Licht und Bewusstsein I

Vorlesungsreihe:

Das lebende Buch der Natur, Teil II
Erde und Kosmos. Denkanstöße zu einer anderen (alternativen) Kosmologie

Humboldt-Universität zu Berlin
Sozialökologie als Studium Generale / Wintersemester 1999/2000
Dozent: Jochen Kirchhoff
Quelle: YouTube-Kanal Jochen Kirchhoff / Alle Audiovorlesungen Nr. 27

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Und ich will Ihnen ganz kurze Akzente geben, wie das bei mir war, das hängt auch zusammen mit meiner langjährigen Freundschaft mit Rudolf Bahro, an den ich in dem Zusammenhang ganz gerne auch erinnern möchte, weil er in dem Kontext heute fast nie genannt wird. Das hat verschiedene Gründe. Er war ja ausgebürgert worden, war dann im Westen, und ist ja dann im November 1989 überraschend in die damalige DDR zurückgegangen. Das war von ihm angekündigt worden am 6. November in einer Fernsehsendung. Franz Alt hat damals moderiert, ich weiß gar nicht mehr, wie das hieß, „Panorama“ oder so etwas, könnte das geheißen haben. Und in dieser Fernsehsendung am 6. November ’89 hat er angekündigt, er wollte nunmehr in die DDR zurück. Interessanter­weise nun das Argument ‒ um das Vaterland zu retten.

Als ich das sah am Fernsehschirm ‒ , was meint er mit dem Vaterland? Ich war irritiert. Wir haben lange telefoniert. Was meinst du? Was soll das? Nein, er meinte tatsächlich, wie viele, sagen wir mal, mit einer ähnlichen Biografie, die DDR, er meinte die DDR. Er sagte, der DDR geht’s schlecht, da ist nicht mehr viel zu machen. Der Westen wird die DDR überrollen, und da müssen wir was tun, das heißt, wir müssen jetzt neue und eigene Akzente setzen. Das war kurz vor dem Mauerfall, und er verkündete dann auch, wozu ich ihm ohnehin schon Monate vorher geraten hatte, nach Berlin zurückzukehren. Er lebte ja damals in Niederstadtfeld in der Eifel. Ich sagte, komm nach Berlin zurück, hier wirst du gebraucht, wir brauchen dich hier. Es sind jetzt heiße Zeiten, und deine Stimme ist gefragt. Und das hat er dann auch getan, er ist nach Berlin zurückgekehrt.

Bevor ich den Faden weiterspinne, ganz kurz noch, an diesem 9. November, sie können mir glauben, dass diese Geschichte wahr ist, bin ich am Vormittag … , an einem späten Vormittag saß ich in einem Bus in Zehlendorf, relativ weit hinten, am 9. November, als abends diese berühmte Verlautbarung von Schabowski war bei der Pressekonferenz. Da sagte eine Frau vorne im Wagen, die Mauer sei geöffnet worden, es sei freier Durchgang. Alle haben verlegen gegrinst oder sich geräuspert, und irgendwie war ihnen allen das unangenehm, weil das lag nicht in der Luft. Das kann keiner heute erzählen, dass das in der Luft gelegen hätte, das hat nicht in der Luft gelegen in dieser Form. Das war also von mir aus eine, was weiß ich, vielleicht parapsychologisch gesehen, eine Präkognition, ist mir auch rätselhaft, woher diese Frau das wusste oder geahnt hat oder herausgespürt, gefühlt hat, wie immer: auf jeden Fall ein bewegender Moment, als man dann abends erfuhr, was wirklich passierte.

Dann sind für mich diese Tage eng verbunden mit einem meiner Bücher, das auch indirekt mit dem Thema zu tun hat. Es erschien nämlich damals kurz nach dem Mauerfall ein Buch, was damals großes Aufsehen erregte, „Nietzsche, Hitler und die Deutschen – Die Perversion des neuen Zeitalters. Vom unerlösten Schatten des Dritten Reiches“, Vorwort von Rudolf Bahro. Rudolf Bahro hatte das Manuskript 1988 gesehen, er fand das toll, hat gesagt, wenn du das veröffentlichst, dann schreibe ich ein Vorwort dazu. Und das Interessante ist, dieses Vorwort ist am 9. November geschrieben worden. Jeder, der das sieht, denkt, das ist Absicht. Das hat er doch reingeschrieben, das kann nicht stimmen. Das ist wirklich so. Er hat dieses Vorwort am 9. November vormittags in der Eifel geschrieben. Also eine merkwürdige Synchronizität, ein Zufall, wenn Sie so wollen, wie immer.

Interessant und wie immer auf jeden Fall, es war auch dieser Tag, und die Massen von beiden Seiten, von hier und von dort der Mauer, die dort strömten, waren für mich immer verbunden mit einer bestimmten Druckerei in Kreuzberg, wo ich die Druckfahnen las. Ich musste mich also zum Teil durch die Menschenmassen durchbahnen und las dann portiönchenweise die Druckfahnen dieses Buches, und das hat ja dann, viele werden das gar nicht mehr wissen, noch in der DDR für Aufsehen gesorgt, hat noch die ganze Szene des Neuen Forums erfasst, viele haben das gelesen, selbst Gysi hat das gelesen, damals noch PDS/SED und dann auch Bärbel Bohley und andere der Opposition. Das ist vergessen worden weitgehend. Auf jeden Fall hat das Buch eine kolossale Rolle gespielt, und ich konnte dann in der Spätphase der DDR, angefangen sagen wir mal von Januar 1990 an, eine ganze Reihe von Veranstaltungen in der noch-DDR darüber abhalten, oft mit einem ganzen Tornister dieser Bücher. An den Grenzübergängen, da gab es ja dann die Kontrolle. Beim letzten Mal, weiß ich noch, hatte ich die ganze Tasche voller Bücher, die ich dann eins zu eins verkauft habe, vor der Währungsunion am 1. Juli, und man wurde zunehmend weniger kontrolliert ‒ ach so, was ist das, na gut, dann weiter durch. Das Interesse an Nietzsche war immens groß, und das ist dann schnell abgeflaut.

Auf jeden Fall war das auch für mich eine hochinteressante, aufwühlende Zeit, zumal als dann Bahro nach Berlin zurück kam, und wir haben uns oft getroffen, und ich konnte all diese Dinge auch, die er erlebt hatte, etwa den berühmten Auftritt auf dem SED-Parteitag am 3. Dezember 1989, von ihm dann aus erster Hand hören. Kurzum in diesen Erinnerungen, zehn Jahre danach, fällt fast nie der Name Bahro. weil das eine schwierige Figur war, schon damals. Auf jeden Fall, wenn die Dinge nicht so gelaufen wären, wie sie gelaufen sind, und wenn wir nicht so eng befreundet gewesen wären, würde ich heute nicht hier stehen. Das hat mit all dem zu tun, eine lange Geschichte, die auch noch dann in späteren Jahren mich bewegt hat. Auf jeden Fall, das wollte ich vorab sagen, in aller Knappheit.

Und das Vorwort, was Bahro damals geschrieben hat, an diesem wirklich 9. November am Vormittag, ist heute wie ein Dokument aus einer anderen Zeit. Das ist wirklich ein faszinierendes Zeitdokument. Da kommt noch was durch von einer Utopie, einer möglichen anderen DDR. Nur mal ein ganz kleiner Ausschnitt aus diesem Vorwort von Bahro von diesem 9. November: „Gerade in dieser Stunde unserer Geschichte“ ‒ also morgens 9. November, wo man noch nicht wissen konnte, dass die Mauer fällt ‒ „gerade in dieser Stunde unserer Geschichte machen die Deutschen Ost unter verhältnismäßig günstigen nationalen und internationalen Experimentierbedingungen den nächsten Test auf das innerstaatliche Kräfteverhältnis zwischen ‒ was die Pole betrifft ‒ dem Rache schnaubenden Berserker und dem Meister in uns.“ ‒ das ist ein Thema auch dieses Buches, eine bestimmte, sagen wir mal, Qualität von Geist, von Mentalität der Deutschen, die hier auch abgehandelt und kritisch beleuchtet wird ‒ „Im Allgemeinen ist heute in Mitteleuropa klarer als früher, dass niemand anderes als wir selbst die Ursache der heraufziehenden Totalkatastrophe und der einzelnen Konvulsionen sind. Hoffentlich gibt es genügend viele Menschen in der DDR, denen aufrichtig bewusst ist, dass die Politbürokratie, die bis dato das Land regiert hat, ihr eigener Schatten ist.“ Es war damals eine große Diskussion, die wir hatten: Brauchten die einander? Ist eigentlich die Politbürokratie eine Art Quasi-Schatten gewesen der Bevölkerung; natürlich sehr unpopuläre Gedanken heute auch. ‒ „Wenn es zu mehr nicht gereicht hat in der DDR, an wem liegt das? An denen allein? Wird das in uns zur Vernunft, das heißt zum Stehen kommen, was im Ergebnis der Staatskrise massivere Weltzerstörung nämlich so oder so die gesamtdeutsche Vollendung der Auto-Gesellschaft will.“ Das ist ja nun eine gute Formel, die ja nun vollkommen eingetreten ist ‒ Gesamtdeutsche Vollendung der Auto-Gesellschaft. Das ist wirklich passiert. „Wenn die SED nicht genügt, dann braucht es offenbar eine anders konstituierte führende Kraft …“ und so weiter. Dann also die Utopie, das wissen ja viele von Ihnen noch, die ja da war, eine andere DDR. Und es gab verrückte Westler, mich eingeschlossen, die ernsthaft gedacht haben, na jetzt gehen wir da auch hin und machen richtig eine neue Gesellschaft. Ich habe auch ein paar Wochen lang … , ein paar Wochen lang war ich davon erfüllt, das jetzt hier ist eine einmalige Chance. Gut, also das nur als kleines … , quasi Aperçu dieser Zeit vor zehn Jahren. Und nun ist es interessant, ich taste mich langsam auf das Thema vor „Licht und Bewusstsein“ ‒ wenn man sich einen Moment mal anschaut, warum Menschen überhaupt solche Jahrestage, solche Jubiläen begehen. Was liegt dem zugrunde?

Was ist denn dieser Zeitraum von zehn Jahren für einen so besonders herausragender oder eindrucksvoller Zeitraum? Das ist in der Geschichte relativ spät zu beobachten, dass das Jahrzehnt, das Jahrhundert, das Jahrtausend oder gar ein Zeitraum von 10000 Jahren so signifikant bedeutend war. In China zum Beispiel war 10000 eine Zahl, die einfach meinte: eine sehr große Zahl. Und natürlich hängt es eng mit dem Dezimalsystem zusammen, ist klar. Und relativ spät in der Geschichte taucht erst auf, dass auch ein runder Jubiläumstag, wie auch ein runder Geburtstag, eine signifikante Größe ist. Das ist vorher nicht der Fall gewesen, im Judentum zum Beispiel, woran man ja immer denkt in dem Zusammenhang, ist ja das Jubeljahr das 50. Jahr. Das hängt zusammen mit der Zahl 7. 7 mal 7 ist 49, die im Judentum eine große Rolle spielte, und das Jubeljahr ist das 50. Jahr gewesen. Es gibt andere Interpretationen dieser 50 Jahre, die davon ausgehen, dass ein Wissen existiert hat in der alten Kultur über den unsichtbaren Begleiter des Fixsterns Sirius, Sirius B; dass diese Kulturen gewusst haben, dass es einen unsichtbaren Begleiter gibt, Sirius B, der den Hauptstern Sirius in 50 Jahren umkreist und dass deswegen das Jubeljahr 50 Jahre umfasste. Es wurde tatsächlich ein ganzes Jahr gefeiert, sieben mal sieben neunundvierzig plus eins, also das Jahr 50.

Nun, ich habe vor Jahren hier mal im Audimax ja über Zahlen gesprochen, auch über Zahlensymbolik. Und das ist natürlich hochinteressant, wenn man das sich mal von der tieferen zahlensymbolischen Schicht aus betrachtet. Wie kommen Menschen dazu? Auch die sogenannten rationalen aufgeklärten Abendländer, Europäer, Nordamerikaner haben tief unten ein ganz starkes zahlen-mystisches Potenzial, sag ich mal, das darauf schließen lässt, dass es offenbar so eine Art archetypisches Reservoir in der menschlichen Psyche gibt, das zu tun hat mit ganz bestimmten Zahlen. Es war ja ein damals viel diskutiertes Phänomen, warum denn gerade dieser 9. November, der doch in der deutschen Geschichte ohnehin eine große Rolle spielt, 1918, 1938 und so weiter, warum gerade jetzt dieser so herausragende 9. November hat damals, selbst in der, sagen wir mal, normalen Presse eine Fülle von Zahlenspekulationen ausgelöst: Der Schicksalstag der Deutschen, der 9. November. Warum war es nicht der zehnte November oder der elfte? Oder auch der 8. oder 7. November? Und diese Fragen haben auch zu tun mit Licht, weil in allen Kulturen Zeitvorstellungen, die Vorstellung vom Ablauf, vom kosmisch-rhythmisch bestimmten Zeitablauf ja immer gebunden war an Licht bzw. Finsternis, am elementarsten in der Rotation der Erde ‒ Licht und Dunkel, Tag und Nacht, aber dann auch im Jahreslauf. Und insofern ist die Dimension der Zeit immer gebunden an eine bestimmte Vorstellung von Licht. Zeit ist immer kosmisch-rhythmisch, vom Lichtrhythmus her bestimmte Zeit.

Viele Mathematiker auch, die eine zahlenmystische, sagen wir mal, Komponente erst einmal verneinen würden, sind faktisch, wenn man das genauer beleuchtet, Zahlenmystiker und glauben, sehr viele Mathematiker glauben, an eine im Grunde numinose und eine quasi göttliche Qualität von Zahlen. Gut, das vorab als Vorspann zu dem Thema hier.

Nun die Frage des Lichtes. Ich habe das genannt, ich habe das formuliert mit der Frage: Gibt es zwei Lichter? Ganz vereinfacht gesagt: Gibt es ein primär geistiges Licht? Man kann das auch ein vielleicht spirituelles Licht nennen, ‒ und gibt es daneben ein sogenanntes physisches Licht, ein quasi materielles, ein der Erscheinungswelt zugehöriges Licht? Oder sind beide Lichter, Lichtmanifestationen im Grunde genommen nur Ausdrucksformen eines darunter liegenden tieferen Lichts, so dass man in gewisser Weise sagen kann, dieses verbindende Licht sei eine Art drittes Licht. Das ist verschiedentlich auch genau so gedeutet worden. Es gibt in der mystischen Tradition der Welt die Vorstellung von drei Lichtern, auf der einen Seite das absolute Licht der Gottheit, oft identifiziert mit dem Göttlichen selber, das Licht als das göttliche Selbst, und zwar einmal göttlich groß und selbst klein und im zweiten Falle umgekehrt herum, also als das göttliche Selbst und die beiden anderen Lichtmanifestationen als Auswirkungen oder Erscheinungs­formen desselben. Marco Bischof in seinem Geschichts-Essay, er hat einen großen Essay hier geschrieben über das innere und äußere Licht, gibt er einen Überblick über diese Debatte, äußert sich auch unter Heranziehung des Mystikers Bonaventura und unter engerem Bezug auf Ken Wilber, das Buch „Eye to Eye“, „Die drei Augen der Erkenntnis“, zu diesen drei Lichtern. Da zitiert er Ken Wilber aus diesem Buch, der wiederum seinerseits auf den Mystiker Bonaventura aus dem 13. Jahrhundert rekurriert. Es gäbe drei Lichter, ‒ erstens das lumen exterius, das äußere Licht, also das sogenannte physische Licht, das Licht, was diese Erscheinungswelt erhellt. Wahrnehmung der äußeren Welt, des Raumes, der Zeit und der Dinge der Welt der Sinnesobjekte, das uns vertraute Licht, das aber gleichwohl in dieser Vertrautheit ein großes Mysterium war und nach wie vor ist. Dazu gleich mehr. Dann als zweites Licht, ‒ ein lumen interius, inneres Licht, Auge des Geistes, der Seele, nach Bonaventura, verschafft Zugang zu philosophischer Erkenntnis, zur Logik, zu seelischen Wahrheiten, zum Geistigen, manchmal auch als „imago dei“ bezeichnet, also das Bild Gottes oder des Göttlichen. Und dann gibt es, wird angenommen, ein drittes Licht ‒ lumen superius, ein höheres Licht, Auge der Kontemplation eröffnet Erkenntnis transzendenter Wirklichkeiten, durch die die Seele unmittelbar mit Gott eins wird, manchmal auch dann abgegrenzt als Lux von Lumen.

Also man hat dann eine Dreifachheit, man hat also ein absolutes Licht, eine Art Ur-Licht, in gewisser Weise das Göttliche Selbst, von gleißender, unerträglicher, alle nur denkbaren Sinneswahrnehmungsorgane übersteigender Helligkeit. Man hat dann das Licht des Geistes, und man hat das sogenannte physische Licht.

Nun sind diese Begriffe alle schwierig. Ich habe das schon mal vor drei Jahren, glaube ich, in einer Vorlesung angedeutet, dass allein der Begriff des oder eines physischen Lichtes ungenau ist. Denn Licht, was immer es in der Tiefe sein mag, ist nie im engeren Sinne physisch, kann gar nicht physisch sein und ist auch an sich oder für sich oder allein gelassen, wie jeder weiß, unsichtbar. Das will ich noch einmal in Erinnerung rufen. Ich habe das damals auch gesagt und auch in einer Vorlesung im Sommersemester über Farben und Regenbogen das angedeutet.

Ich will das nur noch einmal kurz in Erinnerung rufen, dass also Licht für sich genommen nicht sichtbar ist. Das ist immer wieder verblüffend oder für manche verblüffend, wenn sie das zum ersten Mal hören. Sie denken, sie trauen ihren Ohren nicht, das Licht soll nicht sichtbar sein, das ist doch unmöglich. Es ist aber tatsächlich so. Licht selber ist vollkommen unsichtbar, genauso unsichtbar wie Materie. Und erst im Wechselspiel der dunklen Qualität Licht mit der dunklen Qualität Materie entsteht diese sichtbare Welt. Nicht, dieses berühmte Beispiel, was Arthur Zajonc in seinem Buch „Catching The Light“, „Die gemeinsame Geschichte von Licht und Bewusstsein“ gleich am Anfang bringt: Wenn man auf der einen Seite eine gleißende Lichtquelle hat und daneben ein Licht, ein Schirm und ein gleißender Lichtstrahl von der einen Seite zur anderen geht und man schaut im rechten Winkel darauf, sieht man nichts, absolute Finsternis. Das heißt der Lichtstrahl, der auf der auf dem Screen, auf dem Schirm, gleißendes Licht hervorruft, ist von der Seite betrachtet gar nicht vorhanden. Es ist absolut dunkel.

Arthur Zayonc hat ja viele sogenannte Astronauten, weil ihn das sehr interessierte, die Frage gefragt: Was habt ihr gesehen da draußen? Ich habe das ja auch im 7. Kapitel meines Buches „Impulse für eine andere Naturwissenschaft“ gebracht. Was habt ihr gesehen, was habt ihr wirklich gesehen? Und er hat immer wieder die gleichen Antworten gehört: Wir haben die Gestirne relativ intensiv wahrgenommen, intensiver als sonst. Wir haben uns quasi eingehüllt gefühlt in diese Gestirne, wird zum Teil gesagt. Auch das wieder variiert im Hinblick auf die Entfernung, in der man sich gerade von der Erde befindet. Man habe die Sonne wie einen Punkt wahrgenommen. Auch das ist zunächst verblüffend für das naive Bewusstsein. Die Sonne wirkt außerhalb der Erdatmosphäre wie ein gleißend heller Punkt, keineswegs wie ein großes Gestirn. Und der Raum selber sei absolut finster gewesen, wird immer wieder gesagt, in einer erschreckenden, in einer erstaunlichen, zwar theoretisch bekannten, aber dann doch existenziell aufwühlenden Dunkelheit. Also, das vollkommene, finstere, quasi-Nichts, das aber das Licht in irgendeiner Form birgt und enthält. Denn eine kleine Drehung etwa in dem genannten Abstand zwischen gleißender Lichtquelle und Schirm, eine kleine Drehung etwa eines Stücks Materie zwischen diesen beiden Polen macht sofort schlagartig das Licht sichtbar oder genauer gesagt: den Gegenstand im Licht sichtbar, nicht das Licht selber. Genauso wie noch niemals ein Mensch dieser Erde jemals einen Lichtstrahl gesehen hat. Es gibt keinen Lichtstrahl. Was gesehen wird, sind nur die sinnlich-physischen, die materiellen Manifestationen dieses quasi-Lichtstrahls. Es ist ein Bild, in gewisser Weise eine Modellvorstellung, dass es so etwas wie Lichtstrahlen im engeren Sinne gäbe. Es gibt eine geradlinige Ausbreitung des Lichtes erst einmal, idealtypisch verstanden, aber im engeren Sinne hat noch nie jemand Lichtstrahlen gesehen.

Das ist wichtig, weil das auch ein Argument ist für ein grundsätzliches Problem, was man, in Parenthese gesagt, in der ganzen Kontroverse von Newton und Goethe berücksichtigen muss. Denn darauf hat Goethe immer wieder hingewiesen, dass man sich hüten müsse, dass die Modellvorstellungen über das Licht, die Bilder, er spricht von den Fiktionen, sich nicht setzen an die Stelle der Dinge selber. Also eine sehr berechtigte Warnung von Goethe in seiner Farbenlehre 1810. Man möge also vorsichtig sein, dass sich nicht eine bestimmte, modellhafte fiktive Größe an die Stelle des Phänomens setzt, was ja immer wieder geschieht in bestimmten experimentellen Situationen und deren Interpretation. Also ein ganz entscheidender Punkt, der hier angesprochen ist. Also Licht selber ist für sich genommen unsichtbar, und Materie ist auch unsichtbar. Die Frage, die sich der naiv-sinnliche Mensch natürlich sofort stellt oder vielleicht weniger als eine rational formulierbar Frage als vielmehr als ein Grundgefühl: Wie ist das möglich, dass es dunkles Licht gibt? Das ist ja letztlich die Konsequenz. Es gibt dunkles Licht.

Vielleicht kennen Sie ein berühmtes spätes Gedicht von Hölderlin, schon an der kritischen Phase kurz vor seinem geistigen Zusammenbruch. „So reiche mir einer die Schale des dunklen Lichtes“, heißt es da. Und wenn Sie bestimmte mystische Traditionen sich anschauen, dann werden Sie immer wieder auf die Vorstellung stoßen des dunklen Lichtes. Was soll ein dunkles Licht sein? Licht ist per definitionem das, was hell ist oder in irgendeiner Form erleuchtet, wenn es auch selber und als solches nicht sichtbar ist. Da berührt man schon allein vordergründig physikalisch, ohne dass man da ganz tief gehen müsste, philosophisch, erkenntnistheoretisch, eine wichtige Stelle beim Licht. Das Licht ist eigentlich dunkel, und doch erleuchtet es die Welt, macht die Dinge sichtbar.

Geschichtlich gesehen, das wissen Sie alle, hat die Vorstellung über lange Zeiträume geherrscht, dass es im Grunde genommen keinen Unterschied macht, ob ein geistig-spirituelles Licht wahrgenommen wird oder ein sogenanntes physisches Licht. Die Erleuchtungserfahrung aller Zeiten und Kultur und mystischer Tradition, spiritueller Überlieferungen gilt ja als eine Licht-Erfahrung. Der so Beglückte, Beseligte oder auch Erschütterte nimmt das Licht wahr, er nimmt eine Lichtüberflutung wahr, Kaskaden des Lichtes und deutet diese ihm geschehene Offenbarung der Licht-Manifestation als Erleuchtung, als Erfahrung des Göttlichen, wie immer, und letztendlich dann auch das Licht des Tages als etwas zutiefst Göttliches. Das ist so genau nie getrennt worden, und auch in der Dreifachheit, von der ich gesprochen habe, ist es ja so gesehen worden, dass das absolute Licht auf dem Grunde der Welt das Göttliche bedeutet, ja ist, und dass von diesem Ur-Licht, von dem absoluten Licht, die beiden anderen Lichtformen emanieren.

Das können Sie durch die gesamte Philosophie, etwa des Neuplatonismus, ganz klar verfolgen, als Beispiel, als eine große, wichtige philosophische Tradition, die hier eine Rolle spielt. Und das hat sogar an der Schwelle der neuzeitlichen Naturwissenschaften eine entscheidende Rolle gespielt. Ich habe das in meinem Kopernikus-Büchlein in der Mitte der achtziger Jahre auch schon gebracht, dass die Überzeugung, dass die Sonne als die Lichtquelle der Gestirne eine zentrale Position haben müsste, war ein wesentliches Movens für die „Entthronung“, in Anführungszeichen, der Erde aus der Mittelpunktposition des Universums.

Es gibt eine berühmte Stelle in den kopernikanischen „Revolutiones“. Ich darf das mal kurz zitieren, ich habe das hier gebracht in der Rowohlt-Monografie über Kopernikus. Die ist die am meisten zitierte Stelle überhaupt bei Kopernikus. Aber sie ist wichtig auch für unser Thema. Achten Sie mal darauf, wie Kopernikus selber diese Lichtqualität beschreibt. Macht er einen Unterschied, oder ist das für ihn letztlich das Gleiche? Ich lese mal vor aus dem berühmten Buch über die Kreisbewegung der Himmelskörper von 1543: „In der Mitte aber von allen“, gemeint ist das Sonnensystem, „steht die Sonne. Denn wer wollte diese Leuchte in diesem wunderschönen Tempel an einen anderen oder besseren Ort setzen, als dorthin, von wo sie das Ganze zugleich beleuchten kann?“ Also hier wird die Ausleuchtungsfähigkeit der Sonne als ein Argument angeführt, dass diese Sonne in der Mitte der Welt stehen müsste. „Denn wer wollte diese Leuchte in diesem wunderschönen Tempel an einen anderen oder besseren Ort setzen, als dorthin, von wo sie das Ganze zugleich beleuchten kann? Zumal einige sie, nicht unpassend, das Licht, andere die Seele, noch andere den Lenker der Welt nennen.“ So bezieht er sich, ohne es direkt zu sagen, auf die neuplatonische Tradition, insbesondere auf den „Timaios“ von Platon. „Trismegistos bezeichnet sie als den sichtbaren Gott.“ Trismegistos, das meint „Hermes Trismegistos“, eine Sammlung von Schriften, 42 an der Zahl, von der man in der Renaissance bis ins späte 17. Jahrhundert hinein glaubte, dass diese Texte uralt sind. Noch Newton war der Überzeugung, dass diese Texte eine uralte Weisheit widerspiegeln vor der griechischen Philosophie und vor Moses. Also all diese Texte galten als sehr alt, man hat lange gerätselt, wann sind sie wirklich entstanden? Man weiß es nicht. Es gibt Spekulationen darüber, zweites, drittes, viertes Jahrhundert nach Christus. Neuerdings wird es wieder angezweifelt. Einige meinen, die Texte seien doch viel älter, als man angenommen hat. Also Trismegistos bezeichnet sie als den sichtbaren Gott. Also eine interessante Passage, ‒ der sichtbare Gott. „Die Elektra des Sophokles als den alles Sehenden.“ Damit wird also der Lichtqualität, der kosmischen Lichtqualität die Qualität auch des Sehens zugesprochen. Wir werden nicht nur, wir sehen nicht nur das Licht oder die Dinge im Licht, wir werden auch vom Licht gesehen. „So lenkt in der Tat die Sonne auf dem königlichen Thron sitzend, die sie umkreisende Familie der Gestirne. Auch wird die Erde in keiner Weise um den Dienst des Menschen, des Mondes gebracht, sondern der Mond steht, wie Aristoteles in seinem Werk „Di Animalibus“ sagt, mit der Erde im engsten Verwandtschaftsverhältnis. Indessen empfängt die Erde von der Sonne und wird schwanger mit jährlicher Geburt.“, also ganz metaphorisch-blumig, kann man sagen, poetisch hier von Kopernikus, der ansonsten eher ein nüchterner Geist war. „Wir finden also in dieser Anordnung eine bewunderungs­würdige Symmetrie der Welt und einen festen harmonischen Zusammenhang zwischen der Bewegung und der Größe der Bahnen, wie man ihn auf andere Weise nicht finden kann. Denn hier kann der aufmerksame Beobachter feststellen, warum das Vor- und Zurückgehen beim Jupiter größer erscheint als beim Saturn und kleiner als beim Mars und wiederum bei der Venus größer als beim Merkur“ und so weiter. ‒

Ganz kurz noch hier der Kommentar, den ich hier gebe in dem Büchlein, ein paar Sätze dazu. „In der Mitte aber von allen steht die Sonne. Mit diesem Satz beginnt einer der berühmtesten und meist zitierten Passagen der ,Revolutiones‘, von Interpreten häufig als Indiz gewertet für die Abhängigkeit des Kopernikus von der neuplatonischen Licht-Metaphysik, wie sie etwa in Marsilius Ficinus Schrift ,De Sole‘, ,Über die Sonne‘, zum Ausdruck kommt. Zuweilen wird gar die Geburt des heliozentrischen Grundgedankens aus der neuplatonischen Sonnenverehrung abgeleitet, so als sei diese der entscheidende Anstoß für Kopernikus gewesen, die traditionelle Astronomie zu verlassen. Eine derartige Interpretation kann leicht in die Irre führen, zumal wenn sie außer Acht lässt, dass auch innerhalb des ptolemäischen Weltsystems eine Art von Heliozentrik gegeben war, die zentrale Position der Sonne auf dem Weltradius zwischen Erde und Außensphäre, was meist vergessen wird.“ Also auch da gibt es eine Art Heliozentrik, die Sonne genau auf der Mitte des Abstandes zwischen dem Planeten, zwischen der Erde und der Fixsternsphäre. Platon hat noch darüber gegrübelt, ob man der Sonne nicht vielleicht die zweite Sphäre zuordnen müsste, damit sie die Welt optimal ausleuchtet. Also, Sie spüren das, dass bei Kopernikus, wie später noch stärker, noch stärker auch poetisch angereichert, dann bei Kepler gar keine klare Unterscheidung existiert zwischen diesen Lichtern. Das sogenannte physische Licht ist gleichzeitig das geistige, das spirituelle Licht, und die kosmische Ordnung wird von dieser Lichtmanifestation entscheidend mitbestimmt, ganz zentral dann bei Kepler.

Erleuchtungserlebnisse als Sonnen- oder Licht-Einflutungen, wenn man so will, gibt es nicht nur in der asiatischen Tradition, wo sie ja bekannt ist. Es gibt sie auch in der europäisch-abendländischen Überlieferung, und es gibt sie in einer sehr prominenten Stelle, auch bei dem größten Denker der Renaissance, bei Giordano Bruno, der in seiner Schrift „Die heroischen Leidenschaften“ ein solches Erlebnis einer Licht-Überflutung oder Licht-Ekstase, wie immer man das nennen will, beschreibt, die ihm im Alter von dreißig Jahren zuteil geworden sei. Das heißt, da er 1548 geboren ist, im Jahre 1578. Ich bringe das hier in der Bruno-Monografie an einer Stelle. Ich will das mal vorlesen, weil das im Grunde genommen eine Art von Erleuchtungserlebnis beschreibt, wenn Sie das so nennen wollen, nicht aus der buddhistischen oder asiatischen Tradition, sondern aus der westlichen Tradition. Also Giordano Bruno beschreibt, was ihm widerfahren ist im Alter von dreißig Jahren. Und auch er, das wird Ihnen auffallen, verbindet die geistig-spirituelle Lichtdimension mit der naturphilosophisch-kosmischen Lichtdimension.

„Die Strahlen oder Pfeile Apollons“, schreibt er, „offenbaren die göttliche Güte, Einsicht, Schönheit und Weisheit je nach den verschiedenen Wesensordnungen, wie sie nur durch leidenschaftlich Liebende aufgenommen werden. Das aber geschieht, sobald der Getroffene, nicht mehr mit diamantartiger Oberfläche das eindringende Licht zurückwirft, vielmehr durch die Glut und Helligkeit aufgeweicht und bezwungen, in seinem ganzen Wesen lichtartig wird. Er selbst wird gleichsam Licht, in dem dieses sein Fühlen und Denken durchdringt.“ Also man kennt solche Aussagen ja aus der Tradition etwa buddhistischer Erleuchtungserlebnisse. Also, „durch die Glut und Helligkeit aufgeweicht und bezwungen in seinem ganzen Wesen lichtartig wird, er selbst gleichsam Licht, in dem dieses sein Fühlen und Denken durchdringt. Das ist am Anfang bei der Zeugung noch nicht der Fall. Wenn die Seele, gerade eben berauscht aus dem Lethe und ganz durchtränkt aus den Wassern des Vergessens und der Verworrenheit hervorgeht, da ist der Geist noch zu sehr in die Gefangenschaft des Körpers und in den Dienst des vegetativen Lebens eingeengt. Der Begeisterte, der hier spricht“, er meint sich selbst, „bekennt 6 Lustren“, das sind 30 Jahre, „in dieser Verfassung“, also der Unerleuchtetheit, „Gebundenheit an die Materie verharrt zu haben und in ihrem Verlaufe noch nicht zu jener Reinheit der Einsicht gelangt zu sein, die ihn befähigt hätte, zur Wohnstatt der fremden Gestalten zu werden, die immer an die Tür der Vernunft pochen und sich allen in gleicher Weise darbieten.“

Also diese Lichtstrahlung des Geistes, dieses spirituelle Licht, ist immer anwesend, pausenlos, permanent anwesend. Nur meistens ist das Selbst dagegen diamantartig abgepanzert. „Schließlich aber ließ die Liebe, die ihn bis dahin vergeblich von verschiedenen Seiten her und zu verschiedenen Malen angegriffen hatte, ebenso wie man sagt, dass die Sonne für jene, welche im Innern der Erde im tiefen Dunkel sind, vergeblich leuchte und wärme, sich in den geheiligten Lichtern nieder. Sie zeigte ihm durch zwei intelligible Gestalten“, also geistig-seelische, metaphysische oder übersinnliche Gestalten, „die göttliche Schönheit. Diese band ihn nämlich durch die Sinngestalt der Wahrheit, die Vernunft und erwärmt ihn durch die Gestalt der Güte das Gefühl. So wurde das materielle und sinnliche Begehren überwunden, das vorher triumphierte, da es trotz der Vortrefflichkeit der Seele ungebrochen blieb. Nun konnten jene Strahlen, welche vom erleuchtenden und wissenden Geist, von der Sonne der Einsicht ausgesandt wurden, leicht durch seine Augen eingehen, und zwar die der Wahrheit durch die Pforte der erkennenden Kraft, die der Güte durch die Pforte des Begehrens ins Herz, d. h. ins Grundwesen des Gefühls, also so zum ersten Mal in dieser Weise erwärmt und im Geiste erleuchtet wurde, war jener siegreiche Punkt und Augenblick erreicht, von dem gesagt wird: vicet instans, der Augenblick siegt.“

Also eine klassische, eine, wenn man das genau liest, sehr genaue, hochsignifikante und faszinierende Beschreibung einer Lichtmanifestation, einer Art Erleuchtung, eines Erleuchtungserlebnisses. Das scheint offenbar früheren Bruno-Darstellern und -Forschern nicht aufgegangen zu sein. Aber seitdem das dann auftauchte in der Bruno-Monografie, geistert also das Erleuchtungserlebnis Brunos, dankenswerterweise kann man sagen, durch die Bruno-Literatur, und selbst der unsägliche Eugen Drewermann hat sich das in seinem Buch nicht nehmen lassen, dann auch von dem Erleuchtungserlebnis Brunos zu sprechen, das ihn an einem Strand zuteil wird, das fabuliert dann Drewermann sich zusammen. Es war dunkel, wolkenverhangenen Himmel, plötzlich brach die Sonne durch die Wolken, und, natürlich, Bruno sieht eine schöne Frau. Und dieser Zusammenhang, der plötzlich durchbrechenden Sonne zusammen mit der schönen Frau, macht das frei in seiner Seele, was vorher verschlossen war.

Gut, auf jeden Fall eine klare Beschreibung einer Lichtmanifestation, auf die Bruno seine gesamte Kosmologie und Philosophie zurückführt. Denn von diesem Augenblick an, soweit wir das zurückverfolgen können überhaupt, ist die gesamte Grundstruktur dieser revolutionären Kosmologie vollkommen fertig da, wird also nur noch modifiziert. Das hat ja immer wieder Verblüffung ausgelöst, wie Bruno so viele Dinge hat sagen können, ohne jemals ein Fernrohr benutzt zu haben. Es gab das Fernrohr noch nicht, es wurde ja erst 1610 erfunden. Also viele Dinge [hat er] einfach intuitiv geschaut, gewusst und erkannt. Eine zweite kurze Stelle aus einer ganz anderen Schrift, wo noch einmal auf diese Licht-Metaphysik eingegangen wird, und zwar in der Schrift „Die Fackel der dreißig Statuen“. Da schreibt er im Zusammenhang mit der Weltseele, anima mundi, die häufig auch als Weltlicht interpretiert wird, als Grundprinzip des Welt-Zusammenhangs, Zitat Giordano Bruno: „Wenn es eine Sonne gibt und einen zusammenhängenden Spiegel, dann kann man die eine Sonne in jenem ganzen Spiegel betrachten. Wenn es nun aber geschieht, dass jener Spiegel zerschlagen wird und in unzählige Teile zersplittert, so repräsentiert doch jeder Teil das Ganze, und wir sehen in jedem Splitter das ganze ungeteilte Bild der Sonne. In diesen Splittern aber wird wegen ihrer Kleinheit und weil sie in Unordnung geraten sind und sich vermischt haben, fast nichts mehr von der universellen Form erscheinen, die aber dennoch in ihnen enthalten ist, allerdings auf unentfaltete und verborgene Weise.“

Also in jedem kleinsten Teil der physisch-sinnlichen Materie, ist letztlich noch, wie in einem zerbrochenen Spiegel, das Ganze, wenn auch unentfaltet, enthalten, unmani­festiert. Also auch ein ganz wesentlicher Punkt, wo Bruno keinen substanziellen Unter­schied macht zwischen dem sogenannten physischen Licht und dem metaphysischen Licht.

Nun nochmal erkenntnistheoretisch, das ist wichtig für das ganze Thema ‒ physisches Licht oder metaphysisches Licht. Licht ist ja nur Licht, wenn es wahrgenommen wird, auch indirekt. Das energetische Korrelat, die energetische oder quasi-materielle Entsprechung des Lichtes ist ja nicht das Licht. Das ist ja ein Thema, was ich verschiedentlich auch angesprochen habe im Zusammenhang mit den Farben. Man kann zwar bestimmte Farben bestimmten Wellenlängen und Frequenzen zuordnen, das geht, das ist möglich. Dann hat man das quasi materielle Korrelat dieser Farben. Man hat aber nicht die eigentliche Qualität dieser oder jener Farbe. Die Qualität dieser oder jener Farbe bedingt ein wahrnehmendes Subjekt, bedingt ein wahrnehmendes Bewusstsein, ein Auge, eine seelisch-geistige Wesenheit, wahrscheinlich Ich-Wesenheit. Das ist wichtig, weil in den reduktionistischen Ansätzen, Natur zu betrachten, häufig dieser Punkt vergessen oder, schwächer formuliert, vernachlässigt wird. Man betrachtet oft nicht genau genug das, was wirklich passiert. Licht ist ein Wahrnehmungsvorgang.

Es geschieht etwas im Raum in einer bestimmten energetisch-materiellen Konfiguration, und das erscheint diesem Auge, einem Betrachter, als Licht. Das, was dieses Licht unabhängig von dem es betrachtenden Auge ist oder sein könnte, ist von diesem betreffenden Subjekt aus gar nicht entscheidbar. Es ist auch müßig. Es ist genau die Frage, die man ja immer wieder stellen kann: Was wäre eine Welt, grundsätzlich, wenn es nicht denjenigen gibt, der sie betrachtet? Naiv und schnell kann man sagen, natürlich existiert die Welt auch, wenn man sie nicht betrachtet. Schwieriger wird die Frage im Zusammenhang mit dem Licht. Gibt es das Licht, auch wenn es nicht gesehen wird, in diesem indirekten, von mir genannten Sinne? Das ist nicht entscheidbar die Frage, weil letztlich Licht als Licht, wie wir es verstehen, immer ein Gesehen-werden bedeutet oder ein Sehen von Dingen durch das selbe, in einem höheren Sinne vielleicht sogar grundsätzlich ein Von-diesem-Licht-gesehen-werden, von einem quasi göttlichen Auge aus dem Kosmos heraus Angeblickt-werden. Ein entscheidender Punkt für die ganze Frage nach dem Licht. Wenn man das Licht genauer betrachtet, sozusagen direkt auf das Licht zumarschiert, mittels Experimenten, mittels reduktionistischen Verfahren, mittels immer mehr verfeinerter technischer Instrumentarien, wird es immer rätselhafter. Es ist nicht so, dass das Licht in irgendeiner Form an irgendeiner Stelle sein Geheimnis offenbart und nun wüssten wir, was das Licht ist. Das ist gerade nicht der Fall. Das hat der Arthur Zajonc in seinem wunderbaren Buch „Gemeinsame Geschichte von Licht und Bewusstsein“ geradezu zu einem Leitmotiv gemacht. Das Licht, je mehr man sich damit beschäftigt und je genauer man auch experimentell ihm quasi auf den Leib rücken möchte, [es] immer rätselhafter wird, so dass man auch sagen muss, dass alle Vorstellungen, die existieren, gehandelt werden und mittels deren man auch in bestimmten Grenzen experimentelle Voraussagen machen kann, letztlich Bilder sind, die in irgendeiner Form dieses an sich rätselhafte mysteriöse Licht ins Nahe bringen.

Etwa die Photonen-Vorstellung. Es hat noch niemals ein Mensch dieser Erde wirklich ein Photon nachgewiesen. Das weiß jeder kritische Physiker ganz genau. Es gibt keine in sich konsistente Theorie, auch Quantentheorie, der Existenz von Photonen. Das ist eine bestimmte modellhafte Überlegung im Zusammenhang mit Licht, Emission und Absorption, die sich in bestimmten Grenzen als sinnvoll, als fruchtbar und auch als erfolgversprechend gezeigt hat. Damit ist noch lange nicht gesagt, dass [es] in dem eigentlichen Sinne als objektive Entität Photonen gäbe. Insofern ist streng genommen auch der Titel des wichtigen Buches von Marco Bischof über die Forschung von [Fritz-Albert] Popp und anderen „Bio-Photonen“ unzulänglich, weil es voraussetzt, dass Photonen wirklich existieren. Nicht, das ist auch schon schwierig, überhaupt klar festzumachen. Auch das wird von kritischen Physikern auch eingeräumt, zugegeben. Man sagt, gut, das sind Bilder, mit denen können wir rechnen, mit denen können wir auch bis zu einem gewissen Grade Voraussagen machen.

Was die raumüberbrückende Bedeutung des Lichtes anlangt, über große Entfernung hinweg, so ist sowieso die Wellentheorie wesentlich erfolgreicher und kann da ja auch mit einer erstaunlichen Erfolgsquote angewendet werden und hat natürlich auch dann sofort, und das wird uns ja noch das nächste Mal beschäftigen, die Frage aufgewühlt geradezu: Wenn es denn tatsächlich so sein sollte, dass das Licht mit dieser aberwitzigen Geschwindigkeit von Billionen, zig Billionen Schwingungen pro Sekunde der winzigsten Wellenlänge schwingt, worin schwingt das Licht? Gibt es ein Etwas, in dem das Licht schwingt? Oder schwingt das Licht quasi im Nichts; sozusagen das schwingende Nichts oder das schwingende Etwas ‒ war die Frage. Das hat ja dann auch zu dieser ganzen Debatte geführt um die Frage des Äthers. Das habe ich ja am Freitag in der Werkstatt für dezentrale Energieforschung vorgetragen. Einige waren ja da, und ich will das in anderer Form dann auch in der nächsten Vorlesung am Dienstag bringen, weil das tatsächlich ein entscheidender Ansatzpunkt ist für die weiterführende Frage nach dem Licht. Denn das soll auch das Schwerpunktthema in diesem Semester sein. Das haben sie ja in der Übersicht gesehen: Licht und Bewusstsein. Ich habe ja in jedem Semester ein Schwerpunktthema, und das ist diesmal tatsächlich das Schwerpunktthema: Licht und Bewusstsein. Und in gewisser Weise wird wahrscheinlich auch, obwohl auf ganz andere Weise, der Gastvortrag dann in 14 Tagen in diese Richtung gehen können und darauf hinweisen.

Ich erlaube mir noch mal, das ganz kurz zu sagen, weil es ständig durcheinander gegangen ist. Nicht nächste Woche ist der Gastvortrag, habe ich wieder gestern bei Johannes Heinrichs die falschen Übersichten gesehen. Mit den vertauschten Daten, nicht nächste Woche ist der Gastvortrag, sondern in 14 Tagen, also nächste Woche am 16., wie es hier richtig steht auf dem Plan spreche ich über Lichtäther und Raumäther und überhaupt über die Äther-Frage, und in 14 Tagen wird die daoistische Philosophie von Lu Jin Chuan durch seinen Schüler Heiko Lassek dargestellt, weil der betreffende Dao-Großmeister nicht kommen kann, weil er kein Visum bekommen hat. Also in 14 Tagen ist dieser Gastvortrag von Heiko Lassek.

Ganz verblüffend zum Beispiel, nur mal eine kleine Facette von ganz vielen Facetten, die Zajonc darstellt, ist, dass es noch nicht einmal möglich ist, obwohl das allem naiven Raumgefühl und Ortszurechnungsgefühl widerspricht, den Ort, den genauen Ort des Lichtes festzustellen. Das Licht ist nicht einmal exakt lokalisierbar. Er gibt hier einen eindrucks­vollen Passus hier am Ende seines Buches „Der Ort des Lichtes“: „In einem wichtigen Aufsatz aus dem Jahre 1949“, ich zitiere mal eine kleine Passage hier, „befassen sich Eugen Wegener und T. D. Newton damals an der Princeton University, mit der Frage nach dem Ort von Elementarteilchen, Elektronen, Protonen, Mesonen und Photonen. Sie interessierten sich für lokalisierte Zustände, das heißt, sie suchten nach einer Möglichkeit, den Ort von Teilchen, den hypothetischen Photonen im System der Quantenmechanik eindeutig zu definieren. Alles ließ sich recht gut an, die Elementarteilchen, die wie das Elektron Neutronmasse besitzen, bedeuteten kein besonders Problem. Doch als sie sich dem Licht zuwandten, gab es Schwierigkeiten. Sie gelangten zu der Erkenntnis, das Licht stelle eine Ausnahme dar. Innerhalb der Quantentheorie konnten sie kein mathematisches Objekt finden, das dem Konzept des Ortes oder der Position, wie es uns geläufig ist, entspricht. Diese Beobachtung, ihre Schwierigkeit, den Ort des Lichtes zu entdecken, hat bis heute unverändert Bestand. In ihrer Analyse des Lasers beschreiben Marlen Scully, Mary Sargent und Willis Land eingehend, wie das Licht zwischen den beiden Spiegeln eines Laser-Hohlraums hin und her geworfen wird. Wenn wir uns das Licht korpuskular vorstellen könnten, würden wir uns den Vorgang natürlich als eine Art Tennismatch denken, bei dem die Bälle im Hohlraum hin- und herprallen. Doch das ist nicht der Fall.“ Dieser Hohlraum wird auch als Kavität bezeichnet. „Doch das ist nicht der Fall. Dazu die Autoren: ,Photonen sind innerhalb der Kavität nicht zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort wie verschwommene Bälle zu lokalisieren. Vielmehr breiten sie sich über den gesamten Hohlraum aus.‘ Tatsächlich ist nie eine befriedigende Quantentheorie der Photonen als Teilchen vorgelegt worden,“ das habe ich schon gesagt, „im Gegensatz zu einer weit verbreiteten populären Auffassung, dass dies doch der Fall sei. Im Laufe der letzten 60 Jahre hat man sich immer wieder bemüht, aus der Quantentheorie eine Ortsbestimmung für das Licht abzuleiten, aber sie hat diesem ständig verweigert, was sie Masseteilchen so bereitwillig zugesteht. Warum ist das Licht nicht bereit, seinen Ort preiszugeben?“ ‒

Also eine verblüffende Tatsache, die jedem naiven, naiv-realistischen Vorstellungs­vermögen zuwiderläuft. Warum soll ein Ding, ein Es, ein Etwas, eine Qualität, keinen klar zuschreibbaren Ort haben? Das ist beim Licht tatsächlich der Fall. Das hat auch bei Zajonc dann dazu geführt, anzunehmen, das Licht habe eine grundsätzlich wesensverschiedene Qualität von allen sonstigen Phänomenen in der Welt. Es sei sozusagen eine Art Ur-Licht in der Materie, das sich auch sogar dem normalen Verständnis von Zeit, Raum und Kausalität widersetzt. „Inzwischen sollte längst deutlich geworden sein“, schreibt er am Ende seines Buches, „dass Licht einen ganz eigenen Charakter besitzt. Alle natürlichen Annahmen, die wir im Hinblick auf das Licht hegen, Annahmen, wie sie uns aus alltäglichen Verhältnissen vertraut sind, führen in die Irre. Wenn wir uns in die Domäne des Lichts begeben, geraten wir auf anderes Terrain. Wir müssen lernen, hinter uns zu lassen, was uns in der Vergangenheit lieb geworden ist und auf jeder Ebene zu den Urphänomen des Lichts vordringen. Teilchen, Wellen, Ort, alles sollte wie schmutzige Sandalen an der Schwelle dieses Tempels zurückgelassen werden. Das Licht in seinem Innern gehört einer anderen Ordnung an als die Objekte draußen.“

Das ist eine sehr weitgehende Aussage, nochmal: „Das Licht in seinem Innern gehört einer anderen Ordnung an als die Objekte draußen. Es regt uns an zu subtilen Gedanken, die auf dem Marktplatz nicht gängig sind. Wie Brunelleschi stehen wir im Portal zwischen Heiligtum und Piazza. Er blickte hinaus, interessiert an der Geometrie des Sehens. Wir wenden uns nach innen, fasziniert von der Morphologie des Lichts. Aus der Verbindung unserer aufgeschlossenen Vorstellungskraft mit den harten Fakten der Forschung geht die Einsicht in die Geheimnisse des Lichtes hervor.“

Also, es ist ein erstaunliches Phänomen, das, ich sage es noch mal, je mehr man dem Licht auf einem direkten experimentellen Wege gleichsam auf den Leib, auf den feinstofflichen Leib zu rücken versucht, umso mehr entzieht sich dieses Licht. Das lässt weitreichende Schlussfolgerungen oder Interpretationen zu. Was ist überhaupt dieses Licht? Und natürlich, die Frage, lässt sofort die Frage aufkommen, wie verhält sich diese Art von Licht dann zu Bewusstsein? Müssen wir sagen, dass es dann doch eine quasi physikalische Form des Lichtes gibt und daneben noch eine vollkommen andere, etwa ein Traum-Licht? Was etwa ist das Licht, was Träume illuminiert? Was ist das Licht, das den Geist erleuchtet? Und da sind wir an eine Grenze geraten, die die Denker natürlich immer intensivst beschäftigt hat und immer wieder zu neuen Überlegungen Anlass gegeben hat. Ich habe das auch getan in diesem Buch. Ich habe den Versuch gemacht, eine Art absolutes Licht zu konstatieren und von dort abzuleiten eine Art relatives Licht, wobei das relative Licht mit einer bestimmbaren Geschwindigkeit innerhalb dieses quasi absoluten Lichtes läuft, wobei dieses absolute Licht in diesem üblichen Sinne weder Geschwindigkeit hat, noch im engeren Sinne den physisch-sinnlichen Lichtqualitäten überhaupt ähnelt. Dann könnte man fragen, ist es legitim, überhaupt diesen Begriff zu verwenden? Dann ist man natürlich letztlich bei einer Licht-Metaphysik, ja, Licht-Mystik, wenn man das so nennen will, die man dann auch unterfüttern müsste, was ich glaube auch getan zu haben. Das ist auch ein wesentlicher Aspekt in diesem Buch, eine Art von Licht-Metaphysik, die in Verbindung steht mit einer bestimmten Vorstellung des Äthers.

Und wenn Kopernikus, und nach ihm verstärkt Kepler, und andere auf die Sonne verweisen, dann muss man einfach in Erinnerung rufen, das ist auch am Freitag in der Diskussion in der Werkstatt für dezentrale Energieforschung ganz deutlich geworden, dass wir über die sogenannte Sonne fast nichts wissen. Es gibt bestimmte theoretische, modellhafte Vorstellungen, was die Sonne sei, ein glühender Gasball oder ähnliches, aber man staunt, wenn man die Phänomene genauer betrachtet, was wirklich beobachtet wird und was daraus abgeleitet wird, wie wenig gestützt und sicher dieses sogenannte Standardmodell ist. Das wird auch gelegentlich direkt oder indirekt zugegeben. Das heißt, man muss sich dazu bequemen, dass letztendlich die Frage nach dem Zentralgestirn des Sonnensystems immer noch eine Rätselfrage ist. Es gibt so viele quälende und ungelöste Fragen darüber, dass man sich wirklich dazu bequemen muss, einfach zu sagen, wir wissen es einfach nicht. Und es wäre vielleicht gut, die ganze Frage noch mal in eine völlige Offenheit zu stellen und nicht zu denken, wir hätten die Antworten.

Und das geschieht auch. Das ist ein ganz wichtiger Prozess, der in diesen Jahren, wenn ich es richtig beobachte, läuft, dass tatsächlich, verdeckt noch und nicht marktschreierisch offen, diese Frage neu und offen gestellt wird, nämlich die Frage auch nach der Sonne, die wir vollkommen selbstverständlich ständig voraussetzen, wie man ständig voraussetzt, dass die Erde rotiert, dass die Erde sich bewegt. Das ist alles letztlich genauso. Ich habe Ihnen das ja letztes Mal erläutert, vollkommen ungeklärte Fragen. Das ist ja auch gesagt, dass kein Physiker dieser Erde weiß, warum sich die Erde dreht oder sich die Erde bewegt. Es gibt keine wirklich kausale substantielle Erklärung dafür. Es gibt nur ganz bestimmte Fiktionen, mit denen man rechnen kann, aber nicht wirklich eine kausale, eine substantielle Ursache-Wirkung-Erklärung.

Insofern ist es wichtig bei der ganzen Frage, das Mysterium, das das Licht darstellt, wirklich anzuschauen. Es ist nicht eine Mystifizierung des Lichtes oder sogenannter knallharter physikalischer Fakten. Das ist überhaupt nicht der Fall, eher im Gegenteil. Je genauer man hinschaut, umso rätselhafter, umso mysteriöser wird das Licht, und umso mehr bleibt die Frage letztlich eine beunruhigende und offene Frage, die ich auch nicht lösen kann, wie denn nun dieses spirituelle oder geistige Licht zusammenhängt mit dem sogenannten physisch-sinnlichen Licht, was man ja sowieso als solches nicht sehen kann. Man könnte sogar noch überspitzt sagen, aperçu-haft: Das eigentlich sichtbare Licht ist gerade das spirituelle Licht. Als These mal in den Raum gestellt: Das eigentlich sichtbare Licht, und zwar als solches sichtbare Licht, ist das spirituelle und geistige Licht, während das sogenannte physische Licht nur indirekt sichtbar ist, nur über die Verbindung mit der an sich dunklen Materie. Auch das ist ja im Grunde ein beunruhigendes Phänomen. Das wirft ja Fragen auf, die schwindelerregend sind. Die meisten Menschen denken darüber nicht nach, aber wer darüber nachdenkt, der kommt in einen merkwürdigen Sog rein.

Das wirft ja auch Fragen auf, etwa nach der Natur des Raumes und nach dem Zusammenhang von Raum und Licht. Das hat ja viele Astronauten auch total irritiert, denn es gab ja immer eine gewisse, sagen wir mal, emotionale Erschütterung auch über diese Frage. Was ist das eigentlich? Man hatte sich das ganz anders vorgestellt. Und obwohl es da gewisse Unsicherheiten gibt, wenn sie das mal verfolgen, was genau wahrgenommen wird, werden sie auf Widersprüche stoßen. Ich habe mir die Mühe gemacht, habe das mal genau recherchiert. Leider ist es widersprüchlich, also wenn Sie sagen, was haben die Astronauten etwa auf dem Flug vom Mond zur Erde und umgekehrt genau wahrgenommen? Dann ist das oft eine nachträgliche Interpretation. Selbst bei dem Edgar Mitchell, der in seinem berühmten Buch „Apollo 14 Astronaut“, der in seinem berühmten Buch darüber berichtet, selbst bei ihm kann man gewisse Zweifel haben, weil er hat das Buch, obwohl es schon seriös ist und man ihm das auch abnehmen kann, aber er hat es überarbeitet, und er hat es unter der, sagen wir mal, unter der Federführung eines Schriftstellers, der ihm den Text hat schreiben helfen, abgefasst. Und da ist es natürlich schwierig, ob ihm nicht da bestimmte Formulierungen dann unterlaufen sind, die das Phänomen wieder in ein anderes Licht stellen; also das nur mit aller Vorsicht gesagt.

Und das bleibt eine große Frage: Also welche Lichtqualität verbirgt sich im Dunkeln? Was ist dieses dunkle Licht, und was hat das dunkle Licht mit dem Raum zu tun? Und was hat das dunkle Licht mit dem Bewusstsein zu tun? Denken Sie an Novalis „Die Hymnen an die Nacht“, da haben Sie das ganz genau. Erst der große Hymnus an das Licht und dann „..abwärts wend ich mich nun zu der heiligen, unaussprechlichen Nacht“. Dann kommt plötzlich die Wendung zur Nacht, die auch eine Liebesqualität hat, aber auch eine Lichtqualität, also die Liebes- und Licht-Qualität in der Finsternis, gleichzeitig. Und das finde ich sehr dankenswert von dem Arthur Zajonc, dass er immer wieder betont in seinem Buch, dass man diese beiden Stränge gar nicht so streng trennen kann. Man kann nicht sagen, das ist die mystisch-poetische Dimension und das ist die faktische Dimension, weil an dieser Stelle, was das Licht betrifft, ist diese Trennung nicht zu vollziehen, und dann ist die Frage, ob man sie überhaupt vollziehen kann. Was beim Licht zu beobachten ist, mag vielleicht generell zu beobachten sein. Es gibt ja bei einigen Theosophen, Anthroposophen und anderen interessante Überlegungen dazu, die ich nur bedingt teile, aber die zumindest aufmerken lassen. Zum Beispiel gibt es bei Steiner, habe ich gelesen, einen Gedanken, dass er sagt, ich weiß es nicht genau, wo es steht, dass er sagt: Licht von innen betrachtet, das sind Gedanken. Also es wird dann, darauf baut er eine ganze Reihe von Überlegungen auf und es geht schon von bestimmten Prämissen aus, aber er sagt praktisch, was wir als Licht wahrnehmen, ist nur die Erscheinung, dahinter ist Geist, und zwar Gedanken, das Licht denkt, es denkt, Wesen denken, und wir nehmen dieses Denken als Licht wahr; was immer man davon jetzt halten mag. Eine Aussage jedenfalls, auf die ich gestoßen bin, in irgendeinem der späten Steiner-Vorträge.

Gut, ich will erst einmal an der Stelle einen Schnitt machen. Ich habe jetzt keine Pause gemacht. Ich will das, was jetzt weiter zu sagen wäre, von hier aus auch weiterführen, in der nächsten Vorlesung. Ich greife also direkt nochmal an der Stelle ein , bei der Licht-Frage, und gehe dann über zur Frage des Licht-Äthers und zu dem ganzen Zusammenhang von Licht, Raum, Bewusstsein, auch Raum-Energie, Licht, Bewusstsein, womit man sofort dann zentral in der Frage des Äthers ist, die eine in den letzten Jahren sehr stark diskutierte Frage ist, nachdem jahrzehntelang der Äther als tot galt in der herkömmlichen Physik, meldet er sich ja wieder zurück quasi und ist auf die Bildfläche zurückgekehrt, sagen wir mal im Bereich der sogenannten „New Science“, in den Überschneidungszonen zwischen etablierter Wissenschaft und Grenzwissenschaften.

Und ich habe mich zu dieser Frage auch in dem Buch eingehend geäußert und habe da auch eine eigene Äther-Theorie in die New Science eingebracht. Ich denke, dass ich ausnahmsweise mal der Aktualität des Tages wegen das jetzt so handhabe, wie ich es gesagt habe und überlasse dann Ihnen, wie sie den Tag noch weiter gestalten.

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