Licht und Bewusstsein III

Licht und Schwere

Vorlesungsreihe:

„Das lebende Buch der Natur, Teil II
Erde und Kosmos. Denkanstöße zu einer anderen (alternativen) Kosmologie

Humboldt-Universität zu Berlin
Sozialökologie als Studium Generale / Wintersemester 1999/2000
Dozent: Jochen Kirchhoff
Quelle: YouTube-Kanal Jochen Kirchhoff / Alle Audiovorlesungen Nr. 29

Transkript als PDF:

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Ich habe Ihnen vor 14 Tagen den Welt-Äther vorgestellt, wenn man das so sagen kann oder möchte, und ich habe mit Ihnen die Fragen ventiliert, die man in dem Zusammenhang stellen kann: Wie könnte man einen Welt-Äther oder Welten-Äther denken? Wie kann man das sich vorstellen? Welche Überlegungen gibt es in dem Zusammenhang? Ich habe Ihnen auch meine eigenen Überlegungen hier vorgestellt, was ich mir in vielen Jahren des Nachdenkens über die Frage erarbeitet habe oder zu haben glaube, was möglicherweise dieser Welt-Äther ist. Dann haben wir über die Frage gesprochen, wie man den sogenannten Licht-Äther und den Raum-Äther miteinander in Beziehung bringen kann. Und da war am Ende eine Frage aufgetaucht, die ich ganz kurz aufgreifen möchte. Eine Dame, die irgendwo hier vorne saß, hat halblaut gesagt, aber ich habe es trotzdem gehört: Ich hätte nicht deutlich genug das Phänomen der Ätherdichte erklärt. Ich habe das versucht, aber offenbar nicht mit Erfolg für alle. Insofern will ich das jetzt nochmal in aller Knappheit sagen.

Ich hatte ja am Ende, als die Frage nach der Dichte aufkam, nochmal daran erinnert, dass die Licht-Äther-Frage im 19. Jahrhundert verbunden war mit einem physikalischen Paradoxon, nämlich dergestalt, dass man annehmen musste, dass dieser physikalisch fassbare Äther, wenn er dann existiert, auf der einen Seite eine extreme Feinheit haben müsste, unsagbar viel feiner als das feinste Gas, und auf der anderen Seite eine unvorstellbare Dichte haben müsste, um ein Vieltausendfaches größer als Stahl. Das hat man im 19. Jahrhundert weitgehend ausgerechnet, und das war verwirrend, weil damit ein Stoff oder Quasi-Stoff oder feinster Stoff angenommen werden musste, der allen herkömmlichen Kategorien von Stofflichkeit widersprach. Also ein Stoff, der zugleich alles durchdringt, eine allgegenwärtige, die gesamte Materie durchdringende Wesenheit, und auf der anderen Seite aber ein Stoff, der von unvorstellbarer Intensität und Dichte ist.

Und ich habe Ihnen das versucht darzustellen an einer Vorstellung, die ja für mich zentral ist, der Vorstellung des Radialfeldes. Das war am Ende der letzten Stunde vor 14 Tagen, dass, wenn man die Vorstellung zulässt, dass man eine Kugel auch verstehen kann als eine unendliche Ansammlung von Radien, die von einem Mittelpunkt ausgehen, dann müsste man zu zwei Schlussfolgerungen kommen, rein logisch-mathematisch: dass auf der einen Seite diese Radien unendlich dicht sein müssten. Es dürfte ja quasi keine Lücke geben. Jede Lücke, die man zeichnerisch, graphisch verdeutlicht, wäre ja nur eine Verbildlichung einer im Grunde genommen unendlich dichten und kompakten, mit unendlich vielen Radien angefüllten Kugel oder Strahlungskugel. Das Paradoxon besteht darin, dass man auch gleichzeitig annehmen müsste, wenn die Kugel, wie groß sie immer gedacht wird, sich entfaltet aus einem Punkt, dann, gemäß dem reziproken Quadratgesetz eine Abnahme der Dichte mit dem Quadrat der Entfernung zu beobachten ist. Das ist ein logisch-mathematisch nicht aufzulösender Widerspruch, der aber aus allen Strahlungsvorgängen, die wir kennen, die von einer punktförmigen Strahlung ausgehen, leicht plausibel gemacht werden kann. Ich habe Ihnen versucht zu erläutern, dass man hier mit einigen Abstrichen den Begriff der „Quasi-Unendlichkeit“ anwenden könnte. Ich habe diesen Begriff in meinem Buch mehrfach verwendet. Ich habe ihn übernommen von Ervin Laszlo, obwohl er eigentlich ein logisches Unding ist, ein Widerspruch in sich selbst, entweder unendlich oder endlich. Es kann keine Quasi-Unendlichkeit geben. Mit Quasi-Unendlichkeit meine ich eine fast oder beinahe Unendlichkeit. Eine Unendlichkeit der Dichte, die so weit vorangetrieben ist, dass sie für unser Vorstellungsvermögen quasi jenseits jeglicher Endlichkeit sich befindet. Und das kann man denken, wenn man ein Radialfeld als Kugel verstanden zum Mittelpunkt weiterdenkt.

Und das ist eine der erstaunlichsten Fragen, die in dem Zusammenhang immer aufbrechen: Was passiert im Zentrum, im Strahlungszentrum einer derartigen Quelle von, sagen wir mal, Energie oder Äther-Energie, wie immer? Hier müsste ein Umschlag passieren, ein qualitativer Sprung von äußerster Dichte zu einem Sich-Auflösen der Materie, zu einem Zerstrahlen vom Zentrum aus. Sie wissen vielleicht, dass diese Fragen im Zusammenhang mit der sogenannten Nullpunkt-Energie, in der auch in einigen Überlegungen zum Quanten-Vakuum eine entscheidende Rolle spielen. An allen wichtigen Punkten treten Unendlichkeitswerte auf. Das ist sogar in der Quanten-Elektrodynamik der Fall. Jedes Elektron hat genau genommen, wenn man es als punktförmig, als winzigste Kugel imaginiert und als Quelle von Energie ansieht, eine unendlich große Energie und müsste sozusagen implodieren oder kollabieren. Es gibt mathematische Tricks, mittels deren man dann diese Unendlichkeit eliminieren kann, aber die Frage bleibt.

Genauso hat man ja Versuche unternommen, das habe ich ja auch angedeutet, die Energiedichte des absoluten Vakuums auszurechnen und ist zum Teil zu abweichenden, aber doch für die menschliche Vorstellung geradezu monströsen Werten gekommen. Also das ist eine Frage, die die Physik beschäftigt: die quasi unendliche Dichte, ich sage es noch mal mit allen Abstrichen, des Raums, auch verstanden, das habe ich Ihnen auch versucht darzustellen, als Vakuumenergie oder Raumenergie.

Und das müssen Sie zusammendenken. Sie müssen also unterscheiden zwischen der sinnlich-physischen Dichte, dem Widerstand, der sich aufbaut, wenn ein lebendiger Leib auf ein Hindernis stößt, das ist eine physisch-sinnliche Widerstandsfähigkeit quasi der Materie, das ist das Eine. Das ist für unsere Leiberfahrung Dichte, während es vom Feld aus gesehen, von der Raumenergie aus gesehen, äußerste Auflockerung ist, geradezu ein schaumartiges Etwas, was wie ein Nebel durchschlagen wird von dieser quasi unendlichen Raum-Energie, die damit als feinste Strahlung vorgestellt werden kann, die Materie wie ein Nichts, oder wie gesagt, wie ein Nebel, durchdringt. Und damit ist man auf einer ganz anderen Ebene der Auseinandersetzung über die Frage nach dem Äther. Und wenn Sie das gedanklich in Verbindung bringen mit dem, was ich am 2. November [1999] versucht habe, Ihnen zu erläutern über die Frage der Willensimpulse in der Bewegung überhaupt, dann kommt man zu hochinteressanten Schlussfolgerungen.

Sie erinnern sich daran, ich hatte ja verdeutlicht, dass in der herkömmlichen Physik keine Antwort existiert, warum überhaupt Gestirne sich bewegen. Das verblüfft viele, die das zum ersten Mal hören. Sie glauben einer Sinnestäuschung zu erliegen, das kann doch nicht sein, wo doch in den Physikbüchern schon ganz zu Beginn in der Mechanik, in den Grundlagen der Mechanik, der klassischen Mechanik, von Bewegung die Rede ist. Aber dies ist niemals eine wirklich kausale Erklärung der Bewegung. Darüber haben wir ausführlich gesprochen. Man kann nicht einmal wirklich zureichend erklären, in, sagen wir mal, physikalischen oder auch physiologischen Begriffen, warum der menschliche Wille in der Lage ist, den eigenen Leib zu bewegen. Das ist eines der größten Mysterien überhaupt, das man immer wieder hervorheben muss, weil viele es für vollkommen selbstverständlich halten. Aber wenn man es durchdenkt, stößt man auf einen Abgrund von Paradoxien. Wie ist es möglich, dass es diese Art von Einwirkung eines Geistprinzips, des Willens, auf den menschlichen Leib überhaupt gibt? Das ist der eine Punkt.

Dann hatte ich Ihnen im Zusammenhang mit der Ätherfrage, der Lichtäther-Frage dargestellt, dass in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der New Science immer wieder Zweifel geäußert werden an der Mainstream-Theorie der Sonne und der Fixsterne. Die thermonuklearen Öfen, die von vielen für vollkommen selbstverständlich gehalten werden, sind das in keiner Weise. Ich habe kürzlich mit einem kritischen Physiker diese Dinge besprochen, der mir auch zugestand, dass die herrschende Theorie von Sonne und Fixsternen ein Abgrund von Ungereimtheiten ist. Und wir müssen uns zu dazu bequemen zu sagen: Letztlich ist die Sonne eine stella incognita, immer noch oder wieder, wie sie das immer war, und die theoretischen Überlegungen, wie Licht entsteht durch thermonukleare Verschmelzungsprozesse, ist ein bestimmtes Modell, mit dem man bis zu einem gewissen Grade rechnen kann, das bis zu einem gewissen Grade auch zu überprüfbaren Voraussagen führt, das aber eine Fülle von inneren Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten beinhaltet, zum Beispiel, ein Punkt, den ich nicht erwähnt habe das letzte Mal, den ich jetzt noch anführen möchte: Das berühmte Olberssche Paradoxon.

Das war noch bis in die siebziger Jahre eines der ganz großen Rätsel der Astronomie. Sie konnten in allen Astronomie-Büchern über das Olberssche Paradoxon lesen. Es wurde immer wieder gesagt: Das ist eines der schwerwiegendsten Probleme der Astronomie überhaupt. Und man hat dann die Überzeugung verbreitet, ich erkläre gleich, was das war, dass durch die Fiktion einer Raumkrümmung und eines endlichen, allerdings nicht begrenzbaren Universums dieses Paradoxon aufgelöst werden könnte. Ich erkläre das kurz. Das Olberssche Paradoxon geht zurück auf einen Astronomen, Hermann Olbers, der im Jahre 1826 eine ganz simple Rechnung aufgestellt hatte, die logisch, mathematisch, physikalisch nicht zu widerlegen ist, folgender Art: Es dürfte nie dunkel werden. Wenn die Sonne und Fixsterne selber Licht verstrahlen, dann dürfte es niemals dunkel werden. Warum nicht? Man kann sagen, wenn man bildhaft, modellhaft die Sonne als Lichtpunkt-Strahler versteht, dass die Strömungsintensität mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt. Das ist richtig und unbezweifelbar, aber gleichzeitig nimmt die Anzahl, die pure Anzahl der sogenannten Sonnen im Raum mit der dritten Potenz [der Entfernung] zu. Das heißt, wenn Sie das weiter rechnen, kommen Sie irgendwann auf unvorstellbare Werte. Das heißt, die Abnahme der Strömungsdichte mit dem Quadrat der Entfernung wird nicht [nur] kompensiert, nicht nur kompensiert durch die dritte Potenz der puren Zahl, sondern überkompensiert. Es dürfte [danach] nie dunkel werden. Es müsste ständig, das ist genau ausgerechnet worden, eine Helligkeit herrschen, die etwa das 50.000fache der jetzigen Tageshelligkeit ausmacht.

Das hat die Astronomen zur Weißglut gebracht. Es gab ganze Bibliotheken, die darüber geschrieben worden sind über das Thema, wie das überhaupt möglich sein könnte. Von einer bestimmten Größe des Universums an wird die Vorstellung der Sonnen als Lichtquellen absurd. Alle Modelle sind durchgespielt worden. Die Abdeckung durch Nebel etwa, die Abdeckung der Gestirne gegenseitig und so weiter. Und dieses Paradoxon, ich sagte es, finden Sie noch in Astronomie-Büchern bis in die 70er Jahre hinein als eines der ganz großen Rätsel der Sonnen-Theorien. Wie ist es gelöst worden? Ich behaupte: gar nicht. Man hat es im Grunde mit einem Trick eliminiert, wie viele ähnliche Fragen dieser Art. Man kann auch zeigen, das habe ich, glaube ich, auch angedeutet, dass man ein ähnliches Paradoxon, obwohl das kaum bekannt ist, auch beim Newtonschen Gravitationsgesetz ausrechnen kann. Wenn wirklich jedes Teilchen gravitative Wirkung hätte, müsste das ganze Universum quasi in sich zusammenstürzen bzw. müsste in jedem Punkt die gravita­tive Wirkung unendlich groß sein, es dürfte also nur eine ganz bestimmte Größe haben.

Das heißt, es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder das Universum hat eine berechenbare Größe, die das noch gerade zulässt, oder man muss beides, die gravitative Wechselwirkung und das Licht, ganz neu denken. Und ich habe ja schon angedeutet, dass es verschiedene Überlegungen gibt, die auch eine gewisse Plausibilität haben, das Licht zu verstehen als eine raum-energetische oder radial-energetische Wechselwirkung im Raum zwischen Gestirnen, sodass also nicht im buchstäblichen und eigentlichen Sinne die Fixsterne oder Sonnen die Quellen des Lichtes sind. Es hat im 20. Jahrhundert verschie­dentlich Überlegungen in dieser Richtung gegeben, die auch eine gewisse Plausibilität haben. Das ist nicht identisch mit, sagen wir, esoterischen Überlegungen, etwa aus der Theosophie oder Anthroposophie oder aus vielen anderen Strömungen über die okkulte Logos-Qualität der Sonne. Das könnte man bis zu einem gewissen Grade auch noch als kompatibel verstehen mit der herrschenden Sonnenofen-Fiktion. Man könnte ja sagen, es sind zwei vollkommen verschiedene Ebenen. Man muss das auseinanderhalten. Es gibt ja unter Esoterikern, wie ich in vielen Gesprächen festgestellt habe, eine fast Selbstverständ­lichkeit, eine selbstverständliche Überzeugung, dass die Sonne, die wir sehen, wir sehen sie ja nicht direkt, das habe ich ja erläutert, die wir indirekt sehen, quasi nur das Kleid, das feinstoffliche Kleid einer ganz anderen, tieferen, eigentlichen Sonne, eine Art Logos-Sonne ist dahinter oder darin. Das finden Sie im Besonderen gerade in der Theosophie und Anthroposophie.

Also das wäre noch bis zu einem gewissen Grade kompatibel. Dann müsste man verschiedene Ebenen ansetzen. Ich meine etwas anderes. Ich meine, ohne dass ich zu diesem Punkt jetzt hier dezidiert Stellung nehmen möchte, ich meine den Punkt, dass man tatsächlich die Entstehung von Licht ganz anders begreifen kann: als eine Zustands­änderung der Radial- oder Raumenergie, wobei die Gestirne nicht direkt Quellen des Lichtes sind. Das kann man in sich schlüssig, in sich konsistent weiterverfolgen und kommt zu erstaunlichen Resultaten. Ich habe das ja auch vor 14 Tagen oder drei Wochen auch angedeutet, dass ich glaube, dass das eines der ganz brennenden Themen der nächsten Jahre sein wird. Ich prognostiziere geradezu, dass dieses Thema an Breite gewinnen wird, und viele werden irgendwann sich die Augen reiben und werden kaum glauben, wie man ernsthaft kollektiv hat die Überzeugung vertreten können, dass der Raum erfüllt sei mit glühenden Glaskugeln. Das wird den Menschen über die Medien und über die Mainstream-Wissenschaft und ihre vielfältigen Popularisierungen dermaßen als eine Wirklichkeit, als eine objektive Wirklichkeit des Universums nahegelegt, dass sie gar nicht mehr wissen und begreifen können, dass es sich hier um eine ganz spezielle Modellvorstellung handelt, die übrigens auch in verschiedenen Kontexten immer auch wieder in Frage gestellt wird. Zum Beispiel im Zusammenhang mit dem einigen von Ihnen ja vielleicht bekannten Problem der sogenannten Neutrinos, dass also die Neutrinos, dass nicht diese Zahl von Neutrinos messbar ist, die eigentlich vom Standardmodell aus messbar sein müsste. Das Ganze ist wirklich eine offene Frage und das spielt natürlich grundsätzlich hinein, wenn wir uns nach dem Licht fragen, was das Licht überhaupt ist, das ist ja ein wesentliches Thema in diesem Semester. Was ist eigentlich dieses Licht? Dass es nicht sichtbar ist, für sich genommen und an sich oder allein gelassen, das wissen wir. Das habe ich Ihnen verschiedentlich erläutert. Licht ist unsichtbar.

Wir können nur Licht indirekt wahrnehmen, wenn Materie vom Licht reflektiert wird, wenn sich Licht auf Materie reflektiert. Für sich genommen ist das Licht unsichtbar. Kann Licht überhaupt als ein objektives Etwas betrachtet werden? Nein. Denn wenn wir das Korrelat der Lichtwahrnehmung betrachten, zum Beispiel eine bestimmte Frequenz oder zum Beispiel eine bestimmte Wellenlänge, dann ist das ja nicht das Licht, sondern Licht ist in sich und in sich selbst immer die Einheit des beobachtenden Auges und einem von außen in irgendeiner Form auf dieses Auge zukommenden Etwas. Das heißt, in sich ist Licht schon immer die Überwindung der puren, objektiv gegebenen Außenwelt. In gewisser Weise, kann man sagen, ist Licht, auch ohne dass man spirituelle Lichttheorien heranzieht, die Einheit von Immanenz und Transzendenz, schon als solches. Das ist auch in allen oder vielen, auch physikalischen Lichttheorien immer wieder angedeutet worden, zum Beispiel von Arthur Zajonc in seinem Buch „[Lichtfänger] ‒ Die gemeinsame Geschichte von Licht und Bewusstsein“. Da zeigt ja Zajonc anhand von ungeheuer raffiniert ausgedachten Quanten-Experimenten, dass das Licht immer rätselhafter wird, je mehr man es quasi direkt angeht. Man kann in bestimmten Experimenten nachweisen, dass noch nicht einmal der Ort des Lichtes exakt bestimmt werden kann. Ich habe Ihnen das damals auch erläutert. Das Licht entzieht sich dem direkten, dem gleichsam grobstofflichen Zugriff. Das also vorab.

Ich will Ihnen jetzt einen kleinen Auszug aus diesem genannten Essay, den ich für den „Blauen Reiter“ geschrieben habe, der Ende Dezember, Anfang Januar erscheinen wird, vorlesen, weil dieser Essay ins Zentrum der Thematik einer anderen oder alternativen Kosmologie trifft. Der Essay hat den schlichten Titel: „Wo sind wir? Der Mensch, der Raum und die Gestirne ‒ Zum Verhältnis von Naturwissenschaft und Spiritualität.“ Der Chef­redakteur Siegfried Reusch hatte mich angerufen und gefragt, ob ich nicht einen Essay beisteuern wollte. Das Rahmenthema der zehnten Ausgabe hieße „Götter“, und es ginge im weiten Sinne um den Zusammenhang von Naturwissenschaft, Naturphilosophie, Religion, Spiritualität. Und in dem Zusammenhang habe ich mich dann zu diesem Essay durch­gerungen und habe ihn vorvergangene Woche geschrieben. Ich lese mal einige Passagen hieraus vor, weil in einer sehr knappen essayistischen Form hier nochmal das zentrale Anliegen auch dieser Art von anderer oder alternativer Kosmologie zum Ausdruck kommt. Also noch mal der Titel: „Wo sind wir? Der Mensch, der Raum und die Gestirne ‒ Zum Verhältnis von Naturwissenschaft und Spiritualität“:

„Es ist erstaunlich, wie selten die Frage gestellt wird, wo wir uns eigentlich befinden, oder dass es die Menschen nicht stärker beunruhigt, gar nicht zu wissen, wo sie wirklich sind. Der geographische Ort kann bestimmt werden, wenn der rätselhafte Himmelskörper, dessen Oberfläche wir bewohnen und leidlich gut kennen, das Bezugssystem abgibt.“ Das ist fast banal, eine geografische Verortung auf der Gestirnoberfläche. Das ist nicht gemeint mit der Frage. „Der nächste Schritt wäre dann die Frage nach dem Ort eben dieses Himmelskörpers. Wo befindet sich die Erde? Zu sagen, im Sonnensystem oder in der Galaxis, erweitert die Bezugssysteme, beantwortet aber die Frage nicht wirklich. Denn wo ist wiederum die Galaxis? Wo sind die anderen Galaxien?

In erster Annäherung lässt sich die Antwort geben: Als Körper, der wir ja zumindest auch sind, obwohl wir nicht darin aufgehen, sind wir, wie auch die Gestirne überhaupt jedwede Materie und Energie eben im Raum. Aber auch mit dieser Antwort ist im tieferen Verständnis der Frage nicht viel gewonnen. Jedenfalls dann nicht, wenn dieser Raum nicht als bergende, alles umschließende und einschließende Hohlkugel, als kosmische Höhle oder Uterus verstanden wird. Wird er das, dann ist die Verortung in diesem Raum möglich und sinnvoll. Ist dies der Fall, wie im geozentrischen Hohlkugel-Universum der Antike und des Mittelalters, dann hat die Erde, einschließlich der Menschen auf ihr eine klar bestimm­bare Position. Eine endliche Hohlkugel, ein kugelförmig gedachter Raum gibt jedem Ding seinen Ort. Im Hohlkugel-Universum war die Erde nicht nur in der Mitte, sondern zugleich ganz unten, ein gerade nicht besonders günstiger oder privilegierter Ort. In der mittel­alterlichen Version dieser Kugel-Kosmologie war die absolute Weltmitte vom Satan besetzt. Dieser wohnte im ,Ganz-unten‘. Schon dieser Umstand, tiefer bedacht, könnte zu dem Verdacht führen, dass die berühmte kopernikanische Kränkung von Sigmund Freud weniger gefunden als erfunden worden ist.“

Das habe ich in der zweiten Folge Ihnen ja auch versucht darzustellen, dass ich glaube, das ist eine Fiktion. Es hat nie eine kopernikanische Kränkung gegeben. Das ist eine Erfindung von Sigmund Freud im Zusammenhang mit der angeblichen darwinistischen Kränkung oder der psychoanalytischen Kränkung. Im Gegenteil: Das Selbstbewusstsein des Menschen seit Kopernikus ist ungeheuer angewachsen, mit diesem Selbstbewusstsein auch die Neurosen. „Eine brisante Pointe des geozentrischen Hohlkugel-Universums liegt darin, dass diese Kugel selbst oder als solche keinen Ort hatte, ja haben durfte, also nicht einfach eine Kugel in einem Raum sein durfte. Das Universum als Ganzes durfte keinen Ort haben, durfte sich nicht in einem Raum befinden. Die Kugel hatte nur eine Innen- aber keine Außen-Krümmung. Das ist nicht anschaulich vorstellbar, wird aber von Aristoteles postuliert, und zwar in bewusster Abwehr gegen einige Pythagoreer, die schon argwöhnten, es gäbe auch ein reales und damit räumliches Außen dieser Kosmos-Kugel. Aristoteles wusste: Gibt es dieses Außen, dann hat die Kugel einen Ort im Raum, der dann nicht mehr im Endlichen zu halten ist.“ Das habe ich auch schon mal in anderem Zusammenhang angedeutet. „Nach Aristoteles gibt es nur ein quasi paradoxes Außen als ,nicht-Außen‘, kein wirkliches Außen oder Außerhalb-der-Kugel und damit des gesamten Kosmos. Dieser Kosmos ist umfangen von einem nicht räumlichen, letztlich als göttlich vorgestellten Etwas.“ Das könnte man als eine Art göttlichen Hyperraum bezeichnen, wie sich das Aristoteles vorstellt, jenseits jeglicher anschaulichen Vorstellung. „Innerhalb dieser kosmischen Kugel, umwölbt und getragen von der Göttlichen Nicht-Kugel, dem Göttlichen Nicht-Raum, hat jedes Ding seinen kosmo-grafisch bestimmbaren Ort,“ ‒ jetzt wichtig ‒ „der zugleich etwas aussagt über seinen seelisch-geistigen Ort. Das ist in dieser Kosmologie immer das Gleiche. Der Ort in diesem Kosmos sagt etwas aus über den seelisch-geistigen Ort. Das ist zunächst einmal nicht getrennt. Die Position im Außen-Raum, der eigentlich Innen-Kugel-Raum ist, ist zugleich ein Indikator für die Position im Innenraum, dem Raum der Seelen und Geister. Geistiger Aufstieg ist immer direkt und buchstäblich auch kosmischer Aufstieg.“ Das finden Sie noch bei Dante in der Divina Commedia, der Aufstieg durch die Sphären. „Nach oben im kosmo-grafischen Sinne steigt er nach oben, sieht die Erde ganz klein unten. Alles Göttliche ist oben, das Irdische dagegen unten. Noch immer zehrt unsere Sprache von dieser Kosmologie, fast ständig. Das Hohl­kugel-Universum war auch ein Schalen-Kosmos. In der durch Giordano Bruno vollzogenen Radikalisierung der kopernikanischen Wende gingen sämtliche bergenden und schützen­den Schalen oder Sphären zu Bruch, was zur Folge hatte, dass der Raum selbst nun mit ganzer Wucht in die Menschenwelt hinein flutete. Wo war fortan die Erde und mit ihr die Menschheit? Jetzt wird die Frage vollkommen neu gestellt. Bis dahin konnte man noch sagen: Wo ist der Mensch? Der Mensch ist in diesem Hohlkugel-Universum an einer bestimmten Position, die man kosmo-grafisch und auch geistig-spirituell bestimmen kann. Wo war fortan die Erde und mit ihr die Menschheit?

Der Ort, der zugleich ein physischer, kosmo-grafischer und ein metaphysischer war, hatte sich als Illusionsblase erwiesen. Und was nun? Kann der entgrenzte, der nicht mehr sphärisch bergend strukturierte Raum noch unser Ort, Oikos, auch Wohnort oder Heimatort sein? Die neuzeitliche Denkbewegung verneint diese Frage, eindeutig wird es verneint. Dieser Raum ist ein purer Außenraum. Der kann nicht die Heimstatt, kann nicht der Oikos des Geist-Seele-Wesens Mensch sein. Und gerade das Bewusstsein, fortan im Nirgendwo zu sein und sein zu müssen, in einem Raum als purer Außenraum, der uns nicht wirklich meint und auch uns gar nicht kennt, hat das menschliche Selbstbewusstsein enorm gesteigert. Der Mensch fühlt sich fortan als sphärenlos und damit unbeobachtet von kosmischen oder göttlichen Augen. Er fühlt sich frei. Und dieses Gefühl ist zugleich das Wissen, jetzt unumkehrbar im Außen gelandet oder gestrandet zu sein. Die gesamte Naturwissenschaft besteht in nichts Anderem als darin, immer wieder aufs Neue, die Herrschaft des Außen über das Innen herzustellen. Das ist der Kern des naturwissen­schaftlichen Reduktionismus.

Alles Innen muss zum Außen werden“ ‒ können Sie generell beobachten, alles, was noch als letzte Reservate des Innen gilt oder galt, wird zum Außen erklärt, wird als pures Epiphänomen des Außen interpretiert. „Alles Innen muss zum Außen werden. Oder, es darf das Innen geben, aber nur als eine Art Indianer-Reservat ohne eigenständige und damit erst wirksame Wirklichkeit. Formelhaft zugespitzt: Du darfst glauben, was du willst und an wen du willst, etwa an Gott, aber du darfst nicht messen, was du willst. Methodisch musst du Atheist sein. Der Begriff ,messen‘ soll hier weit gefasst für den machtförmig-rechnenden Zugriff stehen. Wenigen fiel hier über lange Zeit hinweg auf, dass alle Aussagen über das Außen und dessen Herrschaft über das Innen sich grundsätzlich im Innen, d.h. im Bewusstsein abspielen. Das messende und rechnende Subjekt vergaß sich selbst, kam sich selbst abhanden, musste sich aber permanent als quasi allwissend, unberührt, ständig voraussetzen. Das ist die Subjektblindheit der Naturwissenschaften. Alle Hasenläufe konn­ten nicht verhindern, dass der Igel, das Subjekt, immer schon da war.“ Der Hase, Sie kennen die Geschichte, der rackert sich zu Tode, er rast und wird immer ungeduldiger, immer aggressiver, weil der Igel immer schon da ist, nur nicht der Igel selbst, mit dem er den Wettlauf angetreten hat, sondern dessen Frau, die sieht aber genauso aus wie er. Deswegen kann er das nicht unterscheiden.

„Die Subjektblindheit oder auch Subjektvergessenheit der Naturwissenschaft, einschließlich der Quantentheorie, ist stets zugleich Raum-Blindheit oder Raum-Vergessen­heit. Der zum puren Außen degenerierte Raum, ohne Götter und höheres Bewusstsein oder Weltseele, macht die Seele raumlos.“ Das ist passiert, kollektiv. Die moderne Seele ist raumlos, „macht die Seele raumlos bzw. lässt ihr nur den Innenraum, der als ein bloß subjektiver bequem auszugrenzen war aus dem großen Vermessungsprojekt, das Nur-Außen des toten Raumes.“

Also die subjektiven Innenräume werden nicht bestritten, ist ja eine subjektive Wirklichkeit, aber sie haben keine objektiv relevante Qualität. Ein Moment übrigens, was in einer interessanten Strömung der letzten Jahre ganz offensiv aufgegriffen wird, auf die auch ich erst vor anderthalb bis zwei Jahren gestoßen bin, nämlich in der Neuen Phänomenologie des Kieler Philosophen Hermann Schmitz, der auf eine großartige Weise genau diesen Punkt aufgreift, nämlich den Punkt der Raum-Vergessenheit der modernen Subjekte und damit auch der Vergessenheit, dass Raum-Wahrnehmung immer auch leiblich fundiert ist und immer auch Atmosphärisch-Auratisches beinhaltet. Jeder, der in einem Raum ist, ist niemals in einem toten Orts- oder Koordinaten-Raum. Er ist immer in einer gewissen Aura, in einer gewissen Psycho-Atmosphäre, die ständig wie ein allgegenwärtiges Fluidum die Wahrnehmung bestimmt, auch wenn sie nicht zugelassen wird, auch wenn sie nicht wahrgenommen wird auf eine direkte Weise, ist doch diese Psycho-Atmosphäre unaufhörlich anwesend und mitwesend.

Also, „der zum puren Außen degenerierte Raum ohne Götter und höheres Bewusstsein oder Weltseele macht die Seele raumlos bzw. lässt ihr nur den Innenraum, die berühmte Subjektivität. Jeder kann glauben was er will, jeder kann seinen eigenen Phantasien nachgehen, wie er möchte. Bloß, der Raum als Raum ist purer toter Außen­raum, der den Menschen nicht meint und auch nicht kennt, der als bloß subjektiver bequem auszugrenzen war aus dem großen Vermessungsprojekt des nur Außen, des toten Raumes. Wenn die Seele nicht mehr im Raum sein darf, weil das ,Projekt Weltseele‘“ ‒ eine Formel von Peter Sloterdijk ‒ „als gescheitert gilt“ ‒ das behauptet er, das Projekt Weltseele ist gescheitert ‒ „wo ist sie dann?“ Das ist ja die Grundfrage: Wo sind wir? Das ist die Frage dieses Essays. „Einen existenziellen Ort kann die Seele nur haben in einem ihr gleichenden Raum, also einem Raum, der die Weltseele selbst ist, wie Giordano Bruno wusste. Nur in einem Raum, der zugleich Umhüllendes und tragendes Universalbewusst­sein ist, hat der Innenraum, hat die Innenkugel Bewusstsein ihren Ort. Gibt es diesen Ort nicht mehr, ist die Seele als sie selbst im Exil, was ihre Raum-Qualität betrifft, dann ist sie im Exil. Dann ist dieser Raum nicht mehr ihr Ort, kann nicht ihr Ort sein. Wenn der kosmische Raum kein wirklicher Ort mehr ist, muss sie, die Seele, sich in akosmischen, kosmosfernen Räumen, Innenräumen einnisten. Das tut sie ja. Jeder in seiner eigenen in gewisser Weise. Das bekommt ihr nicht gut, wie man weiß. Die Mensch-Kosmos-Neurose des sogenannten modernen Menschen sitzt tief und hat sein In-der-Welt-sein gründlich ruiniert, allem nachkopernikanischen Selbstbewusstsein zum Trotz.

Zunächst wäre zu sagen, dass diese Raumlosigkeit der modernen Subjekte in dem genannten Sinne auf schlichten Denkfehlern beruht. Gestalthaftes Bewusstsein, und das ist fast eine Definition des Menschen, also gestalthaftes Bewusstsein bedarf nicht nur des real existierenden Fluidums eines allverbindenden Bewusstseins, das als Universalbewusstsein die Weltseele ist, sondern es kann sich, sich selbst, gar nicht denken ohne dieses Fluidum. Ein gestalthaftes Bewusstsein in einer bewusstseinsblinden Leere, einem Raum-Nichts, das uns nichts angeht, ist buchstäblich undenkbar. Es lässt sich nicht denken. Hier kollabiert der Geist. Es, also diese Leere, lässt sich erregt postulieren oder argumentativ verteidigen. Aber auch dieses Postulieren und Argumentieren vollzieht sich notwendig innerhalb dieses Fluidums, ohne dessen Immer-schon-Vorhandensein jedes Subjekts vom Schwarzen Loch seiner selbst verschluckt würde.“

Also das ist immer [das] Vorgängige, immer ständig notwendig Vorausgesetzte. „Nur ein bewusstes Universum kann wirklich gedacht werden.“ Das habe ich ja verschiedentlich auch in den letzten Jahren immer wieder in meinen Vorlesungen gesagt, dass man bis zu einer gewissen Grenze in jedweder Kosmologie und Naturphilosophie, Naturwissenschaft davon ausgehen muss, dass Geist in der Welt vorhanden ist. Sonst würden wir unrettbar verstrickt sein im Netzwerk, im Spiegelkabinett unserer eigenen Projektionen. Dann könnten wir nicht erkennen, dann gäbe es keine Erkenntnis. Also nur ein bewusstes Universum und damit auch ein lebendiges Universum kann wirklich gedacht werden. „Die Seele kann nicht denken ohne das, was sie immer schon ermöglicht hat, das stets Vorgängige jeder seelenhaften Gestalt. Und genau das ist der Kern des ,Projekts Weltseele‘, dass nur in oberflächlicher Sicht als gescheitert gelten kann.“ Ich meine, es ist voreilig von Sloterdijk, was er in dem letzten Buch „Sphären II“ geschrieben hat, über 1000 Seiten letztlich diese eine These verbreitet hat, wieder mal: Die göttliche Kugel ist tot, so interpretiert er Nietzsches „Gott ist tot“, und das ,Projekt Weltseele‘, das er eng gebunden sah an diese göttliche Kugel, ist gescheitert.

Wir Menschen, sagt Sloterdijk, leben fortan im hüllenlosen Raum. Das, sozusagen das Nichts, wie Nietzsche sagt, haucht uns an, der kalte, leere Raum haucht uns an, der uns nicht kennt und nicht meint, und wir müssen uns in eigenen Schalen oder Blasen zurechtfinden. „Auch der götterlose Raum als der nicht-Weltseele-Raum ist ein Konstrukt einer Phantasmagorie innerhalb des gestalthaften Bewusstseins. Die gesamte Mainstream-Kosmologie kann als ein großer Versuch gewertet werden, dem Hasen doch noch zum Sieg über den Igel, das Igel-Paar zu verhelfen. Fast alle Welt glaubt an den Sieg des Hasen, und zwar schon deshalb, weil es mit durchschlagendem Erfolg gelungen ist, die Existenz des Igels, = vorgängiges Bewusstsein = Weltseele, zu leugnen. Es gibt keinen Igel, also hat der Hase längst gesiegt. Entweder gab es nie einen Igel, oder wir haben ihn getötet.“ Gott ist tot. Nicht, „wer wischt das Blut von unseren Messern ab“, heißt es bei Nietzsche, die berühmte Formulierung, „wir haben Gott getötet, wer wischt das Blut von unseren Messern ab“.

„Der wirkliche Raum, der seinem Wesen nach kein nur-Außen sein kann“, das kann der Raum wesenhaft nicht, können vielleicht in Diskussion noch darauf kommen, „ist als Raum der Götter noch immer unwiderlegt. Dass es den toten Nicht-Weltseele-Raum überhaupt geben kann, ist nie bewiesen worden. Schon gar nicht von den sogenannten Kosmologen, die ohnehin insgeheim und manchmal auch offen Kosmo-Theologen sind. Die Wo-Frage, die so rätselhaft selten gestellt wird, ,Wo sind wir?‘, um diese Frage geht es ja, ist eine der brennendsten Fragen überhaupt. Wird sie nicht als Herausforderung ange­nommen, etwa indem man die Frage für längst gelöst oder für unlösbar oder gar für irrelevant hält, hängt auch die Frage nach dem Menschen, das ist wichtig, in der Luft, wobei diese Luft toxisch ist und nicht eingeatmet werden kann.“

Also wenn man die Frage nach dem Menschen stellt, muss man auch die Frage nach seinem Ort stellen und damit nach seinem Oikos. Und damit ist man sofort in dem Zentrum der Kosmologie und auch der Ökologie. „Die Was-ist-Frage in Bezug auf den Menschen ist nicht abzutrennen von der Wo-ist-Frage. Alle Versuche dieser Art haben nur in hoffnungslose Zirkelschlüsse hineingeführt, um es bewusst provokativ und formelhaft zuzuspitzen: Das götterlose Du-bist-nicht-gemeint-Universum, das die-Götter-sind-mause­tot-Universum ist eine kollektive Fiktion oder Projektion, geboren aus einem raumlosen oder raumvergessenen Bewusstsein, einer akosmischen Erlösungssehnsucht im Bündnis mit schlechter Philosophie. Dieser Kaiser ist wirklich nackt, obwohl die Wenigsten dies bis dato zu begreifen scheinen, ja lautstark seine neue und prächtige Gewandung preisen.“ Das will ich ohne wenn und aber klar sagen: Dieser Kaiser des du-bist-nicht-gemeint-Univer­sums, letztlich des toten Universums, ist wirklich nackt.

„Wissen wir denn nicht seit Newton, dass die Gestirne in götterloser Nacht umein­ander herumfallen, platten Druck- und Stoßgesetzen folgend oder seit Einstein, geometri­schen Weltlinien im gekrümmten Raum? Sind nicht die Götter, auch die Gestirne als Götter längst in unserem Bewusstsein verdampft oder, mit Nietzsche gesprochen, unter unseren Messern verblutet? Ist es nicht müßig, ja unsinnig, diese Entwicklung zurückzudrehen, sie quasi ungeschehen machen zu wollen, zumal Präzision und Voraussagekraft der mathe­matischen Naturwissenschaft einen Gipfel erreicht haben und wir dem eigentlich geleug­neten Weltgeist dicht auf den Fersen sind? Wer so fragt, und viele fragen so und glauben, die sicheren Antworten zu haben, weiß nicht, dass die mathematischen, neuzeitlichen Naturwissenschaften, nicht ausschließlich, aber zu großen Teilen, mathematisierter Okkultismus ist.“ Ich will das erläutern. Der Vorwurf ist alt, das ist kein neuer Vorwurf. Der Vorwurf des mathematisierten Okkultismus ist früh erhoben worden, zum Beispiel von Leibniz gegenüber Newton, der [ist] später von Schelling auch Newton gegenüber aufgegriffen worden, und anderen. „Schon die Kraft der Kräfte, die Gravitation, war von Anfang an ein ungelöstes Rätsel. Eine in sich konsistente Theorie der Gravitation hat es in der Mainstream-Naturwissenschaft bis zum heutigen Tage nicht gegeben. Newton litt noch darunter, über Jahrzehnte hinweg, dass er die universale Schwere unerklärt lassen musste, dass er nicht mehr geben konnte als eine Mathematisierung der Bewegung auf der Basis eines ungelösten Rätsels der Natur und dem Wesen der Schwere.

Ähnliches gilt für die kosmische Bewegung. Physikalisch konnte nie geklärt werden, warum sich die Gestirne überhaupt bewegen. Postuliert und mathematisch beschrieben wurde eine ursachelose Perpetual-Bewegung, geradlinig-gleichförmige Bewegung, von der jeder Physiker weiß, dass dies eine pure Fiktion ist. Die geradlinig-gleichförmige Trägheitsbewegung als ,kausales Paradox‘, Weizsäcker, ist ein erstaunliches Phantasma, mit dem sich in Grenzen erfolgreich rechnen lässt, das aber keine Grundlage abgibt für eine kausale Erklärung. Die Bewegung der Gestirne ist genauso ungeklärt wie die Bewegung der subatomaren Teilchen, ja Bewegung überhaupt, einschließlich der des menschlichen Leibes. Wie ist es möglich, dass der Mensch über seinen Willen diese gestaltete Materie, die er als seinen Leib erfährt, überhaupt in Bewegung setzen kann? Naturwissenschaftlich gibt es darauf keine Antwort, denn wo sollte der Wille eingreifen, wo doch gar keine Lücken oder Angriffsmöglichkeiten für ihn da sind und gar kein Energietransport stattfindet? Auch quantentheoretische Konstruktionen, wie sie John Eccles in seinen späten Jahren versucht hat, helfen nicht wirklich weiter. Die Frage lässt sich nur von einer anderen Ebene aus lösen. Das gilt auch für die Bewegung der Gestirne.

In meinen ,Impulsen für eine andere Naturwissenschaft‘“, dem Buch das hier liegt, „habe ich die Frage nach der Gravitation als das Wurzel-Koan der Physik bezeichnet.“ Koans sind paradoxe Sprüche im Zen-Buddhismus. „Diesem Koan gegenüber hat die Physik auf ganzer Linie versagt, mit desaströsen Folgen: Der nackte Gravitation-Nihilismus, Sloterdijk, bestimmte zunehmend das Feld, wo es doch gerade hier gegolten hätte, tiefer und subtiler zu fragen. Für Newton noch war Gravitation eine Art Gottesbeweis, worüber schon Zeitgenossen gespottet haben. Leibniz mokierte sich über Newtons Neigung, Kräfte, ,forces‘, als immaterielle, letztlich metaphysische Wirkgrößen, ,spirits‘, ,Geister‘ zu verstehen. Aber wissen wir es? Weiß die Mainstream-Physik es besser? Das lässt sich nicht ernsthaft behaupten. Im Grunde ist es einer der ganz großen Skandale der Wissenschafts­

geschichte, dass es nie gelungen ist, Natur und Ursprung der Gravitation und der Bewegung aufzudecken. Auch hier lässt sich sagen: Noch immer sind die Götter unwiderlegt. Die Behauptung ihrer banalen Nichtexistenz ist pure Ideologie. Der götterlose Raum, die götterlosen Gestirne“, denken Sie an das, was ich vorhin gesagt habe, „wer glaubt das wirklich, das heißt in der tiefsten Tiefe, wie viel Leben und Bewusstsein Sie wirklich haben oder nicht haben?

Wo sind wir? Auch das wäre ein Koan. Wo sind die Gestirne? Und kaum bedacht: Was hält die Gestirne im Raum? Wie können diese Körper im leeren Raum schweben oder hängen wie eine Christbaumkugel, wie ein Astronaut verblüfft, ja erschüttert meinte? Was ist diese Schwärze, die die Gestirne umgibt und einhüllt und die auch das Licht verbirgt, das bekanntlich als solches und für sich gelassen unsichtbar ist? Dunkles Licht umgibt uns unausgesetzt. Was trägt das Licht und ermöglicht seine Bahn im Raum? Was ist überhaupt dieses Licht, das sich nicht einmal exakt lokalisieren lässt?

Eine vertiefte Betrachtung der Gestirne im Raum, im Sinne einer vorurteilsfreien Phänomenologie, also wirklich fragend beobachtend, kann zu überraschenden Schlüssen führen, was die Natur und die Wirkung der Gravitation anlangt. Die sogenannte Massenanziehung ist ohnehin nie schlüssig bewiesen worden, zumal völlig dunkel blieb, was eigentlich Masse sein soll und wie sie mit der Materie zusammenhängt“, was auch von kritischen Physikern immer wieder eingeräumt wird, also ein ganz großes Fragezeichen, wie überhaupt der Zusammenhang von Masse und Materie gedacht werden kann.

„Die Gestirn-Gravitation, wie Giordano Bruno als Erster zu denken versuchte, 1584, ist ein radiales oder zentralsymmetrisches Feld“, ich habe vorhin darüber gesprochen, „und zwar bis in die tiefsten Tiefen des Gestirns hinein, bis zum Gestirnmittelpunkt, was gerade bei Newton nicht der Fall ist. Daraus folgt, dass die Gestirne als ganze durch dieses alles durchdringende Feld, das Bruno als Seele des Gestirns bezeichnet, im Raum gehalten, in der Wechselwirkung mit anderen Gestirnfeldern bewegt und auch als sie selbst gleichsam entmaterialisiert oder spiritualisiert werden. Wie man diese Gedanken weiterdenken und fruchtbar machen kann, habe ich in meinen ,Impulsen für eine andere Naturwissenschaft‘ gezeigt. Was also ist mit den Göttern im Raum, mit dem Raum selbst, mit der Weltseele? Nichts deutet auf einen im absoluten Sinne bewusstseinsleeren Raum, einen Nicht-Weltseele-Raum, der ja für jedes gestaltete und beseelte Bewusstsein buchstäblich undenkbar ist. In einem solchen toten Behälter kann es kein Leben, kein Bewusstsein, keine Intelligenz geben. Wenn das Dunkel des Weltraums das Licht verbirgt und dieses dunkle Licht nur in die Sichtbarkeit tritt, wenn es auf Materie fällt, warum sollte nicht des Raumes Dunkel auch, das dunkle Licht der Weltseele enthalten und verbergen, das sich nur entbirgt oder enthüllt, wenn es auf gestalthaftes Bewusstsein fällt?“ (.. gleich zu Ende der Essay) „Was wissen wir vom Raum? Aus der transpersonalen Bewusstseinsforschung und der letzten drei Jahrzehnte wissen wir zumindest dies: dass es möglich ist, in veränderten Bewusstseinszuständen die beseelte Weite des Raumes zu erfahren, dass Ich gleichsam auszugießen in einen Raum, der es trägt, ja in gewisser Weise ist.“ Das kann man aus dem gewaltigen Erfahrungsmaterial der transpersonalen Bewusstseinsforschung vollkommen eindeutig ableiten, dass dies so sein muss, aus tausenden von empirischen Daten in dieser Richtung. „In einem toten Raum wäre jedes Ich eine absurde Rakete wie das normale Subjekt heute als Ich-Kammer in einer ummauerten Zelle, einem Automobil gleicht, das auf dem großen Highway verloren dahinjagt und sich nur durch schrille Signale mit den anderen Automobil-Zellen und deren Insassen verständigt.“ Das wäre dann die Konsequenz eines toten Raums: Das Bewusstsein als Ich-Kammer in einer ummauerten Zelle. Schluss. „Die Götter sind gar nicht tot, sie leben. Die Weltseele ist zu früh und ohne tiefere Denkbemühung zu Grabe getragen worden. Der Sarg ist leer, den wir in die Erde gesenkt haben. Alle Grabreden waren verfrüht, auch die intelligent wirkenden. Der Hase ist es, der sich zu Tode hetzt. Der Igel als Igelpaar ist lebendiger denn je. Vielleicht wäre es sinnvoll, dies zu begreifen, ehe es den nicht mehr gibt, der hier noch begreifen kann.“ ‒

Also das als eine Reflexion oder reflexive Meditation über die Frage unseres Ortes im Raum. Und das ist zentral für die gesamte Frage, die uns in diesem Semester beschäftigt. Es ist letztlich ja immer die Frage nach dem eigentlichen Ort des Menschen. Und wenn diese Frage delegiert wird an die Glaubensfakultät, wie immer diese aussehen mag, dann nimmt man der Frage nach dem Menschen eine ganz wesentliche Dimension. Eine ganz andere Frage wäre übrigens auch zu stellen, indem man sagt: Wann sind wir? Die Frage nach dem Wann, die Frage nach der Zeit. Das ist aber jetzt zunächst nicht das Thema dieser Komponente.

Also die Frage: Wo sind wir? ist zentral wichtig. Mich wundert es immer wieder, dass Menschen nicht eigentlich außer sich geraten, wenn sie einen kurzen Moment die Vorstellung ernsthaft in sich rein lassen, dass sie auf einer Kugeloberfläche durch den leeren und toten, durch das leere und tote Universum sich jagend bewegen mit einer Orbitalgeschwindigkeit von 30 km pro Sekunde und eine Absolutgeschwindigkeit von über 300 km pro Sekunde, dass sie nicht eigentlich außer sich geraten durch die Monstrosität dieses Sachverhalts. Denn in dem Moment, wo das bergende, sphärisch umhüllende Universum der Antike dahin war, war ja die Frage neu aufgebrochen und quälend offen: Wo befinden wir uns überhaupt? Und die Frage nach dem Äther war ja ursprünglich, daran muss man auch noch mal erinnern, ähnlich wie die Frage der Weltseele, etwas auf dieses begrenzte geozentrische Hohlkugel-Universum Bezogene. Es war also eine von vornherein auf diesen antiken Kugelschalen-Kosmos bezogene Vorstellung.

Vollkommen anders sieht die Frage dann aus in einem nachkopernikanischen, in einem unvorstellbar entgrenzten Universum. Und die Frage, ob es überhaupt möglich ist, dass der Raum als Raum ein pures Außen ist, wie das Hermann Schmitz sagt, ein purer Orts- und Koordinaten-Raum, ist nie überzeugend geklärt worden. Das wird postuliert, dass es so sein könnte oder müsste. Und da finde ich es hochinteressant, dass in der Neuen Phänomenologie, wie das der Hermann Schmitz nennt, Versuche unternommen werden, genau diese Frage neu zu betrachten. Die Frage auch nach der Phänomenologie unserer Raum-Wahrnehmung, auch nach der Phänomenologie unserer Leib-Wahrnehmung, die etwas vollkommen anderes ist als die Abkoppelung von dem lebendigen Wahrnehmen zugunsten eines abstrakten Orts- oder Koordinaten-Raums.

Ich habe ein bisschen überzogen, ich mache noch eine Pause erst mal … und weitermachen.

Ich will nur darauf hinweisen, dass einige der Gesichtspunkte, die ich jetzt genannt habe, also viele von den Gesichtspunkten in diesem Buch „Räume, Dimensionen, Weltmodelle – Impulse für eine andere Naturwissenschaft“ sehr eingehend dargestellt werden, vor allen Dingen im fünften und siebenten Kapitel. Und ich muss klar sagen, dass eine Vorlesung oder ein Vortrag nicht in der Lage sein kann, diese sehr differenzierten Gedankengänge so zu vermitteln, wie das eine gründliche Lektüre des Buches bringt. Von Buchdeckel zu Buchdeckel, nicht im Sinne einer kursorischen Lektüre, weil dann hat man gar nichts davon und bleibt hoffnungslos im Vorfeld des Ganzen, weil nur wenn man Punkt für Punkt wirklich mitdenkt, kann man dann dahin kommen, dass sich [einem] wirklich dieser Zusammenhang erschließt.

Ein ganz knapper Essay über Licht und Schwere findet sich in dem von Heiko Lassek herausgegebenen Band hier „Wissenschaft vom Lebendigen“, das ist nur ein kleiner Essay von neun Seiten mit dem Titel „Oben der Himmel, unten die Erde ‒ zur kosmisch irdischen Polarität von Schwere und Licht“. Da stelle ich in ganz knapper, essayistischer, formelhafter Art diesen Zusammenhang von Licht und Schwere dar, der ja auch ein bewusstseins­mäßiger ist.

Gestern las ich in dem neuen „Spiegel“ über das Thema Schlaflosigkeit, die Titel­geschichte ging über Schlaflosigkeit, und das las ich am Tage, nicht in der Nacht. Und da wurde wieder einmal in mein Bewusstsein gezogen, was mir vertraut war, dass es keine konsistente Theorie darüber gibt, warum der Mensch überhaupt schläft. Es gibt nur Überlegungen in diese Richtung; aber warum Tiere etwa oberhalb der Fische schlafen, ist ein großes Rätsel. Warum schläft der Mensch? Und es gibt die verschiedensten Theorien. Alle sind in der einen oder anderen Form unbefriedigend. Letzlich ist es ein großes Rätsel. Und überhaupt der fundamentale polare Gegensatz von Licht und Finsternis ist ja für die menschliche Existenz überhaupt zentral. Und nicht zufällig ist etwa die Schlaftiefe in der Nacht immer größer als auch ein relativ tiefgehender Schlaf am Tage. Das heißt, dass Nicht-Licht bewirkt Schlaf auf eine die gesamte Physiologie und Psychologie des Menschen beeinflussende Weise. Und ich vermute und habe dafür auch eine ganze Reihe von Gründen ins Feld zu führen, obwohl ich das in letzter Konsequenz nicht beweisen kann, dass der Zusammenhang, den man aus dem englischen Wort „light“ ablesen kann, was „Licht“ heißt und „leicht“, auch damit zu tun hat, dass wir am Tage, im Tageslicht in einem vergleichs­weise aufgelockerten Feld stehen und buchstäblich auf eine für den Organismus sofort spürbare Weise leichter sind als in der Nacht.

Das heißt der Organismus …, es gibt einen Grundrhythmus im Laufe des Tages, das wissen Sie. Es gibt rhythmische Druckschwankungen in der Atmosphäre, es gibt rhythmische Hebungen und Senkungen der Erde [Erdoberfläche] um etwa 30 Zentimeter. Es gibt Gezeiten, Ebbe und Flut, auch übrigens ein Phänomen, was weniger eindeutig geklärt ist, als es oft hingestellt wird. Das will ich jetzt nicht im Einzelnen hier darstellen. Aber auch das, wenn man das genauer verfolgt, ist ein durchaus noch erklärungs­bedürftiges Phänomen mit ganz vielen Unbekannten. Und es gibt gute Gründe anzunehmen, dass eventuell im Zusammenhang mit den Gezeiten der Sonne noch eine wesentlich größere Rolle zukommt, als man das bis dato gedacht hat. Sie wissen, man spricht ja normalerweise dem Mond etwa 60 Prozent der Gezeitenwirkung zu, der Sonne etwa 40 Prozent. Und ein wichtiger Unsicherheitsfaktor in all diesen Theorien daran, ist nicht nur die Beschaffenheit und die daraus resultierenden Resonanzphänomene des Meeresbodens und der unendlich komplexen Küstenlinien, sondern auch das Faktum der Trägheit der Wassermassen. Sie wissen ja, es gibt ja im Zusammenhang auch mit dem Zenit des Mondes, die Vorstellung der sogenannten Hafen-Zeit, das heißt, die Hochflutwelle tritt ja immer mit einer gewissen Verzögerung auf, manchmal fünf, sechs, sieben, acht, manchmal zehn oder sogar zwölf Stunden Verzögerung. Also, die berühmte Verzögerung der Extreme, die sie auch in anderen Zusammenhängen kennen, dass es nicht dann am heißesten ist, während eines Tages, wenn die Sonne ihren Zenit-Stand erreicht hat, sondern zwei, drei Stunden später. Also, das ist die berühmte Verzögerung der Extreme.

Und hier kann man von meiner Vorstellung dessen, was kosmisches Licht ist, als ein Gegeneinander, als die Manifestation eines Gegeneinanderwirkens von radial- und raum­energetischen Strömen zu interessanten Schlussfolgerungen kommen über Ebbe und Flut, auch über die gravitative Wirkung am Tage und in der Nacht. Und auch, was ich dem Experiment gerne überantworten würde, die Frage der Lichtgeschwindigkeit. Ich habe das ja, glaube ich vor 14 Tagen auch gesagt, ich stelle die These auf und möchte sie gerne verifizieren lassen oder falsifizieren lassen, je nachdem, dass die Lichtgeschwindigkeit am Äquator kleiner ist als an den Polen. Wenn die Vorstellung stimmen sollte, wie Licht entsteht, müsste die Lichtgeschwindigkeit am Äquator eine geringere sein als an den Polen. Das müsste sich auch messen lassen. Das ist bisher nie gemessen worden, aber man könnte es messen. Sie wissen vielleicht, dass seit 1972 eine zusätzliche Schwierigkeit hinzuge­kommen ist, als man die Lichtgeschwindigkeit ja festgelegt hat und damit auch alle Maße mit festgelegt hat. Das erwähnt ja etwa der Sheldrake in seinem Buch „Sieben Experimente, die die Welt verändern könnten“. Da weist er ja auf diesen Punkt hin, dass alle sogenannten Konstanten in der Natur, die Gravitationskonstante genauso wie die Lichtgeschwindigkeit, gar keine Konstanten sind. Man kann also ganz genau nachweisen, etwa im Falle der Lichtgeschwindigkeit, dass es von 1928 bis 1945 eine eindeutige Kurve gegeben hat. Das sind keine Messungenauigkeiten, sondern herausgefiltert aus einer Vielzahl von Messungen hat sich eine bestimmte Kurve ergeben. Man kann in größeren Kontexten, und auch das hat die neuere New Science da plausibel gemacht, zeigen, dass all diese Konstanten keine wirklichen Konstanten sind, einschließlich übrigens des Faktors c [, der] Lichtgeschwindigkeit.

Da gibt es ja eine Tendenz zu einer mythischen Übersteigerung, die auf Einstein zurückgeht, obwohl sie viel älter ist, also eine Art von Licht-Metaphysik, die das Licht zu einer absoluten Größe im Kosmos macht, auch in dieser berühmten Gleichung E = mc². Ich habe hier im zweiten Kapitel dieses Buches eine naturphilosophische Analyse dieser Gleichung gegeben, die zeigt, dass die populär verbreiteten Überzeugungen über diese Formel alle nicht haltbar sind, und zwar sowohl historisch nicht haltbar sind als auch physikalisch nicht haltbar sind, als auch philosophisch-erkenntnistheoretisch nicht haltbar sind. Ganz zu schweigen von der Frage der Priorität. Das ist mittlerweile ja kaum noch angezweifelt, dass die Zeit im frühen 20. Jahrhundert eine ganze Reihe von verschiedenen Ansätzen gezeigt hat, von verschiedenen Persönlichkeiten, diese Formel zu finden, also dass sie quasi in der Luft lag. Mehrere haben unabhängig von Einstein diese Formel auch gefunden, in verschiedensten Kontexten, vor allen Dingen im Kontext mit der sogenannten elektromagnetischen Materie-Theorie vor hundert Jahren, die heute von einigen amerika­nischen Physikern, Puthoff und anderen, wieder belebt wird. Ein hochinteressanter Punkt, weil in dem Zusammenhang, das nur am Rande jetzt erwähnt, das ist nicht unser Hauptthema, auch die Frage der trägen Masse neu angeschaut werden kann. Das ist ja ein großes Rätsel in der Physik immer gewesen, was überhaupt Masse ist, was auch die träge Masse ist. Und das konnte nie geklärt werden, bis zum heutigen Tage nicht. Und da gibt es interessante Ansätze in dem Zusammenhang.

Es gibt aus einem ganz anderen Blickwinkel heraus Überlegungen zur Frage von Licht und Schwere, auf die ich erst sehr spät gestoßen bin, und zwar nachdem ich bereits das Buch „Räume, Dimensionen, Weltmodelle“ geschrieben hatte, das war im Sommer/ Herbst 1998. Erst im darauffolgenden Winter bin ich auf Überlegungen gestoßen, die mir bis dahin unbekannt waren, und zwar durch einen englischen Physiker, einen Anthropo­sophen, George Adams. Der hat sich zu diesen Fragen in verschiedenen Essays sehr eingehend geäußert, und es gibt interessante Zusammenhänge mit meinen Ansätzen. Ich konnte diese Ansätze nicht mehr verarbeiten, ich habe es nur in einer Fußnote erwähnt, in der Anmerkung. In diesem Buch hier „Grundfragen der Naturwissenschaft“, das einige Aufsätze zum Äther enthält aus anthroposophischer Sicht, das ist eine eigene, ganz spezifische Form von Äther-Vorstellung. Nach Steiner gibt es vier verschiedene Äther-Formen und das ist sehr komplex gedacht. Der zentrale Punkt bei Steiner, ganz kurz gesagt, was er ja zum Teil auch aus der Theosophie hat, ist ja der, dass der Raum selber polar ist. Es gibt, wie er das nennt, den physischen Raum und den ätherischen Raum. Dem physischen Raum, behauptet Steiner, ist die Gravitation zugeordnet, die er als eine Saugkraft interpretiert, [eine] eigenartige, in dieser Form kaum beachtete Deutung als eine Saugkraft. Also dem sogenannten physischen Raum, behauptet Steiner, sei die Gravitation zugeordnet und dem ätherischen Raum das Licht und die Aufrichtung der menschlichen Gestalt. Also die Oben-unten-Polarität, also die Vertikal-Achse des Menschen als eine Verbindungslinie zwischen Erdmittelpunkt und dem ätherischen Raum und der Weite des Sternenalls, wird als ein kosmisches Symbol gedeutet. Nun ist das sehr schwierig, allein diese Formulierung, die Steiner verwendet, halte ich für schwierig. Kann es überhaupt einen physischen Raum geben? Was soll das sein? Wenn Sie den Essay, den ich hier vorgelesen habe, den ich geschrieben habe, für die Zeitschrift „Der Blaue Reiter“ aufmerk­sam verfolgt haben, dann müsste Ihnen eigentlich aufgefallen sein, dass ich diese Frage verneine. Es kann keinen physischen Raum geben, der Raum selber kann keine Materialität haben, wahrscheinlich auch keine Feinstofflichkeit, weil er all dem zugrunde liegt, nicht nur rein logisch, etwa im Falle der Bewegung. Man kann nicht sagen, ohne in logische Zirkelschlüsse und Widersprüche zu geraten, der Raum bewegt sich, der Raum etwa dehnt sich aus. Das ist ein logisches Monstrum, weil der Raum sich nur innerhalb eines Raums bewegen könnte. Dann wäre das ein anderer, ein höherer Raum. Dann müsste man einen noch wieder höheren Raum postulieren, eine Art Hyperraum.

Auf jeden Fall der Raum selber kann in dieser Form nicht physisch sein, und die Vorstellung eines Äther-Raums ist dann bei den Anthroposophen, hier auch bei diesem Physiker George Adams, so gedacht, dass das Licht eine Art Levitationsfeld, so nennt er das, ich weiß nicht, ob die Formulierung bei Steiner auftaucht, bedeutet, das Licht ist also ein Antigravitationsfeld. Es gibt ein Gravitationsfeld, und es gibt ein vom Äther-Raum bewirk­tes Levitationsfeld. Also in meiner Deutung wäre das so nicht richtig, aber es könnte sich als kompatibel erweisen mit dem, was ich sage; dass ich nämlich sage, dass durch die Entstehung des kosmischen Lichtes, das Radialfeld des Gestirns der Erde eine Zustands­änderung erfährt, innerhalb deren dann auch auf eine ganz feine Weise, die von jedem Organismus spürbaren gravitativen Verhältnisse sich verändern, zum Beispiel auch der Schlaf-Wach-Rhythmus. Also, die Anthroposophen deuten ja die Tatsache, dass etwa Pflanzen gegen die Gravitation in den Raum hineinwachsen, als ein Herausziehen dann wieder von irgendwelchen Geistern, Engelshierarchien, die sich dann des Äthers bedienen, die dann quasi die Pflanzen aus dem Boden ziehen.

Auf jeden Fall, davon steht bei George Adams nichts. Er versucht das rein physikalisch-mathematisch zu belegen, auch unter Heranziehung der projektiven Geometrie des 19. Jahrhunderts. Ich lese mal eine kurze Passage vor. Ich habe das schon mal vor einem Jahr im Winter getan, in einem anderen Zusammenhang. Ich finde das hochinteressant, wenn Sie mal an das denken, was ich gesagt habe oder angedeutet habe über Licht und das Radialfeld, das wir als Gravitation spüren, als Anziehung. Hier schreibt George Adams, also ein Physiker, ich glaube, in den 50er Jahren ist das geschrieben worden: „Wir wollen nun annehmen, dass der Erdenplanet als Ganzes sowohl physischer wie ätherischer Natur ist. Er besitzt nicht nur ein Gravitations-, sondern auch eine Levitationsfeld. Er besteht nicht nur aus anorganische Materie. Die Erde als Ganzes ist ein Lebewesen“, also lange vor der Gaia-Theorie von James Lovelock, „die einzelnen Pflanzen, die auf ihr wachsen sind wie die Organe eines größeren, differenzierteren Organismus oder in der anthroposophischen Terminologie, die Erde hat nicht nur einen physischen Leib, sie hat auch ihren Ätherleib.“ Wenn überhaupt der Begriff Ätherleib für ein Gestirn sinnvoll erscheint, dann würde ich diesen Begriff Ätherleib identifizieren mit dem, was ich das Radialfeld der Gestirne nenne. „Wir erhalten ein vollkommen klares Bild vom Charakter des Levitationsfeldes des Planeten, wenn wir uns vorstellen, dass der unendliche Punkt des ätherischen Raumes im oder nahe dem Erdmittelpunkt liegt und dass die archetypische und krafterfüllte Levitationsebene in der unendlichen Himmelskugel liegt, also ausge­spannt zwischen zwei Unendlichkeiten, dem unendlichen Punkt im Erdmittelpunkt und der unendlichen Ebene in den Weiten des Kosmos, verstanden auch geometrisch-logisch als die Oberfläche einer unendlich großen Kugel.“ Was verwunderlich ist, weil ja doch der anthroposophische Ansatz letztendlich ein Ansatz ist, der von einer endlichen Welt ausgeht. „Wir machen eine doppelte Zuordnung: Genau da, wo der allgemeine Gravitations­mittelpunkt der physischen Kräfte liegt, befindet sich die Unendlichkeit, gleichsam die ideale Leere der ätherischen Kräfte, während andererseits in den fernen Himmelsweiten, in demjenigen, was vom physischen Raum aus betrachtet, wie die unendliche Leere erscheint“, also der tote, leere Raum, wie ich das genannt habe, „die Urquelle aller ätherischen und ebenenhaften Kräfte zu finden ist, die alle übrigen ebenenhaften Gebilde vom Erdmittelpunkt weg nach oben und nach außen ziehen.“

Also hier wird quasi eine Gegenkraft postuliert, eine ätherische Gegenkraft gegen die gravitative Saugkraft. Das findet sich vereinzelt in den Steiner-Vorträgen, nicht in einem einzelnen Vortrag, soweit ich weiß, und wird hier von Adams eigentlich losgelöst von den Vorstellungen Steiners von irgendwelchen Engelshierarchien, die das alles bewirken. „Wir wollen die zwei sich gegenseitig durchdringenden Gedanken nebeneinander stellen. Links jetzt das allgemeine Gravitationszentrum der physischen Kräfte.“ Das wäre also der Erdmittelpunkt bzw. Gestirnmittelpunkt in meinem Verständnis also die Quelle des Radial-Feldes, „ist zugleich der unendliche Punkt des ätherischen Raums. Die allgemeine Levita­tionsebene der ätherischen Kräfte ist die unendliche Ebene des physischen Raums.“ Er stellt dann hier heraus, dass die Gravitation dem physischen Körper zugehört, während Licht mit Bewusstsein und Geist zu tun hat, mit der eigentlichen Heimat des Menschen im Äther-Raum, wobei behauptet wird, auch das wird in vielen anderen Überlieferungen ja ähnlich gesagt, dass das Ich des Menschen nicht in seiner Brust sitzt oder in seinem Körper, auch nicht einmal in einer Sphäre, die ihn umgibt, sondern letztendlich im ätherischen Raum, ja geradezu identisch mit diesem. Das ist ja eine Umstülpung der, sagen wir mal, naiv, realistischen Erkenntnistheorie, wo wir zunächst davon ausgehen, dass Ich ist in uns drin. Man zeigt ja unwillkürlich auf die Brustbeinhöhe, wenn man sich meint, auf sich verweist, als ob das Ich hier säße. Es gibt aber viele Überlegungen, die davon ausgehen, dass das Ich ganz woanders sitzt, und das es durchaus imaginativ auch möglich ist, auch im Sinne der Phänomenologie von Hermann Schmitz, das Ich ganz anders zu imaginieren, zum Beispiel von außen. Und in Grenzzuständen oder grenzüberschreitenden transpersonalen Zuständen wird es ja auch erlebt, dass das Ich wie ausgegossen ist in den Raum, der dann auch das unvorstellbar geweitete Ich trägt, das dann nicht mehr eine einsame Rakete ist in einem toten und leeren Raum-Außen, so dass es wirklich getragen wird von einem Feld, wenn man es so nennen will, das ich Weltseele nenne.

„Schweben zwischen Schwere und Licht“, noch mal George Adams, „das ist das Wesen des menschlichen Lebens, so wie es sich in der heute heraufkommenden kosmischen Erfahrung enthüllt. Mit diesem Gegenpol wird er imstande sein, in einem dem elektromagnetischen Bereich zugewandten Zeitalter seine schicksalhafte Bestimmung, nämlich den Abstieg in die verborgenen Kräfte der sub-materiellen Bereiche auszu-balancieren.“ Eine These der Anthroposophen, die ich für vollkommen falsch halte, dass sie immer wieder sagen, dass die menschlichen Geisteskräfte sich das Ich entfalten im immer tieferen Hineingehen in die anorganische Materie, dass also der Mensch sein Ich nur finden, herausbilden kann, kristallisieren kann, indem er immer tiefer in die Materie geht. Ich behaupte, dass das Gegenteil der Fall ist. Das ist eigentlich eine Regression. Das ist eine eigenartige These, die immer wieder vertreten wird von allen Anthroposophen, die natürlich auf Steiner zurückgeht, [die] ich aber für abwegig halte, weil dann die entscheidende Zielrichtung in das immer Kleinere, in den Mikrokosmos aufgewertet wird als Ich-Findung, nicht, bis dahin, dass ja auch behauptet wird, der tote Kosmos, dessen Vorhandensein ja auch von Steiner nicht bestritten wird, der tote Makrokosmos ist nötig, damit das Ich erwacht. Sie kennen ja auch vielleicht diese Überzeugung. Das glaube ich nicht. Das ist eine nachträgliche, würde ich mal sagen, Pseudorechtfertigung dieser Vorstellung eines toten Universums. „Im Zentrum und Peripherie, Schwere und Licht wird er die auch in seinem eigenen Wesen widergespiegelte Polarität des räumlichen Universums entdecken. Er muss als Ausführender der göttlichen Evolutions-Intention zwischen den Extremen Materie und Geist, Erde und Himmel leben.“ Das ist sicherlich unbestritten. „Gerade in der Gestalt und in der Polarität seines irdischen Leibes wird er nun die Signatur einer universellen Struktur entdecken.“ Also, das glaube ich, dass man diese Punkte, diese Fragen noch einmal ganz neu durchdenken muss, dass es einen tiefen Zusammenhang gibt, einen polaren Zusammenhang zwischen Licht und Schwere, der sich schon findet in der Naturphilosophie von Schelling im frühen 19. Jahrhundert. Dass also die Lichtqualität auch als eine Bewusstseinsqualität etwas Antigravitatives hat, auch im Sinne des Wachbewusstsein. Und man kann das auch naturphilosophisch, ja fast physikalisch, glaube ich, nachweisen, und das müsste möglich sein. Allerdings dürfte es im konkreten Falle sehr schwer zu verifizieren sein, weil es natürlich Verzögerungseffekte gibt, zumal besonders schwierig im lebendigen Organismus. Es wäre ja auch eine physiologische Komponente, aber ich denke, es müsste sich nachweisen lassen, und ich würde gerne Forschung in diese Richtung einfach anregen, wenn vielleicht auch das nur möglich und sinnvoll wäre in einem großen Rahmen, in einem weit gespannten Forschungsprojekt, das ein Einzelner nicht leisten kann. Da könnte man vielleicht noch mal auf eine ganz neue Weise diese Frage der polaren Wechselbeziehung von Gravitation und Licht neu angehen, dann müsste man auch die Materie einbeziehen.

Noch kurz ein Zitat mal von mir selbst aus diesem genannten Essay in dem Sammelband: „Die Doppelnatur des Menschen ist an seiner Leibesgestalt ablesbar und lässt sich auch in spürender Meditation erschließen. Der aufgerichtete Mensch im Gegensatz zum primär horizontal ausgerichteten Tier zeichnet in seiner Vertikalachse gleichsam eine kosmische Linie nach, die den Erdmittelpunkt mit der geöffneten Weite des Sternenalls verbindet“, also quasi er zeichnet mit seiner Vertikalachse die Linien des Radialfeldes nach, „unten die atmende und nährende Erde, die den Leib über die Gravitation hinabzieht und ihn niemals entlässt, oben die Weite des Himmels, des Sternenalls, die gleichsam hinaufzieht, die die Schwerkraft mindert, so als hätten das natürliche Licht und das Licht des Geistes einen gegen die Gravitation gerichteten, ein quasi antigravitativen Impuls. Der Anti-Schwerkraft-Impuls des Sonnenlichtes ist eines der großen Mysterien der Naturphilosophie und einer spirituellen integralen Kosmologie. Schon der Naturphilosoph Schelling hat auf diesen Zusammenhang verwiesen, von dem die Mainstream-Naturwissenschaft nichts weiß. Bezogen auf die Pflanzen schreibt er einmal, Zitat: ,Das dunkle Band der Schwere ist in den Verzweigungen des Pflanzenreichs gelöst und dem Licht aufgeschlossen.‘“ Nochmal,das Schelling-Zitat 1798, also vor über 200 Jahren: „,Das dunkle Band der Schwere ist in den Verzweigungen des Pflanzenreichs gelöst und dem Licht aufgeschlossen.‘ Das Licht überhaupt, sein Wesen, seine Herkunft, seine organisierende Kraft, hat sich bis dato dem reduktionistischen Zugriff der Wissenschaft entzogen. Auch die raffinierteste Quanten-Optik hat dem Licht seine Geheimnisse nicht entreißen können. In ihrer innersten Natur ist das Zentralgestirn des Planetensystems, die sogenannte Sonne, eine stella incognita wie alle anderen Fixsterne.“

Also, Sie können das hier in diesem Essay auch nachlesen. Wir sind da in einem sehr schwierigen, sehr zarten, sehr subtilen Bereich. Und ich glaube aber, dass es eine lohnenswerte Aufgabe ist für die Zukunft, diesen Bereich auf eine neue Weise anzuschauen, vielleicht sogar, sich neue experimentelle Verifizierungen in dieser Richtung auszudenken. Und es mag auch einen Zusammenhang geben dann auch mit der Neuen Phänomenologie von Hermann Schmitz, auch mit einigen Ansätzen, sofern sie phänomenologisch sind, von Seiten der Anthroposophie. Da haben sie ja sehr viel geleistet auf dem Gebiet. Und das ist aber ein Feld, was noch weitgehend offen ist, (und) ich aber für hoch faszinierend und auch spannend halte und lohnend halte.

Eine ganz andere Frage, die uns ja schon beschäftigt hat, ist die Frage nach möglicherweise zwei oder sogar drei Lichtern. Denken Sie an das, was ich Ihnen erläutert habe. Gibt es ein spirituelles, ein geistiges Licht und ein sogenanntes physisches Licht? Ich sage, es gibt dieses physische Licht gar nicht in diesem Sinne, und die Frage, ob das sogenannte physische Licht, was als solches erscheint, und das Licht des Geistes das gleiche Licht ist, oder vielleicht das Eine nur eine Manifestation des anderen, ist unmittelbar empirisch nicht zu beantworten. Das kann nicht möglich sein. Insofern kommt man da an einen Bereich, wo die Empirie nicht weiterführt. Das müsste man dann auf eine neue Weise denken. Ich habe Ihnen das ja vorgestellt im Zusammenhang mit den drei verschiedenen Ansätzen das Licht zu denken, im Zusammenhang mit den drei Augen der Erkenntnis nach dem Mystiker Bonaventura in der Paraphrasierung von Ken Wilber. Das war an dem Tag des Mauerfalls, am 9. November, wie sich vielleicht Diejenigen erinnern, die da waren. Ja, ich will dann hier erst einmal einen Schnitt machen.

Ich habe ungefähr Ihnen den Bogen gespannt, den ich für heute spannen wollte. Und wir können da noch ins Gespräch kommen und noch ein bisschen uns unterhalten, ein paar Fragen klären. Ich möchte das nächste Mal dann, am 7. Dezember, zu der Frage übergehen, die auch mit dem Thema zentral zu tun hat: Wie sicher ist die Erde oder können wir dem Kosmos trauen? Zur Frage der kosmischen Katastrophen und ihrer Deutung. Dass wir nicht in eine Haltung reinkommen, uns hineinbegeben, die von einer Art Kosmos-Idyll ausgeht, sondern auch diese Katastrophenszenarien, die seit den frühen 80er Jahren ja auch ins Bewusstsein eingedrungen sind, genauer anschauen, und zwar ganz im Sinne einer Frage, die ich hier als Motto zitiere, ich darf das mal kurz als Abschluss vorlesen. Matthew Fox sagt im Gespräch mit Sheldrake Folgendes, und bezieht sich auf eine Aussage, Frage Einsteins: „Jeder im alten Griechenland und Rom glaubte an Engel, sie waren Teil der akzeptierten Kosmologie. Die Frage war jedoch, ob man diesen unsichtbaren Kräften des Universums, die die Planeten und Elemente bewegten, trauen könne, oder nicht. Wie vertrauenswürdig ist das Universum? Das ist deshalb so interessant, weil im 20. Jahrhundert Einstein einmal gefragt wurde: Welches ist die wichtigste Frage, die man sich im Leben stellen kann? Seine Antwort war: Ist das Universum ein freundlicher Ort, oder nicht? Das ist die gleiche Frage. Es ist letztlich ein kosmologisches Thema: Können wir dem Kosmos trauen?“ Zitat Ende des Theologen Matthew Fox. Ja letztlich auch die Frage nach der Bewusstseinsqualität überhaupt, und dann auch wieder die Frage nach dem Oikos, nach dem Ort des Menschen im Universum. Was ist dieses für ein Universum? Ist es, wie Castaneda schreibt, ein räuberisches Universum? Ist es ein von Chaos durchflutetes Universum? Und können wir in diesem Sinne dem Kosmos trauen? Ja, eine entscheidend wichtige Frage, auch im Zusammenhang mit möglichen oder gedachten oder befürchteten Katastrophen. Und auf diese Frage will ich in der nächsten Vorlesung dann auch eingehen, weil man sehr leicht auch in, sagen wir mal, naturphilosophisch-spirituellen Zusammenhängen dazu neigt, eine manchmal idyllisch-naive Vorstellung zu entwickeln von dem, was Kosmos ist oder sein soll oder sein kann.

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