Licht und Finsternis, die Farben und der Regenbogen

Vorlesungsreihe:

Das lebende Buch der Natur, Teil I
Tiefenökologie und Neue Naturphilosophie

Humboldt-Universität zu Berlin
Sozialökologie als Studium Generale / Sommersemester 1999
Dozent: Jochen Kirchhoff
Quelle: YouTube-Kanal Jochen Kirchhoff / Alle Audiovorlesungen Nr. 20

Transkript als PDF:

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Ich will nur mal ganz kurz stichwortartig in Erinnerung rufen, was ich gesagt hatte, ganz kurz noch, und dann auch daran anknüpfen. Wir hatten ja gesagt, dass Goethe von der Prämisse ausging, dass Licht und Finsternis eigenständige, gleichsam kosmische Entitäten sind, die in ihrem Zusammenwirken Farben hervorbringen. Und ich hatte Ihnen das ja dargestellt, dass und wie Goethe polemisierte gegen die Annahme von Newton, dass im weißen Licht, im Tageslicht, wie er das polemisch nannte, farbige Lichter enthalten sind, also Lichtstrahlen, bei Newton kleinste Korpuskelschauer mit bestimmten Brechungsindizes, die Farbe hervorrufen. Goethe hat selber viel experimentiert. Ich habe das gesagt. Er hat keineswegs Experimente abgelehnt. Wer die Farbenlehre durcharbeitet, dem müsste das auffallen, dass Goethe ein leidenschaftlicher Experimentator war. Das ist nicht der Punkt des Dissenses. Der Dissens lag ganz woanders.

Der Dissens lag in einem grundlegend anderen Verständnis von der Art und Natur und Struktur dieser Experimente und von der Art, Natur und Struktur der Grund- und Urphänomene überhaupt. Goethe hat ja den Begriff der „Ur-Phänomene“ eingeführt in die Naturphilosophie. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass einer vorher jemals den Begriff verwendet hätte, in bewusster Anlehnung an die platonische Idee, der Idee ‒ „eidos“, das Ur-Phänomen, d. h. die Vielzahl der Phänomene der Natur lässt sich für Goethe zurückführen auf Elementar-Phänomene, eben auf das Elementar-Phänomen Licht und das Elementar-Phänomen Finsternis, ich sage es noch einmal: als eigenständigen, wirkenden Mächten oder Entitäten. Das ist wichtig.

Dann habe ich Ihnen kurz versucht zu erläutern, dass Goethe in der Tiefe Licht-Metaphysiker war, der Licht-Theorien überhaupt abgelehnt hat. Das ist wichtig, weil es in vielen Büchern falsch dargestellt wird. Goethe war kein Anhänger der Wellentheorie etwa von Christian Huygens und anderen. Sie wissen ja, dass die Wellentheorie im frühen 19. Jahrhundert dann erst an Boden gewann durch Thomas Young und Augustin Fresnel und andere durch ihre berühmten Versuche, die Doppelspalt-Versuche. Dann konnte die scientific community davon überzeugt werden: In der Tat, Licht kann als ein Wellen-Phänomen besser verstanden und auch genauer beschrieben werden als mittels der Newtonschen Korpuskular-Theorie. Das hat Goethe in der Tiefe überhaupt nicht interessiert, diese Frage. Ich habe immer wieder in Darstellungen darüber gefunden, Goethe habe die Wellen-Lehre favorisiert. Das stimmt einfach nicht. Goethe war Licht-Metaphysiker, hat das Licht in diesem Sinne als Ur-Phänomen begriffen, das man nur mittels ganzheitlicher Experimente überhaupt verstehen kann. Er lehnte schon Versuchsanordnungen der Art, wie wir sie von Newton kennen, ab, ohne die Phänomene zu bestreiten. Er lieferte bloß eine ganz andere Interpretation. Ich habe das dargestellt. Ich will das nicht noch mal hier wiederholen.

Wir waren dann stehengeblieben bei der Frage, die hatte ich Ihnen quasi als eine Denkaufgabe, wenn man das so nennen möchte, zu heute gegeben. Ich hatte zwei Fragen gestellt, die jeder für sich behandeln oder ventilieren möge. Ich hatte gefragt: Warum ist der Himmel blau? Und warum gibt es das Phänomen der Abend- und Morgenröte? Beide Phänomene haben Goethe kolossal interessiert und immer wieder zu neuen Reflexionen angeregt. Er hatte ja in dem Zusammenhang auch in seiner Lehre von der sinnlich-sittlichen Wirkung der Farben, etwa Blau und Rot als ganz verschiedene Grundqualitäten der Natur und unserer seelischen Empfindungen klassifiziert, also Rot als das Drängende, vorwärts Stürmende. Rote Räume wirken kleiner als blaue Räume. Das Blau scheint zurückzufliehen, blaue Räume wirken in der Tendenz größer.Und so weiter. Ich gehe gleich darauf ein.

Ich habe jetzt eine Stelle, die ich ihnen gerne vorlesen würde, als Überleitung. Und vielleicht kann ich so den Bogen spannen und gleichzeitig auch das Thema der Elemente behandeln. Aus dem „Faust“, aus dem Beginn des „Faust II“, eine berühmte Stelle, übrigens wunderbar vertont von Robert Schumann. Wer die Möglichkeit hat, die Faust-Musik mal zu hören, dem müsste das aufgehen, dass das kongenial vertont worden ist von Robert Schumann. Faust erwacht, dann hört man das Donnern der Sonne, ungeheures Getöse verkündet das Herannahen der Sonne im Sinne der Goetheschen Vorstellung, dass Licht auch Klang ist, ja, Lärm, Getöse. Also, der Aufgang der Sonne ist laut. Ariel, der Luftgeist: „Horchet, horchet in dem Sturm der Horen tönend wird für Geistes Ohren schon der neue Tag geboren. Felsentore knarren rasselnd, Phoebus-Räder rollen, prasseln, welch‘ Getöse bringt das Licht! Es trometet, es posaunet, Auge blitzt.“ ‒ „Trometet“ heißt es, nicht „Trompetet“ ‒. „Es trometet, es posaunet, Auge blitzt und Ohr erstaunet. Unerhörtes hört sich nicht.“ Und dann: „Faust: des Lebenspulse schlagen, frisch, lebendig, ätherische Dämmerung milde zu begrüßen.“ Dazu nachher mehr, zum Begriff auch des Äthers, Vater Äther, wie das dann bei Hölderlin heißt. „Du Erde warst auch diese Nacht beständig und atmest neu erquickt zu meinen Füßen, beginnst schon mit Lust, mich zu umgeben. Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen, zum höchsten Dasein immerfort zu streben. In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen, der Wald ertönt von tausend-stimmigem Leben, Tal aus, Tal ein ist Nebelstreif ergossen. Doch senkt sich Himmelsklarheit in die Tiefen und Zweig‘ und Äste frisch erquickt, entsprossen, dem duftigen Abgrund, so versenkt sie schliefen.“ Eine wunderbar präzise Schilderung. Was passiert beim Sonnenaufgang? Sehr präzise. „Auch Farb‘ an Farbe klärt sich los vom Grunde, wo Blum‘ und Blatt von Zitterperle triefen. Ein Paradies wird um mich her die Runde hinauf geschaut. Der Berge Gipfelriesen verkünden schon die feierlichste Stunde. Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen, das später sich zu uns hernieder wendet. Jetzt zu der Alpe grün gesenkten Wiesen wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet und stufenweis‘ herab ist es gelungen. Sie“ – also die Sonne – „tritt hervor und leider schon geblendet, kehr‘ ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen. So ist es also, wenn ein sehnend‘ Hoffen dem höchsten Wunsch, sich traulich zugerungen, Erfüllungspforten findet Flügel offen. Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen ein Flammenübermaß. Wir stehen betroffen, des Lebens Fackel wollten wir entzünden. Ein Feuermeer umschlingt uns, welch‘ ein Feuer. Ist’s Lieb, ist’s Hass, die Glühenden zum Winden mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer, so dass wir wieder nach der Erde blicken, zu bergen uns in jugendlichstem Schleier. So bleibe denn die Sonne mir im Rücken, der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend, ihn schau ich an mit wachsendem Entzücken, von Sturz zu Sturz wälzte jetzt in tausend, abertausend Strömen sich ergießen hoch in die Lüfte, Schaum an Schäume, sausend, allein wie herrlich diesem Sturm ersprießend, wölbt sich des bunten Bogens Wechseldauer,“ ‒ also ein Regenbogen wird hier wahrgenommen, ‒ „wirbt sich des bunten Bogens Wechseldauer, bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend, umher verbreitend duftig kühle Schauer. Der Regenbogen spiegelt ab das menschliche Bestreben, ihm sinne nach und du begreifst genauer: am farbigen Abglanz haben wir das Leben.“

Ja wohl die berühmteste Zeile dieser wunderbaren Passage, die, wenn man das mehrfach liest, immer wieder erstaunt wegen ihrer enormen Präzision. Zunächst mal, könnte man ganz vordergründig sagen, es ist eine Art poetische Adaption an den plato-nischen Lichtmythos, Höhlenmythos, also, der Faust wird geblendet vom Licht, er kann dieses Licht nicht ertragen, das auch gleichzeitig das Göttliche, das Metaphysische, das kosmische Licht ist. Er wendet sich zurück: Am farbigen Abglanz haben wir das Leben. Dann ist von den Elementen die Rede, dem Wasser, der Luft, dem Feuer, Feuermeerflammen Übermaß, dem Licht, auch in seinen antiken Konnotationen, auch in seinen antiken Zusammenhängen. Also Feuermeer auch schon angenähert an Äther-Meer. Das muss man sagen, wenn man auf die antike Vorstellung der Elemente schaut, dass das nie scharf getrennt ist. Es ist nicht so, dass der Äther als das fünfte Element einfach etwas prinzipiell anderes wäre. Häufig wird das angenähert dem Feuer, dem Feuermeer, und Feuer ist auch wieder nicht nur das physische Feuer, auch in der antiken Naturphilosophie, das ätherische Feuer, das kosmische, dass Seelen-Feuer, das Geist-Feuer, ja das richtende Feuer, so etwa in der Philosophie von Heraklit. Also das geht sehr dicht, eng ineinander über und liegt sehr dicht beieinander. Das muss man vorab sagen, dass man das nicht allzu analytisch auseinanderdifferenziert.

Nun nimmt Goethe hier das Bild das Regenbogens als Beispiel dafür, dass wir am farbigen Abglanz das Leben haben. Und da möchte ich anknüpfen, an dem Phänomen des Regenbogens. Nun ist ja der Regenbogen ein wirklich aufwühlendes Phänomen. Wem das begegnet ist, wie mir gestern Abend, dass er überraschend, ich war in Jütchendorf im Südwesten von Berlin, überraschend gegen Abend einen Regenbogen sieht, jedenfalls ein Teil dieses Regenbogens, gewaltig breit die Farben, der ist erst mal überrascht, ja beglückt, erstaunt. Ich hatte nicht damit gerechnet, war nur ganz zarte Feuchtigkeit im Himmel. Also, ein eindrucksvoller Regenbogen, sie wissen, außen das Rot, dann nach innen hin, schließlich zum Blau, zum Violett hin und interessant, es zeigte sich in einiger Entfernung ein zweiter Regenbogen, wesentlich schwächer. Dieser Regenbogen wird häufig als Teufels-Regenbogen bezeichnet. Die Farbe, das Spektrum ist genau umgekehrt, also Violett liegt außen und Rot liegt innen, und als Teufels-Regenbogen deswegen, weil im Sinne der Mythologien vieler Völker aber auch vieler religiöser Vorstellungen der Regenbogen ein Symbol immer war zwischen dieser Welt, der physisch-sinnlichen Welt und einer kosmischen oder metakosmischen Welt, also die berühmte Regenbogenbrücke, die man ja auch aus der germanischen Mythologie kennt, zum Beispiel, Wagner hat das ja aufgegriffen am Ende, im Finale des „Rheingold“.

Die Götter gehen über die Regenbogenbrücke, also der Regenbogen als ein Symbol von Diesseits und Jenseits, aber auch von dieser Welt und einer höheren ätherischen Welt, spielt auch für Goethe eine zentrale Rolle. Die berühmteste Stelle vielleicht überhaupt, stammt aus dem Alten Testament. Sie wissen das, nach der Sintflut wird also Noah, dem Volk Israel, der Menschheit als Ganzes der Bund verhießen. Nicht, solange also der Bogen steht, wird nicht aufhören…, wird diese Erde bestehen bleiben: „… der sei gesetzt als Zeichen des Bundes zwischen mir und allem Fleisch auf Erden.“ Daran knüpft das an, und der andere Bogen, der zweite Bogen bis eben in diesem Sinne der Teufels-Regenbogen, als da alles seitenverkehrt ist, quasi. Das ist hochinteressant. Wer übrigens darüber sehr schön geschrieben hat, das will ich nur kurz hier erwähnen, weil es ein wirklich faszinierendes Buch ist, ist der amerikanische Physiker Arthur Zajonc. „Catching the Light“ heißt das Buch, „Die gemeinsame Geschichte von Licht und Bewusstsein“. Er schreibt zum Beispiel über den Regenbogen: „In der frühen Geschichte des Regenbogens wurde der farbenschillernde Halbkreis zwischen Himmel und Erde ganz selbstverständlich zu einer Brücke, die beide Welten verband. Der griechische Komödiendichter Aristophanes schrieb: ,…und der schüch-ternen Taube vergleichbar ist nach Vater Homeros (Homer) die Iris, und sie überbringt Botschaften zwischen Göttern und Menschen.‘ Iris selber als Götterbotin, also nicht nur als Brücke. Das Motiv findet man auch in anderen Kulturen.

Für nordamerikanische Indianer, Polynesier und andere Naturvölker war der Regen-bogen ein Pfad, über den die Seelen in die höhere Welt gelangen. In Japan hieß er die schwebende Himmels-Brücke, in der isländischen Sagendichtung Edda fragt König Gylfi in Gestalt von Ganglerie nach dem Weg von der Erde zum Himmel, und Har antwortete laut auflachend: „Nun, das ist nicht klug gefragt. Hat man dir nicht gesagt, dass die Götter eine Brücke von der Erde zum Himmel gespannt haben? Bifröst mit Namen, du musst sie gesehen haben. Mag sein, dass ihr sie Regenbogen nennt. Sie besteht aus drei Farben.“ ‒

Sie werden sich vielleicht erinnern, dass ich Ihnen ja erläutert habe, dass es ganz verschiedene Möglichkeiten gibt, jetzt physikalisch gesprochen, diese Spanne von 400 bis 700 nm [Nanometer=10-9 m] Wellenlänge Farben zuzuordnen. Das ist in verschiedenen Kulturen ganz unterschiedlich gehandhabt worden. Ich hörte vor Jahren auf Bali fetzen-weise ein Gespräch zwischen zwei Menschen. Da sagte der eine zum andere, das hat mich dann ins Grübeln gebracht: Hier auf Bali sieht man wirklich einen 7-farbigen Regenbogen, während man in Deutschland nur sechs Farben sieht. Ich dachte, wie kommt das? Was meint er? Ich konnte mir das nicht vorstellen, weil gerade ja im asiatischen Kulturkreis, in der gesamten Mythologie jedenfalls zum überwiegenden Teil der Regenbogen fünf Farben hat und nicht sieben.

Newton ging von sieben Farben aus. Ich sagte, dass Goethe eher von sechs Farben [ausging]. Die Frage, ist Indigo eine eigene Farbe oder muss das Blau zugeschlagen werden? ‒ „Von Heimdahl wird sie streng bewacht“ ‒ also die Regenbogenbrücke – „und die Götter, die sie täglich überqueren, werden sie zum letzten Mal betreten, wenn sie unserer Welt für immer den Rücken kehren. Wenn die Götterdämmerung hereinbricht, dann wird der Regenbogen zerstört werden.“

C.G. Jung hat mal gesagt, das ganze Bestreben der abendländischen Kultur sei der immer erneut scheiternde Versuch, unter dem Regenbogen durchzuschlüpfen, was einfach nicht geht. Der Regenbogen entzieht sich, bis dahin, dass man oft gefragt hat, gibt es den Regenbogen überhaupt, weil jeder, das kann man auch physikalisch zeigen, einen anderen Regenbogen sieht. Und ich will ihnen mal versuchen, das zu erläutern, wie das aussieht.

Es ist ja ein zunächst keineswegs so unmittelbar einsichtiges Phänomen, wie der Regenbogen überhaupt zustande kommt. Wenn man da eine Umfrage machen würde, was sagen wir mal, die physikalische Allgemeinbildung betrifft, würde man wahrscheinlich die abenteuerlichsten Vorstellungen darüber hören, wie das sich tatsächlich vollzieht. Das ist ein sehr komplizierter Vorgang, der in der Grundstruktur, zumindest, sagen wir mal geometrisch, von Descartes offengelegt worden ist. Descartes war Derjenige, soweit ich das weiß, der auch als erster erkannt hat, dass hier ein ganz bestimmter Brechungswinkel immer auftritt, ein Brechungswinkel nämlich von 42 Grad. Das ist merkwürdig und im Grunde genommen rational empirisch kaum zu begründen.

Es ist aber so und Zajonc versucht das hier in seinem Buch zu erläutern am Beispiel der Ballistik. Sie wissen ja, dass sie, wenn Sie ein Geschoss abfeuern oder auch eine Kugel stoßen, dass der Winkel von 45 Grad der optimale Winkel ist. Wenn sie zum Beispiel einen Rasen bewässern, da ist es ebenso. Wenn sie zunächst in der Waagerechten den Strahl halten, dann werden sie die Weite vergrößern können, je mehr Sie in Richtung auf den Winkel von 45 Grad kommen. Überschreiten sie aber den Winkel, kommt wieder der gegenteilige Effekt [zustande]. Dann wird also die Strahl[reich]weite wieder verkürzt. Es gibt also einen Umkipppunkt, einen Umkehrpunkt, der liegt in diesem Falle, jetzt mal alle anderen Faktoren beiseite gelassen, die natürlich immer vielfältig hineinspielen, also Windverhältnisse und so weiter, [eben bei] 45 Grad.

Beim Licht ist es eigenartigerweise der Winkel von 42 Grad. Man sieht einen Regenbogen und fragt sich, wo ist er eigentlich genau? Ich habe heute morgen noch mal im Arthur Zajonc gelesen und [er schreibt], man solle sich mal fragen: Wo steht der Regenbogen? Ist er ganz tief am Horizont, zu welcher Tageszeit ist er zu sehen und aus welchem Winkel? Er zeigt dann auf, dass [man] den Winkel von 42 Grad ansetzen kann, wenn man davon ausgeht, ich lese ihnen mal die Stelle vor, das ist hier präziser, als ich es vielleicht paraphrasieren könnte: „Wenn der Regenbogen gewöhnlich die Form eines Halb-kreises annimmt“ , selten wird er als Kreis gesehen, auch das kommt vor, in bestimmten Zusammenhängen können sie den ganzen Regenbogen sehen, dann werden sie merken, dass es eigentlich kein Bogen ist, sondern ein Kreis. „Wenn der Regenbogen gewöhnlich die Form eines Halbkreis annimmt, wo befindet sich dann sein Mittelpunkt? Er lässt sich ganz einfach finden, und zwar auf folgende Weise: Ziehen sie eine Linie von der Sonne“, also, wenn sie sich wieder zur Sonne wenden, „eine Linie von der Sonne durch das beobachtende Auge und setzen sie sie fort bis zum Erdboden unter dem Regenbogen.“ Also Sonne beobachten ins Auge und quasi Erdboden unter dem Regenbogen. „Und dort werden sie einen Schatten bemerken, den Schatten ihres eigenen Kopfes.“ Das kann passieren, es klingt so, als ob das immer der Fall wäre, das kann sein, es muss nicht sein. „Die Linie, die Sonne, Auge und Schatten verbindet, ist die Mittelachse des Regenbogens, also Sonne, Auge, Kopfschatten unterhalb des Regenbogens. Eine zweite Linie lässt sich vom Auge zum Regenbogen ziehen, ganz gleich, wo er sich befindet und ob er in einem Frühlingsschauer oder im Sprühregen eines Gartenschlauchs erscheint, der Winkel zwischen der ersten und der zweiten Linie beträgt stets 42 Grad. Das ist der Regenbogen-Winkel.“

Das hat Descartes als Erster, soweit ich das weiß, ausgerechnet. Und hier gibt es einen Umkehrpunkt, der letztlich der Grund dafür ist, dass der Regenbogen überhaupt sichtbar wird. Wenn das nicht der Fall wäre, würde man den Regenbogen überhaupt nicht erkennen. Ich darf noch eine zweite Stelle vorlesen. Erspar mir das hier jetzt noch mit einer Zeichnung an der Tafel zu erläutern, könnte das aber in der Diskussion dann machen. Zajonc bringt hier auch eine Zeichnung, wie das Descartes und andere versucht haben, plausibel zu machen.

„Zur Simulation eines Regenbogen könnte [man] ein großes kugelförmiges Glasgefäß mit Wasser verwenden“, um das an einem Modell zu zeigen, „in das wir einen dünnen Strahl weißen Lichtes schicken. Zunächst lassen wir den Strahl in die Mitte der Kugel eindringen. Nun lassen wir den eindringenden Strahl langsam und stetig über die Wasserkugel zum Rand wandern. Entsprechend bewegt sich der Strahl, der aus dem Glasgefäß herauskommt, immer weiter zur Seite. Er rutscht quasi immer mehr weg, bis er wie beim Wasserschlauch halt macht und umkehrt eben genau am Winkel von 42 Grad. In dem Augenblick, da er innehält, zerbirst der gebrochene und reflektierte Strahl in Farben, die Farben des Regenbogens.“ Hier geschieht also eine sich verstärkende Interferenz und nur durch diese sich verstärkende Interferenz ist überhaupt ein Regenbogen sichtbar. „Der Winkel zwischen den ein- und austretenden Strahlen beträgt dann genau 42 Grad, der des Regenbogens. Die Umkehr ist der Schlüssel zum Rätsel des Regenbogens. Ohne sie würde die Brechung, ganz gleich wie stark, nicht ausreichen, einen Regenbogen am Himmel erscheinen zu lassen. Damit lässt sich auch das dunkle Band erklären.“ Da geht er auf den Nebenregenbogen ein, auf den sogenannten Teufels-Regenbogen.

Nun ist das eine rein … , erstmal ein physikalischer Ansatz, das zu erklären, das lässt sich schlechterdings nicht bestreiten. Eine andere Frage ist: Was ist diese Farbskala? Was ist dieses Farbspektrum, was da aufscheint? Was bedeutet das für das aufnehmende Auge? Und da ist genau der Punkt erst einmal, der fundamental den Goetheschen Ansatz von dem Newtonschen trennt, dass Goethe immer davon ausging, dass das Phänomen Farbe grundsätzlich niemals vom betrachtenden Auge getrennt werden kann. Dass es also nicht angängig ist, hier zu sagen: Dort der Regenbogen, das Farbspektrum, hier das beobachtende Auge. Ich hatte Ihnen das ja auch am Beispiel des ersten Prismaversuchs von Goethe 1790 versucht zu erläutern.

Goethe hat darunter gelitten, dass er nicht in der Lage war, das war er wirklich nicht, den Regenbogen abzuleiten. Das hat [er] nicht gekonnt. Dazu reichte seine Farbenlehre rein physikalisch nicht aus. Darunter hat er sehr gelitten, hat immer neue Anstalten gemacht zu verstehen: Wie kommt der Regenbogen zustande? Das konnte ja Newton im Formalen, zumindest, im formal Geometrischen, von den Brechungsgesetzen her, an denen ja nicht zu zweifeln ist, gut ableiten. Da sah die goethische Farbenlehre, was diesen Punkt betrifft, recht unzulänglich aus. Goethe wusste das, und er litt auch darunter.

Nun, was sind Farben? Man kann ja sagen, in einem sehr strengen Sinne, Farben können als Farben, als sie selber überhaupt kein Gegenstand der Physik sein, weil, was die Physik messen kann, was sie feststellen kann, sind Frequenzen [bzw. Wellenlängen], etwa die genannten vier bis sieben [zehn]tausendstel Millimeter. Sie kann ganz bestimmte Wellenlängen [bzw.] kann ganz bestimmte Frequenzen messen, etwa diese wahnwitzige Zahl – vom empirisch Sinnlichen aus – 300 [400 bis 800 THz; 1 Tera-Hertz=1012 Hz] Billionen Schwingungen pro Sekunde, im Schnitt, also unvorstellbar. Die Frage hat ja immer dann die Gemüter beunruhigt, wenn da ein Stoff, ein feiner Stoff zugrunde liegt: Was für Eigenschaften muss der haben, dass der so unvorstellbar schnell schwingt, gleichzeitig so fest, so dicht ist und so elastisch? Das ist hier die ganze Frage des Lichtäthers, die das 18. und 19. Jahrhundert beschäftigt hat, mit der sich auch Newton übrigens herumgeschlagen hat, die in der Form Goethe so ablehnt. Das muss man auch klar sagen. Goethe lehnt das deswegen ab, weil das für ihn bereits bedeutet hätte, das Licht reduktionistisch zu behandeln. Also da war er ganz, fast dogmatisch: Licht ist ein Urphänomen, muss als Urphänomen betrachtet werden, darf grundsätzlich nicht analytisch-reduktionistisch angegangen werden.

Was sind Farben? Sehr schwer zu sagen. Farben sind Qualitäten, die natürlich ein bestimmtes Korrelat in der materiell-sinnlichen Welt haben, aber sie gehen nicht auf in diesem Korrelat. Ich habe das ja letztes Mal schon angedeutet. Die Frage ist legitim und keine Scheinfrage, keine akademische Frage, zu fragen: Was wäre Ultraviolett für eine Farbe? Ist ja ohne Weiteres möglich, dass man sich eine Skala-Verschiebung des Auges vorstellt, das also Rot mit der längsten Wellenlänge quasi verschwindet, das Ganze sich verschiebt Richtung Ultraviolett, dann müsste man jenseits von Violett eine andere Farbe sehen: Ultraviolett. Was wäre das für eine Farbe? Wir haben keine Möglichkeit, darüber irgendeine Aussage zu machen.

Es wird immer wieder berichtet auch von spirituellen Menschen, dass sie in der Lage gewesen wären, eine qualitativ und fundamental andere Farbe zu sehen. Also eine Farbe, die nicht aufgeht im Regenbogenspektrum, eine Farbe, die auch nicht resultiert aus einem Mischverhältnis. Von sehr vielen Menschen wird das berichtet. Ich selber hatte auch einige Wahrnehmungen dieser Art, das ist rätselhaft und lässt sich auch sprachlich nicht vermitteln, weil, wenn man das sprachlich vermitteln will, muss man sich ja der bekannten Farben bedienen: Es ist wie Violett, aber es ist nicht Violett. Es ist wie Grün, aber es ist nicht Grün. Das sind ja alles dann wieder Qualitäten aus der sinnlich-unmittelbaren Erfahrung, die das nicht treffen. Also man kann das vielleicht einfach als Phänomen stehen lassen.

Es gibt die Möglichkeit, grundsätzlich andere Farben wahrzunehmen und auch das hat kulturgeschichtliche, vielfältige Bedingungen. Ich habe ihnen ja das Beispiel des Blau, das nicht vorhandene Blau in der Antike, vorgestellt.

Nun die Frage, warum der Himmel blau ist. Eine Kinderfrage: Warum ist der Himmel blau? Nach Goethe gibt es da zwei Möglichkeiten, das zu betrachten. Ich will die beide nennen. Goethe ging ja grundsätzlich davon aus, dass Licht und Finsternis als zwei eigen­ständige urphänomenale Entitäten zusammenwirken. Sie schaffen die farbige Welt im Medium dessen, was Goethe „die Trübe“ nennt, die Trübe, ein Luft-Medium in diesem Falle. Also, wenn dieses Luft-Medium nicht da wäre, würde der Himmel vollkommen schwarz sein, wie zum Beispiel im Weltraum, dem sogenannten Weltraum, weit außerhalb der Erde. Das weiß man von vielen Berichten der sogenannten Astronauten. Der Himmel ist tatsächlich vollkommen schwarz, und auch die Sonne erscheint nur als stecknadelkopf-großer Punkt, was viele, die das zum Ersten mal hören, sehr verwirrt. Sie denken sich ganz naiv-realistisch, wenn man weiter rauskommt, müsste die Sonne immer größer werden, gewaltig werden. Das Gegenteil ist der Fall. Sie wird immer kleiner. Sie wird dann quasi zum Punkt. Der Weltraum selber ist vollkommen finster. Das heißt, das Licht erhellt den Raum selber überhaupt nicht. Das ist ja von mir auch mehrfach gesagt worden. Das kann man nicht bezweifeln. Das ist effektiv ein immer wieder objektivierbares Phänomen.

Licht selber ist als solches nicht sichtbar, wird erst sichtbar, wenn Materie ins Spiel kommt. Also, die eine Version der Erklärung besteht einfach darin, dass Goethe sagt: Hier gibt es ein trübes Medium, durchlichtet von der Sonne, was die Finsternis des Weltraums aufhellt, also Blau als eine aufgehellte Finsternis. Zitat mal, von Goethe aus der Farbenlehre: „Wird die Finsternis des unendlichen Raumes durch atmosphärische, vom Tageslicht erleuchtete Dünste hindurch angesehen, so erscheint die blaue Farbe.“ Da könnte man sagen, rein phänomenologisch ja nicht zu leugnen. Hat das ein naturphilosophischen oder gar physikalischen Aussagewert? „Auf hohen Gebirgen sieht man am Tage den Himmel königsblau, weil nur wenige feine Dünste vor dem unendlichen, finstern Raum schweben. Sobald man in die Täler herabsteigt, wird das Blaue heller, bis es endlich in gewissen Regionen und bei zunehmenden Dünsten ganz in ein Weißblau übergeht.“

Also, das Medium der Trübe, in diesem Fall das Medium Luft, muss dazwischen-kommen, dass die Schwärze des unendlichen Raumes, wie Goethe sagt, quasi aufgehellt wird. Und jetzt, gleich zu der zweiten weitergehenden Erklärung, die mit der sinnlich sittlichen Wirkung der Farben zusammenhängt, wie Goethe das nennt. Aber noch zum Morgenrot und zum Abendrot. Zitat auch noch mal Goethe, aus der Farbenlehre: „Die Sonne, durch einen gewissen Grad von Dünsten gesehen, zeigt sich mit gelblicher Scheibe. Oft ist die Mitte noch blendend gelb, wenn sich die Ränder schon rot zeigen, beim Hehrrauch, wie [er] 1794 auch im Norden der Fall war, und noch mehr bei der Disposition der Atmosphäre, wenn in den südlichen Gegenden der Scirocco herrscht“ ‒ ein ganz feiner Sandsturm ‒ „erscheint die Sonne rubinrot mit allen sie im letzten Falle gewöhnlich umgebenden Wolken.“ Das ist zum Teil wirklich so, dass durch die Luftverschmutzung die Abendröte eindrucksvoller ist als sie das wäre ohne die Luftverschmutzung. Das ist paradox und vielleicht auch befremdlich, aber es ist wirklich so. „Wenn in südlichen Gegenden der Scirocco herrscht, erscheint die Sonne rubinrot mit allen sie im letzten Falle gewöhnlich umgebenden Wolken, die alsdann jene Farbe im Widerschein zurückwerfen. Morgen- und Abendröte entstehen aus derselben Ursache. Die Sonne, die sich durch eine Röte verkündigt, indem sie durch eine größere Masse von Dünsten zu uns strahlt.“

Also, das durch das Medium Luft gleichsam abgedunkelte weiße Licht erscheint gelb bzw. orange. Das könnte man auch durchaus phänomenologisch oder fast im Sinne einer herkömmlichen Subjekt-Objekt-Trennung interpretieren. So wird es auch häufig inter-pretiert, und so hat dieser Aspekt der Farbenlehre auch eine gewisse Wirkung zu verzeichnen. Da bleibt aber ein wesentlicher Punkt draußen vor, das, was ich Ihnen das letzte Mal kurz angedeutet habe, was Goethe die sinnlich-sittliche Wirkung nennt der Farben. Goethe hat in diesem Punkt seine eigene Theorie, seine eigene Lehre, nicht wirklich stringent und konsequent weiterverfolgt, denn er hätte auf den Punkt kommen müssen, den er nur implizit sagt, dass die seelische Qualität der Farben, das heißt, wie wir seelisch-subjektiv Farbe da draußen wahrnehmen, auch etwas zu tun hat mit den natürlichen Qualitäten draußen. Das versucht Bodo Hamprecht in seinem kleinen Büchlein über die Farbenlehre zu zeigen mit dem Titel „Goethes Farbenlehre – Die andere Art Naturwissen-schaft“ zu betreiben.

Er stellt Folgendes dar, ich darf mal kurz diese Stelle vorlesen, die ich sehr eindrucksvoll finde, aus seinem Essay über die Goethische Farbenlehre. Wahrscheinlich ist er momentan der beste Kenner überhaupt der Farbenlehre, der seit Jahrzehnten ja darüber unzählige Vorträge gehalten hat und auch in der FU eine lange währende Ausstellung darüber veranstaltet hat und so weiter, seit Jahrzehnten. Er ist Direktor des Instituts für Elementarteilchenphysik an der Freien Universität. „Wenn wir uns an das Beispiel, welches Goethe uns beschreibt“, jetzt also versucht Hamprecht, den Goethe weiterzutreiben und seine Inkonsequenz, die er auch nachweist, deutlich zu machen, „und die Natur uns vor das Auge führt, das Rot der auf- und untergehenden Sonne und das Blau des Himmels. Das Rot etwa der untergehenden Sonne wird gerade von jenem Licht bewirkt, welches sich gegen die Finsternis, die atmosphärischen Trübungen hat durchsetzen können und trotz aller Hindernisse zu uns gelangte. Es ist ein Trotzdem-Licht. Die rote Farbe ist angemessen. Ein Übermaß an Finsternis wird vom Licht beherrscht. Nimmt die Finsternis ab, während das Licht die Herrschaft behält, also sich durchsetzt, und zum Betrachter vordringt, so erscheint Orange und schließlich Gelb. Auch das Himmelsblau ist angemessen. Ohne die Luft, die hier die Rolle der Finsternis zu übernehmen hat, wäre der Himmel schwarz. In diesem Sinne haben wir das Himmelsblau der Aktivität der Finsternis zu verdanken,“ die dunkle .., die Dunkelheit als ein aktives Prinzip. In gewisser Weise ja auch die Materie, also ein dunkles, aktives Prinzip, das im Zusammenspiel mit dem dunklen, aktiven Prinzip Licht die farbige Welt hervorbringt. „Hier hat sie sich durchgesetzt. Denn was vom blauen Himmel herab scheint, liegt nicht mehr in der Ausstrahlungsrichtung des Sonnenlichts. Die Finsternis gibt den Ton, das heißt die Richtung an, aber nicht wie beim Rot haben wir es mit einer aggressiven Gebärde zu tun. Das Licht wird gleichsam von der Luft hereingeholt und aufgenommen, ganz der Gebärde der Finsternis und der blauen Farbe entsprechend. Die Finsternis beherrscht das Licht, aber ihre Herrschaft gründet nicht auf Kampf, sondern auf Umarmung. Die Natur verstellt sich also nicht, sie sieht so aus, wie sie wirklich ist.“

Und jetzt kommt der entscheidende Punkt, den Hamprecht aus der Farbenlehre ableitet, der bei Goethe nur implizit drin ist, nicht konsequent durchgehalten wird. „Die Farben treten in der Seele mit denselben Eigenschaften auf wie draußen in der äußeren Natur.“, das ist ein ganz weitreichender Satz: „Die Farben treten in der Seele mit denselben Eigenschaften auf wie draußen in der äußeren Natur.“ Das heißt, das, was Goethe die sinnlich-sittliche Wirkung der Farben nennt, etwa das Weitende oder Saugende des Blaus, beispielsweise, hat tatsächlich etwas zu tun mit den Naturphänomenen. Da liegt der Punkt, also hier ist die Verbindung zwischen der menschlichen Subjektivität, seiner Wahrnehmung dieser Qualitäten der Farbe und der Natur da draußen.

Das ist weitgehend, denn wenn man das nicht einbezieht, kann man ja sagen, ich habe das ja auch verschiedentlich angedeutet, was soll man da eigentlich ernsthaft gegen einwenden? Wenn Goethe das phänomenologisch so sieht, dann muss das ja nicht in irgendeiner Form irgendwelchen Grundüberlegungen über Licht und Farben vonseiten der Physik widersprechen. Aber hier liegt ja der entscheidende Punkt, die entscheidende Erweiterung. Unsere sinnlich-sittliche, die sinnlich-sittliche Wahrnehmung der Farben, wie sie Goethe beschreibt, hat auch etwas zu tun mit den Farben da draußen. Das ist sehr weitgehend, wirft natürlich eine Fülle von Fragen auf: Ist das überhaupt haltbar? Ist das nicht kulturgeschichtlich ganz bedingt? Gibt es da nicht viele relativierende Einschrän-kungen?

Auf jeden Fall, da müsste man, könnte man und hat man zum Teil auch, müsste man weiter forschen, hat man zum Teil auch weiter geforscht. Dann heißt es bei Hamprecht, wichtig für ihn als Physiker, der ja eben keinen Grundwiderspruch sieht, denn was da von physikalischer Sicht [aus] zu sagen ist, das kennt er nun wahrlich. „Was über Lichtstreuung und -absorption auf molekularer Ebene zu sagen wäre, sollte unter diese Perspektive gerückt werden und nicht umgekehrt.“, wichtig. Also das, was man in der analytisch-reduktionistischen Physik tatsächlich sagen kann, da würde man ja eben die Frage, warum ist der Himmel blau, genau in diesem Sinne beantworten: als ein Phänomen der Licht-streuung, der Lichtabsorption durch die Moleküle des Mediums Luft. Also dies, was man da sagen kann, sollte unter diese Perspektive gerückt werden. Damit ist also eine gewisse Hierarchie dargestellt, das heißt die größere, die weitere, die tiefere, in diesem Sinne wirklichere Perspektive sei die andere, die also die qualitas der Farben mit einbezieht und eine untergeordnete, eben die reduktionistische, die aber in Grenzen ihren Wert hier durchaus behält, bzw. ihr Wert wird als solcher nicht geleugnet. Übrigens gegen Goethe gesagt, nicht, Goethe hätte das ja niemals akzeptiert, diesen Punkt.

„Es würde ja auch niemandem einfallen“, letzte Bemerkung noch von Hamprecht, „den Sinn einer Wanderung etwa aus der Physiologie der Beinmuskeln ableiten zu wollen. Aber wie im Einzelnen die Beine dem Wandern und Moleküle der Manifestation von Farbqualitäten dienen können, wäre schon eine interessante weiterführende Frage, die allerdings den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen müsste.“, und so weiter. Also, eine sehr schöne Arbeit mit vielen anderen Aspekten noch, die ich jetzt hier nicht genannt habe. Nur, da liegt der entscheidende Punkt. Ich glaube, dass da noch sehr viel zu forschen ist. Ich sehe da auch die einzige Möglichkeit, über die Farben tatsächlich zu einem anderen Verständnis dann zu kommen. Nur so geht es.

Wir haben gerade sieben. Ich denke, ich mache eine kleine Pause mal und kann dann die Brücke schlagen zur Elementenlehre. (… ) Ich will nur kurz darauf hinweisen, dass hier am Montag, den 28. Juni in dem Raum hier eine Vorlesung stattfinden wird.

…Gastvortrag in der Reihe von Johannes Heinrichs von Iring Fetscher: Marx nach dem Ende des Marxismus, Marxismus und Ökologie, 28. Juni, 18 Uhr. Hier. Da liegt hier vorne noch eine Werbung aus für eine taoistische Praxis.


Und ich will überhaupt im nächsten Semester, ich bin dabei, das nächste Semester schon mal im Grundsätzlichen zu konzipieren, auch auf Fragen eingehen, die hier nur am Rande eine Rolle gespielt haben. Auch noch mal was die Bewegung angeht, das Wesen der Bewegung, was Strömungen und Wirbel und Ähnliches angeht. Ich bin vor kurzem erst auf ein faszinierendes Buch gestoßen, was auch zu der Elementelehre gehört, habe ich erst zum Drittel gelesen, von einem Engländer, Callum Coats, mit dem Titel „Natur-Energien – Verstehen und Nutzen. Viktor Schaubergers geniale Entdeckungen“. Ein englischer Architekt, der mittlerweile über zwei Jahrzehnte sich mit den faszinierenden Forschungen von Viktor Schauberger beschäftigt hat und darüber ein wirklich sehr spannendes Buch geschrieben hat. Ich bin erst dabei, es zu lesen, hat mir aber wieder die Anregung gegeben, dass ich das Thema im Wintersemester aufgreife. Ich weiß noch nicht, wie ich das nennen werde, aber das ist wichtig, über die Bewegung überhaupt noch mal zu sprechen, weil das auch in meinem neuen Buch „Räume, Dimensionen, Weltmodelle“, das im August oder September erscheint, eine wichtige Rolle spielt. Also Wasser, Wirbel, Strömungen überhaupt. Was ist Bewegung? Wie kann man Bewegung denken? Bewegung der Gestirne, Bewegung von Lebewesen, Bewegung im Wasser und so weiter.

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