„Pflanzendevas“ – Was wissen die Pflanzen?

Vorlesungsreihe:

Der Mensch, das Licht und die Pflanzen
Naturphilosophie und tiefenökölogische Perspektiven

Humboldt-Universität zu Berlin
Sozialökologie als Studium Generale / Sommersemester 2002
Dozent: Jochen Kirchhoff
Quelle: YouTube-Kanal Jochen Kirchhoff / Alle Audiovorlesungen Nr. 43

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Wir haben uns ja in drei Vorlesungen beschäftigt mit der Frage der Polarität von Licht und Schwere. Ich habe Ihnen ja einige Hypothesen dazu vorgestellt. Große Pulsation des Organismus der Erde im Zusammenhang mit der Frage: Warum wachsen die Pflanzen? ‒hier primär gemeint die Vertikale der Pflanzenwachstumsprozesse. Vor 14 Tagen habe ich den Versuch gemacht, Ihnen etwas darzustellen über den anderen, höheren Raum, wie ich das nenne. Einen Raum hinter dem Raum, hypothetisch, versuchsweise so formuliert, der kein mathematisch-spekulativer, abstrakt-fiktiver Raum ist, sondern zunächst einmal ein existenzieller Raum, der auch erfahrbar ist. Das ist wichtig für die gesamte Argumentation in diesem Semester. Man muss unterscheiden zwischen der Modellebene, der abstrakten Modellebene, der begrifflichen Ebene, auch der sprachlichen Ebene, der objektivierenden Ebene, die gemeinhin als wissenschaftlich und auch reduktionistisch gilt, und der erfahrungsmäßigen Ebene, der existentiellen Ebene. Und die spielt gerade bei diesem Thema eine zentrale Rolle. Man kann ja schlechterdings über diese Dinge nicht reden, ohne diese existenzielle Dimension einzubeziehen. Das heutige Thema macht es ganz deutlich, Was wissen die Pflanzen? ‒ zur seelisch geistigen und spirituellen Dimension des Pflanzen­wesens. Das kann man schlechterdings nicht in einem objektivierenden Verfahren, gleichsam monologisch, modellbildend, von außen behandeln. Das gehört zum Wesen des Bewusstseins überhaupt, dass Bewusstsein innen ist, Bewusstsein ist Innen-sein. Alles, was außen wahrgenommen wird, ist zunächst einmal für ein wahrnehmendes Subjekt Objekt. Und insofern die Frage, ob das Bewusstsein hat oder nicht, ob Pflanzen Bewusstsein haben oder nicht, ob Tiere Bewusstsein haben, ob gar ganze Gestirne Bewusstsein haben oder nicht, lässt sich nicht objektivierend beantworten. Man muss von vornherein eine andere Zugangsweise ins Spiel bringen.

Das versuche ich ja in den bisherigen Vorlesungen und werde das auch weiterführen. Eine Vorgehensweise, die man als eine integrale bezeichnen kann, wo die verschiedensten Aspekte, Zugangsweisen, musikalisch gesprochen: Motive, Themen, zusammenkommen, um dann als Ganzes eine Gestalt zu bilden. Mit einer monokausalen oder einer eindimensio­nalen Betrachtungsweise ist mit dem Thema überhaupt nichts gewonnen.

Die Frage nach dem anderen oder höheren Raum hat sich ja dann vor einer Woche verknüpft mit vorsichtigen Versuchen, die Frage zu beantworten: Wie können wir Form- und Gestaltbildungsprozesse von der Ursachenebene aus denken? Was ist die Ursache von Pflanzenformen, Pflanzengestalten? Und ich habe Ihnen erläutert, dass das erkenntnis­theoretisch, naturwissenschaftlich sowieso, aber auch philosophisch ein sehr schwieriges Problem ist, dass man kaum so im Schnellverfahren lösen kann. Es gibt viele Ansätze dazu. Nichts ist wirklich restlos befriedigend. Ich habe Ihnen versucht, eine Vorstellung zu entwickeln, wie man möglicherweise das denken kann, dass von einer archetypischen Ebene aus, jetzt mal in Anführungszeichen gesagt, aus einem anderen, höheren Raum heraus gewisse Prägekräfte tatsächlich formativ wirken; ich muss das nicht im Einzelnen nochmal alles wiederholen; und dass man von dort aus ein Verständnis gewinnen kann, wie solche Prozesse ablaufen.

In einem recht schönen Buch, das ich auch heute heranziehen werde, „Geist der Bäume“, heißt es hier über diese Formen nochmal resümierend, über diese schwierige Frage: „Obwohl jeder den Formenreichtum der Natur für selbstverständlich hält, ist Form ein absolutes Rätsel für die orthodoxe Wissenschaft, die erklären kann, was in oder mit einer Form geschieht, physikalische Gesetze, Stoffwechsel, aber vor der Form selbst steht wie vor einer Tür mit sieben Siegeln. Warum sind die Formen der Kronen von Bäumen und die ihrer Blätter, Knospen, Blüten und Früchte so verschieden? Warum hat Eichenlaub diese Einbuchtungen an den Blatträndern? Warum sind die Blätter der Eberesche, einem Mitglied der Rosenfamilie wie auch Apfel- und Birnbaum, gefedert, die der anderen Rosengewächse aber nicht. Die Botanik hat keine Antworten auf diese Frage.“

Aber wir werden weiter unten auf einige Hinweise stoßen. Dieser Frage haben wir uns genähert, auf, sagen wir mal, hypothetische Weise. Wir haben uns beschäftigt, auch mit Phänomenen der Resonanz, der möglichen Resonanz aus diesem anderen, höheren Raum heraus. Ich habe Ihnen verschiedene Vorstellungen vorgestellt, aristotelische, eher eine platonische und andere Vorstellungen.

Nun muss ich ganz kurz ergänzen zur Frage der Formen, was ich nur andeuten möchte, ohne dass ich das noch einmal eingehend Ihnen darstelle. Ich habe die … Ich habe bei der Frage der Formen nicht behandelt die zwei wichtigen Aspekte, die ein eigenes großes Thema wären, gewissermaßen auch eine eigene Vorlesung: die Frage der harmonikalen, auch der geometrisch-mathematischen Formbildungsprozesse im Pflanzen­werden, in der Blattform, in der Anordnung der Blätter an einem Stängel. Das sind ja faszinierende Dinge, die auch ganz gut erforscht sind, sagen wir mal phänomenologisch.

Und ich habe nicht behandelt oder nur andeutungsweise behandelt, die Frage der rhythmischen Prozesse, das habe ich nur angedeutet. Rhythmische Prozesse, die auch damit zu tun haben, die möglicherweise, was ja viele vermuten, alte Vermutungen, die schon auf die Antike zurückgehen, dass bestimmte Verwirbelungen bzw. Spiraltendenzen im Wachstumsprozess auch etwas zu tun haben könnten mit planetaren Bewegungen. Das habe ich nur zart angedeutet, da bin ich nicht eingehender reingegangen. Wen das interessiert, darüber gibt es eine reichhaltige Literatur und auch in den Büchern, die ich im Literaturverzeichnis habe, ist davon viel die Rede. Etwa in dem Buch [von] Wolf-Dieter Storl „Pflanzendevas“, auch in dem Buch „Geist der Bäume“ über mathematisch-harmonikale Formen, etwa der Goldene Schnitt, an den Stellen, an denen die Blätter ansetzen und so weiter. Das müsste man also gedanklich ergänzen.

Wenn wir nach Pflanzendevas fragen, dann greife ich damit einen Begriff ganz bewusst auf, der vor ungefähr 40 Jahren in Europa langsam, dann aber zunehmend in einer beachtlichen Breitenwirkung Karriere gemacht hat, wenn man es so nennen darf. Nicht nur in der sogenannten New-Age-Bewegung, nicht nur bei Esoterikern, auch generell kann man sagen, dass seit ungefähr 40 Jahren, seit 1962, ein Bewusstsein dafür vorhanden ist, dass das Pflanzliche möglicherweise noch eine andere, höhere, kosmische oder spirituelle Dimension hat, die noch oberhalb der Frage angesiedelt ist, ob Pflanzen Bewusstsein haben, was ja nicht identisch ist. Man kann ja sagen, gut, bei Pflanzen vollziehen sich bestimmte Bewusstseinsprozesse. Eine ganz andere Frage [ist], wie das möglich ist, wo kein Nervensystem vorliegt. Nicht, das ist ja viel diskutiert, aber das kann man erst einmal auf sich beruhen lassen.

Eine wesentlich weitergehende Frage ist ja dann, was hat es mit den Pflanzendevas auf sich? Das sind ja traditionell, um das mal formelhaft zu verkürzen, gewaltige, gewisser­maßen makrokosmische Wesen, wobei die sinnlich-physischen Pflanzen nur Manifesta­tionen sind, nicht. Das ist ja eine alte mythologisch-indische Vorstellung, dass also Pflanzen eine kosmische Verankerung haben, dass sie also aus den Weiten des Kosmos herein wirken ins Irdische und in gewisser Weise auch das Licht, das höhere Licht, das kosmische Licht, wie immer, heruntertransformieren auf die Erde. Ich habe Ihnen das ja im Zusammenhang mit der Photosynthese auch erläutert, die ja rein reduktionistisch schwer wirklich zu erklären ist. Nicht, denken Sie an das, was ich Ihnen erläutert habe, mithilfe des Chemikers Hauschka.

Ich möchte Ihnen drei Zitate an den Anfang stellen, die als Motti gelten sollen, die alle drei einen Hinweis geben auf dieses Thema der Pflanzendevas und der Frage, haben Pflanzen Bewusstsein. Übrigens ist interessant, dass 1962, das war zeitlich parallel, das Buch von Rachel Carson erschien „The Silence Spring“. Das war der Anstoß, der Grundimpuls für die gesamte Ökologiebewegung, nicht, 1962, und das gleichzeitig, auch das ist nicht uninter­essant und wird uns ja noch in 14 Tagen beschäftigen, eine Wiederentdeckung der psycho­aktiven Qualitäten ganz bestimmter Pflanzen zu verzeichnen war. Es ist also eine interes­sante zeitliche Synchronizität, Anfang der 60er Jahre, also vor 40 Jahren.

Ich bin hier gestoßen auf ein Wort, das Beethoven zugeschrieben wird. Ich darf das mal zitieren: „Auf dem Lande ist es“, soll Beethoven gesagt haben, „als würde jeder Baum ,heilig heilig‘ zu mir sagen. Wer kann jemals die Verzückung der Wälder aus­drücken?“ Damit sind wir bei einem Punkt, der uns auch beschäftigen wird, die Frage der Sakralität der Pflanzen, der Bäume, der Sakralität, der möglicherweise vorhandenen Sakralität der Erde als Ganzes und kosmischer Prozesse. Ein schwieriger Punkt, gerade für profane Individuen, wie es ja erst einmal der sogenannte moderne Mensch ist. Das ist das Eine. Und ein zweites Zitat habe ich gerade heute Mittag entdeckt, stammt von dem Mönch Thich Nhat Hanh, der sich sehr schön äußert über die Frage von Pflanzen und Dharma. Thich Nhat Hanh schreibt: „Wir sind gefangen von jenem Denken, das nur annehmbare Bedingungen für unser kleines Selbst sucht, während wir gleichzeitig unser großes Selbst zerstören.“ Ich darf da erinnern an meine Ausführungen über das sogenannte Pflanzen-Selbst im Menschen. Das kann ich jetzt nicht alles noch einmal wiederholen, wie ich das verstehe, dass das eine doppelte Wirkungsrichtung hat, eine eher ins Organisch-Vegetative gerichtete und eine mit Richtung, mit Blickrichtung auf die planetare Intelligenz. „Wenn wir diese Situation verändern wollen, dann müssen wir damit beginnen, unser wahres Selbst zu leben. Das bedeutet, wir müssen der Wald sein, der Fluss und die Ozonschicht. Wenn wir uns als den Wald sehen, dann werden wir die Hoffnungen und Ängste der Bäume erfahren. Wenn wir dies aber nicht tun, dann werden die Wälder sterben und wir werden unsere Gelegenheit zum Frieden verpassen. Da wir mit den Bäumen interagieren, können wir wissen, dass mit ihrem Ableben auch wir selbst bald nicht mehr da sein werden.“ Und jetzt kommt die entscheidende Passage, gewissermaßen die Pointe: „Eine Eiche ist eine Eiche. Das ist alles, was eine Eiche tun muss. Wenn eine Eiche weniger als eine Eiche wäre, würden wir alle in Schwierigkeiten geraten.“ Sehr feinsinnig und treffend gesagt: „Wenn eine Eiche weniger als eine Eiche wäre, würden wir alle in Schwierigkeiten geraten. Deshalb können wir sagen, dass die Eichen das Dharma, die Wahrheit und Wirklichkeit lehren. Wir können das Dharma von einer alten Eiche lernen.“ Oder auch den Dharma, auf jeden Fall wir können das Gesetz der Dinge, die Lehre, die Wahrheit in gewisser Weise von den Eichen lernen.

Und eine letzte Aussage stammt von George William Russell. Da bin ich kürzlich darauf gestoßen, will ich Ihnen eben vorlesen in diesem Buch „Geist der Bäume“ von Fred Hageneder, was ich Ihnen sehr ans Herz lege, weil es einen umfassenden Überblick gibt über die naturwissenschaftlichen, naturphilosophischen und spirituell-meditativen Dimen­sionen im Umgang mit Bäumen. Der „Geist der Bäume“, George William Russell wird hier zitiert: „ … die mich mit Plato zum Glauben brachten, dass die Erde ganz und gar nicht das ist, was die Geographen annehmen, und dass wir wie die Frösche auf dem Grund eines Sumpfes leben und nichts von der vielfarbenen Erde wissen, die diejenigen, die wir kennen, überlegen ist, doch mit ihr zusammenhängt, wie die Seele mit dem Körper.“ Also unsere herrschende Bewusstseinsverfassung, wird hier verglichen mit den Fröschen auf dem Grunde eines Sumpfes, die nichts von der vielfarbenen Erde wissen, also eine eher unfreundliche, um es mal gelinde zu sagen, eine eher unfreundliche Kennzeichnung des herrschenden kollektiven Bewusstseins.

Man muss ja nicht viel Phantasie haben, man muss ja auch gar nicht allzu harsch mit dem modernen Bewusstsein ins Gericht gehen, um zu sehen, dass dies auf jeden Fall eine recht beschränkte, eine einseitige, eine abgespaltene Wahrnehmung ist. Ich spreche ja gerne und oft von der kollektiven Neurose, aber das ist ja auch hier in meinem Buch „Was die Erde will“ eingehend dargestellt, die moderne Bewusstseinsverfassung im Grunde als eine kollektive Neurose. Da sich alle darauf eingerichtet haben, fällt es vielen gar nicht mehr auf. Aber ganz tief innen, denke ich mal, wissen das sehr viele Menschen, dass diese kollektive Neurose in seiner Abspaltung wirklich existiert. Und zu dieser Abspaltung, Neurose ist ja eigentlich Abspaltung, gehört auch eine zunehmend rabiater werdende, Jahrhunderte zurückreichende Entsakralisierung der Natur. Das wissen wir alle. Das ist eine fast schon gängige Münze. Die Natur ist weitgehend, die Bäume, die Pflanzen sind bald weitgehend entsakralisiert worden. Das ist keineswegs nur durch das Christentum erfolgt, wie man in manchen Büchern lesen kann. Das geht wesentlich weiter zurück, aber das Christentum hat an dieser Entsakralisierung einen ganz entscheidenden Anteil.

Es ist übrigens interessant, das habe ich auch erst relativ spät erfahren, dass diese Entsakralisierung noch im Besonderen ins Werk gesetzt wurde vom Protestantismus im 16. Jahrhundert. Sozusagen die Reste, die noch im Katholizismus vorhanden waren, sind dann durch den Protestantismus weitgehend planiert worden. „Es, das Christentum, entweihte auch die Erde und verbreitete eine Philosophie, die den Menschen ermutigte, die Erde zu vergewaltigen. Eine Flut von Zerstörung und Schmerz ging innerlich durch die menschliche Seele, bevor sie auch äußerlich die Erde überzog.“ Das wissen wir im Grunde alle. „Etwas, das für hunderte von Generationen unvorstellbar gewesen war, konnte langsam in die Hirne der Menschen sickern. Eine zunehmend materialistische Sicht, die schließlich den Wald in Holzmasse verwandelte, und Heiligtümer in Fabriken. Der Kreuzzug der christ­lichen Kirche gegen Bäume“, sehr stark, sehr stark gesagt, aber berechtigt, „der Kreuzzug der christlichen Kirche gegen Bäume, besonders gegen heilige Bäume findet nicht seines­gleichen in der Geschichte. Auch in anderen Epochen wurden in Kriegszeiten in Einzelfällen heilige Haine verletzt, aber nirgendwo erscheint eine solch langanhaltende Besessenheit von Eifersucht und Hass.“ Und so weiter.

Das sind nicht ferne Prozesse, sondern Prozesse, die unser aller Bewusstsein entscheidend mitgeprägt haben. Das versuche ich hier auch immer wieder Ihnen zu zeigen, dass wir die Erben einer bestimmten Bewusstseinsentwicklung sind und große Schwie­rigkeiten haben erst einmal, durch dieses Erbe hindurch eine neue, eine andere, eine vertieftere Wahrnehmung der Pflanzenwelt, der Erde als ganze, der kosmischen Um- und Mitwelt zu erlangen. Das ist nicht naiv direkt möglich. Da widerspreche ich ganz vielen Ansätzen, die meinen, man könnte durch relativ einfache Rituale sozusagen, sich über all das hinwegsetzen. Ich meine, dass diese bewusstseinsmäßigen Tiefenverankerungen dessen, was ich die kollektive Neurose und die Absperrung nenne, ganz, ganz tief in die Psyche reichen. Das geht bis in die Sprache hinein. Und dass man da erst einmal ansetzen muss, um in das Dickicht, um in den Urwald gewissermaßen der eigenen geistigen Voraus­setzungen reinzugelangen und zu begreifen, wovon eigentlich ausgegangen wird. Es wird nicht damit abgehen oder wird nicht möglich sein, in einem naiven Sinne die Natur einfach zu resakralisieren oder wiederzuverzaubern, wobei das ein Grundimpuls ist, der durchaus berechtigt ist. Berühmtes Buch, kennen Sie vielleicht, „Reenchantment of the World“ von Morris Berman, einem amerikanischen Mathematiker, ein damals in den einschlägigen Szenen sehr bekanntes Buch „Reenchantment of the World“, „Wiederverzauberung der Welt“, anknüpfend an Max Weber „Entzauberung der Welt“.

Ich habe mich übrigens an zwei Stellen in diesem Buch „Was die Erde will“, ich will das kurz noch einmal erwähnen, zu dieser Frage geäußert, wie man das Heilige, das Sakrale überhaupt von unserem Bewusstsein aus neu denken kann, wie man überhaupt eine Zugangsmöglichkeit dazu finden könnte. Gibt es das Heilige, oder schaffen wir es? Ist das eine Projektion? Projizieren wir es in die Natur rein? Da ist gar nichts, was der Mensch anthropomorph projiziert, oder ist das vorhanden? Nehmen wir das auf? Wahrscheinlich gilt auf paradoxe Weise beides. „Wir geben, wir weisen zu, wir projizieren. Und zugleich entbirgt sich das Heilige in eigenster Substanz. Das Heilige manifestiert sich, indem es sich verbirgt. Es enthüllt sich, indem es sich zurückzieht. Es zieht an, und es stößt ab. So reißt sein Zauber nie ab.“ Denken Sie an das, was ich mehrfach gesagt habe über das rätselhafte Sichverbergen und Sichentbergen der natürlichen Phänomene. Die Natur liebt es, sich zu verbergen, sagt Heraklit bzw. Herakleitos. Dann muss man als letztes noch, um an diese Bewusstseinsformation noch genauer heranzukommen, feststellen, dass unser aller Bewusstsein ja zugestellt ist mit einer Unzahl von Phänomenen unserer eigenen technisch-mentalen Bewusstseinsform. Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel. Ich habe eine ganz schöne Stelle gefunden beim Storl, der bringt das auf den Punkt. Eine kurze Passage mal, um das dann als Anknüpfungspunkt zu benutzen: „Allen vernünftigen Argumenten zum Trotz ist unbestreitbar, dass mit der zunehmenden Verödung der menschlichen Seelenlandschaft, die ist ja nicht zu leugnen, vollzieht sich ja ständig, auch die äußere Natur weniger vielfältig geworden ist, dass sie geradezu auf eine Apokalypse zusteuert. Mit jeder Pflanzen- und Tierart, die zerstört wird, die ausgelöscht wird, geht ein Stück Seelensubstanz verloren.“ Man kann sogar die These vertreten, dass das Eine, dass das Zweite primär und das Erste das Sekundäre, die Folge ist, dass also wir sozusagen innerlich verarmen und dass wir also auch das Äußere dann zerstören. „Wären wir in der Lage, die Götter und Geister, die Elfen und Zauberwesen in die Wüste, zu der unsere moderne Seele geworden ist, zurückzurufen, wären wir das, Konjunktiv, dann würden sicherlich auch die Wälder an diesen neu beseelt werden und erstarken.“

Na gut, sagt Storl hier, und das kann man erstmal auf sich beruhen lassen. Es ist eine recht archaische Annahme, dass unsere Einbildungskraft, unsere Imagination eine ganz reale Energie ist, die Wirklichkeit erzeugt, übrigens keineswegs eine archaische Annahme, sondern eine Annahme, an die man auch recht zeitgemäß denken kann. Auch davon war ja schon die Rede, über die Vorstellung der Felder, wo tatsächlich Wirkung möglich ist. Aber wie finden wir erneut den Weg? Es hat kaum Sinn, die oben beschriebenen alten Rituale einfach nachzuahmen. Der heutige Mensch ist schon durch seine übertriebene Kopf­lastigkeit dazu unfähig. Es fällt ihm schwer, mit den Devas zu kommunizieren. Was das ist, darüber sprechen wir gleich, weil er im Grunde genommen kaum an sie glauben kann, auch wenn er noch so gerne möchte. Tief innen sitzt im modernen Menschen der skeptische Kobold: Stimmt denn das wirklich, ist das nicht letztlich nur eine Fantasie? Ganz tief innen der rationalistische Kobold, der einem immer ein Schnippchen schlägt, den er erst mal austricksen muss, in gewisser Weise. „Naturgeister und Devas bleiben für ihn letztlich inhaltslose gedankliche Schemen. Ganz im Gegensatz dazu der Wilde, der diese Wesen­heiten noch ganz real erlebt. Der Zivilisierte hat gelernt, automatisch alle Phänomene, die nicht wissenschaftlich wäg- und messbar sind, aus dem Bereich der Realität zu verbannen.“ Das wissen wir. Das kann man auch tiefenpsychologisch begreifen. Man nimmt nur das wahr, was man weiß. Die Phänomene sind nicht einfach da. Wir können umstellt sein mit lebendigsten Phänomenen und sehen gar nichts. Das heißt, wir nehmen nach Maßgabe unseres Bewusstseins die Dinge wahr. Also „der Zivilisierte“, wir alle, „hat gelernt, automatisch alle Phänomene, die nicht wissenschaftlich wäg- und messbar sind, aus dem Bereich der Realität zu verbannen.“ Natürlich sind sie nicht weg. Sie kehren dann auf Umwegen zurück, rumoren in der Seele, schaffen also auch Individualneurosen schlimm­ster Art. „Eine verinnerlichte Zensur fängt schon auf vorbewußter Ebene an, das erlebte Andere dringt gar nicht erst ins Bewusstsein ein.“ Und jetzt ein ganz wichtiger Punkt. „Zudem überdecken und neutralisieren die Plastikbilder der Science-Fiction-Monster und Fantasy-Produktion der Massenmedien schon im Vorfeld das Wahrnehmen wirklich vorhandener trans-sinnlicher Wesenheiten.“ Ich sehe mir Star Wars nicht an, aber ich habe durch einen Freund, der sich das gerade angeschaut hat, erfahren, was da gemacht wird. Das ist eine so rabiate, eine so brutale Kolonisierung der Innenräume des Menschen. Die werden so rabiat imperialistisch besetzt und angegriffen und überwältigt, auch mit einem raffinierten Soundtrack wie häufig in diesem Film, eine Mischung aus Gustav Mahler und Richard Wagner. Dass der Einzelne schon in ersten Minuten kapituliert und dass seine ganze Vorstellungswelt der Seelenräume von vornherein okkupiert ist. Also der ganze Bereich der Anderswelt ist bereits technisch-projektiv belegt. Und das ist ja ungeheuer schwer, überhaupt erst mal eine Öffnung zu gewinnen, durch das alles hindurch sich eine freie Seele, einen freien Geist zu verschaffen, um überhaupt erst mal mit diesen Fragen umzugehen oder an diese Fragen heranzukommen.

Devas. Devas ist ein Sanskrit-Wort, meint zunächst nichts weiter als „die Glänzenden, die Leuchtenden, die Strahlenden“. Devas kann man nicht hundertprozentig mit Gott über­setzen. Das ist eine .., einerseits sind es .., Devas sind Götter, andererseits sind es höhere Wesenheiten, höhere Konfigurationen von Energie, von Bewusstsein, manchmal kosmisch gedacht. Auf jeden Fall Wesenheiten, die weit oberhalb unserer normalen Bewusstseins­ebene angesiedelt sind. Sind sie auch individuiert? Haben Sie einen personalhaften Kern? Das ist eine weitere Frage, die sofort generell ins Spiel kommt bei der Frage des Bewusstseins der Pflanzen. Wenn man, ich gehe nochmal auf die Ebene darunter, Bewusst­sein von Pflanzen … Kann man das überhaupt sinnvoll behandeln? Kann man überhaupt sinnvoll eine solche Frage stellen? Sie wissen das alle, dass das vor 30 Jahren ja populär geworden ist, durch diesen Bestseller, hunderttausendfach verkauft, „The Secret Life of Plants“, „Das geheime Leben der Pflanzen“, nicht, ein ungeheuer erfolgreiches Buch, was ja den Versuch gemacht hat damals, populär, in mancherlei Hinsicht auch unhaltbar, aber in vielen Punkten doch hochinteressant und auch vielfältig verifizierbar, dass Pflanzen als Lebewesen bestimmt werden können, die tatsächlich ganz enge seelisch-geistige, emo­tionale Kontakte mit Menschen gewinnen können, auch in einer Weise und einer Subtilität, die etwas Schwindelerregendes hat. Die, sagen wir mal, reduktionistische Wissenschaft, hat in den letzten Jahren auch auf ihre Weise den Versuch gemacht, der Frage sich zu nähern, ob man möglicherweise den Pflanzen ein eigenes Bewusstsein zusprechen kann. Das geht ja auch noch weit, da kann man dann der Materie Bewusstsein zusprechen. Ich bejahe das ja, auch der sogenannten anorganischen Materie kann man bis zu einem gewissen Grade auch Bewusstsein zusprechen. Ich habe auch hierzu in diesem Saal mich ja zu diesem Pfad eingehend geäußert.

Vor vier Jahren erschien im Spiegel mal eine Zusammenfassung des neuesten Standes, sage ich mal, dieser Forschungen anknüpfend an die Lichtrezeptoren bei Pflanzen und Tieren. Da wurde also der Versuch gemacht zu erschließen, jetzt wissenschaftlich, auch von den Molekularstrukturen aus, molekular-genetisch, ob möglicherweise Pflanzen ein eigenes Bewusstsein haben. Ich lese Ihnen mal ein paar Passagen vor, weil das interessant ist, weil das jetzt rein, sagen wir mal, von der wissenschaftlichen Ebene aus gedacht ist, gleichwohl aufschlussreich ist, wenn man das mal weiterdenkt. „Sensibles Grünzeug“ ist die Überschrift, typisch erst mal, das Grünzeug, für den modernen Menschen ist es das Grün­zeug, sowieso. „Sensibles Grünzeug“, kommt eine Überraschung raus, „sensibles Grünzeug. Auch Pflanzen können, sehen, schmecken, riechen, fühlen und hören. Sie nutzen diese Fertigkeiten vor allem, um sich gegen Insekten und konkurrierende Gewächse zu behaupten.“ Nun mal ein paar Passagen aus diesem ganz interessanten Artikel. „Die Erforschung der Sinne von Pflanzen hat in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Dass Pflanzen sensibel auf Einflüsse ihrer Umgebung reagieren, was immer behauptet worden ist, von vielen, unter anderem von Peter Tompkins, Christopher Bird und anderen, konnte nun auch mit den modernen Methoden der Molekularbiologie nachgewiesen werden.

Da muss man natürlich nicht in die Bewusstseinsdimensionen, kann ja gar nicht sein. Man kann mittels der Molekularbiologie kein Bewusstsein nachweisen, ist klar. Um es nochmal zu sagen, Bewusstsein muss innen sein. Das muss man schon gleich auseinan­derhalten. „Keineswegs tumb ist das Grünzeug“, na bitte. „Im Gegenteil, Pflanzen, so steht fest“, sagt hier die Autorin ganz anthropomorph, „Pflanzen, so steht fest, können, sehen, schmecken, riechen, fühlen und wahrscheinlich auch hören.“ Hier wird also schon im Grunde genommen ein Vokabular benutzt, was, ohne dass das direkt gesagt würde, den Pflanzen eine Bewusstseinsqualität im Sinne einer gestalthaften Bewusstseinsqualität zuspricht, indem man solche Vergleiche mit den Sinnesorganen der Menschen macht. „Im Saft ihrer Äste und Blätter schwimmen Phytohormone, die wichtige Botschaften übermitteln. In ihren Stängeln werden Erregungen geleitet wie in einem Nervensystem. Über Duftstoffe können Pflanzen mit anderen Pflanzen kommunizieren und gezielt nützliche Insekten anlocken. Möglich wurden die neuesten und die meisten Entdeckungen erst durch neue Arbeitsmethoden. Der wichtigste Trick der Molekulargenetiker“, jetzt kommt etwas typisch Reduktionistisches, methodisch ist das interessant, wie vorgegangen wird, damit kann man natürlich der Bewusstseinsdimension nicht nahekommen, das ist alles … strukturell geht das nicht. „Sie fertigen sogenannte Null-Mutanten an, Pflanzen, in denen bestimmte Gene ausgeschaltet sind. Fällt dann eine bestimmte Funktion aus, wissen die Forscher, welches die Aufgabe des ausgeschalteten Gens war. Mit diesen und anderen Kniffen konnten sie seit langem ungelöste Fragen beantworten, vor allem solche nach den molekularen Mechanismen, die den Sinnesreaktionen zugrunde liegen. Schon Charles Darwin hatte die These aufgestellt, dass Pflanzen in der Lage sein müssten, das für die Pflanzen-Photosynthese wichtige Licht auch wahrzunehmen.“ Davon war ja die Rede, das habe ich ja versucht Ihnen darzustellen, wie man diesen rätselhaften Prozess der Photosynthese verstehen kann, wenn man das daran beteiligte Licht, den Regenbogen übrigens, da einbezieht. Es gibt ja eine wunderbare Formulierung da, die ich damals zitiert habe, von Hauschka, dass sich sozusagen in der Photosynthese der Regenbogen in das Pflanzliche hineinbegibt. „Wie sonst ließe sich das bekannte Phänomen erklären, dass Zimmerpflanzen, die am Fenster stehen, zielstrebig zum Licht hin wachsen?“ Das finde ich nun etwas vordergründig schnell geschlussfolgert. Nicht, das ist eigenartig. Das ist wahr­scheinlich der journalistischen Methode hier zu verdanken, das ist ja .., das muss ja keineswegs so sein. „Der Rezeptor, der auch in anderen Pflanzen vorkommt, kann Licht im blauen Bereich des Spektrums absorbieren (kann man sehen). Die Kaskade, biochemischer Reaktionen, die daraufhin in den Zellen abläuft, bewirkt, dass der Stängel der Pflanze nur noch auf der dem Licht abgewandten Seite weiter wächst. Er krümmt sich, die Blätter wenden sich im optimalen Winkel den Sonnenstrahlen entgegen. Setzt man ein Hütchen auf die Spitze des Keimlings, kann er sich nicht mehr zur Sonne hin ausrichten, er ist blind geworden.“ Und so weiter.

Also das ist 1998 im „Spiegel“, kann man bestimmt übers Internet auch noch abrufen, diesen Artikel. Der ist auf jeden Fall sehr aufschlussreich, weil er zeigt, dass auch in der eher reduktionistischen Naturwissenschaft solche Gedanken tatsächlich wenigstens erwogen werden. Auch wenn man natürlich, das liegt in der Struktur der Methode, sich der eigentlichen Bewusstseinsfrage damit nicht annähern kann. Man muss annehmen, wenn man die Frage bejaht, dass es Bewusstsein gibt jenseits einer zerebralen Substanz, jenseits eines zerebralen Substrats. Denn wenn man Bewusstsein ausschließlich koppelt an ein zerebrales Substrat, ist natürlich die Frage, ob Pflanzen Bewusstsein haben, von vornherein gewissermaßen apodiktisch zu verneinen. Man muss annehmen, wenn man die Frage bejaht, dass die Bewusstseinsqualität der Pflanzen eine andere ist als über das zerebrale Substrat vermittelte. Denken Sie an diese unsägliche Titelgeschichte im letzten „Spiegel“ über den Ort im Gehirn, wo sich das Göttliche aufhält. Ich war doch erfreut über die Leserbriefe, die abgedruckt waren gestern und habe mich doch dann .., ich war dann doch in gewisser Weise beruhigt, dass also doch viele Leser das in dieser Simplizität, wie das da vorgeführt wurde, in diesem wirklich rabiaten Reduktionismus, nicht hingenommen haben.

Devas. Devas, habe ich gesagt, sind makro-kosmische Wesenheiten. In der indischen Mythologie wird immer wieder gesagt, dass der Mensch in der indischen spirituellen Entwicklung, dass der Mensch im traumlosen Tiefschlaf, traumlosen Tiefschlaf, eine Art Kontaktmöglichkeit habe mit den sogenannten Pflanzendevas. Pflanzendevas sind gewaltige oder werden als gewaltige Wesen imaginiert, die auch einwirken auf die menschliche Geschichte, die auf ihre Weise starke Impulse setzen in die menschliche Geschichte, die also eigene Wirkkräfte sind, eigene Wesenheiten. Die archetypische Pflanze verbindet das Oben und das Unten, das Licht und die Dunkelheit, das Jenseits mit dem Diesseits, die göttliche mit der menschlichen Welt, den Makrokosmos mit dem Mikrokosmos, sind also mediale Wesen. Und damit sind die Devas, im Sinne dieser Vorstellung wohl bemerkt, auch mediale Wesen, die transformieren kosmisch-formative Licht-Energien auf die Erde, in das Materielle hinein und vermitteln damit diese höheren Energien an das Irdisch-Sinnliche. „Als Heil- und Nahrungspflanzen können sie uns die Kräfte der Erde und des Sternenhimmels zukommen lassen, um es dadurch ganzheitlich und heil zu machen“, im Sinne dieser Vorstellung. Wir haben noch nicht die Frage behandelt: Können wir die Vorstellung übernehmen? Ist das legitim? Ist das akzeptabel? Man muss erst einmal die Vorstellung kennen. „Diejenigen Pflanzen, die unsere Ahnen kannten und verehrten, können uns die Inspirationen unserer Vorfahren als weise Ahnungen vermitteln, denn die Totenwelt steht ihnen offen.“ Das ist ein ganz entschei­dender Punkt. Die Totenwelt steht ihnen offen. Die Annahme, dass das Pflanzenwesen in diesem Sinne etwas zu tun hat mit dem, was in der keltischen Mythologie die Anderswelt genannt wird, also mit dem nicht-körperlichen Bewusstsein, mit dem Reich, mit der Sphäre, mit der … mit der kosmischen Zone des Nicht-verkörpert-Seins. Nicht, wir haben ja vor einer Woche, glaube ich, oder habe ich Ihnen vor einer Woche im Hinblick auf eine Frage, die mir gestellt wurde in der Vorlesung vor 14 Tagen, da habe ich Ihnen versucht zu erläutern, wie man das denken kann, den anderen Raum bezogen auf das Vorgeburtliche, nämlich nicht nur den intra-uterinen Raum, sondern auch einen möglicherweise existie­renden anderen, höheren Raum, von dem aus dann überhaupt der Inkarnationsprozess sich vollzieht. Und das kommt hier zusammen, dass gewissermaßen im Inkarnationsprozess ein sehr weites Wesen, ein kosmisches Weitewesen im Sinne dieser Vorstellung, sich rabiat verengt, sich durcharbeitet durch das Inkarniertsein, um sich dann im Tode wieder auszu­weiten. Das ist eine uralte spirituelle Vorstellung, die man in vielen Traditionen findet, auch in der abendländischen Tradition, etwa bei den Theosophen, bei den Anthroposophen und anderen, dass die sich entkörpernde, die sich exkarnierende Seelenwesenheit, wie immer, eine Expansion erfährt, eine Ausdehnung und damit in einen Bewusstseinsraum rein­kommt, der den Pflanzendevas entspricht. „Also diejenigen Pflanzen, die unsere Ahnen kannten und verehrten, können uns die Inspiration unserer Vorfahren als weise Ahnung vermitteln, denn die Totenwelt steht ihnen offen. Die entheogenen, psychotropen, psycho­aktiven, bewusstseinserweiternden Pflanzen können uns sogar im rauschhaften Erleben in die jenseitigen Reiche der Götter und Dämonen mitnehmen.“ Und das wird uns noch in 14 Tagen beschäftigen bei der Frage der psychtropen Substanzen bzw. Pflanzen.

„Jede Pflanzenart hat dabei ihre besondere Möglichkeit und Fähigkeit, die sie uns zur Verfügung stellt. Jede Pflanzenart bietet uns ihre Mitarbeit an. Die Entscheidung anzunehmen oder abzulehnen liegt bei uns. Jede Pflanzenart oder besser gesagt jeder Deva, mit dem wir uns einlassen, wird uns verändern, wird uns verwandeln, wird uns zu dem machen, was wir sein werden. Schließlich haben wir es in ihnen mit göttlichen Wesen zu tun.“, sagt Wolf-Dieter Storl, der neben Christian Rätsch wahrscheinlich bedeutendste Ethnobotaniker. Da ist seine innerste Überzeugung, die er mit viel Engagement, mit viel Verve hier vorträgt in seinen Büchern. Er und Christian Rätsch sind wahrscheinlich die profundesten Kenner der ethnobotanischen Dimension und auch dieser Art von Dimension.

„Wir wollen uns den Pflanzendevas zuwenden. Auf keinen Fall dürfen wir sie als winzige Blütenelfen oder neckische Waldfeen vorstellen, sind wahrlich göttliche Wesen von kosmischem Ausmaß. Es ist durchaus angebracht, sie als Devas, Sanskrit: die Leuchtenden, Strahlenden zu bezeichnen, denn sie wirken von den Sternen und Planeten auf die Erde herab.“ Natürlich [ist] hier das geozentrisch zunächst gedacht und die Erde im Mittelpunkt, sphärisch abgestuft gewissermaßen werden diese Kräfte heruntertransformiert in unsere Wahrnehmung. Das kann man auch kopernikanisch-heliozentrisch sehen, das muss man nicht gekoppelt bleiben lassen an die geozentrische Sichtweise. „Die Blumen auf den Wiesen und Feldern“, ein eigenartiger Gedanke, „die Bäume und Sträucher sind lediglich ihre Schatten“, also die physisch-sinnliche Gestalt, die wir wahrnehmen, sind lediglich ihre Schatten, „ihre mit Stoff gefüllten Abbilder, ihr kondensierter Atem ihrer auf Erden verwirklichten Gedanken.“ Also wir nehmen nicht nur ihre Manifestation im Sinne der Wirkung wahr, wir nehmen in gewisser Weise nur die Schatten wahr, was man wieder platonisch interpretieren kann, wie wir das ja auch schon versucht haben. Ja, diese ganze Urbild-Abbild-Problematik, die ja bei der Frage der Formen immer ins Spiel kommt, egal wie man das denkt, auch wenn man das ganz eng reduktionistisch denkt, kommt man gar nicht darum herum. Das habe ich ja auch Ihnen erläutert.

Noch ganz kurz vor der Pause. „Diese können wir zwar messen, analysieren, also die äußere Erscheinung“, was sicherlich auch interessant ist, das geschieht ja auch, „aber das Eigentliche der Pflanzen, das würden wir verfehlen. Wir könnten wie der auf Tatbestände bedachte Positivist nur von einem intelligenzlosen, durch natürliche Auslese zufällig entstandenen protoplasmischen Gebilde reden, und damit hätte es sich. Sicherlich finden in diesem protoplasmischen Gebilden höchst komplizierte, kybernetisch vernetzte,“ Mode­begriff, „energetische und biochemische Vorgänge statt. Auch sind sie zu diversen Reizreaktionen fähig, aber ein positivistischer Wissenschaftler würde sich weigern, ihnen Bewusstsein oder gar Selbstbewusstsein zuzusprechen. Seine Experimente scheinen diese Annahme zu bestätigen, und dennoch steht er in dieser Ansicht allein. Die Überlieferung aller Kulturen mit Ausnahme der gegenwärtigen berichten von fühlenden Seelen …“

… zu kontaktieren. Also eine Durchbrechung der ontologischen Barriere in gewissem Sinne ohne Regression. Das ist ja der entscheidende Punkt, den man immer dabei denken muss: Kann man eine solche Kontaktaufnahme realisieren, ohne dass wir uns als ich-hafte Bewusstseinswesen in gewisser Weise und damit notwendig regressiv zurücknehmen?

In Trancezuständen, schamanisch-trancehaften, in gewisser Weise regressiven Zuständen. Ich meine das wertneutral. Geht das oder geht das nicht?

*** Pause ***

Noch nochmal zwei Passagen zu den sogenannten Devas über das hinaus, was ich schon gesagt hatte. Ich will Ihnen das zunächst erst einmal darstellen. Wir können dann ja der Frage uns nähern, ob man das mitdenken, mitvollziehen, akzeptieren für sich verleben­digen kann. Das ist ja das Wichtige. Das ist natürlich schwierig, das hier sozusagen in diesem Hörsaal Ihnen gedanklich-meditativ vorzustellen. Dazu bedürfte es einer Art der Stille, die in der Sprache eben gerade nicht anwesend ist. Ich kann also Ihnen das nur mittels der Sprache als eine geistige Gestalt vorführen und kann dann oder muss dann appellieren an die Schritte, die dann kommen müssten. Die müssten sich in der Stille vollziehen, denn zum Wesen der Annäherung an Pflanzen gehört Stille. Das ist unabdingbar. Das Laute, das Gespräch, das Geschwätzige, auch die CD im Kopf, die immer läuft, ist hinderlich. Also man muss tatsächlich eine meditativ-gedankliche Annäherung vollziehen, auf verschiedensten Ebenen. Ich habe schon mal gesagt, Goethe ist ein sehr guter Lehrmeister dazu in der „Farbenlehre“, nicht, was gedankliches … Denkende Anschauung betrifft oder Anschauendes Denken.

Noch einmal zwei Stellen zur Frage der sogenannten Devas. „Nach Auffassung der esoterischen Tradition ist der Mensch ein voll inkarniertes Wesen. Das Seelenhafte findet sich nicht irgendwo draußen, sondern wirkt von innen her.“ Also wieder diese Einstül­pungsprozesse, die schon im Tierischen zu beobachten sind, nicht im Pflanzlichen. „Der Mensch hat seine eigenen persönlichen Sterne. Das macht ihn zum Individuum. Er ist aber ätherisch“ im Sinne dieser Tradition „als Lebewesen astralisch, als Seele und Geist, als Ich, stark an seine Körperlichkeit gebunden. Die Pflanze, die im Garten oder auf der Wiese wächst, ist dagegen nur physisch und ätherisch gegenwärtig.“

Ganz andere Frage, ob das überhaupt stimmt. Ich sage das jetzt nurmal im Sinne dieser Tradition, wie sie hier Storl beschreibt. „Während wir das Seelische und Geistige mehr oder weniger in unserer Leiblichkeit eingeschlossen mit uns herumtragen“ ‒ auch das ist die Frage, ob das überhaupt stimmt ‒ „bleiben sie beim Gänseblümchen oder bei der Zimmerlinde außerhalb der Physis.“ Das ist wesentlich im Sinne dieser Vorstellung. „Ihr Seelisch-Geistiges bleibt ewig ungeboren und unberührt, bewegt und gestaltet den phy­sischen Leib nicht von innen, sondern von außen“, sozusagen vom Kosmos her. Das liegt in dieser Vorstellung der Pflanzendevas drin. Eine sehr kühne Behauptung, dass ich sozusagen das Pflanzenwesen, das ich ja ganz bewusst so nenne und nicht einfach in „Pflanzen“ sage, dass das Pflanzenwesen sich nicht wirklich inkarniert, nicht wirklich materiell-physische Gestalt annimmt, sondern das eigentliche Pflanzenwesen bleibt jenseits davon, bleibt, wenn man das in meiner Sprache nennen will, im anderen, höheren Raum. „Pflanzen haben keine inneren Organe und entsprechend auch kein inneres seelisches Leben.“ Auch hier die Frage, ob das stimmt. Wenn man dem hier folgen darf, was Peter Tompkins und Christopher Bird hier behaupten, dann wäre das ja nicht so, dann hätten die Pflanzen sehr wohl auch eine astral-empfindungsmäßige Schicht. „Pflanzen habe keine inneren Organe, entsprechend auch kein inneres Leben. Deswegen schreien sie nicht oder rennen weg, wenn man sie pflückt.“ Gut. „Statt eines inneren Organkosmos wie der Mensch haben Pflanzen außer­leibliche Organe, und diese stehen mit den Planeten am Himmel in Verbindung. Deswegen kann man mit Recht sagen, dass Pflanzenwesen im Gegensatz zu dem in sich abgekapselten Menschen weltoffen, makrokosmisch, gigantisch sind.“ Sehr weitgehend hier, was hier behauptet wird über diese Pflanzendevas. „Diese Aussagen sind für den modernen Zeitgenossen ein recht starker Tobak“, gibt Storl zu, aber nicht nur für den modernen Zeitgenossen. „Um sie nachvollziehen zu können, muss er erst einmal den Wust des gewöhnlichen Schulwissens ablegen. Vorübergehend wenigstens. Aber wie ist es mit dem vorgeburtlichen Menschen, dem Fötus im frühen Stadium, der noch keine inneren Organe hat? Entweder hat er noch kein Seelen- oder Geistesleben, wie die Materialisten behaupten, oder seine Seele und sein Geist befinden sich außerhalb wie bei der Pflanze im Makrokosmos ausgebreitet.“ Da war ja schon von die Rede.

„Auch der Sterbende wird wieder makrokosmisch, wie die Pflanze. Seher berichten, dass er, wenn er die Leibeshülle verlässt, zuerst Zuflucht in der Vegetation, besonders in großen Bäumen sucht. Da der Baum aber mit den Erdtiefen und mit dem Himmel verbunden ist, wird er zugleich zur Himmelsleiter des Toten, auf der er in die kosmischen Weiten reist.“ Das ist mitgedacht bei der Vorstellung der Pflanzendevas. Das heißt, Pflanzen, so wird gesagt, sind in diesem Sinne makrokosmische Wesenheiten, die sich nicht wirklich inkarnieren. Das ist, ich sag’s nochmal, auch, nicht nur für den modernen Menschen, erst einmal schwierig. Auch ich habe da meine Zweifel. Allerdings sind die anderer Art.

Noch eine zweite Passage von Hageneder. Er bezieht sich hier auf die griechische Mythologie. Wenn man einen Blick nochmal auf Griechenland wirft, da gibt es ja nicht im engeren Sinne die Vorstellung der Devas. Aber es gibt andere Vorstellungen. Es gibt die Vorstellung, dass ganz bestimmte Bäume, ganz bestimmten Göttern heilig sind. So zum Beispiel die Eiche dem Zeus, dann bei den Römern, Jupiter, übrigens bei den Germanen, dann dem Thor bzw. Donar heilig. Und es gibt die Vorstellung, dass den Bäumen Nymphen­wesen entsprechen. Denken Sie an die … den Mythos von Daphne, den ich in ihrer zweiten Vorlesung vorgestellt habe, als die rätselhafte Verwandlung der Daphne in den Lorbeerbaum. „Die Devas von Bäumen sind diejenigen, die die alten Griechen, Dryaden oder Baumnymphen nannten. Das Zentrum ihres Bewusstseins befindet sich auf der Astralebene, und ihre Körper wurden wiederholt als strahlend, schillernd, pulsierend und sich verändernd beschrieben, als wirbelnde Massen von Energie und Lebenskraft, von denen, die für sich in Anspruch nahmen oder nehmen, diese rätselhaften, pulsierenden, fluktuierenden Schwingungen tatsächlich wahrzunehmen. Im Vergleich erscheinen menschliche Auren wie Wolken glühenden Gases, die der Devas aber wie wogendes Feuer. Sie, die Devas, leben als die Beseelung eines Baumes oder einer Baumgruppe. Und oft verdichten sie ihre Substanz, um einen ätherischen Körper zu formen, indem sie den Stoffwechsel der Bäume anregen können.“

Also einerseits bezogen auf den Einzelbaum, das heißt der einzelne Baum, die einzelne Buche, die einzelne Eiche, der einzelne Olivenbaum hat ein eigenes Geistwesen, was ihn repräsentiert, was seine Gestalthaftigkeit ausmacht. Auf der anderen Seite ist es die Art als ganze, eine Baumgruppe, die Art als ganze oder im Sinne der botanischen Klassifizierung auch die Gattung oder die Familie als ganze, die dann das einzelne Exemplar in sich greift. Das hat uns ja schon beschäftigt im Zusammenhang mit den Eichen, mit der Frage, der grundlegenden Frage: Wie ist es eigentlich mit dem Einzelexemplar und dem Ganzen? Ich hatte ja die These vertreten, dass der einzelne Baum, nehmen wir mal die Eiche, bleiben wir bei der Eiche, nicht nur die anderen Eichen repräsentiert, sondern ist. Ist, was etwas anders ist. Also „sie leben, als die Beseelung eines Baumes oder einer Baumgruppe und oft verdichten sie ihre Substanz, um einen ätherischen Körper zu formen, mit dem sie den Stoffwechsel der Bäume anregen können. Admiral Hodson, von dem berichtet wird oder behauptet wird, er habe diese Fähigkeit, das wahrzunehmen, sah eine Gruppe von Baumgeistern in den Kronen einer Gruppe junger Bäume, von wo aus sie eine kraftvolle Grundnote für die Schwingungen der Auren der ganzen Baumgruppe erzeugten, wodurch ihre fortwährende Anwesenheit notwendig wurde für die Erhaltung der lebens­spendenden, energetisierenden Kraft, die sie erzeugten.“ Und jetzt eine weitreichende Behauptung, die hier immer wieder aufgestellt wird, die aber plausibel ist, auch im Hinblick auf die formativen Potenzen im anderen Raum, von denen ich spreche: „Devas haben ein exaktes Wissen um den vollkommenen Bauplan einer Pflanze und auch wie sie ihn fließend an störende Einflüsse wie Wetter, Tiere oder andere Pflanzen anpassen können. Ihr Bewusstsein ist vollständig eins mit dem Baum und sie überwachen und dirigieren die Tätigkeiten der zahlreichen Blatt- und Elementargeister.“

Das wird jetzt hierarchisiert, Blattgeister, Elementargeister, dann die sogenannten Devas, darüber dann noch weitergehende kosmische Stufen. Das ist auch eine alte Tradition. Wichtig ist zunächst einmal, dass man begreift, dass es eine ganzheitliche Ebene gibt, die bei dem Einzelbaum, bei Baumgruppen, bei Bäumen überhaupt, Pflanzen über­haupt, kontaktiert werden kann, dass man da energetisch-seelisch Zugang gewinnen kann. Das kann man mit einigem Recht behaupten, dass das wirklich möglich ist. Das ist nicht eine nur hypothetische Behauptung, sondern das lässt sich bis zu einem gewissen Grade tatsächlich verifizieren. Natürlich ist die Frage, die immer auftaucht, dabei: Wie denn? Wie lässt sich das verifizieren? Mittels ganz bestimmter Messverfahren im Sinne dessen, was ich Ihnen vorgelesen habe, sicherlich nicht. Sicherlich nur mittels einer ganz bestimmten meditativ-gedanklichen Zugangsweise, die natürlich erlernt werden muss, die man nicht einfach hat, sondern die man erschließen, an die man sich möglicherweise erinnern muss. Denn das ist wichtig, dass man in diese Schicht von der Erfahrung her eindringt. Wenn das nicht gelingt, bleibt das Ganze nur Theorie, bleiben das letztlich nur Worte, bleiben das mehr oder weniger interessante Metaphern, bleiben das aber keine Wirklichkeiten. Wobei eine ganz andere Frage ist, ob diese Metaphern, ob diese Worte überhaupt treffend sind.

„Viele Menschen wären froh“, schreibt Fred Hageneder, „wenn es so etwas gäbe wie ein Rezept, Devas zu begegnen. Aber keine magische Abkürzung kann die jahrelange Übung und Ausbildung unseres Geistes und unserer höheren Wahrnehmungsorgane ersetzen.“ Das würde ich auch sagen. Es bedarf einer jahrelangen, intensiven geistigen Arbeit, die auch etwas zu tun hat mit geistiger Disziplin, um mal diesen Begriff zu benutzen, auch wenn er nicht populär ist, der etwas zu tun hat mit geistiger Disziplin. „Es gibt aber keinen Zweifel daran, dass höhere Formen von Bewusstsein und Feinsinnigkeit das Geburtsrecht und das schlummernde Potenzial eines jeden von uns sind.“ Das ist ganz entscheidend, dass im Prinzip jeder die Möglichkeit hat, weil wir alle aus den gleichen kosmischen Zusammen­hängen stammen, da ja keiner eine andere Herkunft hat. Wir sind ja alle in diesem einen großen kosmischen Zusammenhang, und es ist nicht einzusehen, warum einer die Fähigkeiten schlechterdings gar nicht haben soll. Im Prinzip müsste jeder diese Fähigkeit haben, auch wenn sie verschüttet ist. Und natürlich ist es schwierig, durch diese Ver­schüttung hindurch diese Ebene zu erschließen, und das kann ja auf vielfältigste Weise geschehen. Es gibt ja auch in diesen Büchern hier eine ganze Reihe von Anregungen, sage ich mal, wie man sich dem nähern kann. Zum Beispiel gibt Storl am Ende seines Buches lange Überlegungen preis, praktische Übungen, wie man das machen kann. Auch Hageneder gibt interessante Hinweise, die man nachvollziehen kann, wenn man sich dann dieser Mühe überhaupt unterzieht oder unterziehen möchte, wenn man nicht von vornherein das Gefühl hat, das ist müßig. Wichtig ist erstmal, dass man eine grundlegende Bereitschaft, eine grundlegende Offenheit aufbringt, dass man still sein kann. Ich rede hier, und das ist auch richtig für diesen Hörsaal, aber dazu bedarf es einer Stille. Wie gesagt, die CD die im Kopf läuft, muss zur Ruhe kommen, und es bedarf einer ganz bestimmten Öffnung, die auf mehreren Ebenen sich vollzieht. Diese Öffnung ist auf der einen Seite eine sehr genaue Phänomenologie, überhaupt erstmal genau wahrnehmen, was ist. Das können ja viele Menschen gar nicht mehr. Viele Menschen haben ja die Fähigkeit vollkommen verlernt, überhaupt das wahrzunehmen, was da ist. Das heißt, die pure Sinnlichkeit, zu schweigen von Übersinnlichkeit, fehlt. Fundamental wäre es also, die sinnlich-gestalthafte Wahrnehmung ersteinmal, ich sag’s noch mal … und da kann Goethe, da kann Goethe in der „Farbenlehre“ sehr viel beitragen. Das sind wunderbare Gedanken, die da geäußert werden, auch praktische Handhaben, wie man genau beobachten kann.

Dann bedarf es eines ganz bestimmten Sich-Einschwingen. Wir haben ja schon gesprochen über die Raumqualitäten, die die Bäume haben nicht, die ja etwa bei der Kastanie eine ganz andere ist als bei einer Birke oder einer Buche oder einer Eiche. Das ist ja aufschlussreich, dem wirklich mal nachzuspüren, der Raumqualität, die hier vorliegt. Ist sie bergend? Ist sie beschützend? Wie weit reicht sie? Wo setzt eigentlich diese Raum­qualität an bzw. wo beginnt sie? In welcher Entfernung vom Baum oder von der Baumgruppe ist sie wahrnehmbar? Auch das ist zu erspüren, wenn man eine bestimmte Aufmerksamkeit da walten lässt. „Für denjenigen, der Zugang zu den Pflanzen sucht, können Yoga-Übungen hilfreich sein“, behauptet Storl, wobei er den Begriff des Yoga hier weiter fasst als im gängigen Sinne. „Vertiefungsmeditation, in die Pflanze hineingehen. Diese Meditation lässt sich am besten an einem sonnigen Vormittag in der freien Natur durchführen, wer vormittags Zeit hat. Der Meditant“, furchtbares Wort, also lieber Wolf-Dieter Storl, ein furchtbares Wort, also, „der Meditant sollte fasten oder wenigstens nur eine leichte vegetarische Mahlzeit zu sich nehmen, er trägt leichte Kleidung aus Natur­fasern, geht barfuß über die Wiese und durch den Wald, und er lässt die überflüssigen, alltäglichen Gedanken und Träumereien beiseite und zentriert seinen Geist. Bei einer Pflanze, die ihn besonders anzieht oder anspricht, macht er Halt. Er setzt sich zu ihr hin oder legt sich neben sie. Das Wort Nabelschau daran zu üben oder sich in die eigene Innerlichkeit zu versenken“, jetzt wichtig, „geht er völlig in seine wachen Sinne hinein.“ Also keine, in dem Sinne, keine Nabelschau, sondern die wache Sinnlichkeit. „Er konzentriert sich ganz und gar auf die Pflanze und kümmert sich nicht um irgendetwas anderes, betrachtet die Pflanze genauestens, die Form der Blätter, die Farben, die Textur, den Glanz, nichts entgeht ihm, nichts lenkt ab, verschwendet auch keine Energie, um eventuelle Störungen auszublenden. Nach einer Weile sieht der Meditant Aspekte der Pflanze, die der flüchtige Blick sonst nie wahrnimmt. Er sieht zum Beispiel Käfer, Raupen oder Ameisen, die zur Ganzheit des Erscheinungsbildes dieser Pflanze gehören.“

Die Sinnlichkeit zu steigern bedeutet, wenn man das wirklich verfeinert und auch mit einer gedanklichen Meditation verbindet, auf diesem Wege tatsächlich in ein Stück Übersinnlichkeit hineinzugeraten. Ich unterscheide ja gerne, ich greife das auf aus dem 19. Jahrhundert, zwischen Übersinnlichkeit und Untersinnlichkeit. Die reduktionistische Weise, gegen die Natur anzugehen, wie die herrschende … ist untersinnlich. Sie geht ins immer Kleinere, ist reduktionistisch, analytisch. Sie untersteigt, sie unterhöhlt in gewisser Weise die Sinnlichkeit und versucht von dort ja dann die Sinnenwelt aufzubauen, was nie gelingen kann. Ganz anders die andere Vorgehensweise, die der Sinnlichkeit ihr Recht lässt und über eine verfeinerte, eine gedanklich-meditativ konzentrierte Sinnlichkeit den nächsten Schritt zu tun. Das kann man von Goethe lernen, dass man dann in dem Sinnlichen eine Ahnung gewinnen kann über das, was darin oder dahinter, an sogenanntem Übersinnlichen sich aufhält. Insofern kann man wirklich hier eine Art der gedanklich-meditativen Einstimmung praktizieren. Also wen das interessiert, der sollte tatsächlich dieses Buch hier sich anschauen. Auch die Übungen, die hier angegeben sind, auch Hageneder und andere Autoren zu diesen Themen geben natürlich Übungen an, wie das geschehen kann. Interessant übrigens an dem Buch von Hageneder ist, dass er die in unseren Breiten gängigen Bäume durchgeht und an jedem einzelnen Beispiel, etwa an der Eiche oder auch an der Ulme, an der Buche, an der Erle, am Ahorn und so weiter exemplifiziert, wie diese neue und andere Betrachtungsweise aussehen kann. Er geht immer von der äußeren Erscheinung, die sehr genau beschrieben wird ‒ wie ist der Stamm aufgebaut, wie ist die Formation der Zweige, wie ist die Krone gebaut, wie ist die Gesamterscheinung ‒ und geht dann in die Mythologie rein aus den verschiedensten Traditionen, auch in die indische Mythologie, germanische Mythologie oder griechische Mythologie und versucht dann, auch unter Heranziehung etwa der berühmten Bachblüten, eine vertieftere Betrachtung dieses Baumwesens, auch in den kosmischen Dimensionen. Beispiel Eiche. Das ist eine uralte Tradition, die auf die Antike zurückgeht, im Mittelalter verbreitet war, dass man zum Beispiel die Eiche mit dem Gestirn Mars in Verbindung bringt. Warum? Zunächst könnte man sagen, das hat eine, hat doch mit dem Anderen überhaupt nichts zu tun. Eine Begründung dafür, die angegeben wird, die eine gewisse Plausibilität hat, besteht darin, dass der Mars eine gewisse Exzentrizität im Hinblick auf die Position zur Erde aufweist. Er kann relativ nahe sein, wenn Sonne, Mars und Erde in einer Linie stehen und kann ganz weit entfernt sein, also in Opposition. Und dieses gewissermaßen Exzentrische der Relation der Gestirne soll sich, so wird in mehreren Büchern behauptet, widerspiegeln in dem eigentümlich Bizarren der Astformationen der Eichen, nicht, die ja doch eigenartig bizarr und wild wuchernd manchmal in den Raum hineingreifen, wodurch ja die Gesamteiche eine eigenartige Form annimmt. Wenn man mal darauf achtet und hat sich mal einen Blick dafür erworben, dann stellt man das immer wieder mit Erstaunen fest, dass tatsächlich die äußere Erscheinung einer Eiche eine völlig andere Gestalt hat als etwa die einer Buche.

Und worin besteht die Andersartigkeit? Das kann man dann auch ganz genau sich vergegenwärtigen. Das ist hochinteressant. Gleichwohl muss ich das mit einer gewissen Vorsicht sagen, weil mich überzeugt diese Zuordnung nur bedingt. Obwohl sie in vielen Büchern angeführt wird, hat sie mich so bisher noch nicht überzeugt, obwohl ich es interessant finde und das als Arbeitshypothese durchaus gelten lassen möchte. Zum Beispiel heißt es hier über die Eiche, um noch einmal bei der Eiche zu bleiben: „Die Untersuchungen der elektrischen Ströme von Bäumen haben gezeigt, dass die Eiche tatsächlich ein ganz besonderer Baum ist. Ihre Lebenskraft ist bei Weitem größer als die irgendeines anderen Baumes ihres Klimagebietes. Die Eiche drängt mit gewaltiger Kraft ins Leben. Mit ihrer einzigartigen Pfahlwurzel ‒ es gibt ja mehrere Wurzeltypen, das ist also der eine Wurzeltyp, die Pfahlwurzel ‒ mit ihrer einzigartigen Pfahlwurzel steht sie im Boden wie ein von den Göttern in die Erde gerammter Speer.“ Astrologisch, ja klar, natürlich jetzt astrologisch gesehen ist das Mars. Aber hier wird primär zunächst nicht astrologisch argumentiert, sondern wird astronomisch argumentiert. Das ist interessant, aber gut, das habe ich schon gesagt. „Und sie befindet sich dort, um schöpferische Urkraft zu bringen, das Grundwasser damit aufzuladen und sie über die Erde und all ihre Bewohner zu verteilen. Es ist Geist, der sich in der Eiche verkörpert, die Lebenskraft in die Schöpfung einsprüht. Während die Eibe“, interessant, „ein Ausgang ist, eine Tür von dieser Welt zurück ins Geistige.“ Übrigens soll die Weltenesche, die ja eine Esche ist, in der germanischen Mythologie ursprünglich eine Eibe gewesen sein, was etwas vollkommen Anderes ist. Bis vor kurzem dachte ich immer, das war eine Esche. Dann hab ich gelesen [es] war ursprünglich eine Eibe, die eine ganz andere Bewusstseinsqualität ausstrahlt. „Der Geist der Eiche trägt uns in die Welt, nicht in die Phase der Geburt, [wie die] Birke, sondern in die der vollen Blüte. Und wieviel Kraft hat sie somit tatsächlich den Menschen gegeben?“ Jetzt kommt das: „Die Eiche hat eine reale rhythmische Verbindung zum sich schnell bewe­genden dynamischen Planeten Mars als auch zum astrologischen Mars. Diese schöpferische männliche Kraft steht in der Vergangenheit“, da war der Mars nicht einfach ein Kriegsgott, wie heute viele glauben, „der keltische Mars besaß vor allem eine schützende und behütende Aufgabe. In Mitteleuropa stand er mit verschiedenen Kulten des Heilens in Zusammenhang.“

So, also ich möchte, dass wir noch ein bisschen ins Gespräch kommen, ich habe an meinem Stichzettel [gesehen], das ich [mir] viel zu viel für diese Folge vorgenommen hatte. Ich muss einfach mal hier einen Schnitt machen, damit wir noch ein bisschen reden können. Ich will noch eine Abschlussbemerkung machen. Die Frage nach dem Bewusstsein der Pflanzen und eine Stufe weiter nach den möglicherweise kosmischen Bewusstseins­qualitäten der Pflanzen ist nicht zu trennen von der Frage nach Bewusstsein überhaupt und von der Frage nach dem Bewusstsein und nach der Lebendigkeit des Erdganzen.

Das heißt, eine lebendige, bewusstseinserfüllte Pflanzenwelt ist nur zu denken in einer lebendigen, bewusstseinserfüllten Erde, auf einer lebendigen, bewusstseinserfüllten Erde. Und das führt uns natürlich schon in die nächste Vorlesung dann, wo ich ja am Beispiel des griechischen Demeter-Kultes Ihnen darstellen möchte, wie hier eine einzig­artige Verbindung entstanden ist zwischen Erdmutter-Kult, Getreide-Kult, Rituale, die mit Ackerbau und Anbau zu tun haben und der anderen, sagen wir, Anderswelt-Dimension der Einweihungsvorgänge im Sinne von Mysterienkulten. Es war vollkommen einmalig, was sich da vollzogen hat, über anderthalb bis zweitausend Jahre in Griechenland, faszinierend, menschheitsgeschichtlich in dieser Form singulär und in vielerlei Hinsicht rätselhaft. Das soll uns nächstes Mal beschäftigen. Also man muss letztlich die Frage stellen nach der Bewusstseins-Dimension der Erde als Ganzes. Man kann das nicht abkoppeln und landet letztlich bei der Frage: Was wissen die Pflanzen ‒ zur seelisch-geistigen Dimension des Pflanzenwesens? Was weiß die Erde? Was sind überhaupt die kosmischen Bewusstseins­wesenqualitäten des Gestirns, auf dem wir leben und des Kosmos, in dem wir leben? Letztlich mündet das in die Frage nach dem Kosmos. Man kann ja nicht einfach von der kosmischen Dimension der Pflanzenwelten reden, ohne dann auch [die] kosmische Dimension überhaupt einzubeziehen, die Frage nach Bewusstsein und Leben im Kosmos generell.

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