwinismus gemeinhin die Vorstellung ablehnt, dass Leben ein universell gültiges Prinzip ist. Das muss er auch, weil er letztlich auf einem bestimmten Zufallsprinzip aufbaut. Wenn sich aber nachweisen ließe, dass Leben und Kosmos überall entsteht, wo die betreffenden Bedingungen vorhanden sind, dann bricht natürlich das Zufallsprinzip in sich zusammen. Dann müsste man sich zu der Überzeugung bequemen, dass es eine Art von Telos, einer Art von Ziel darin gibt. Deswegen können Sie das … können Sie beobachten bei vielen Neodarwinisten, dass sie scharfe Gegner sind der Vorstellung der All-Lebendigkeit des Kosmos und dass manche der Kosmologen, die die All-Lebendigkeit befürworten, etwa der bekannte Paul Davies, immer wieder betonen: Sollte sich das als richtig herausstellen, ist der Neodarwinismus erledigt. Dann müsste man das Ganze noch mal vollkommen neu denken. Da gibt es einen merkwürdigen Kampf zwischen auch den neodarwinistischen Evolutionsbiologen und denjenigen, die versuchen, das Welt-Ganze auch so zu denken, dass im Prinzip überall intelligentes Leben entstehen kann, vielleicht nicht so, wie wir es kennen, aber in einer analogen Form. Das ist ‘n ganz heißes Thema, wenn man sich da mal mit beschäftigt. Das hängt natürlich auch mit dem Gedanken der Weltseele zusammen, denn, wenn es so etwas gibt wie eine Weltseele, wenn es wirklich ein organisierendes Prinzip im Weltganzen gibt, dann müsste es auch überall, wo die entsprechenden Grund- und Rahmenbedingungen vorhanden sind, so etwas wie bewusste, ich-hafte Intelligenz hervorrufen, sollte man meinen. Denn es ist ja nicht einzusehen, warum das nur in einer bestimmten Stelle im Universum, oder – kleiner, schmaler jetzt gesagt: – in der Galaxis möglich sein soll. Also diese Fragen sind hoch brisant, insofern ist die Frage der Weltseele nicht etwa eine Frage einer philosophischen Tradition eines Begriffes, den man heranziehen kann oder auch nicht heranziehen kann, sondern es ist eine existenzielle Frage. Wenn es wirklich sowas geben sollte wie die Weltseele – und ich meine, dafür spricht viel –, dann hätte oder hat das tatsächlich weitreichende Konsequenzen. Das möchte ich vorab sagen.

Es ist Zeit für eine kleine Pause. Sagen wir mal knapp 10 Minuten. Wen das interessiert, als ich angeführt habe [….]

Das als Aperçu, wenn man das so nennen will, angeschrieben: 1999, dreimal die 9, die Umkehrung der Symbole ergibt dreimal die 6, das ist ja das berühmte, berüchtigte ascende de mare [das aus dem Meer Auftseigende?], das Tier der Apokalypse, also vielerlei Bezüge kann man da herstellen und kurz von mir in der Pause mit dem T … [Aufnahme unterbrochen]

[…] übrigens äußert er sich zu diesen Fragen überhaupt nicht. Das kommt bei ihm praktisch nicht vor. Und das hat verschiedene Gründe, das mag damit zusammenhängen, dass er ein langjähriger Freund ist von einem der führenden Mathematiker der sogenannten Chaosmathematik, Ralph Abraham, der ‘ne ganz eigene Mathematik auch wieder aufgestellt hat, die er „Visuelle Mathematik“ nennt, letztlich ‘ne Computer-Mathematik und auch mit dem Anspruch in die Welt tritt, wie auch manche andere, er habe sozusagen den geheimen Code, das geheime Muster, das geheime Pattern sozusagen der Welt, wenn nicht in Gänze erkannt, so doch habe sich dem angenähert. Also es mag sein, dass seine Freundschaft mit dem Mathematiker Abraham ihn daran hindert, nun in einer eigenen Form da in diese Zahlen weiter reinzugehen. Auf jeden Fall, wenn man‘s tut, ist es ein Abgrund auch in der Meditation, es ist wirklich ein Abgrund, und man kommt da wirklich nicht auf einen … an einen Boden. Ich habe um Silvester herum ein Buch entdeckt, was sich schon länger hatte, aber nie so gründlich mir angeguckt hatte, aber jetzt habe ich‘s getan, das in die Thematik reinpasst, obwohl man‘s zunächst nicht vermuten sollte, ein Buch über die Gnosis, und zwar eine Anthologie gnostischer Texte und Interpretationen der Gnosis von Peter Sloterdijk und Macho rausgegeben. Und in dieser faszinierenden Textsammlung über die Gnosis, 1000 Seiten umfassend, gibt es neben den eigentlichen gnostischen Texten auch verschiedene Interpretationsansätze und auch Texte, die quasi gnostisch sind oder neognostisch, und da taucht auch Schelling auf – ich kannte den Text, hab auch Teile davon in meiner Schelling-Monographie schon zitiert, habe aber noch mal jetzt zu meiner Verblüffung festgestellt, wie aufregend, wie eigentlich atemberaubend dieser Text ist. Das sind acht Seiten, fast acht, ich les nur den Text vor und interpretiere diesen Text, der ist einfach so wunderbar, so tief, dass man eine ganze Vorlesung mühelos mit diesen paar Seiten bestreiten könnte. Für unseren Zusammenhang, für die, die ‘s letztes Mal da waren, ist aber Folgendes interessant. Sie erinnern sich vielleicht, dass ich im Zusammenhang mit bestimmten Überlegungen, die auf die Anthroposophie zurückgehen, Überlegungen von Mathematikern, Physikern, den Gedanken geäußert habe, dass es eine Art Polarität des Raums selber gibt, dass es zentrische Kräfte gibt und periphere Kräfte. Und ich habe das, glaub‘ ich, auch angedeutet oder im Gespräch nachher dann gesagt, dass dieser Gedanke einer … dass dieser Gedanke im Kern schon in der Naturphilosophie Schellings auftaucht, also der … die Polarität von zentrischen, gravitativen Kräften und antigravitativen Kräften, also Schwerefeld und Levitationsfeld, und dass im lebendigen Organismus, der sich dem Licht gegenüber äu… öffnet, also in der öffnenden Grundhaltung, Grundgeste dem Licht gegenüber auch buchstäblich quasi physikalisch auch, eine Art antigravitative Wirkung beobachten lässt. Das steht auch hier in diesem Auszug von Schelling, der in dem Gnosis-Band steht. Und interessanterweise stammt dieser Auszug aus der Schrift „Von der Weltseele“. Und Schelling setzt sich da auseinander mit der Frage des Lichtes und der Schwere im Zusammenhang mit der Weltseele. Und es ist faszinierend, wenn man diese Gedanken mal etwas verfolgt, sich da richtig hineinbohrt, denn das ist auch von einer hochaktuellen Bedeutung, das sind hochbrisante Gedanken, die hier aufscheinen. Sie werden sich erinnern, dass wir über die Frage einer möglichen Antigravitation ja das letzte Mal gehandelt haben, ich hab ja da auch einige Beispiele erwähnt. Ich gebe nur einige Auszüge aus diesem Passus, um Ihnen das mal vorzuführen, weil das finden Sie sonst nirgendwo. In dieser Form und Ausführlichkeit ist es auch nicht in der Monographie zitiert und die Schriften Schellings sind sehr schwer zugänglich und in der Gesamtausgabe auch gerade die Weltseelen-Schrift, das findet man sonst kaum. Deswegen les‘ ich mal einige Passagen vor, weil das auch eine interessante Anknüpfung ist an das letzte Mal. Also es geht jetzt um den Zusammenhang der organischen Struktur der gesamten Weltseele in Ver… also in Verbindung mit der Polarität von Schwere und Licht, von Lichtwesen und Schwerewesen. Da heißt es hier in dieser Schrift „Von der Weltseele“, 1798 erschienen, Schelling war, das kann man kaum glauben, 23 Jahre alt, als er das geschrieben hat. Und die Schrift kannte Goethe und hat sie sehr geschätzt:
„Wie also die Schwere“, schreibt Schelling, „das Eine ist, das in Alles sich ausbreitet, in diesem All eine Einheit ist, so sagen wir im Gegenteil von dem Lichtwesen, es sei die Substanz, sofern sie auch im Einzelnen, also überhaupt in der Identität, das All oder das Ganze ist.“ – Also Schwere, Licht, polar, kann man auch als unendliche reale Substanz oder unendliche ideale Substanz bezeichnen, passt auch in Gleichsetzung bei Schelling von Lichtwesen und Geist – „Das Dunkel der Schwere und der Glanz des Lichtwesens bringen erst zusammen den schönen Schein des Lebens hervor und vollenden das Ding zu dem eigentlich Realen, das wir so nennen.“ – Das findet man fast wörtlich übrigens in einem Steiner-Vortrag, diese Aussagen – „Das Lichtwesen ist der Lebensblick im allgegenwärtigen Zentrum der Natur.“ – nochmal: – „Das Lichtwesen ist der Lebensblick im allgegenwärtigen Zentrum der Natur. Wie durch die Schwere die Dinge äußerlich eins sind, ebenso sind sie in dem Lichtwesen als in einem inneren Mittelpunkt vereinigt“ – Also beides sind Einheitsprinzipien, das … die Schwere und das Lichtwesen – „und sich selbst untereinander in dem Maß innerlich gegenwärtig, als jener Brennpunkt vollkommener oder unvollkommener in ihnen selber liegt.“ – Ich lass mal den Zwischenteil aus. Dann heißt es hier weiter – „Über die Verbindung von Schwere … Schwerewesen und Lichtwesen als dem eigentlichen Einheitsprinzip des Weltzusammenhangs“ – dem Weltseele-Zusammenhang, hochinteressant, faszinierend. Also ich bedaure fast, dass ich‘s nicht ganz lesen kann, aber es führt wirklich zu weit. Ich hoffe, dass es einigermaßen verständlich ist. Ich kann mir‘s einfach nicht verkneifen, es vorzulesen, weil ich‘s so wunderbar finde. – „Der Lebensquell der allgemeinen oder großen Natur ist daher die Copula“ – also das Band, die Verbindung – „zwischen der Schwere und dem Lichtwesen. Nur dass dieser Quell, von dem alles ausfließt in der allgemeinen Natur verborgen, nicht selbst wieder sichtbar ist, wie auch die Weltseele verborgen ist. Wo auch diese höhere Copula,“ – also diese höhere Verbindung – „sich selbst bejaht im Einzelnen“ – also im Einzelwesen – „da ist Mikrokosmos, Organismus, vollendete Darstellung des allgemeinen Lebens der Substanz, in einem besonderen Leben.“ – also hier … Schelling geht auch aus von der … vom allgemeinen Leben, also im universalen Leben, auch dem Vorhandensein von organisch-intelligentem Leben auf anderen Himmelskörpern – „die selbe, alles enthaltende und vorsehende Einheit, welche die Bewegungen der allgemeinen Natur, die stillen und stetigen, wie die gewaltsamen und plötzlichen Veränderungen nach der Idee des Ganzen mäßigt und als stets in den ewigen Kreis zurückführt, dieselbe göttliche Einheit ist es, welche unendlich bejahungslustig sich in Tier und Pflanze gestaltet und mit unwiderstehlicher Macht ist der Moment ihres Hervortreten entschieden, Erde, Luft und Wasser in lebendige Wesen, Bilder ihres All-Lebens zu verwandeln sucht.“ Also auch hier ein Telos in der kosmischen Evolution, eine Art, wenn man will, auch anthropisches Prinzip, also Erde, Luft und Wasser metamorphosieren in Richtung auf lebendige Wesenheiten, Bilder des All-Leben. Also in jedem einzelnen Organismus konfiguriert sich die Weltseele, das ist wichtig in diesem Sinne, als Ganzes, sie ist also ganz präsent. Wie das Schelling, übrigens in Anknüpfung an Bruno, auch immer wieder sagt: Die göttliche Einheit ist … oder der göttliche Geist ist in jedem Teil eins, er ist nicht als Teil präsent, sondern in toto, und zwar nicht im Raum in diesem üblichen Sinne, er ist nicht räumlich und doch allgegenwärtig. – „Diese höhere Einheit ist es, welche die Totalität der Schwere und die Identität des Lichtwesens gleicherweise im Verbundenen entfaltet. Das Leben des Organischen hängt zuvörderst an dieser Entfaltung des Bandes. Daher der Pflanze unendliche Liebe zum Licht“ – jetzt ‘n wunderbarer … Aussage – „in dem in ihr vorerst nur das Band der Schwere sich lichtet,“ – d. h. für Schelling auch, dass tatsächlich eine antigravitative Kraft vorliegt, dass also das Licht eine Art – jetzt, um diesen Begriff zu verwenden – Levitationsfeld darstellt. – „Das dunkle Band der Schwere ist in den Verzweigungen des Pflanzenreiches gelöst und dem Licht aufgeschlossen. Die Knospe des Lichtwesens bricht in dem Tierreich auf.“ – nächste Stufe─ „Die absolute Copula“ ─ also diese ab… die Verbindung ─ „jener beider Einheit und Mittelpunkt“ ─ also zwischen Schwerewesen und Lichtwesen – „kann sich selbst nur in Einem finden und sich nur von diesem Punkt aus in wiederholter Entfaltung aufs Neue in einer unendlichen Welt ausbreiten. Jenes Eine ist der Mensch.“ „Jenes Eine ist der Mensch, in welchem das Band das Verbundene vollends durchbricht und in seine ewige Freiheit heimkehrt.“ – Also auch das eine Art von anthropischem Prinzip, dass der Mensch in gewisser Weise im tiefsten Sinne des Wortes anthropomorph oder anthropozentrisch das Ganze zur Freiheit hin öffnet. Also – „Jenes Eine ist der Mensch, in welchem das Band das Verbundene vollends durchbricht und in seine ewige Freiheit heimkehrt.“ – „… , die der Geist selber ist“, müsste man da ergänzen. – „Beruht indess der Organismus im Allgemeinen auf der Wirklichkeit und selbst Bejahung der absoluten Copula,“ – also der Verbindung – „so muss auch in jeder einzelnen Sphäre derselben der Gegensatz und die Einheit der beiden Prinzipien dargestellt sein.“ –Das könnte man nun am Organischen durchbuchstabieren. Das tun zum Teil die Anthroposophen, das tut auch zum Teil etwa der Georg Adams, den ich erwähnt habe, der Mathematiker, der sich da ganz bewusst auch auf Steiner beruft, auf die Polarität von zentrischen und antizentrischen, peripheren Kräften oder auch Ätherkräften. Letztes Zitat, ich will das nicht zu weit hier ausdehnen, ich find‘s einfach so … möchte mich hier … könnte mich da fast darein verlieren in diesen Text, das möchte ich Ihnen nicht zumuten, letztes Zitat: – „Der Zweck der erhabensten Wissenschaft kann nur dieser sein: Die Wirklichkeit im strengsten Sinne der Wirklichkeit, die Gegenwart, das lebendige Dasein eines Gottes im Ganzen der Dinge und im Einzelnen darzutun.“ – Also auch im Hier, in der konkreten organischen Gestalt, was Schelling unermüdlich hier betont. – „Wie hat das nur je nach Beweisen dieses Daseins fragen können. Kann man denn über das Dasein des Daseins fragen. Es ist eine Totalität der Dinge, so wie das Ewige ist, aber Gott ist als das Eine in dieser Totalität. Dieses Eine in Allem ist erkennbar in jedem Teil der Materie.“ – das findet man wortwörtlich bei Bruno – „Alles lebt nur in Ihm.“ – und Schluss: – „Aber ebenso unmittelbar gegenwärtig und in jedem Teil erkennbar ist das All-in-Einem, wie es überall das Leben aufschließt und im Vergänglichen selbst die Blume der Ewigkeit entfaltet. Das heilige Band, durch welches die beiden ersten eins sind, empfinden wir in unserem eigenen Leben und dessen Wechsel, zum Beispiel von Schlaf und Wachen, wie es uns bald der Schwere eingibt, bald dem Lichtwesen zurückstellt.“ – Also auch der Grund- und Urrhythmus des Schlafens und des Wachens wird hiermit im Zusammenhang … in Zusammenhang gebracht. Ich will ja … habe mir im So… für den Sommer vorgenommen, dass ich auch über diese ganze Frage des Rhythmus in der Natur unter anderem sprechen möchte, was ich bisher kaum getan habe, also Rhythmus in der Natur, Schlafen, Wachen, Tag und Nacht, ganz tiefe Rhythmen. – „Die All-Copula“ – also die Verbindung von Lichtwesen und Schwerewesen – „ist in uns selbst als die Vernunft und gibt Zeugnis unserem Geist. Hier handelt es sich nicht mehr von einer außer- oder überweltlichen Sache, sondern von dem Unmittelbar-Nahen, dem Allein-Wirklichen, zu dem wir selbst mitgehören und in dem wir sind.“ – Das ist wichtig, dass diese Gedanken, wenn man sich mal der Mühe unterzieht, die wirklich zu denken, mitzudenken, nachzudenken, sehr konkret sind, und das ist hochspannend, das zu verfolgen, was das bedeuten würde für eine mögliche neue oder andere Naturphilosophie. Das hat Schelling nicht geleistet, das konnte er auch nicht leisten, das wäre zu viel ihm abverlangt gewesen, aber er hat in dem Jahrzehnt der Naturphilosophie, 1797 bis 1805/1806, tatsächlich auf eine geniale Weise das ganze Panorama aufgezeigt, das Ganze aufgefächert und Fragen auch, die heute von einer ungeheuren Aktualität sind. Wie das möglich war, ist kaum zu begreifen, wie ein 23-Jähriger in der Lage sein konnte, diese Dinge so tief zu durchdenken. Und das sind Gedanken, denen man im 20. Jahrhundert da und dort immer wieder begegnet, mit denen ich mich auch viel beschäftigt habe, auch diese Frage von Licht und Schwere. Auch dazu werd‘ ich im Sommer dann noch einiges sagen in einem ganz anderen Kontext.
Nun zu der Frage: Bringt es etwas, den Begriff der Weltseele für eine Naturphilosophie, eine Kosmologie heranzuziehen, oder – ich sag‘s noch mal – ist es einfach ein Wort, wofür man auch andere Begriffe nehmen könnte? Die Frage lässt sich nicht letztlich entscheiden. Ich meine aber, dass dieser Begriff ein sinnvoller, ein guter und auch ein zweckmäßiger Begriff ist. Der Begriff ist gut, er transportiert wirklich Bedeutung. Er transportiert zunächst einmal die Grundüberzeugung, dass das Universum als Ganzes eine organische Struktur hat. Man kann es auch bescheidener, kleiner sagen erst einmal, dass die Erde als Ganzes ein organisches Ganzes ist und eine Art Weltseele hat, ein … eine Facette, eine Emanationen der Weltseele ihr eigen nennt, eine Gestirnseele, dann möglicherweise auch das Sonnensystem als Ganzes, das kann man von vielen Momenten aus verdeutlichen. Sheldrake, der praktisch nie etwa die Astrologie heranzieht, ist auch der Auffassung, dass das Sonnensystem als Ganzes eine eigene organische Struktur und auch einen eigenen Geist-Organismus darstellt – auch das ist wichtig, hier kommt immer auch das Moment des Bewusstseins rein. Man kann ja die … den Organismus auch ganz, sage ich mal, biologistisch denken. So wunderbar und großartig ja die Gaia-Theorie des Mediziners James Lovelock ist und aus guten Gründen ja auch weltweit diskutiert worden ist und immer noch diskutiert wird, muss man doch sagen, wenn man sich das genauer betrachtet, dass sie im Kern biologistisch ist. D. h. sie geht letztlich davon aus, Leben ist eigentlich nur Bios und der Geist und ich-hafte Wesenheiten sind nur aus diesem Bios heraus abzuleiten, haben aber keine eigene Wirklichkeit. Nich‘, das unterscheidet ihn vollkommen etwa von diesem idealistischen Ansatz, das unterscheidet ja auch James Lovelock vollkommen von Ansätzen etwa, wie ich ihn vertreten habe oder auch wie ihn Johannes Heinrichs vertreten hat, dass das Ich tatsächlich eine Weltkonstituente ist, dass das Ich im kosmischen Gesamtzusammenhang tatsächlich nicht einfach eine ephemere, eine fast zu vernachlässigende Größe darstellt, sondern tatsächlich eine … einen Weltzusammenhang aufscheinen lässt, eine Lichtung der Welt darstellen kann.
Also: Die Frage des Welt-Organismus für sich transportiert noch wenig, wenn sie nur biologisch bleibt oder biologistisch bleibt. Nich‘, das ist ja auch möglich, so kann ich ja auch den Weltorganismus denken, das geschieht ja auch, übrigens auch zum Teil in der Ökologie. Aber man kann den Organismus-Gedanken auch weiter fassen, indem man von vornherein das Seelisch-Geistige mitdenkt, indem man Bewusstseinsevolution mitdenkt, indem man die Erscheinung auch der Intelligenz, auch der Ichheit im Menschen als einen integralen Teil dieses Organismus mitdenkt. Dann ist man auf einem vollkommen anderen Bewusstseinsniveau angelangt, wenn man das immer mitdenkt, wenn man das immer mitheranzieht. Mag sein, dass auch dann ein so gewaltiges, im Grunde ja auch alle unsere Erfahrungsdimensionen sprengendes Etwas wie die Galaxis auch eine Art Superorganismus ist, das ist möglich, das kann man denken, oder noch größere Einheiten von Galaxien, das ist denkbar, wir wissen nichts … es ist auch müßig, über das Universum als Ganzes zu reden, das find‘ ich nicht möglich. Ich glaube nicht, dass es in dieser Form, wie es häufig geschieht, möglich ist, aber es gibt die Möglichkeit, den Organismus-Gedanken auszuweiten. Und dann nur ist auch der Begriff der Weltseele wichtig, sonst wird er verkleinert, reduziert auf letztlich verfeinerten Bios. Und das, glaub ich, kann man auch von den Neuplatonikern, das kann man von den idealistischen Philosophen, das kann man von vielen Denkern lernen, dass das zu kurz gegriffen ist. Und von dort aus könnte man noch mal auch die ganze Frage des ökologischen Zusammenhangs neu denken, was ich zum Teil in dem Buch „Was die Erde will“ auch versucht habe, tatsächlich noch mal im Sinne einer ganz anderen Form von Ökologie, einer anderen Form von Tiefenökologie, einer integralen Tiefenökologie, die menschliche Bewusstseinsentwicklung, ich sag‘s noch mal, als integralen Teil mitdenken. Also ich meine, dass der Gedanke der Weltseele sinnvoll ist. Man kann ihn auch heranziehen zum Beispiel für Phänomene der sogenannten Nichtlokalität. Sie wissen das vielleicht aus der Quantentheorie, die Vorstellung, dass auch weit voneinander entfernte physikalische Vorgänge oder Phänomene dann doch auf eine sogenannte nicht-lokale Weise miteinander verbunden sind. Dann kann man natürlich sagen: Hier muss es einen Verbindungszusammenhang geben, der könnte auch in der Weltseele beheimatet sein. Und dann wird es natürlich sehr schwierig, wenn man dann die Frage stellt: Wie ist der mögliche Zusammenhang zwischen dieser Weltseele, diesem Einheitsprinzip der Welt, die die Welt zum Organismus stiftet, und dem Vakuum? Ist das das Gleiche oder gibt es hier verschiedene Ebenen? Und das ist eine sehr subtile Geschichte. Ich will eine … meine Hypothese dazu nicht verschweigen: Ich vermute, dass das nicht das Gleiche ist. Also ich kann das nicht im Letzten begründen, vielleicht ist das auch nicht möglich. Jedenfalls habe ich bisher noch keinen gelesen oder gehört, der das konnte in diesem letzten Sinne, zu zeigen, dass die Weltseele tatsächlich nicht einfach identisch ist mit dem leeren Raum, mit dem Vakuum, dass es offenbar auch innerhalb des Raums verschiedene Ebenen gibt und dass etwa Gedanken – um jetzt mal diesen … dies Beispiel zu nehmen – dass Gedanken, wenn sie durch den Raum transportiert werden, nicht unbedingt auf … oder im Vak… auf dem Vakuum oder im Vakuum reisen, sondern über das Medium der Weltseele. Das sind aber extrem schwierige Gedanken, die Frage auch der Telepathie etwa: Was stiftet dann den Zusammenhang? Welche Art von Bewusstseinsfeld liegt denn vor? Ist es wirklich ein Feld, was auch jenseits des Räumlichen sich befindet, das wäre ja Nonlokalität. Dann wäre ja der Raum quasi unterlaufen. Oder sind das Zusammenhänge, die im Raum sich vollziehen. Dann ist sofort die Frage, die ich auch mehrfach gestellt habe: Gibt es da eine Geschwindigkeit, die man feststellen kann? Also: Im Falle einer Telepathie, zwei Menschen haben telepathischen Kontakt miteinander, gibt es da eine gewisse Zeitverlust? Oder kann man das durch bestimmte Vorrichtungen abschirmen? Das wäre ja auch ‘ne Frage oder geschieht das instantan, augenblicklich? Diese Fragen sind ungeklärt. Es gibt einige empirische Erhebungen in diese Richtung, aber auch da ist die Frage: Was ist das Verbindungsprinzip? Für meine Warnehmung ist der Zeitfaktor da ein entscheidender. Wenn man nämlich zeigen könnte, dass da kein Zeitverlust vorliegt, dass das wirklich synchron passiert, dann wäre ja erst einmal der Beleg gebracht, dass tatsächlich Geschwindigkeit in unserem Sinne keine Rolle spielt oder die Geschwindigkeit ist so hoch, die ist so gewaltig, dass sie quasi unendlich ist. Also das ist vielleicht ein logisches Monstrum, von einer quasi unendlichen Geschwindigkeit zu reden, aber mit dieser Einschränkung und Relativierung, kann man das machen. Also: Geist, auch Gedankenimpulse werden transportiert mit einer quasi unendlichen Geschwindigkeit. Und dann ist die Frage: Was ist das Transportmedium? – Wenn das nicht überhaupt schon zu mechanistisch gedacht ist. Nich‘, also die Frage: Ist das im Raum, unterläuft das den Raum, ist das in einer tieferen Schicht, aus der vielleicht sogar der Raum erwächst? Erstmal in die tiefsten Fragen, auch ontologischen Fragen des Kosmos überhaupt. Aber das kann man, glaub ich, vorerst nur in dieser eher hypothetischen Form beantworten.
Ich finde, dass es sinnvoll ist, den Begriff „Weltseele“ heranzuziehen. Und das geschieht auch an verschiedensten Fronten, sage ich mal, das hab‘ ich beobachtet und mit Erstaunen festgestellt, dass von den verschiedensten Fronten aus auch der Begriff wieder neu reingenommen wird. Etwa Carl Friedrich von Weizsäcker hat das getan seit den neunziger Jahren. Er geht sogar so weit, dass er sagt: Die Quantentheorie beweist die Weltseele, was ich mit gewissen Abstrichen nur bejahen würde, aber es findet sich in seinem Buch „Die Zeit und das Wissen“, 1992 erschienen. Also die Quantentheorie ist nicht nur vereinbar mit dem Gedanken einer Weltseele, sondern sie fordert geradezu die Weltseele – erstaunlich! Dann aber heißt es bei Weizsäcker – ich hab die Stelle jetzt nicht wörtlich im Kopf – „oder den Weltgeist“. Plötzlich wird das alternativ gesetzt. Dann weiß man nicht genau, ob da ‘ne begriffliche Schärfe vorliegt, oder ob das mehr oder weniger nur sagen soll, dass hier eine Art Einheitsprinzip vorliegt. Was ist nun: Weltseele oder der Weltgeist? Hierfür gibt’s mehrere Stellen bei Weizsäcker. Der Begriff der Weltseele wird auch in der Evolutionsphilosophie verschiedentlich verwendet, etwa Ken Wilber verwendet den Begriff „world soul“, „Weltseele“, allerdings anders, als ich ihn hier verwende, in Anknüpfung an Bruno, Schelling und den Neuplatonismus. Für Wilber ist „world soul“ einfach ein ich-überschreitendes Bewusstseinsprinzip, was sich irgendwann in der kosmischen Evolution manifestiert. Es ist also nicht eigentlich das, was ich unter „Weltseele“ verstehe. Also er bezieht sich da auf die amerikanische Philosophie der Over-Soul bei Ralph Waldo Emerson, der wiederum seinerseits auch von der deutschen Romantik stark beeinflusst war. Gut, also Wilber in unserer Zeit verwendet den Begriff der Weltseele, Sheldrake, hab ich schon gesagt, verwendet ihn auch, Terence McKenna, bekannter Anthropologe und Erforscher psychoaktiver Substanzen, verwendet den Begriff der world soul oder auch der genannte Mathematiker Ralph Abraham, einer der Gründerväter der sogenannten Chaos-Mathematik, der Mathematik der nichtlinearen Systeme, verwendet den Begriff der world soul – wieder in einem etwas anderen Zusammenhang, immer in dem Sinne eines universalen Prinzips, eines Einheitsprinzips, dass mir die Möglichkeit gibt, jedem von uns, jedem ich-bewussten Wesen, aber auch unter-ichhaften Wesen, ständig mit allen anderen in Kommunikation zu stehen, dass wir also ständig, unaufhörlich, in jedem Moment, auch in diesem Moment hier in diesem Hörsaal, ständig in Kommunikation stehen mit einem wie immer zu bestimmenden kosmischen Ganzen. Dass das immer, in jedem Augenblick präsent ist und auch – eine bestimmte Veränderung des Bewusstseins vorausgesetzt – auch in jedem Moment aufscheinen könnte. Das wäre jetzt mal Stichwort „kosmisches Bewusstsein“, von dem ich ja dann das nächste Mal sprechen möchte. Das hat auch damit zu tun, also mit der Bewusstseinsdimension, auch mit der Bewusstseinsdimension der sogenannten Weltseele.
Also, ich denke, bevor wir ins Gespräch kommen, möcht ich noch mal da so ‘n paar Thesen zusammenfassen: Ich glaube, dass wir nicht umhinkönnen, ein universales Einheitsprinzip zu unterstellen, sage ich mal, von diesem universalen Einheitsprinzip auszugehen. Anders können wir auch Bewusstseinszusammenhänge größerer … in größerer Form gar nicht denken. Wenn es so etwas nicht gibt, wenn es so ein universales Weltseelen-Prinzip als Einheitsprinzip der Welt nicht gibt, dann werden wir aus einem Partikularismus oder einem Atomismus im Seelisch-Geistigen nicht rauskommen. Man muss es in gewisser Weise postulieren und versuchen zu denken. Das heißt nicht, dass die Weltseele sich naturphilosophisch beweisen ließe. Das wäre ein Fehlschluss. Auch, sagen wir mal Experimente, die man ja machen kann, es gibt ja solche Experimente, dass man etwa telepathische Experimente macht, dass man Feldexperimente macht, dass man Abschirm-Experimente macht, dass man die Zeit versucht zu kontrollieren, die verstreicht oder nicht verstreicht, sind alle natürlich nie – und könne nicht sein – ein Beweis für die Existenz der Weltseele. Es kann immer noch ein ganz andersgearteter Feldzusammenhang sein und insofern ist das … kommt man da in eine Grenzzone hinein, wie ja auch Kritiker von Sheldrake gesagt haben: Das ist überhaupt … sind überhaupt keine eigenen Felder, das sind einfach elektromagnetische Felder. Das hat ja Hans-Peter Dürr, der Quantenphysiker, dagegen auch vorgebracht: Das sind eigentlich nur noch nicht ganz verstandene elektromagnetische Zusammenhänge. Sheldrake schreibt, ich hab das hier in einem Essay von mir mal über die Schwere vor Jahren zitiert: „Wenn es eine Weltseele gibt,“ – jetzt Zitat Sheldrake, 1992 … 93, glaub‘ ich – „die den gesamten Kosmos durchdringt, dann wird ihre körperliche Ebene vielleicht größtenteils durch das Schwerkraftfeld ausgedrückt,“ – eigenartiger Zusammenhang, denken Sie an das, was ich von Schelling gesagt haben – „während ihre eigentlich seelische Ebene durch eine Schnittstelle mit dem elektromagnetischen Feld zum Ausdruck kommt.“ – Eigenartige Zusammenhänge, die sich hier auftun. Also Weltseele im Zusammenhang mit dem Gravitationsfeld, die Weltseele hat die seelische Ebene in der Schnittstelle mit dem elektromagnetischen Feld. Da könnte man dann wieder den Gegensatz von Gravitation und Levitation ins Spiel bringen, also den zentrierenden Gravitationskräften und den antigravitativen Lichtkräften. Schelling, zum Teil auch bei den Anthroposophen, bei Steiner, aber dann auch bei Adams und anderen. Auch da, denk ich, gibt‘s noch sehr viel zu erforschen.

Ich möchte hier erstmal einen Schnitt machen und gleich in das Gespräch einsteigen.

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